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Eine Biographie zu Sebastian Münster

von Christian Engeroff

Sebastian Münster (* 20. Januar 1488 in Niederingelheim; † 26. Mai 1522 in Basel) war ein Kosmograph, Humanist und Hebraist. Sein Geburtsdatum ist nicht direkt überliefert, jedoch existiert ein Kalendereintrag Münsters selbst, der auf den 20. Januar 1488 hinweist. In den Ingelheimer Harderbüchern ist die Familie Münster auch als Mönster“, „Munster“ oder „Monster“ auffindbar. Die heutige Schreibweise „Münster“ geht – ebenso wie sein Geburtsdatum – auf Sebastian Münster selbst zurück. Die Spuren der Familie Münster lassen sich in Ober-Ingelheim bis ins Jahr 1400 zurückverfolgen.
Sein Vater war Andreas Münster. Der Name seiner Mutter ist unbekannt. Über die gesellschaftliche Stellung der Familie Münster wurde in der Forschung lange gestritten, da sich Sebastian Münster einerseits selbst in seinen Werken als Bauernsohn betitelte, er aber andererseits in seiner Jugend Privatunterricht genoss. Sein Vater arbeitete gleichzeitig als Bauer und als Spitalmeister, weshalb man inzwischen davon ausgeht, dass sich Familie Münster zu bescheidenen Stellungen in der kirchlichen Güterverwaltung hochgearbeitet hatte und somit über eines gewissen Bildungsgrad und Besitz verfügte.  
In jungen Jahren erhielt Sebastian Münster Privatunterricht bei dem Lehrer Nikolaus Wassermann von Reinheim, der von 1485 bis 1503 Lateinschulmeister in Oberingelheim war. Bei ihm erlernte Münster geschriebenes sowie gesprochenes Latein, Grammatik und Logik. Bereits zu seiner Schulzeit traten dabei die Eigenschaften Münsters hervor. In vielen Quellen wurde seine Arbeitskraft und sein Fleiß immer wieder betont. Bis auf einen Besuch Münsters in Mainz im Jahre 1501 ist allerdings kaum etwas über seine frühe Kindheit bekannt. 1505 trat der damals 17-jährige dem Franziskanerorden bei und begann ein Studium an dessen Hochschule in Heidelberg. Dort studierte er das Quadrivium aus Arithmetik, Geometrie, Musik und Astronomie. 1507 setzte er seine Ausbildung in Löwen mit den Studienfächern, Mathematik, Geographie und Astronomie fort, bevor er anschließend in Freiburg Hebraistik studierte. Hier lernte er Gregor Riesch kennen der ihn während seines Aufenthalts in Freiburg zusätzlich unterrichten sollte. Bis dahin hatte er bereits die Fächerkombination aus  Theologie, Hebraistik und Geographie für sich entdeckt.
Danach übernahm der Theologie Konrad Pellikan die weitere Ausbildung Münsters. 1509 wurde Münster in das Franziskanerkloster nach Rufnach ins Oberelsass geschickt, wo er Pellikan kennenlernte. Unter ihm trat in der Folge das Studium des Hebräischen und der Astronomie in den Vordergrund. Ein Jahr später erstellte Münster eine handschriftliche hebräische Grammatik und ein hebräisches Wörterbuch. Als Pellikan im September 1511 zum Guardian des Franziskanerklosters in Pforzheim ernannt wurde, folgte ihm Münster dorthin. Münster widmete sich dort erstmals den Studien des Aramäischen und Äthiopischen. Zudem arbeitete er bis 1514 als „famulus“ und Assistent seines Lehrmeisters Pellikan. Während dieser Zeit besuchte Pellikan – vermutlich in Begleitung Münsters – 1513 die wormser Synagoge. Am 18. April 1512 hatte Münster zuvor seine Priesterweihe erhalten.
1514 trennten sich die Wege Münsters und Pellikans vorerst. Von 1514 bis 1518 war Münster Lektor am Franziskaner-Generalstudium für Philosophie und Theologie in Tübingen. Daneben betrieb er astronomisch-mathematische sowie geographische Studien bei seinem neuen Lehrmeister Johannes Stöffler. Im Anschluss übernahm Münster 1518 eine Lektorenstelle in Basel und veröffentlichte erste Werke. Seine erste selbstständige Veröffentlichung war die 1519 erschienene Ausgabe des Evangelestariums von Markus Marulus. Im gleichen Jahr kam Münsters ehemaliger Lehrmeister Konrad Pellikan als Guardian des Klosters nach Basel.
Im Jahre 1521 verließ Sebastian Münster Basel in Richtung Heidelberg um im dortigen Kloster als Lektor zu arbeiten. Dort blieb er drei Jahre bevor er 1524 den Lehrstuhl für Hebraistik an der Universität Heidelberg übernahm. Neben dem Hebräischen unterrichte er zudem Mathematik und Geographie. In seiner Heidelberger Zeit lernte er den jüdischen Gelehrten Elia Levita kennen, den er zwar nie persönlich traf, zu dem er jedoch einen regen Briefwechsel unterhielt. In Münsters Heidelberger Zeit fiel auch der Bauernkrieg von 1525 in dem er drei Mal in Lebensgefahr geriet, als er von Aufständischen angegriffen wurde. Trotz wachsender Skepsis gegenüber seinem geistlichen Orden musste er mit einem Austritt aus eben diesem warten, da er auf dessen materielle Grundlage angewiesen war.
Mit Einführung der Reformation in Basel sah er seine Chance gekommen, trat aus dem Orden der Franziskaner aus und verließ Heidelberg in Richtung Basel. Da mit der Einführung der Reformation viele altgläubige  Professoren der Baseler Universität abwanderten sollten deren Strukturen neu geschaffen werden. Infolgedessen wurde eine Professur für hebräische Sprache angeboten, welche Münster in der Folge besetzte. Zudem begann er nach seinem Ordensaustritt mit der Gründung einer Familie. 1530 heiratete er Anna Selber mit der er 1532 die gemeinsame Tochter Aretia bekam. Sein Stiefsohn Heinrich Petri wurde künftig sein wichtigster Verleger. Am 22. Dezember 1535 erhielt Münster das Basler Bürgerrecht und wurde zudem Mitglied der Basler Zünfte „Zum Hausgenossen“ und „Zum grauen Bären“, behielt jedoch seine rechtlichen Freiheiten. Außerdem übersetzte er den hebräischen Text des Altentestaments ins Lateinische und versah in mit Anmerkungen. Diese zweisprachige kommentierte Bibelübersetzung erschien 1534/35 unter dem Titel „Biblia Hebraica“.
In den folgenden Jahren reiste er in Zuge von Recherchen für sein späteres Hauptwerk - die „Cosmographia“ – häufig umher. Bei der Cosmographia handelte es sich um den Versuch zur Schaffung einer Enzyklopädie über die gesamte Welt. Seine Reisen unterbrach er 1542 als er einen Lehrstuhl für alttestamentarische Theologie in Basel übernahm, den er 1544, mit der Begründung den akademischen Grad des „Doktors der Theologie“ nicht annehmen zu wollen, wieder ablegte. Hiernach erfolgte die erste Herausgabe der Cosmographia. Um diese weiter zu vervollständigen besuchte er anschließend erneut viele Orte. Unter anderem Schwaben und die Westerschweiz. Für Länder und Orte die er nicht persönlich besuchen konnte, versuchte er Gelehrte in In- und Ausland als Mitarbeiter zu gewinnen. Deren briefliche Antworten arbeitete er anschließend in die Berichte der Cosmographia ein. Die 1550 erschienene erweiterte Fassung der Cosmographia erschien auf Deutsch, Französisch, Tschechisch und Italienisch. Neben der Bibel war  sie das am häufigsten verlegte Buch im 16. Jahrhundert, weshalb man dabei zu Recht von Münsters Lebenswerk sprechen kann. Zwischenzeitlich war Münster Rektor an der Basler Universität (1547-1548).
Am 26. Mai 1552 starb Sebastian Münster in seinem Haus in Basel an den folgen der Pest. Die Spitzen der Universität fanden sich dort ein um der Witwe Münsters und seinen Nachkommen ihr Beileid auszusprechen. Ein großer Trauerzug gab ihm das letzte Geleit, bevor er am 27. Mai 1522 im Kreuzgang der Basler Kathedrale neben dem Grab seines Freundes Simon Grynaeus beigesetzt wurde.

Nachweise

Verfasser: Christian Engeroff

Redaktionelle Bearbeitung: Nathalie Rau

Verwendete Literatur:

  • Burmeister, Karl-Heinz: Neue Forschungen zu Sebastian Münster. Ingelheim 1971.
  • Burmeister, Karl-Heinz: Sebastian Münster. Eine Bibliographie mit 22 Abbildungen.
    Wiesbaden 1964.
  • Burmeister, Karl-Heinz (Hrsg.): Sebastian Münster in Wort und Bild 1488-1988. Aus dem Briefwechsel des Kosmographen. Ingelheim 1988.
  • Burmeister, Karl-Heinz: Sebastian Münster – eine Biographie. In: Beiträge zur
    Ingelheimer Geschichte 46 (2002), hrsg. v. Karl-Heinz Henn [u.a.]. Ingelheim 2002, S. 20-26.
  • Claus Priesner: Münster, Sebastian. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 18.
    Berlin 1997, S. 539–541.
  • Werner Raupp: Münster, Sebastian. In: Biographisch-Bibliographisches
    Kirchenlexikon (BBKL). Band 6. Herzberg 1993, Sp. 316–326.
  • Wessel, Günther: Von einem der daheim blieb, die Welt zu entdecken. Die
    Cosmographia des Sebastian Münster oder wie man sich vor 500 Jahren die
    Welt vorstellte. Darmstadt 2004.

Erstellt am: 17.03.2014