Rauental am Mittelrhein

Zur Geschichte von Rauental

Das Gebiet um den heutigen Koblenzer Stadtteil Rauental wurde erstmals im Jahr 1276 im Zuge einer Vermachung eines Weinberges in „Ruendale“ an den Deutschen Orden urkundlich erwähnt.[Anm. 1] Erst ab der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts entwickelte sich das Gebiet um das heutige Rauental allerdings zu einem eigenen, als Westliche Vorstadt bezeichneten Stadtteil, als dort im Zuge der Anlage der preußischen Großfestung Koblenz zahlreiche militärische Einrichtungen und Kasernenbauten entstanden.[Anm. 2] Gelegen in der nördlichsten Moselkurve zwischen der Koblenzer Altstadt im Osten und dem Stadtteil Moselweiß im Westen sowie im Süden an die 1879 eröffnete Moselbahn grenzend, siedelten sich ab Mitte des 19. Jahrhunderts im Gebiet um Rauental neben dem preußischen Militär zudem zahlreiche Gewerbe- und Industriebetriebe an. Aufgrund seines Fluss- und Eisenbahnzugangs westlich der Bahnlinie von Mainz nach Köln diente Rauental nach 1890 als genuines Stadt- und vor allem Industrieerweiterungsgebiet am Moselufer – so siedelte sich dort im Jahr 1888 auch der städtische Schlachthof an.

Die alte Viehmarkthalle des ehemaligen städtischen Schlachthofes in Rauental.[Bild: Holger Weinandt (CC BY-SA 3.0 DE)]

Gemäß dem Plan des Koblenzer Stadtplaners Hermann Joseph Stübben (1845–1936), nach dem Koblenz nach Süden und Westen hin sukzessive erweitert werden sollte, sollten in jenem Stadterweiterungsgebiet u. a. zwei in Grünanlagen eingebettete Kirchen und eine weitere Kaserne entstehen.[Anm. 3] Eine rege Neubautätigkeit im Rauental entwickelte sich auch in den 1920er Jahren als Folge der grassierenden Wohnungsraumnot im Zuge der Wirtschaftskrise nach Ende des Ersten Weltkrieges: So entstanden von der sogenannten „Gartenstadtbewegung“ inspirierte Siedlungsräume und Straßenzüge, die sich an den sozialen Bedürfnissen breiterer Schichten orientierten. Im Jahr besaß Rauental bereits an die 3.500 Einwohner:innen.[Anm. 4]

Gebäude der ehemaligen Boelcke-Kaserne in Koblenz-Rauental.[Bild: Holger Weinandt (CC BY-SA 3.0 DE)]

Die katholische Elisabethkirche, seit 1954 Zentrum des Koblenzer Stadtteils Rauental.[Bild: Holger Weinandt (CC BY-SA 3.0 DE)]

In der Zeit des Nationalsozialismus sollte Koblenz eine große Ost-West-Achse erhalten, mit einem „Gauforum“ am Moselufer im Rauental; dieser Plan wurde jedoch nicht realisiert. Am 5., 9. und 11. Oktober sowie am 1. November des Jahres 1944 trafen alliierte Luftangriffe auch das stark industriell geprägte Rauental und führten zu Zerstörungen, so etwa auch der alten Kirche des Stadtteils, St. Elisabeth.[Anm. 5] Nach dem Zweiten Weltkrieg wuchs in den 1950er Jahren das Siedlungs- und Industriegebiet in der Gemarkung Rauental jedoch weiter stetig an – insbesondere die industrielle und gewerbliche Fläche entlang des Moselbogens nahm stark zu. So entstand am Rauentaler Moselufer eine Schleuse, das Laufwasserkraftwerk sowie der bis 1999 existente Mineralölhafen. Arbeiten zur Regulierung der Mosel hatten auf Höhe des Rauentals bereits während des Zweiten Weltkrieges 1941 begonnen, wurden jedoch erst in den Jahren von 1948 bis 1951 vollendet. Die Bevölkerungszahl des Gebietes wuchs bis 1964 auf 8.255 Einwohner:innen.[Anm. 6] Heute ist der Stadtteil, welcher erst seit 1975 offiziell diesen Namen trägt, vor allem von gewerblichen Großbauten (insbesondere aus der Nachkriegszeit) von Dienstleistungsunternehmen geprägt; 2009 hatte der Ort noch 4.759 Einwohner:innen.[Anm. 7]

Nachweise

Verfasser: Felix Maskow

Literatur: 

  • Boberach, Heinz: Nationalsozialistische Diktatur, Nachkriegszeit und Gegenwart, in: Bátori, Ingrid [u. a.] (Bearb.): Geschichte der Stadt Koblenz, Bd. 2: Von der französischen Stadt bis zur Gegenwart. Stuttgart 1993, S. 170–224.
  • Denzer, Heinrich: Eine katholische Stadt im protestantischen Preußen, in: Bátori, Ingrid [u. a.] (Bearb.): Geschichte der Stadt Koblenz, Bd. 2: Von der französischen Stadt bis zur Gegenwart. Stuttgart 1993, S. 253–281.
  • Denzer, Heinrich: Kulturleben, in: Bátori, Ingrid [u. a.] (Bearb.): Geschichte der Stadt Koblenz, Bd. 2: Von der französischen Stadt bis zur Gegenwart. Stuttgart 1993, S. 479–516.
  • Golecki, Anton: Vom Ersten Weltkrieg bis zum Ende der Weimarer Republik, in: Bátori, Ingrid [u. a.] (Bearb.): Geschichte der Stadt Koblenz, Bd. 2: Von der französischen Stadt bis zur Gegenwart. Stuttgart 1993, S. 119–169.
  • Köhler, Franz-Heinz: Die Bevölkerungsentwicklung, in: Bátori, Ingrid [u. a.] (Bearb.): Geschichte der Stadt Koblenz, Bd. 2: Von der französischen Stadt bis zur Gegenwart. Stuttgart 1993, S. 319–337.
  • Lammert, Peter: Städtebau von 1917 bis zur Gegenwart, in: Bátori, Ingrid [u. a.] (Bearb.): Geschichte der Stadt Koblenz, Bd. 2: Von der französischen Stadt bis zur Gegenwart. Stuttgart 1993, S. 451–478.
  • Liessem, Udo: Bauten des 19. Jahrhunderts, in: Bátori, Ingrid [u. a.] (Bearb.): Geschichte der Stadt Koblenz, Bd. 2: Von der französischen Stadt bis zur Gegenwart. Stuttgart 1993, S. 409–450.
  • Schwalbach-Kulla, Edith: Die jüdische Gemeinde, in: Bátori, Ingrid [u. a.] (Bearb.): Geschichte der Stadt Koblenz, Bd. 2: Von der französischen Stadt bis zur Gegenwart. Stuttgart 1993, S. 302–318.
  • Weber, Ulrike: Kulturdenkmäler in Rheinland-Pfalz, Bd. 3.3: Stadt Koblenz. Stadtteile, Worms 2013 (Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland), S. 296–300.
  • Winkel, Harald: Handel und Gewerbe, in: Bátori, Ingrid [u. a.] (Bearb.): Geschichte der Stadt Koblenz, Bd. 2: Von der französischen Stadt bis zur Gegenwart. Stuttgart 1993, S. 354–408.

Erstellt am: 07.08.2022

Anmerkungen:

  1. Vgl. Weber, Ulrike: Kulturdenkmäler in Rheinland-Pfalz, Bd. 3.3: Stadt Koblenz. Stadtteile, Worms 2013 (Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland), S. 296–300, hier 296. Zurück
  2. Vgl. Weber 2013, S. 296–297. Zurück
  3. Vgl. Lammert, Peter: Städtebau von 1917 bis zur Gegenwart, in: Bátori, Ingrid [u. a.] (Bearb.): Geschichte der Stadt Koblenz, Bd. 2: Von der französischen Stadt bis zur Gegenwart. Stuttgart 1993, S. 451–478, hier S. 454, 459; Liessem, Udo: Bauten des 19. Jahrhunderts, in: Bátori, Ingrid [u. a.] (Bearb.): Geschichte der Stadt Koblenz, Bd. 2: Von der französischen Stadt bis zur Gegenwart. Stuttgart 1993, S. 409–450, hier S. 441–442; Weber 2013, S. 296. Zurück
  4. Vgl. Golecki, Anton: Vom Ersten Weltkrieg bis zum Ende der Weimarer Republik, in: Bátori, Ingrid [u. a.] (Bearb.): Geschichte der Stadt Koblenz, Bd. 2: Von der französischen Stadt bis zur Gegenwart. Stuttgart 1993, S. 119–169, hier S. 132; Köhler, Franz-Heinz: Die Bevölkerungsentwicklung, in: Bátori, Ingrid [u. a.] (Bearb.): Geschichte der Stadt Koblenz, Bd. 2: Von der französischen Stadt bis zur Gegenwart. Stuttgart 1993, S. 319–337, hier S. 331; Weber 2013, S. 297. Zurück
  5. Vgl. Boberach, Heinz: Nationalsozialistische Diktatur, Nachkriegszeit und Gegenwart, in: Bátori, Ingrid [u. a.] (Bearb.): Geschichte der Stadt Koblenz, Bd. 2: Von der französischen Stadt bis zur Gegenwart. Stuttgart 1993, S. 170–224, hier S. 188; Denzer, Heinrich: Eine katholische Stadt im protestantischen Preußen, in: Bátori, Ingrid [u. a.] (Bearb.): Geschichte der Stadt Koblenz, Bd. 2: Von der französischen Stadt bis zur Gegenwart. Stuttgart 1993, S. 253–281, hier S. 276; Lammert 1993, S. 454, 459; Weber 2013, S. 297. Zurück
  6. Vgl. Weber 2013, S. 297; Winkel, Harald: Handel und Gewerbe, in: Bátori, Ingrid [u. a.] (Bearb.): Geschichte der Stadt Koblenz, Bd. 2: Von der französischen Stadt bis zur Gegenwart. Stuttgart 1993, S. 354–408, hier S. 400. Zurück
  7. Vgl. Weber 2013, S. 296–297. Zurück