Eßweiler in der Pfalz

Eßweiler

0.1.Allgemeine Angaben

Ortsgemeinde in der Verbandsgemeinde Wolfstein

Einwohner (30. 6. 1997) 582 (270 Frauen, 312 Männer)

Einwohner (2007): 446

Einwohner (2010): 418

Wohngebäude (1987 161

Wohnungen (1987): 195

Gemarkung: 811 ha, davon 142 ha Wald und 272 ha landwirtschaftlich genutzte Fläche

0.2.Lage

Das Dorf Eßweiler (260 - 280 m über NN) hat dem Tal zwischen Rothselberg und Offenbach-Hundheim seinen Namen gegeben, das Eßweiler Tal. Dieses Tal wird vom Talbach durchflossen. seine beiden Quellbäche, der Breitenbach und der Jettenbach, vereinigen sich in der Dorfmitte von Eßweiler. Zuvor wird der Breitenbach etwa 100 m nach der Ortsgrenze (Richtung Rothselberg) von dem aus dem Gemarkungsteil Engler kommenden Steinbach verstärkt. Von hier an strebt der Talbach seiner Mündung in den Glan bei Offenbach-Hundheim zu.

0.3.Siedlung und Wohnung

Eßweiler hat seine heutige Gestalt im wesentlichen der Zeit nach dem Dreißigjährigen Krieg verdanken; es wurde als Straßendorf entlang der Hauptstraße (der heutigen Landesstraße 372) gebaut. In der Ortsmitte, wo sich Breitenbach und Jettenbach zum Talbach vereinigen, zweigt als zweite große Straße die Krämelstraße als Landesstraße 369 nach Jettenbach in Richtung Landstuhl ab. In der Ortsmitte steht die im Jahre 1865 erbaute Protestantische Kirche. Daneben befanden sich das alte Schulgebäude und das alte Rathaus, das in den 60er Jahren erneuert und erweitert wurde. Schon im Jahre 1935 war die ehemalige „alte Schul“ durch ein neues Schulgebäude am Ortsausgang in Richtung Oberweiler im Tal ergänzt worden. Das Ortszentrum wurde in den 80er Jahren durch die Anlage eines Dorfplatzes neu geprägt. Schließlich wurde in den Jahren 1994-1997 in unmittelbarem Anschluss an diesen ein Dorfgemeinschaftshaus errichtet. Vom früheren und heutigen Ortszentrum nimmt die Ortsstraße „Im Läppchen“ ihren Ausgang, wobei der Teil rechts vom Talbachlauf noch heute „Judengasse“ genannt wird und auf den ehemals bedeutenden Anteil jüdischer Bevölkerung in Eßweiler hindeutet. Seit den 50er Jahren sind die über die Bäche führenden Brücken verrohrt, so dass die heutige Kreuzung zwischen den beiden Landesstraßen, die noch als „Brücke“ bezeichnet wird, die ursprüngliche Gestalt nur noch erahnen lässt. Von der Krämelstraße zweigt eine Kreisstraße ab zum ca. 3 km entfernt auf dem Gipfel des Bornberges liegenden Ortsteil Schneeweiderhof. Diese Straße wurde 1959 als Kreisstraße 31 ausgebaut und in 1994/95 renoviert. Auf dem Schneeweiderhof wurde bis zum Jahre 1970 Hartstein (Diorit) abgebaut. Das ehemalige Steinbruchgelände samt seiner „Kolonie“, einer im Jahre 1923 errichteten Arbeitersiedlung für einen Teil der dort beschäftigten Arbeiter, kann als Industriedenkmal bezeichnet werden. Ab 1988 wurde dort die heutige Kreismülldeponie des Landkreises Kusel angelegt und betrieben. Im Anschluss an die Abzweigung zum Ortsteil Schneeweiderhof entstand am Ende der 50er Jahre entlang der Krämelstraße ein Neubaugebiet, das die Bebauungsgrenze in Richtung Jettenbach verschoben hat. Ein zweites Neubaugebiet „Auf Herrmannsmauer“ entstand ab 1980 am Ortsausgang in Richtung Oberweiler im Tal, oberhalb der Landesstraße 372. Zur Zeit bemüht sich die Gemeinde um ein Neubaugebiet in der Gewanne „Rödwies“ (Rothenweg). Nach der Zählung im Jahre 1987 besitzt Eßweiler 161 Wohngebäude mit 195 Wohnungen. Etwas mehr als ein Drittel dieser Wohngebäude wurden vor 1900 errichtet. Am Ortsrand von Eßweiler entstanden zwei Aussiedlerhöfe, der Königsbergerhof (unterhalb des Königsbergs) und der Lindenhof (am Ortsausgang in Richtung Jettenbach). In der Nähe des Lindenhofs, im Gemarkungsteil „Altbach“, will die Gemeinde Eßweiler ein Gewerbegebiet ausweisen.

Ende der 80er Jahre erwarb das Christliche Jugenddorfwerk Deutschlands (CJD) ein größeres Anwesen in der Ortsmitte. Nachdem sich die ursprüngliche Idee, dort eine Ausbildungsstätte für ökologischen Landbau zu betreiben, zerschlagen hatte, dienten die beiden Gebäude als Durchgangsstation für Aussiedler aus osteuropäischen Staaten. Mittlerweile hat das CJD dort Auszubildende untergebracht.

0.4.Name

Der Ortsname Eßweiler wird von Ernst Christmann als „Weiler des Ezo (Ezzo)“ abgeleitet; als eine ältere Form dieses Namens wird auch Azzo (Azzio) genannt. Es handelt sich in beiden Fällen um einen altdeutschen Männernamen, so dass davon auszugehen ist, daß Eßweiler seinen Namen einem seiner ältesten Bewohner verdankt. Demnach könnte Eßweiler auch Aßweiler geheißen haben; ein historischer Beleg dafür existiert jedoch nicht.

0.5.Wappen

Auf goldenem Grund diagonal geteilt durch ein gewelltes blaues Band (Talbach) zeigt es in der oberen Hälfte eine rote Burg mit hohem Turm, in der unteren Hälfte zwei über Kreuz gelegte Hämmer der Steinbrucharbeiter. Die Burg bezieht sich auf die nahe gelegene Springeburg, und die Hämmer deuten auf die vor Ort vorhandene Steinbruchindustrie hin. Das Wappen wurde 1982 durch die Bezirksregierung Neustadt genehmigt. (Vgl. Debus o. J. S. 172)

0.6.Abriss der Ortsgeschichte

0.6.1.Frühe Geschichte

Die ältesten Bewohner unserer Gegend waren die Kelten. Sie wurden im letzten vorchristlichen Jahrhundert von germanischen Stämmen bedrängt. Die Römer trieben die germanischen Stämme über den Rhein zurück. Am Ende des Gallischen Krieges im Jahre 51 v. Chr.  war das gesamte linksrheinische Gebiet ein Teil der römischen Provinz Gallien. Ein Zeugnis aus dieser Zeit ist der Anfang dieses Jahrhunderts gefundene silberne Löffel von Eßweiler; er ist zugleich ein Beweis für das frühe Christentum in der Pfalz.

Die Römer haben diese Region um etwa 400 n. Chr. verlassen und die nachfolgenden Alemannen wurden schließlich durch die Franken vertrieben (Chlodwig (466-511)). Die gesamte Gegend zählte zum Reichsland, über das der König selbst verfügte; der heute noch gebräuchliche Begriff Königsland deutet darauf hin.

0.6.2.Mittelalter

Die Entstehung von Eßweiler dürfte in der Zeit zwischen 600 und 800 n. Chr. erfolgt sein, als die so genannten „-weilerdörfer“ entstanden sind. Eßweiler wird erstmals urkundlich erwähnt in den Jahren 1250 und 1296 und zwar als „Esewilre“. Ursprünglich lag das Dorf nicht im Tale des Talbachs, sondern am Fuße des Königsberges, in der heutigen Gewanne Kirchwiese. In früherer Zeit wurden auch Mauerreste aufgefunden. Politisch gesehen war das Eßweiler Tal im frühen Mittelalter eine Einheit und wurde durch die Grafschaft Veldenz verwaltet. Es gehörten dazu nicht nur die Talgemeinden Eßweiler, Oberweiler im Tal, Nerzweiler und Hundheim, sondern auch die Dörfer Aschbach, Horschbach, Elzweiler und Hachenbach. Herrschaftsort war Hirsau, dessen uralte Kirche auf diese Zeit hinweist. Sitz der Veldenzer Verwaltung war zunächst Nerzweiler, zwischen 1443 und 1477 wurde der Amtssitz nach Hundheim verlegt. Das Kloster Offenbach und die alte Hirsauer Kirche lassen die Vermutung zu, daß das Eßweiler Tal ursprünglich ein Klostervogteibezirk war. Nach der Überlieferung wurden im Jahre 1150 die Höfe in Aschbach, Hachenbach und Hirsau dem Kloster Offenbach von Reinfried von Rüdesheim geschenkt und zwar als Propstei der Abtei St. Vinzenz in Metz; der Erzbischof von Mainz hat diese Schenkung im Jahre 1289 bestätigt. Hirsau war bis in das 16. Jahrhundert eine Pfarrei, die das gesamte Tal umfasste.

Im 12. Jahrhundert fiel das Eßweiler Tal an den Grafen Emich von Schmidtburg, der als Stifter der Veldenzer Grafenlinie gilt. 1393 kam das Tal als Wittum an Margarete von Nassau, die Gemahlin Friedrich III. von Veldenz.

In diese Zeit fällt auch die Entstehung der Sprengelburg (Springeburg), die zwischen Eßweiler und Oberweiler im Tal gestanden und den Rittern von Mühlenstein gehört hat. Über ihre Geschichte ist wenig bekannt. Nur in einer Beschreibung des Eßweiler Tales aus dem Jahre 1595, die der Lichtenberger Landschreiber und Geometer Johannes Hofmann im Auftrage des Pfalzgrafen Johann erstellt hat, ist von der Sprengelburg und ihrer schließlichen Zerstörung durch Straßburger Kaufleute die Rede. Heute ist nur noch eine Ruine zu sehen; sie wurde in den 80er Jahren durch die Gemeinde Eßweiler restauriert, nachdem zuvor in den 70er Jahren der amerikanische Professor Thomas Higel von der University of Maryland die unter einem Geröllhügel verborgenen Überreste freigelegt hatte.

Die Burg liegt an der Landesstraße 372 zwischen den Ortschaften Eßweiler und Oberweiler im Tal; die Gemarkungsgrenze führt genau durch das Burggelände. Noch heute wird sie das „alte Schloss“ genannt. Sie liegt auf einem vom Königsberg auslaufenden Bergvorsprung; das Gelände fällt steil ab zum vorbeifließenden Talbach hin. Die Bauherren hatten ihre Burg an der engsten Stelle des Tales errichtet, wohl um von da aus die ehemals im Tal verlaufende Straße kontrollieren zu können. Bei den Freilegungsarbeiten wurde eine rechteckige Anordnung von Außenmauern (etwa 15 mal 20 Meter) zu Tage gefördert; in der Mitte befand sich ein Rundturm (mit einem Durchmesser von 8 Metern). Dies läßt darauf schließen, daß es sich nicht um eine Burg im eigentlichen Sinne, sondern um einen gut ausgebauten Wachturm gehandelt hat. Besondere Funde wurden im Zuge der Ausgrabungsarbeiten zunächst nicht gemacht. Lediglich am Fuße des Hügels fand man Keramikreste, jedoch im Sommer 1978 stieß das Team von Prof. Higel auf das Skelett einer jungen Frau, die bei der Zerstörung der Burg ums Leben gekommen sein könnte. Dieser Fund rief ein verstärktes Interesse an der Geschichte der Burg hervor, man besann sich wieder auf Hoffmanns Beschreibung, die u.a. auch einen detaillierten Bericht über die Zerstörung der Burg enthält. Die "Springeburg", so nennt sie Hoffmann, fiel nicht dem Dreißgjährigen Krieg oder dem Pfälzischen Erbfolgekrieg zum Opfer, sondern wurde – vermutlich in der Zeit zwischen 1350 und 1400 im Zuge einer Vergeltungsmaßnahme durch Straßburger Kaufleute zerstört; dabei kam auch ein Mühlensteiner Junker ums Leben.

Die Springeburg

0.6.3.Neuzeit

Von den vielen Siedlungen, die während des Landausbaus zwischen 600 und 1200 entstanden sind, haben mehr als die Hälfte nicht überlebt. Schon kurz nach 1400 wurden einige Dörfer des Eßweiler Tales durch „Armaniaken“ zerstört. Die Bevölkerung hatte darüber hinaus auch unter den großen Epidemien der damaligen Zeit zu leiden. Im Jahre 1564 soll die Pest von den 800 Einwohnern des Eßweiler Tals 200 dahingerafft haben. Eßweiler soll im Jahre 1575 nur noch 24 Einwohner gehabt haben. Eine weitere Pestwelle durchzog 1622, während des Dreißigjährigen Krieges, das Land und führte dazu, daß die meisten Dörfer fast vollkommen ausgestorben waren. Immer wieder kamen auf Veranlassung der Landesherren Ansiedler aus Frankreich, aus der Schweiz und auch aus Tirol ins Land, aber die Kriegswirren nach dem Westfälischen Frieden 1648, als der französische König Ludwig der XIV. die Pfalz zum Kriegsschauplatz machte, ließ das Land nicht zur Ruhe kommen. Obwohl sich nach Beendigung der politisch und religiös motivierten Kriege nach 1700 die Verhältnisse etwas beruhigten, blieb das Land arm. Zwar festigte sich in dieser Zeit das religiöse Leben etwas, 1709 entstand eine von Eßweiler aus betreute lutherische Pfarrei, Hungersnöte trieben weite Teile der Bevölkerung in das habsburgische Osteuropa, in das preußische Brandenburg und Pommern und schließlich auch nach Übersee, nach Nordamerika. Viele Familien aus Eßweiler befanden sich unter diesen Auswanderern. In der napoleonischen Ära wurde das Eßweiler Tal dem französischen Département „Mont Tonnerre“ (Donnersberg) einverleibt. Eßweiler war in diesem Gebiet Sitz einer Mairie im Canton Wolfstein und im Arrondissement Kaiserslautern. Nach dem Wiener Kongress kam die Pfalz zum Königreich Bayern und blieb bis zum Entstehungsjahr des Bundeslandes Rheinland-Pfalz im Jahre 1947 unter bayerischer Verwaltung. Im frühen 19. Jahrhundert ernährte sich die Bevölkerung vorwiegend durch die Landwirtschaft, die allmählich erfolgende Bevölkerungzunahme (1803: 464 Einwohner; 1837/37:614 Einwohner) verschärfte auch in Eßweiler die Armut, da es an hinreichenden Beschäftigungsmöglichkeiten in der Region mangelte. In diese Zeit fällt die Entstehung des Wandermusikantentums. Gerade aus Eßweiler kam ein unverhältnismäßig großer Anteil von Musikanten, die in alle Welt zogen, vorwiegend nach Nord- und Südamerika, aber auch nach Australien, China und Afrika. Zwei interessante Persönlichkeiten des ausgehenden 19. Jahrhundert waren Hubertus Kilian und Michel Gilcher; Killian brachte es zum kaiserlich-chinesischen Kapellmeister in Peking.

Eine andere Einnahmequelle tat sich auf, als man auf dem Schneeweiderhof Hartsteinvorkommen entdeckte. Etwa um 1840 begannen einige Bürger aus Eßweiler am Kiefernkopf mit der Herstellung von Pflastersteinen. Das Dioritgestein zeichnete sich durch hohe Druckfestigkeit aus, so daß die Pflastersteine sich durch eine besondere Güte auszeichneten und in vielen Städten sich großer Beliebtheit erfreuten. Anfänglich wurden die Gesteinsvorkommen durch viele Kleinbetriebe ausgebeutet, bis ab 1914 die Basalt AG aus Linz am Rhein die einzelnen Betriebe übernahm und den Betrieb immer weiter ausbaute. 1919 wurde ein Seilbahn nach Altenglan gebaut, um den Transport sicherzustellen. 1923 wurde die „Kolonie“ gebaut, eine Arbeitersiedlung mit ca. 50 Wohneinheiten. 1928 hatte der Betrieb 567 Beschäftigte. Bis zum Ausbruch des 2. Weltkrieges sank der Beschäftigtenstand auf 320. Noch Anfang der 50er Jahre waren 190 Arbeitnehmer beschäftigt, Ende der 60er Jahre waren es noch 68, wobei die Produktionsleistung infolge starker Rationalisierungen erheblich gestiegen war. Dennoch wurde der Betrieb 1970 stillgelegt, nicht zu letzt wegen der ungünstigen Transportbedingungen.

Wandermusikantentum und Hartsteinindustrie waren ausschlaggebend für die Entwicklung zu Beginn des 20. Jahrhunderts. In den beiden Weltkriegen hatte Eßweiler viele Kriegsopfer zu beklagen. Von besonderer Tragik war ein Unglück, das sich in den letzten Kriegstagen 1945 ereignete, als Kinder und Jugendliche eine aufgefundene Panzerfaust, die von den auf dem Rückzug befindlichen deutschen Soldaten zurückgelassen worden war, explodierte und fünf Kinder tötete.

0.7.Zeittafel

12. Jhd.Eßweiler Tal in der Grafschaft Veldenz
1250Ersterwähnung des Ortes
1393Eßweiler Tal Wittum von Margarethe, Gemahlin Friedrichs von Veldenz
um 1400Bau der Springeburg
um 1480Zerstörung der Burg
1564Im Eßweiler Tal wütet die Pest
1618/48 Nur wenige Menschen überleben im Tal
1709Lutherische Pfarrei in Eßweiler
1801Eßweiler Sitz einer Mairie im Canton Wolfstein, im Arrondissement Kaiserslautern, im Département Mont Tonnerre (Donnersberg)
1816Eßweiler im Königreich Bayern
1840Eröffnung der Hartsteinindustrie am Schneeweiderhof
1914Vereinigung der Steinbrüche in der Basalt AG
1919Bau einer Drahtseilbahn vom Schneeweiderhof nach Altenglan 
1923Entstehung der "Kolonie" auf dem Schneeweiderhof
1945Fünf Kinder sterben beim Hantieren mit einer Panzerfaust
1970Stilllegung der Steinbruchbetriebe
1972Eßweiler Ortsgemeinde in der VG Wolfstein

0.8.Wahlergebnisse in Prozent, Zweitstimmen

CDUSPDFDPGrüneLinkeSonstige
Landtag 200659,522,63,04,23,610,9
Landtag 201122,554,98,50,93,67,6
Bundestag 20042155,810,15,2 ---6,0
Bundestag 20052437,4 8,83,819,16,9
Bundestag 200922,328,2 9,73,4 28,67,8
Bundestag 201330,131,2 3,24,8 16,714,0

0.9.Religiöse Verhältnisse

Die Kirche im Dorf[Bild: Ernst Schworm]

Christliche Gemeinden

Auch in geistlicher Hinsicht war das Eßweiler Tal eine Einheit. Bis zur Reformation dominierte der katholische Glaube. Kirchliches Zentrum war Hirsau mit seiner Kirche, das ganze Eßweiler Tal war eine Pfarrei. Diese Einheit ging mit der Reformation verloren, denn 1544 wurden die Orte Eßweiler, Hinzweiler und Oberweiler aus der alten Pfarrei herausgelöst und zu einer selbständigen Pfarrei Hinzweiler zusammengefasst. Diese Separierung ging einher mit der Verbreitung des Protestantismus, als die Wildgrafen zum lutherischen Glauben übertraten. Mit dem Wechsel zum Zweibrücker Herzogtum im Jahre 1595 wurde im Eßweiler Tal die reformierte Lehre eingeführt. In dieser Zeit war in der auch für Eßweiler zuständigen Pfarrei Hinzweiler ein aus Österreich stammender Pfarrer namens Pantaleon Weiß (er nannte sich Candidus) tätig; er hatte in Wittenberg bei Melanchton studiert und war Anhänger reformatorischer Ideen. Ursprünglich hatte das gesamte Eßweiler Tal nur einen Friedhof in Hirsau. Eßweiler besaß aber schon vor 1590 einen eigenen Friedhof. Es ist anzunehmen, dass im Eßweiler Tal der protestantische Glaube stark verbreitet war, weil die Landesherren diesem Glauben anhingen. Nach dem Frieden von Rijswijk 1697 waren alle Ortschaften des Eßweiler Tales nach Eßweiler gepfarrt. Im Jahre 1709, als das Herzogtum Zweibrücken unter schwedischer Herrschaft stand, wurde eine lutherische Pfarrei in Eßweiler gegründet, zu der über zwanzig Ortschaften gehörten. Die kleinen lutherischen Gemeinden in Wolfstein und Roßbach wurden zeitweilig von Eßweiler aus betreut. Von 1758 bis 1763 war Johann Julius Printz Pfarrer in Eßweiler, von 1810 bis 1817 Johann Heinrich Bauer. Der Anteil der Katholiken war in Eßweiler gering. Im Jahre 1836/37 hatte Eßweiler 614 Einwohner, davon 28 Katholiken, 525 Protestanten und 61 Juden. Bereits 1821 wurde die Eßweiler` Pfarrkirche eine Filiale von Bosenbach. Einer der bekanntesten Pfarrer war der in Kusel gebürtige Christian Böhmer (1823-1877), der 1872 nach Bosenbach kam und durch sein literarisches Schaffen eine gewisse Bekanntheit erlangt hat. Die Katholiken wurden in dieser Zeit von Wolfstein her betreut, während in den Jahren davor die katholische Diaspora im Eßweiler Tal zu Lauterecken gehörte; dort war schon im Jahre 1725 eine sogenannte Simultankirche entstanden. Seither hat sich an der pfarramtsmäßigen Zugehörigkeit von Protestanten und Katholiken wenig geändert. Seit 1969, als die protestantische Pfarrei Bosenbach aufgelöst wurde, gehört Eßweiler zur Pfarrei Rothselberg.

Jüdische Gemeinde

Bedeutsam ist in diesem Zusammenhang der starke Anteil jüdischer Mitbürger in Eßweiler. Jüdische Familien sind in den Jahren 1680, 1698, 1746, 1776 und 1780 nachgewiesen; im Jahre 1789 wird eine jüdische Synagoge in Eßweiler erwähnt. Relativ stark war der jüdische Bevölkerungsanteil im 19. Jahrhundert, wiewohl gegen Ende dieser Jahrhunderts viele Juden in die benachbarten Städte zogen. Die Synagoge, die im Volksmund auch Judenschule genannt wurde, befand sich in der Judengasse, das Gebäude existiert noch heute. Im danebenliegenden Haus hat man einen zugeschütteten Brunnen gefunden, der auf die Reste eines Judenbades (Mikwe) schließen läßt. Von einem Großteil der Gebäude, die heute noch in Eßweiler stehen, weiß man, daß sie ehemals im Besitz jüdischer Bürger namens Rothschild, Loeb, Hermann, Wolf, Dreifuß, Lazarus, Herz, Ehrlich usw. waren. Im Jahre 1938 wohnten in Eßweiler nur noch zwei jüdische Familien, Isidor und Siegmund Rothschild. Sie sind vermutlich in einem nationalsozialistischen Vernichtungslager ums Leben gekommen.

0.10.Bevölkerung

Die Einwohnerzahl nahm im Laufe des 19. Jahrhunderts zu und erreichte 1838 eine Zahl von 614. Trotz Auswanderungen und Umzügen stieg in unserem Jahrhundert die Bevölkerungszahl an und erreichte 683 Einwohner im Jahre 1939. Nach dem Zweiten Weltkrieg, im Jahre 1950, lag die Einwohnerzahl sogar bei 724, nicht zuletzt aufgrund der Zuzüge von Flüchtlingen aus Mittel- und Ostdeutschland. In der Folgezeit ging die Einwohnerzahl ständig zurück. Hatte Eßweiler im Jahre 1961 noch 687 Einwohner, so sank die Bevölkerungszahl dann auf 582 (Stand: 30.6.1997). Jetzt leben nur noch 446 Bewohner im Ort. (2009)

0.11.Einwohnerzahlen (nach Alter, Pfalzatlas I)

182518351871190519391961 19972009
gesamt584614673644684687582446
kath. 37 19
ev.501 665
isr. 46 ---

0.12.Schulen, Kultur und Vereinswesen

0.12.1.Schule

Zwar hat im 16. Jahrhundert im Eßweiler Tal noch keine Schule existiert, es ist aber offensichtlich, daß die Kinder von den Pfarrern unterrichtet wurden. Sie waren dieser Aufgabe nur schwerlich gewachsen, da sie unter beengten Wohnverhältnissen litten und in der Sommerzeit das Pfarrgut zu bewirtschaften hatten. Im ausgehenden 16. Jahrhundert, wurde durch die Verbreitung humanistischer und reformatorischer Ideen der Ruf nach Bildung wach. Eine Urkunde aus dem Jahre 1572 weist auf die Existenz einer Schule in Eßweiler hin. Im Jahre 1604 richtete das Pfarrvolk von Eßweiler eine Bittschrift an den zuständigen Landesherren, den Herzog Johannes den Jungen (II.), in der um die Errichtung einer Lateinschule nachgesucht wurde. Der Pfalzgraf entsprach dem Anliegen durch einen Erlass vom 31. Mai 1604. Die Lateinschule büßte ihre Existenz während des Dreißigjährigen Krieges wieder ein. Theodor Zink berichtet von einer griechischen Inschrift am Türbogen des ehemaligen Pfarrkellers; sie soll noch im Jahre 1818 erhalten gewesen sein. Nach den Wirren des Großen Krieges dürfte Eßweiler auch wieder eine Schule bekommen haben, auf jeden Fall sind für diese Zeit Namen von Lehrern verbürgt. In diesem Jahrhundert gab es in Eßweiler eine zweizügige Volksschule, die anfangs im alten Schulgebäude in der Ortsstraße „Im Läppchen“ untergebracht war. In 1936 wurde ein neues Schulgebäude errichtet, während die „alte Schule“ noch bis in die 50er Jahre in Betrieb war. 1956 wurde das neue Schulgebäude aufgestockt. Am 2.11.1952 wurde auf dem Schneeweiderhof eine einklassige Schule in Dienst gestellt, die anfangs von 43 Schülern besucht wurde. Bis dahin mussten die Kinder vom Schneeweiderhof tagtäglich den langen Schulweg nach Eßweiler zurücklegen. Am 25.8.1965 wurde diese Schule wieder geschlossen; die Klassen 1 bis 4 wurden in der Grundschule Eßweiler, die Schüler der Klassen 5 bis 8 in der Mittelpunktschule Wolfstein unterrichtet. Diese Mittelpunktschule in Wolfstein wurde 1965 nach einem Versuchsschuljahr in 1962/63 gegründet; seither wurden die Schüler der Oberstufe dort unterrichtet. Die Grundschule verblieb in Eßweiler. Mit Gründung der Verbandsgemeinde Wolfstein im Jahre 1971 wurde auch das Schulwesen teilweise neu geordnet. Für die Gemeinden Eßweiler, Oberweiler im Tal und Hinzweiler wurde die Grundschule Eßweilertal mit den Schulstandorten Eßweiler und Hinzweiler gegründet. Schließlich wurde in den 80er Jahren die Königsland-Grundschule für die Ortschaften Eßweiler, Hinzweiler, Jettenbach, Oberweiler im Tal und Rothselberg mit den zunächst drei Schulstandorten Eßweiler, Jettenbach und Rothselberg. Mittlerweile wurde der Standort Jettenbach aufgegeben. Zu Anfang 1997 hatte die Königsland-Grundschule 134 Schüler in 8 Klassenräumen. Die verschiedenen Standorte, aber auch Raummangel waren der Grund für die Planung eines neuen Schulgebäudes am künftigen Standort Jettenbach.

Seit 1972 betrieb die Gemeinde Eßweiler im Rahmen eines am 24.8.1972 gegründeten Zweckverbandes mit den Gemeinden Jettenbach, Rothselberg, Oberweiler im Tal und Hinzweiler einen Kindergarten in Jettenbach. Seit 1997 ist in Rothselberg ein Kindergarten für Eßweiler und Rothselberg in Betrieb; Träger ist die Evangelische Kirchengemeinde Rothselberg.

0.12.2.Kultur

Das kulturelle Leben in Eßweiler war in früherer Zeit durch die Schulen, nicht zuletzt auch durch die erwähnte Lateinschule geprägt. In alten Unterlagen wird auch von Theateraufführungen in Eßweiler berichtet. Ansonsten erreichte das kulturelle Leben im vergangenen Jahrhundert durch das Aufkommen des Musikantentums einen Höhepunkt. Von Eßweiler aus zogen Musikanten in die gesamte Welt. Bekannte Kapellmeister des vergangenen Jahrhunderts waren Hubertus Kilian und Michel Gilcher. In diesem Jahrhundert ist Jakob Meisenheimer zu nennen, der fast den gesamten Erdball bereist hatte. Bekannt geworden sind auch Jakob Hager, der u.a. an der Metropolitan Opera in New York spielte und auch Rudolph Schmitt, der sich viele Jahre als Klarinettist an den weltberühmten Orchestern in Chicago und San Francisco betätigte.

Es war daher kein Zufall, daß in Eßweiler schon im vergangenen Jahrhundert ein Musikverein existierte. Das Kassenbuch des Musikvereins Mackenbach verzeichnet für dessen Gründungsjahr 1883 einen Eintrag, wonach eine Bote nach Eßweiler geschickt wurde, um dort die Statuten des Vereins zu holen. Der Musikverein existierte noch bis in die Zeit nach dem Ersten Weltkrieg, löste sich danach aber allmählich auf. 1990 wurde die alte Musikantentradition in Eßweiler durch Gründung des Musikvereins „Talbachmusikanten“ wiederbelebt.

0.12.3.Vereine

In Eßweiler gibt es derzeit folgende Vereine:

Turn- und Sportverein Eßweiler, 1924 gegründet, 125 Mitglieder; Gesangverein 1888 Eßweiler, 1888 gegründet, 85 Mitglieder, davon 25 aktive und 60 passive Mitglieder. Seit 1993 besteht eine Chorgemeinschaft mit dem Gesangverein Horschbach. Landfrauenverein, 1962 gegründet, 47 Mitglieder. Feuerwehrförderverein, 1983 gegründet, 35 Mitglieder. Heimat- und Verkehrsverein, 1972 gegründet, 40 Mitglieder.   Musikverein Talbachmusikanten, 1990 gegründet 65 Mitglieder, davon 35 aktive und 30 passive Mitglieder. Daneben gibt es in Eßweiler einen Krankenpflegeverein sowie einen Ortsverein der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (SPD).

Eng verbunden mit dem dörflichen Vereinsleben ist der Luftsportverein Landstuhl, der seit 1964 im Gemarkungsteil „Striet“ einen Segelflugplatz unterhält.

0.13.Gesundheits- und Sozialwesen

Die ärzt- und zahnärztliche Versorgung wird durch entsprechende Praxen in Hinzweiler, Jettenbach, Offenbach-Hundheim und Wolfstein sichergestellt. Die nächstgelegenen Apotheken befinden sich in Offenbach-Hundheim und Wolfstein. Zur Förderung der krankenpflegerischen Selbsthilfe existiert in Eßweiler ein Krankenpflegeverein.

0.13.1.Wirtschaft und Verkehr

Vor dem 19. Jahrhundert war die Landwirtschaft der dominierende Erwerbszweig. Kleinhandwerk entstand insoweit, als dies für die Unterstützung der Landwirtschaft erforderlich war. Noch bis in die erste Hälfte dieses Jahrhunderts gab es Bäcker, Metzger, Sattler, Schreiner, Schneider, Schuhmacher, Tüncher und Gipser in Eßweiler. Neben dem bereits erwähnten Wandermusikantentum entstand, wenngleich auch in geringem Umfang, das Handwerk des Musikinstrumentenbaus auf handwerklicher Grundlage. In der Nachkriegszeit wurden die meisten landwirtschaftlichen Betriebe zu Nebenerwerbsbetrieben, die Landwirtschaft verlor mehr und mehr an Bedeutung, obwohl in den 60er Jahren zwei Aussiedlerhöfe entstanden. Die in der ersten Jahrhunderthälfte immer stärker gewordene Hartsteinindustrie bot vielen Bürgern aus Eßweiler eine Arbeitsstelle. Ein weiterer Teil der Bevölkerung war in der Bandagenfabrik K.O. Braun in Wolfstein tätig. Zwar gab es in Eßweiler zwischen den 50er und den 90er Jahren mehrere Kleinbetriebe (Omnibusbetrieb, Gipsergeschäft, Malerbetrieb, Schreinerei, Installationsbetrieb,...), für die Beschäftigung fiel dies nicht wesentlich ins Gewicht. Mangels eigener Arbeitsplätze mussten immer mehr Arbeitnehmer als Pendler in Kaiserslautern, Kusel usw. arbeiten. Mit der Errichtung des Opel-Werkes Mitte der 60er Jahre in Kaiserslautern wurde für die gesamte Region eine hervorragende Beschäftigungsmöglichkeit geschaffen, so daß die Schließung des Steinbruches auf dem Schneeweiderhof arbeitsplatzmäßig ausgeglichen werden konnte.

Mittlerweile sind die meisten Bürger Eßweilers in Kaiserslautern und Wolfstein berufstätig und sind auf eigene Fahrzeuge angewiesen, da die Nahverkehrsanbindung trotz spürbarer Verbesserungen immer noch ein Problem darstellt.

0.14.Nachweise

Verfasser: Egon Fickeisen und Dr. Rudolf Emrich

Redaktionelle Bearbeitung: Ernst Schworm

Literatur:

  • Cappel, Michael: Streifzug durch drei Kirchenvisitationen im Eßweiler Tal, in: Westrichkalender Kusel 1989, S. 94-99.
  • Cappel, Michael: Die Landzünfte im Eßweier Tal, in: Westerichkalender Kusel 1996, S. 55-59.
  • Fickeisen, Egon: Die Sage vom weißen Männchen, in: Westerichkalender Kusel  1958, S. 69.
  • Fickeisen, Egon: Blut mit der Lanze (Schneeweiderhof), in: Westerichkalender Kusel 1958, S. 70.
  • Lanzer, Rudi: Aus der Geschichte des Eßweiler Tals, in: Westerichkalender Kusel 1964, S. 63-66.
  • Marschall, Michael: Materialien zur Springeburg bei Eßweiler, in: Westricher Heimatblätter Jg. 13, S. 101-117.
  • Rust, Arnold: In Eßweiler war einmal eine Lateinschule, in: Westrichkalender Kusel 1960, S. 77.
  • Schuff, Friedrich: Aus der Chronik von Eßweiler, in Westerichkalender Kusel 1964, S. 127.
  • Ulrich, Helmuth A.: Tragik eines Geschlechtes. Auf den Spuren einer Sippe im Eßweiler Tal, in: Westerichkalender Kusel 1972, S. 63-72.
  • Ulrich, Helmuth A.: Hinter den sieben Bergen, in: Westrichkalender Kusel 1974, S. 128-136.
  • Weber, Friedrich Wilhelm: Der Landmesser Hoffmann erzählt von der Springenburg, in: Westrichkalender Kusel 1968, S. 49-50.