Nieder-Olm in Rheinhessen

Das Amt Nieder-Olm - von Sigrid Schmitt

Wie das Amt Algesheim entstand auch das Amt Olm als Abspaltung aus dem Kompetenzbereich des Rheingauer Viztums. Unter den drei alten mainzischen Orten Ober-Olm, Nieder-Olm und Klein-Winternheim war ursprünglich Ober-Olm der bedeutendste gewesen. Da beim Bau der erzbischöflichen Burg in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts die Ortswahl jedoch aus strategischen Gründen auf Nieder-Olm fiel, entwickelte sich dieses zunehmend zum zentralen Ort. Als erster Amtmann, der die drei Mainzer Orte von der Nieder-Olmer Burg aus verwaltete, lässt sich 1323 Billung von Olm zweifelsfrei nachweisen, nachdem fünf Jahre zuvor erstmals vom Amt Olm die Rede war.
Die Vergabe des Amtes erfolgte im 14. Jahrhundert in Form der in dieser Zeit weithin üblichen Amtsverpfändungen. Noch Ende des 14. Jahrhunderts aber war das neu entstehende Amt nicht vollständig vom Rheingau getrennt; zumindest die Finanzverwaltung wurde von dort aus geleitet, wie die Mitbehandlung der Olmer Orte im Rheingauer Urbar des Jahres 1390 deutlich macht. Nieder-Olm, Ober-Olm und Klein-Winternheim wurden hier gemeinsam als eine Einheit behandelt. Der enge Verbund der drei Gemeinden zeigt sich aber vor allem darin, dass sie bis zum Anfang des 15. Jahrhunderts ein gemeinsames Gericht besaßen. Erst in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts begann sich der Olmer Amtsbezirk über die drei Kerngemeinden hinaus zu erweitern: Hinzu kamen zunächst Laubenheim (1419), dann Ebersheim (1420) und schließlich Gau-Bischofsheim (1424). In diesem Umfang wurde das Amt Olm 1461 während der Mainzer Stiftsfehde an Herzog Ludwig von Pfalz-Zweibrücken verpfändet.
Im Verlauf der Kriegshandlungen der folgenden Jahre eroberte 1471 Pfalzgraf Friedrich der Siegreiche das Amt und gab es entsprechend einem zuvor abgeschlossenen Vertrag an den Mainzer Erzbischof zurück. Erst 1480 aber verzichtete Pfalz-Zweibrücken offiziell auf die Pfandschaft. Bereits 1476 waren die Amtseinkünfte erneut verpfändet worden. Aus einer zu diesem Anlass angefertigten Liste der Einnahmen geht hervor, dass das Amt rund 400-500 fl. eintrug. Ende des 15. Jahrhunderts erfuhr der Amtsbereich des Olmer Amtmanns mit der Hinzugewinnung von Sulzheim eine erneute Erweiterung (1486). Als Antwort auf die aggressive Leibeigenenpolitik der Pfalzgrafen begann in dieser Zeit auch der Mainzer Erzbischof mit der systematischen Erfassung derjenigen Leibangehörigen, die außerhalb seines eigentlichen Territoriums saßen. Nach dem Vorbild der Alzeyer Ausfautei errichtete er in Olm eine ebensolche Behörde unter der Leitung des Olmer Amtmanns Hans von Sörgenloch. Mit dem organisatorischen Zusammenschluss der Ämter Olm und Algesheim als Folge des Bauernkrieges änderte sich allerdings in der Praxis der Amtsverwaltung nur wenig, da die beiden alten Ämter weiterhin als separate Einheiten behandelt und in den Akten auch weiterhin häufig als Ämter tituliert wurden. Bedeutsamer wirkte sich die erneute Ausweitung des Amtsbezirkes mit Weisenau (1574), Zornheim (1578), Drais (1586), Nackenheim und dem Töngeshof (1615) aus. Wie zuvor ergaben sich diese Gebietsgewinne vor allem aus Schutzverträgen, die der Mainzer Erzbischof mit den jeweiligen Ortsherren, Mainzer Stiften und Klöstern, abschloss; Ziel der Amtsverwaltung wurde es in diesen Fällen, aus der lockeren Schutzherrschaft eine möglichst weitgehende Integration der Orte in das Territorium zu erreichen. Auch im Dreißigjährigen Krieg nutzte der Erzbischof das Schutzbedürfnis der geistlichen Ortsherren, um in Sörgenloch eine solche Schutzherrschaft (1629), in Marienborn sogar die Ortsherrschaft (1631) zu erlangen.
Die schlechte Finanzlage des Erzstiftes erzwang im 17. Jahrhundert die erneute Verpfändung der Amtseinkünfte; aus diesem Anlass wurde 1668 das Jurisdiktionalbuch mit einer Einkommensübersicht erstellt. Danach wurden die Orte Nieder-Olm, Ober-Olm, Klein-Winternheim, Ebersheim, Gau-Bischofsheim, Laubenheim, Weisenau, Zornheim, Sulzheim, Drais, Nackenheim und Marienborn zum Amt gerechnet. In diesen Orten gab es insgesamt 482 Herdstätten und 1902 Einwohner, die eine Schatzung von 2644 fl. und sonstige Abgaben von rund 210 fl., 8 Malter Weizen, 449 Malter Korn, 18 Malter Gerste und 168 Malter Hafer an das Erzstift zu zahlen hatten. Im 17. Jahrhundert konnten schließlich auch noch Weisenau und Hechtsheim ganz für das Erzstift gewonnen werden. Die Verwaltungsreform des Jahres 1776 schuf gegen Ende der kurfürstlichen Zeit noch einmal neue, den zentralistischen Staatsvorstellungen des Absolutismus entsprechende Organisationsstrukturen: sämtliche Orte des Mainzer Umlandes wurden dem Viztumamt Mainz unterstellt. Das frühere Amt Olm wurde aufgegliedert in die Amtskellerei Algesheim, sowie die Amtsvogteien Nieder-Olm und Weisenau. Von Nieder-Olm aus wurden in den verbleibenden Jahren des Erzstiftes die Orte Drais, Ebersheim, Heidesheim, Nieder-Olm, Ober-Olm, Klein-Winternheim, Marienborn, Sulzheim und Zornheim verwaltet, von Weisenau aus Gau-Bischofsheim, Hechtsheim, Heilig Kreuz, Laubenheim, Nackenheim und Weisenau. Als einziger linksrheinischer Ort blieb Budenheim auch weiterhin dem Rheingauer Viztum unterstellt. Unter Kurmainzer Oberherrschaft standen außerdem die Orte Finthen und Gonsenheim (Dompropstei), Bretzenheim und Zahlbach (Kloster Maria Dalheim), Bodenheim (St. Alban), Harxheim (Falkenstein) und Sörgenloch (Köth von Wanscheid).

Nachweise

Verfasser: Sigrid Schmitt

Verwendete Literatur:

  • Schmitt, Sigrid: Ländliche Rechtsquellen aus den Kurmainzischen Ämtern Olm und Algesheim. Stuttgart 1996.

Aktualisiert am: 24.10.2014