Jettenbach in der Pfalz

Jettenbach

0.1.Allgemeine Angaben

Musikantendorf

Ortsgemeinde in der Verbandsgemeinde Wolfstein 

Einwohner (1995): 941

Einwohner (2007): 862 

Einwohner (2010): 848

Wohnplätze:  Ortskern 32 ha, Aussiedlerhöfe: Gangelborner Hof (erbaut um 1958, Stilllegung 2005), Korbüscher Hof (erbaut 1971, Reiterhof seit 1995) Mühlhof (erbaut 1959, bewirtschaftet), Röhlhof (erbaut 1965, stillgelegt 2000); Stennenhof (erbaut 1974, Viehhaltung bis 2004, Acker- u. Wiesenbau, Aufforstungsflächen)

 

Gesamtfläche: 1025 ha, davon Siedlungs- und Verkehrsfläche 69 ha, landwirtschaftlich genutzte Fläche 593 ha, Wiesen, Wald 322 ha

 

0.2.Bau- und Naturdenkmale

Westpfälzisches Einfirstbauernhaus

Einfirstbauernhaus, wovon das Obergeschoss des 1740 erbauten Wohnteiles aus Sichtfachwerk besteht (verzierte Grundschwelle, mehrere Brust- und Halsriegel, sowie ein Fenstererker) Wirtschaftsgebäude von 1776.

Musikantenhaus

Ortstypisches Wohngebäude mit Zwerchgiebel aus dem Jahre 1904.

Solche oder ähnliche Gebäude wurden von den ortsansässigen Wandermusikanten errichtet.

0.3.Lage

Das ursprüngliche Dorf entwickelte sich in der Tallage des Jettenbaches, wobei schon recht früh entlang einer mittelalterlichen Verbindungsstraße von Landstuhl nach Trier auch der unmittelbare Höhenzug parallel zum Ortsbach bebaut wurde. Im Süden erhebt sich der Spannagelberg (449,5 m) und im Norden der Potschberg (ehemals 492 m) Südlich des Dorfes verbinden sich der Rutzenbach und der Selchenbach zum Jettenbach, welcher dann Richtung Norden das Dorf durchzieht und bei Eßweiler in den Talbach mündet.

Im Südosten begrenzt der Höhenzug des Imberges (annähernd 450 m) die Tallage.

Die mittlere Höhenlage des Dorfes wird mit 355,6 m angegeben.

 

0.4.Siedlung

Villa Leonhard, erbaut 1901

Es handelt sich um ein ehemaliges Bauern- und Musikantendorf mit regionalen Handwerksbetrieben. In älterer Zeit stellte sich das Dorf nach Osten hin als geschlossenes Haufendorf und im Westen als Straßendorf dar. Auf einer Erhebung dominiert in der Ortsmitte die 1895/96 erbaute evangelische Dorfkirche (kein Baudenkmal), die wegen der vielen Wandermusikanten auch als Musikantendom weithin bekannt ist. Daneben befindet sich die 1901 erbaute Jugendstilvilla Leonhard, in Jettenbach als "Schlösschen" bekannt. In der Ortsmitte wurde 1989 der neu geschaffene Dorfplatz mit dem Musikantenbrunnen fertiggestellt. Am Südende des Dorfes entwickelte sich seit 1978 ein Freizeitgelände, welches aus dem bereits in den Dreißiger Jahren des 20. Jahrhunderts erbauten Schwimmbad besteht, einem Sportplatz (Rasenplatz) und zwei Tennishartplätzen. Mit dem Bau einer Grundschule bietet die hierzu errichtete schulsporttaugliche Mehrzweckhalle weitere Möglichkeiten der Freizeitgestaltung. So ist der Ausbau eines fast aufgelassenen Feldweges als naturkundlicher Lehrpfad geplant. Hier sollen unterschiedliche Zustände einer Trockenmauer mit Lebensraum verschiedener Tiere aufgezeigt werden. Der Friedhof liegt am Ortsausgang in Richtung Bosenbach auf der linken Straßenseite. Jettenbach ist heute ein Schlaf- und Erholungsdorf, das nur wenige örtliche Arbeitsplätze bietet. 1714 wurde erstmals ein Erbbestandsbrief für eine kleine Mühle nördlich des Dorfes ausgestellt. Diese Mühle wurde vor 1800 erneuert und durch einen landwirtschaftlichen Betrieb erweitert. Sie hatte jedoch zu aller Zeit nur eine lokale Bedeutung, da nur in den Wintermonaten ausreichend Wasser zum Mahlen zur Verfügung stand. Auflassung der Mühle um 1930, Abriss 1958/59.

0.5.Name

Das Grundwort Bach verbindet sich mit dem althochdeutschen Bestimmungswort „jetto“ mit der Bedeutung "Unkraut, Lolch". Neben der Form Jettenbach erschien in der Vergangenheit auch die Form „Gettenbach“. Zum Nebeneinander von J-/G- vgl. die mundartliche Form gäten neben dem niederhochdeutschen jäten. U. a. kennen wir die folgenden früheren Namensformen: Jettenbach (1348), Gyttenbach (1377), Ober- und Niedergittenbach (1393), Gettenbach (1571), Göttenbach (1600), Jettenbach. (Vgl. Dolch/Greule 1991 S. 244)

0.6.Wüstungen

Zeißweiler: Nach Ernst Christmann lag die Siedlung Zeißweiler im nördlichen Teil der Gemarkung am Fuße des Trautelsberges. Zeißweiler bildete den letzten Weilerort am Ende des Eßweiler Tales. Einziger namentlicher Beleg stammt aus dem Jahre 1432, (damals schon eine Wüstung).

 

0.7.Wappen

Beschreibung: In Grün ein silberner Schräglinkswellenbalken, oben rechts eine goldene Lyra, unten links ein goldenes Ährenbüschel (Wiesenlolch). Begründung: Schrägwellenbalken und Ährenbüschel sind redende Bilder für den Ortsnamen, denn getto oder jetto ist die althochdeutsche Form für Ährenbüschel oder Wiesenlolch. Die Lyra oder Leier weist Jettenbach als ein bekanntes westpfälzisches Musikantendorf aus.

Genehmigung: 21.4.1967 Ministerium des Innern, Mainz.

0.8.Abriss der Ortsgeschichte

0.8.1.Vorgeschichte und Römerzeit

Bereits zur Steinzeit sind erste Nachweise für die Anwesenheit von Menschen auf Jettenbacher Bann zu verzeichnen. Diese lagerten über mehrere hundert Jahre auf dem Bergrücken östlich des Waldes "Witthau". Hier wurde als einziger Nachweis der ausgehenden Altsteinzeit ein "Federmesser" gefunden. An der gleichen Fundstelle, welche zu Beginn der 90-er Jahre mehrfach begangen wurde, fand man hauptsächlich mittelsteinzeitliche Artefakte. Jungsteinzeitliche Fundstücke sind nur als Einzelstücke zu verzeichnen. Aus den Metallzeiten sind Hügelgräber im Jungenwald zwischen Jettenbach und Kollweiler anzuführen.

Aus römischer Zeit konnte ein frührömisches Gräberfeld am Wingertsberg entdeckt werden. Auf dem heute abgetragenen Gipfel des Potschberges (Steinabbau) fand man 1965 die Reste eines römerzeitlichen Höhenheiligtums (2./3. Jh.) Mehrere römerzeitliche Gehöfte sind für die Gemarkung nachzuweisen. Hier wurden u.a. etliche Münzen, Wasserleitungsrohre und eine ca. 5 cm hohe Bronzefigur des Gottes Merkur gefunden. Umfangreiche Grabungsarbeiten am Trautelsberg (2003) brachten lediglich römische Nebengebäude zum Vorschein. Trotzdem wurde ein ca. ein Hektar großer, angrenzender Bereich unter Schutz gestellt. Auf dem Grabungsgelände wurde auch keltische Vorgängerbauten (Pfostenreste von sogen. Grubenhäusern) entdeckt.  

0.8.2.Mittelalter

Gerichts- und Grundsherrschaft, Verwaltungssitz

Die erneute Besiedlung dürfte wohl um das Jahr 1000 erfolgt sein. Jettenbach gehörte damals zum Gebiet des Reichslandes. In der ersten Hälfte des 14. Jhd. gelangte der Ort als Teil des Amtes Deinsberg in den Besitz der Grafen von Veldenz. Später wurde dieses Amt als Schultheißerei Reichenbach, zeitweise auch als Jettenbacher Gericht bezeichnet. Dies ist wohl mit dem Wohnsitz des Schultheißen in Zusammenhang zu bringen. Nach dem Aussterben der Veldenzer (1444) gelangte der Ort mit dem Amt Reichenbach in den Besitz der Herzöge von Pfalz-Zweibrücken.

0.8.3.Reformation und Neuzeit

1543 kam der Ort zum neu gebildeten Fürstentum Pfalz-Veldenz mit der Residenz in Lauterecken. Nach dem Aussterben dieser Fürstenlinie besetzten kurpfälzische Truppen das Gebiet (1697). 1733 wurde der Ort mit der gesamten Schultheißerei Reichenbach endgültig an die Kurpfalz angegliedert. Während der Jahre der Französischen Revolution umfasste die "Mairie" Jettenbach die Orte Albersbach, Eulenbis, Jettenbach, Kollweiler und Pörrbach. Die Bürgermeisterei war in französischer Zeit Teil des Kantons Wolfstein, Arrondissement Kaiserslautern, Departement Donnersberg. Nach 1816 blieben lediglich Kollweiler (bis um 1890) und Albersbach (bis 1969) bei der Bürgermeisterei Jettenbach. Die Zugehörigkeit zum Kanton Wolfstein blieb bis in 20. Jhd. erhalten.

Bereits um 1926 hatte der Nationalsozialismus im Dorf die ersten, meist jüngeren (unter 20 Jahren) Anhänger. Dieser Zelle schloss sich der 1928 im Nachbarort Kollweiler gegründeten Ortsgruppe an. 1972 erfolgte der Anschluss des Ortes an die damals neu gebildete Verbandsgemeinde Wolfstein.

0.9.Wahlergebnisse (Bundestag-Zweitstimmen)

CDUSPDFDPGrüneLinkeSonstige
LT 200613,661,35,05,76,214,2
LT 201120,145,12,519,93,58,9
BT 200217,561,38,57,3---5,4
BT 200517,048,09,97,912,84,2
BT 200922,234,813,38,016,75,8
BT 201328,837,33,47,211,212,1

0.10.Zeittafel

Um 1300Jettenbach gehört zum Amt Deinsberg im Reichsland
Um 1320Der Ort gelangt durch Pfandschaft in den Besitz der Grafschaft Veldenz
1348Erste urkundliche Erwähnung
1444Jettenbach kommt an Pfalz-Zweibrücken
1543Das Jettenbacher Gericht kommt zum neu gegründeten Fürstentum Veldenz-Lauterecken
1697Das Amt Reichenbach (früher auch Jettenbacher Gericht genannt) wird von kurpfälzischen Truppen besetzt.
1733Das Amt Reichenbach kommt endgültig an die Kurpfalz.
1800 (um)Der Ort gehört zum Canton Wolfstein, Arrondissement Kaiserslautern, Département Donnersberg.
1816Die Bürgermeisterei bleibt beim Kanton Wolfstein, Bezirksamt Kusel
1972Jettenbach wird Ortsgemeinde in der Verbandsgemeinde Wolfstein

0.11.Religiöse Verhältnisse

Um 1600 waren alle Bewohner des Dorfes Lutheraner. Auch nach dem Dreißigjährigen Krieg lebten zumeist Protestanten im Ort, 1825 noch fast 100 %. Doch die Zahl der Katholiken erhöhte sich dann zunehmend. 1991 lebten 63 Katholiken im Ort.

Schon in ältester Zeit gehörte Jettenbach zur Pfarrei Reichenbach. Auch nach der Gründung der lutherischen Pfarrei Reichenbach (1532) blieb man bei dieser. Erst gegen Ende des Jahres 1741 wurde Jettenbach zur selbständigen, lutherischen Pfarrei. Hierzu kam der Nachbarort Kollweiler als Filialgemeinde. Beide Orte besaßen bereits im ausgehenden Mittelalter eigene Kirchen, in welchen der Reichenbacher Pfarrer Gottesdienst abhielt.

Die reformierten Bewohner von Jettenbach waren seit 1746 zur damals neu errichteten reformierten Pfarrei Neunkirchen gepfarrt. 1971 kamen die beiden Dörfer Bosenbach und Niederstaufenbach, nach der Auflösung der Pfarrei Bosenbach, als Filialgemeinden zur prot. Pfarrei Jettenbach hinzu.

Die alte mittelalterliche Kapelle hatte zwei Schutzheilige, nämlich St. Valentin und St. Anastasius. Diese Kapelle wurde um 1470 zerstört und in den folgenden Jahren wieder errichtet. Es kann davon ausgegangen werden, dass dieser Kirchenbau bis zum Neubau der heutigen Kirche immer wieder repariert und ausgebessert wurde. Die heutige Kirche wurde 1895/96 in neugotischem Stil erbaut. Sie trägt den Beinamen "Musikantendom". Dieser Beiname bezieht sich auf die außerordentlich große Anzahl von Wandermusikanten, die damals in Jettenbach ansässig waren, aber auch auf die Größe der Kirche, denn die Kirchenverwaltung forderte, dass mindestens für die Hälfte der damaligen Einwohner Platz (532 Sitzplätze) vorhanden sein musste. Die Kirche besitzt eine 1896 eingebaute pneumatische Kegelladenorgel mit 1149 Pfeifen der Firma Walker aus Ludwigsburg.

Bis 1871 befand sich um die Kirche herum der örtliche Friedhof. Wegen Platzmangels wurde 1871 ein neuer Friedhof (politische Ortsgemeinde) in Richtung Bosenbach angelegt. Hier wurde 1966 eine Friedhofshalle mit aufgesetztem Läutwerk errichtet. Eine Erweiterung der Friedhofshalle erfolgte 2000/2001.

Die Katholiken des Dorfes gehören seit 1700 zur Pfarrei  Reichenbach. Sie hatten das Recht, in der alten Kirche des Dorfes ihre Kasualien zu verrichten. Ein Gottesdienst war ihnen lediglich am Sonntag Lätare (3. Sonntag vor Ostern) gestattet. Nach dem Bau der neuen Kirche, durch die überwiegend protestantische Bevölkerung des Dorfes, verweigerte man den Katholiken die Mitbenutzung der Kirche. 1899 verkauften diese dann ihre althergebrachten Rechte.

0.12.Bewohner

Bereits 1709 ist ein erster Auswanderer nach Amerika nachzuweisen. Ende des 18. Jhd. Auswanderung nach Südosteuropa, nach 1800 nach Polen und Bayern. Im 19. u. 20. Jahrhundert erfolgte phasenweise starker Wegzug nach den USA. Im 19.Jahrhundert setzte das Wandermusikantentum ein, das seinen Ursprung in den schlechten wirtschaftlichen Verhältnisse hatte. Trotz der Auswanderungen war ein kontinuierliches Wachstum zu verzeichnen, das allerdings in neuester Zeit zum Stillstand gekommen ist. Die Wandermusikanten pflegten eigene Stammes- und Spracheigenschaften, eigenes Brauchtum und eigene Tracht. Die Musikantensprache war durch Wörter aus den unterschiedlichen Sprachen angereichert, die unsere Musikanten in den verschiedenen bereisten Ländern entlehnt hatten.

 

Dorfwirtshaus mit Kerwestrauß

0.13.Bevölkerungszahlen

1721

18151905

35 Fam. (ca. 140 Personen)

657 Personen1031 Personen.

0.14.Schulen, Kultur, Vereinswesen

0.14.1.Schule

Bereits vor 1700 wurde in Jettenbach eine Schule engerichtet, die durch den lutherischen Pfarrer beaufsichtigt wurde. Gegen Ende des 18. Jh. wird außer dem von den Lutheranern unterhaltenen Lehrer auch ein reformierter Winterschulmeister erwähnt. 1819 errichtete man ein neues Schulhaus mit zwei Lehrsälen. Danach wurde dem Lehrer ein Gehilfe für die zweite Schulklasse unterstellt. 1882 wurde mit dem Bau eines weiteren Schulhauses eine dritte Schulklasse gebildet. 1891 erbaute die Gemeinde dann ein weiteres, zwei Schulsäle umfassenden Schulhaus (Auflassung des alten Schulhauses). Diese drei Klassenräume dienten bis 1965 dem Unterricht. Damals kamen die 7. u. 8. Klasse zur Mittelpunktschule nach Wolfstein. Ein Jahr später kamen auch die Jahrgänge 5 und 6 nach Wolfstein. 1971 wurden die Schulen für die Klassen 1- 4 von Jettenbach und Rothselberg zusammengefasst. 1988 schlossen sich Eßweiler, Hinzweiler und Oberweiler im Tal an. Die fünf Orte bildeten nun zusammen die Königslandgrundschule, welche zur Zeit noch auf drei Standorte verteilt ist. Der Bau eines eineinhalbzügigen Grundschulgebäudes wurde 2001/2002 in Jettenbach für die oben genannten Orte errichtet. Zu dem Schulgebäude errichtete die Gemeinde Jettenbach eine schulsporttaugliche Mehrzweckhalle. Zu Beginn des 20. Jhd. bis Ende der 20-er Jahre bestand in Jettenbach auch eine Gewerbeschule.

 

Kindergarten

1973 wurde der erste Zentralkindergarten des Landkreises Kusel in Jettenbach errichtet, den die Kinder der Gemeinden Eßweiler, Jettenbach, Hinzweiler, Oberweiler im Tal und Rothselberg besuchten. Nach der Auflösung des Zweckverbandes wurde in Jettenbach ein neuer örtlicher Kindergarten errichtet. Dieser wurde im Frühjahr 2004 bezogen. Die anderen Gemeinden erbauten bereits früher eigene Kindergärten in Hinzweiler und Rothselberg.

0.14.2.Kultur u. Brauchtum

Die heutige Kerwe findet am dritten Sonntag im August statt. In früherer Zeit wurde ein Markt am Montag nach Lätare und eine Pfingstkerwe abgehalten. Der heutige Kerwetermin wurde um 1890 eingeführt.

Schon gegen Ende des 19. Jahrhunderts feierte man in Jettenbach Fasching. Damals waren Maskenzüge, Schaubuden und geselliges Zusammensein in den Wirtschaften üblich. Nach dem Ersten Weltkrieg kam es nur noch zu Kappensitzungen und geselligem Beisammensein in den Dorfwirtschaften. Erst in den 50-er Jahren veranstaltete man wieder große Prunksitzungen und Maskenbälle. Maskenbälle sind heute kaum mehr üblich.

Alljährlich am Tag nach Weihnachten (27.12.) findet ein Umgang mit einer in Stroh eingebundenen Person statt. Dieser Brauch hat wohl zwei Ursprünge.

Erstens feiert man so noch den Wanderstag, an welchem die Dienstboten ihre Dienststelle wechselten und zweitens hat man hier einen Fastnachtsbrauch auf diesen Tag verlegt.

 

0.14.3.Vereine

Gesangverein Harmonie (1860), Viehversicherungsverein (1868 - ca. 1945), Kriegerverein (1874 - 1933), Arbeiter - Musikverein (Fusion 1951),  Musikverein (1882, Vorgängerverein nannte sich "Harmonie" 1885),  Arbeiterverein (1922), Turn- und Sportverein (1892), Gewerbeverein (ca. 1900 - 1933), Volksbildungsverein (ca. 1900 - ca. 1925), Ackerbauverein (1927-1957), SPD-Ortsverein (1946-1948; seit 1964), Pfälzische Bauern- und Winzerschaft (um 1950), Landfrauenverein (1969), Pfälzerwaldverein (1974), Krankenpflegeverein (1975), Tennisverein (1978), Seniorenverein (1981), Rote Flut (FCK-Fanclub, 1991)

0.15.Gesundheits- und Sozialwesen

Seit 1820 gab es ständig eine Hebamme im Ort. Die letzte praktizierende Hebamme führte am 1. Dezember 1969 die letzte Hausgeburt durch.

Von 1858 bis nach 1950 sind drei Bader für Jettenbach zu erwähnen. Die Baderstelle ging jeweils vom Vater auf den Sohn über.

1949 wurde Jettenbach von der Ärztekammer als Arztsitz bestimmt. Seitdem praktizieren zwei Ärzte im Dorf. Ein Zahnarzt praktizierte von 1932 bis 1971 in Jettenbach.

Schwimmbadbau um 1935, Renovierungen 1968 und 1980.

0.15.1.Wirtschaft und Verkehr

Die Landwirtschaft des 19. Jahrhunderts war geprägt von vielen Kleinbetrieben. Die größeren Bauern hatten Pferde, teilweise auch Ochsen als Zugvieh. In den Kleinbetrieben wurde die Kuh als Zugtier benutzt. Aus dieser Notwendigkeit heraus fand sich im Dorf fast ausschließlich Vieh der Glan-Donnersberger Rasse vor. Noch bis in die 60-ger Jahre des 20. Jahrhunderts dominierte diese Viehrasse im Dorf. Die meisten Betriebe waren Ackerbau- und Viehzuchtbetriebe. Schweinezucht war nur vereinzelt anzutreffen. Die private Haltung von Schafen verlor sich schon zu Beginn des 19. Jahrhunderts. Sonderkulturen sind heute im Dorf keine mehr anzutreffen, jedoch galt der Ort nach 1820 als einer der Hauptanbauorte von Raps (4226 hl im Jahr 1826) im Landcommissariat Kusel. Um 1870 war der Krautanbau, insbesondere die Gewinnung von Krautsamen für den Ort bedeutend. Damals wurde auch Hopfen für eine im Ort betriebene Brauerei angebaut.

Weinbau wurde wohl auch im Mittelalter hier betrieben, was anhand von Flurnamen zu belegen ist. Zwischen 1870 und 1900 wurde erneut ein Wingert (0,1 ha.) betrieben. Obstanbau erfolgte als Streuobstanbau.

Nach 1840 entstand in Jettenbach, wie in etlichen anderen Orten des Landkreises, das Wandermusikantentum. Die Männer zogen in Gruppen zwischen 5 und 15 Personen ins Ausland um durch Musikmachen ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Meist hatte man feste Engagements in Kurhotels oder in Strandbädern, teilweise zog man zu Beginn des Wandermusikantentums auch mit Gauklern umher. Engagements als Zirkuskapelle waren auch möglich. In Amerika reiste man auch mit den Vergnügungsdampfern auf den großen Flüssen.

Zu Beginn des Musikantentums zog man nach Frankreich, Belgien, Holland und der Schweiz. Nach dem Krieg 1870/71 ging es dann nicht mehr nach Frankreich, sondern verstärkt nach Osteuropa. Erst Mitte der 80-er Jahre wagte man die Reise nach Amerika. Noch vor der Jahrhundertwende sind annähernd alle Länder der Erde als die Reiseziele der Musikanten zu nennen. Südafrika, Australien und Südostasien waren keine Seltenheit Die Abwesenheit von der Heimat war unterschiedlich lang, so eine Amerikareise etwa zwanzig Monate. Die Reise nach Australien konnte mitunter bis zu fünf Jahren dauern.  Im europäischen Ausland blieb man meist nur neun Monate lang.

Im Jahre 1908 waren 102 Musiker in Jettenbach ansässig. Erst der Erste Weltkrieg brachte dem aufstrebenden Musikantentum eine Zwangspause. Viele Musiker wurden im Ausland interniert, in Amerika, England, Australien. Nach dem Kriege war ein starker Rückgang dieses Gewerbes zu verzeichnen. In der nationalsozialistischen Zeit kam das Musikantentum dann ganz zum Erliegen.

Abgesehen von einem geringen Bergbau gegen Ende des 18. Jahrhunderts (Eisenerz, Quecksilberabbau) und der Kohlengewinnung (um 1860) sind für den Bergbau nur der Kalkabbau und die Basaltbrüche zu erwähnen. Kalk wurde schon im 16. Jahrhundert abgebaut. Im 19. Jahrhundert bestanden mehrere Brennöfen im Dorf. 1903 wurde der Kalkabbau eingestellt.

Um die Wende zum 20. Jahrhundert begann die Erschließung von Hartseinbrüchen. Bedingt durch den Bahnbau im Glan- und im Lautertal war der Abtransport zu entfernten Zielen möglich. So entstanden auch mehrere kleinere Steinbrüche in Jettenbach, in denen Pflastersteine hergestellt wurden. In den 20er Jahren des vorigen Jahrhunderts arbeiteten auch etwa 60 Personen aus Jettenbach im nahe gelegenen Steinbruch auf dem Schneeweiderhof. Heute befindet sich im Bereich Jettenbach auf dem Potschberg einer der leistungsfähigsten Steinbrüche der Pfalz.

Viele Jettenbacher fanden inzwischen ihre Arbeitsplätze in Kaiserslautern, auf dem NATO-Flugplatz in Ramstein oder in der näheren oder entfernteren Umgebung des Ortes. Die meisten sind also Pendler. Verkehrsmäßig ist der Ort durch die beiden Landesstraßen L 370 und L 369 erschlossen. Der Bau der ersten Wasserleitung erfolgte 1909. Heute ist der Ort an den Wasserzweckverband Westpfalz angeschlossen. Der Stromanschluss erfolgte im Oktober 1922. Seit November 1991 besteht die Möglichkeit, Erdgas zu beziehen.

0.16.Bedeutende Persönlichkeiten

Andreae, Dr. Carl (*1841 Jettenbach † 1913 München)

Pädagoge, Seminarinspektor der Lehrerbildungsanstalt in Kaiserslautern, Mitglied der Landesschulinspektion in Bayern, 1893 - 1907 Landtagsabgeordneter der liberalen Partei im bayerischen Landtag, Privatdozent an der Universität München.

 

Hauber, Ludwig Heinrich (* 1827 Jettenbach † 1902 Arco/Gardasee)

Schulgehilfe, 1849er Revolutionär, Zivilingenieur. Durch seine Teilnahme an der 49er Revolution konnte er nicht mehr in den Schuldienst zurückkehren. Nach verschiedenen Tätigkeiten in Industrie und Handwerk gelangte er durch glückliche Heirat zu Vermögen. Mit seiner Frau gründete er mehrere Stiftungen in der Pfalz.

 

Kiefer, Karl (*1871 Jettenbach  † 1957 München)

Bildhauer, Professor.

 

Kilian, Bertes (*1827 Jettenbach  † Eßweiler)

(kaiserlich, chinesischer Hofkapellmeister)

Einer der bekanntesten und weitest gereisten Wandermusikanten.

 

Leonhard, Jakob (* 1859 Jettenbach  † 1931 Heidelberg)

Geheimer Kommerzienrat, Direktor der Kammgarnspinnerei Kaiserslautern, Gründungsmitglied des Verbandes Pfälzischer Industrieller.

 

Leonhard, Franz (*1852  † 1905 Neckargemünd)

Chemiker. Er war bei der Pulverfabrik Rottweil angestellt, wo er in der Entwicklung tätig war und etliche Patente erhalten hatte. U.a. Erfindung des rauchlosen Pulvers.

 

Schowalter, Johann Heinrich August (* 1870 Neustadt † 1940 Berlin)

Pfarrer (Jettenbach 1903-1910) Er setzte sich für die wirtschaftliche Verbesserung und Belange der Bevölkerung in seiner näheren Umgebung ein. U.a. war er ein eifriger Verfechter zur Errichtung einer Musikantenfachschule in Jettenbach.

0.17.Nachweise

Verfasser: Michael Cappel

Redaktionelle Bearbeitung: Ernst Schworm

Literatur:

  • Cappel, Michael und Leonhard, Klaus: Jettenbach 1348-1998, Ortsgeschichte und Hausbesitzerchronik, Jettenbach 1998.