Riegelsberg im Saarland

0.Hindenburgtürme

Die Hindenburgtürme in Riegelsberg und Bexbach sind keine klassischen Kriegerdenkmale. Sie können als Erinnerungsorte betrachtet werden, die den Wandel von der militaristisch geprägten Mentalität des Deutschen Kaiserreichs über die Heroisierung und nationalsozialistische Instrumentalisierung der Soldaten in der Zwischenkriegszeit bis hin zum Friedensmahnmal in der heutigen Zeit aufzeigen.

Im Allgemeinen waren Denkmäler zu Ehren von Generalfeldmarschall Paul von Hindenburg in den 1930er Jahren keine Seltenheit. Sie gründen in der militärischen Überhöhung des ehemaligen Feldmarschalls in der Schlacht von Tannenberg 1914. In der Zwischenkriegszeit wurde Hindenburg für viele zur Identifikationsfigur des sogenannten unbekannten Soldaten, d.h. für die im Weltkrieg gefallenen Soldaten. Auch gab es die Deutung, ihn als Staatsmann im Sinne eines Vaters der Nation zu betrachten. Darauf aufbauend konnte er in der nationalsozialistischen Zeit zur Legitimation der Machtergreifung Hitlers herangezogen werden. Auch rekurrierte man weiterhin auf seine Bedeutung als Feldherr in der für die deutsche Armee siegreichen Schlacht des Ersten Weltkriegs, sodass man heute vom „Hindenburg-“ bzw. „Tannenberg-Mythos“ spricht.[Anm. 1]

0.1.Riegelsberg

Der Hindenburgturm in Riegelsberg.[Bild: wikimedia-User Gripweed [CC-BY-SA 4.0]]

Der Hindenburgturm in Riegelsberg wurde am 02. Dezember 1934 als Denkmal für die Gefallenen des Ersten Weltkrieges eingeweiht. Sein Bau geht auf einen Beschluss des Friedhofsverbandes Hilschbach-Güchenbach-Überhofen zurück. Er ist 15 m hoch, besteht aus Sötener Klinker und verfügt über drei Geschosse. Der Turm ist dem Tannenbergdenkmal auf dem Gebiet des heutigen Polens nachempfunden und wurde dem im gleichen Jahr verstorbenen Reichspräsident Paul von Hindenburg gewidmet. Das Tannenberg-Denkmal wurde zu Beginn der 1920er von den Veteranen Ostpreußens unter anderem zum Gedenken an die Schlacht bei Tannenberg 1914 erbaut. Bis zu seiner Zerstörung 1945 diente es als Grabstätte Hindenburgs. Eng verbunden mit dem zeitgenössischen Kult um den einstigen Chef der Obersten Heeresleitung war das Gedenken an die im Weltkrieg verstorbenen Männer. In der Ehrenhalle des Turms erinnerte daher ein Soldaten-Standbild des Saarbrücker Bildhauers Willi Knapp an die 222 in Folge des Krieges verstorbenen Einwohner von Güchenbach, Hilschbach und Überhofen.

Das ehem. Tannenberg-Denkmal 1940.[Bild: wikimedia-User Repat [CC-BY-SA 3.0]]

Die Errichtung des Turms fand unmittelbar vor der Saarabstimmung 1935 und der Rückgliederung an das Deutsche Reich statt. So liegt es nahe, in der Namengebung „ein Bekenntnis des unter der Verwaltung des Völkerbundes stehenden Saargebietes zu Deutschland“[Anm. 2] zu sehen. Vor diesem Hintergrund fanden in den darauffolgenden Jahren die Kundgebungen der Nationalsozialisten am symbolträchtigen Ort auf dem Riegelsberg statt. Allerdings fungierte er bereits vor der Errichtung des Turms als Veranstaltungsort und wurde zu Beginn des 20. Jahrhunderts beispielsweise regelmäßig zum Schauplatz der Feierlichkeiten der einheimischen Bergleute und Hüttenarbeiter.[Anm. 3]

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Gedenktafel im Inneren des Hindeburgturms.[Bild: wikimedia-User Gripweed [CC-BY-SA 4.0]]

Im Jahre 2013 sollte abermals eine Festveranstaltung am Hindenburgturm auf dem Riegelsberg stattfinden. Die Initiativgruppe Hindenburgturm wollte den 8. Mai, den Jahrestag der Kapitulation Deutschlands, zum Anlass nehmen, um eine Gedenktafel für die Gefallenen des Zweiten Weltkriegs anfertigen zu lassen. Der Turm gilt seit 1997 als Erinnerungsort für beide Weltkriege. Der Besucher findet im Inneren ein Halbrelief eines Soldaten sowie eine Gedenktafel mit der Aufschrift 1914-1918 1939-1845 Nie wieder Krieg – Jamais plus la guerre. Gegen das militärisch geprägte Vorhaben regte sich jedoch scharfer Widerstand, sodass es letztlich nicht zu Stande kam.[Anm. 4]

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0.2.Bexbach

Der Hindenburgturm in Bexbach.

Anders als in Riegelsberg war der Grund für die etwa zeitgleiche Errichtung des Hindenburgturms in Bexbach zunächst rein praktischer Natur. In erster Linie diente er der Wasserversorgung der örtlichen Bevölkerung. Wie der Name impliziert, wurde diese praktische Funktion jedoch von Beginn an mit einer symbolischen Funktion verbunden. Bürgermeister Johann Schappe in Mittelbexbach ergriff 1932 die Initiative für den Bau des Wasserturms, um die Versorgung der Niederbexbacher Straße, der Hochwiesmühlstraße und der Hochstraße sicherzustellen.

Die Einweihung des Wasserhochbehälters folgte am 27. Mai 1933 im Rahmen einer öffentlichen Festveranstaltung. Auf Beschluss des Gemeinderats erhielt er den Namen Hindenburgturm. Er ist 40 m hoch und 10 m tief und besteht aus Bimsbeton. Da der Bergbau die Höcherberg-Region um Bexbach bestimmte, wurde in den leerstehenden Räume im Inneren des Turmes bereits im Folgejahr ein Heimat- und Grubenmuseum eingerichtet. Außerdem erhielt er eine Aussichtsplattform mit einem Höhencafé und eine Bierstube.

Nach dem Zweiten Weltkrieg erfolgte 1947 die Umbenennung des Turms in Bellevue. Kurze Zeit später, am 2. Juli desselben Jahres, entschied sich der Gemeinderat gegen den französischen Namen und sprach sich für die Bezeichnung als Museums- und Aussichtsturm aus, obwohl das Museum zu diesem Zeitpunkt geschlossen war. Es wurde um einige Bestände erweitert und am 1. April 1957 feierlich wiedereröffnet – unter dem neuen, alten Namen: Hindenburgturm.

Der Blick von der Aussichtsplattform.

1994 übernahm der Verein Saarländisches Bergbaumuseum Bexbach e.V. den Turm und das dazugehörigen Bergbaumuseum. Heute kann man im Inneren des Turms und in dem dazugehörigen weitläufigen Schaugrubensystem die Geschichte des saarländischen Bergbaus erleben – und eine schöne Aussicht.[Anm. 5]

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red. Bearb. Katharina Thielen
erstellt am 10.08.2017
Quellen:

  • Jesko von Hoegen: Der Held von Tannenberg. Genese und Funktion des Hindenburg-Mythos. Köln 2007.
  • Janson, Karl Heinz: Riegelsberg und seine alten Ortsteile. Riegelsberg 2012 (Beiträge zur Regionalgeschichte 19).
  • D.G.: Streit um Feier am Hindenburgturm "Ich finde das Ganze zu militärisch". In: Saarbrücker Zeitung vom 17.3.2013.
  • N.N.: Namenstafeln im Hindenburgturm für Gefallene: Noch ein Versuch. In: Saarbrücker Zeitung vom 2.4.2014.
  • Zeittafel. Fakten und Daten zum Hindenburgturm und dem Saarländischen Bergbau Museum zusammengestellt von Josef Johann, Uwe Lange und Rolf Bongard. In: 70 Jahre Hindenburgturm. 10 Jahre Verein Saarländisches Bergbaumuseum Bexbach e. V., S. 17-25.

Anmerkungen:

  1. Jesko von Hoegen: Der Held von Tannenberg. Genese und Funktion des Hindenburg-Mythos. Köln 2007. Zurück
  2. https://www.riegelsberg.eu/Sehenswuerdigkeiten.147.0.html (Aufruf am 10.8.2017 Zurück
  3. Janson, Karl Heinz: Riegelsberg und seine alten Ortsteile. Riegelsberg 2012 (Beiträge zur Regionalgeschichte 19), S. 15. Zurück
  4. Vgl. D.G.: Streit um Feier am Hindenburgturm "Ich finde das Ganze zu militärisch". In: Saarbrücker Zeitung vom 17.3.2013, URL: https://www.saarbruecker-zeitung.de/saarland/saarbruecken/riegelsberg/streit-um-feier-am-hindenburgturm-ich-finde-das-ganze-zu-militaerisch_aid-512101 (Aufruf am 10.8.2017) und Namenstafeln im Hindenburgturm für Gefallene: Noch ein Versuch. In: Saarbrücker Zeitung vom 2.4.2014, URL: https://www.saarbruecker-zeitung.de/saarland/saarbruecken/riegelsberg/namenstafeln-im-hindenburgturm-fuer-gefallene-noch-ein-versuch_aid-1089307 (Aufruf am 10.8.2017). Zurück
  5. Zeittafel. Fakten und Daten zum Hindenburgturm und dem Saarländischen Bergbau Museum zusammengestellt von Josef Johann, Uwe Lange und Rolf Bongard. In: 70 Jahre Hindenburgturm. 10 Jahre Verein Saarländisches Bergbaumuseum Bexbach e. V., S. 17-25. Zurück