Himmighofen im Rhein-Lahn-Kreis

Ortsgeschichte von Himmighofen

Die Ortsgemeinde Himmighofen blickt auf eine über 750-jährige Geschichte zurück. Sie liegt in einer leichten Talsenke im Hintertaunus, nordwestlich des Sitzes der Verbandsgemeinde in Nastätten.

Herrschafts- und Territorialgeschichte bis 1866

Die urkundliche Ersterwähnung des Ortes findet sich in einer Teilungsurkunde der Grafen von Katzenelnbogen aus dem Jahr 1250/60.[Anm. 1] In dem Dokument wird das Dorf drei Mal in unterschiedlichen Schreibweisen erwähnt. Es kommt als Himmingoben, Himmingobin sowie Himmengoven vor. Dort ist auch die Anzahl von sieben Haushalten überliefert, was auf die ungefähre Größe der Gemeinde schließen lässt. Ab 1260 zunächst zum Herrschaftsgebiet des Einrichgaus gehörend, in dem die Grafen von Nassau und Katzenelnbogen gemeinsam die Herrschaft ausübten, geriet der Ort zunehmend unter die Kontrolle der Herren von Katzenelnbogen. Nachdem das Grafengeschlecht 1479 im Mannesstamm ausgestorben war, erbten die Landgrafen von Hessen das fortan als Niedergrafschaft Katzenelnbogen bezeichnete Territorium.[Anm. 2]

Mit dem Tod Philipps I. von Hessen im Jahr 1567 erfolgte die Erbteilung der Landgrafschaft. Himmighofen geriet zunächst in den Besitz von Hessen-Rheinfels, bevor es 1583 an Hessen-Kassel fiel. Mit einer kleinen Unterbrechung verblieb es dort bis zum Beginn der Revolutionskriege. Für die Verwaltung des Ortes war nun das Amt in Reichenberg zuständig. Im Zuge der territorialen Neuordnung Europas durch Napoleon war die Niedergrafschaft bis 1813 von französischen Truppen besetzt. Nach dem Wiener Kongress wurde Himmighofen 1816 schließlich Teil des bereits 1806 gegründeten Herzogtums Nassau. Nun fiel das Dorf in den Zuständigkeitsbereich des Amtes Nastätten.[Anm. 3]

Der preußisch-österreichische Krieg 1866, in dem das Herzogtum auf der unterlegenen österreichischen Seite gestanden hatte, beendete die Unabhängigkeit Nassaus und das Staatsgebiet wurde durch Preußen annektiert. Nach der Annexion teilte man Himmighofen zunächst dem Unterlahnkreis zu und ab 1885 gehörte der Ort zum Kreis St. Goarshausen.[Anm. 4]

Kirchen- und Schulgeschichte

Unter der Herrschaft des hessischen Landgrafens Philipp I. wurde 1528 die lutherische Reformation in der Niedergrafschaft eingeführt. Bereits vor der Reformation besaß Himmighofen eine Kirche und war Sitz einer Pfarrei, welche den Nachbarort Gemmerich mitbetreute. Nach Konflikten zwischen den beiden Kirchengemeinden und den Landesherren – Himmighofen gehörte zu Hessen-Kassel, Gemmerich zu Hessen-Darmstadt – erfolgte 1697 die Trennung in zwei Pfarrämter. Im Jahr 1818 erfolgte schließlich wieder die Zusammenlegung der beiden Kirchengemeinden. Neuer Sitz der Pfarrei wurde dieses Mal jedoch Gemmerich.[Anm. 5] Noch heute ist Himmighofen zusammen mit den Ortschaften Eschbach und Hainau Teil der ev. Kirchengemeinde Trinitatis Gemmerich.[Anm. 6]

Wann genau der Schulbetrieb im Ort begann ist nicht gesichert. Vermutlich wurde ähnlich den Nachbargemeinden im Zuge der Reformation auch in Himmighofen eine Elementarschule eingerichtet.[Anm. 7] Im Zuge eines sich professionalisierenden Schulwesens nahm man Ende des 18. Jahrhunderts schließlich einige Verbesserungen der Bildungssituation im Ort vor. Hatte seit Beginn des Schulbetriebs der Pfarrer die Aufgabe des Lehrers wahrgenommen, wurde 1789 ein eigener Schulmeister eingestellt. Auch konnte 1792 ein bescheidenes Schulhaus errichtet werden, der Unterricht musste also nicht mehr in angemieteten Privaträumen stattfinden. Da sich das gerade erst eröffnete Gebäude bereits nach kurzer Zeit als baufällig erwies, verlegte man die Schule in das Pfarrhaus, das seit 1818 nicht mehr gebraucht wurde.

Acht Jahre später trat Kasdorf dem Schulverband bei, jedoch wurde das Schulgebäude für die fast 100 Kinder bald zu klein und somit verließ der Nachbarort den Verband im Jahr 1860 wieder. Dies nahm man zum Anlass für den Neubau des Schulgebäudes, das 1867 eingeweiht werden konnte. Dieses beherbergte neben der Lehrerwohnung und dem Unterrichtsraum auch die Amtsstube des Bürgermeisters sowie ein Gemeindeversammlungszimmer. Die Schulgeschichte Himmighofens endete mit der Eröffnung der Mittelpunktschule in Miehlen 1977. Ein Jahr nach der Schließung der Schule im Ort wurde das Schulhaus abgerissen und durch das Dorfgemeinschaftshaus ersetzt.[Anm. 8]

Alltags-, Sozial- und Wirtschaftsleben

In Himmighofen lebten bis zum Anfang des 19. Jahrhunderts größtenteils hörige Bauern, die ihrem Grundherrn gegenüber abgabe- und dienstpflichtig waren. In der Mitte des 13. Jahrhunderts waren ungefähr sieben Haushalte in der Gemarkung ansässig. Die Anzahl der Hausgemeinschaften stieg im Laufe der Zeit auf über 30 im Jahr 1792 an. In dieser Entwicklung stellte jedoch der Dreißigjährige Krieg eine Zäsur dar, der wohl verheerende Folgen für das Dorf hatte. Einer mündlich überlieferten Erzählung zufolge sollen Plünderungen und Truppendurchzüge die komplette Entvölkerung des Dorfes zur Folge gehabt haben.[Anm. 9]

Die ersten Informationen zu den Erwerbsumständen der EinwohnerInnen Himmighofens lassen sich aus Verwaltungsdokumenten des Amtes Reichenberg entnehmen. So sind in einer Bestandsliste von 1793 insgesamt 12 Ochsen und 27 Pferde aufgeführt. Die hohe Anzahl der Zugtiere lässt auf den hohen Stellenwert der Landwirtschaft schließen, die hauptsächlich aus dem Anbau von Hafer und Roggen bestand. Zusammen mit der Viehzucht, hauptsächlich von Schafen sowie Schweinen und Rindern, sicherte die Agrarwirtschaft den BewohnerInnen Himmighofens ihr Einkommen. Es gab jedoch auch einige Handwerker im Ort, die ihr Gewerbe meist neben der Landwirtschaft betrieben. Der bauliche Zustand des Dorfes wird als sehr einfach beschrieben. So hatten die Häuser bis ins 19. Jahrhundert steinerne Fundamente, Wände aus Fachwerk und strohbedeckte Dächer.[Anm. 10]

Nach der Gründung des Herzogtums Nassau stellte für die Landbevölkerung besonders die Aufhebung der Leibeigenschaft im Jahr 1808 einen deutlichen Zugewinn an persönlichen und wirtschaftlichen Freiheiten dar. Jedoch lebte ein Großteil der Einwohner Himmighofens noch immer in äußerst einfachen Verhältnissen. So hatten die Menschen noch in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts unter Lebensmittelknappheiten infolge schlechter Ernten zu leiden, was einige Familien dazu bewegte, nach Amerika auszuwandern. Die Gemeinde unterhielt bis 1857 wohl auch ein Armenhaus, das mithilfe einer Armenkasse finanziert wurde. Über diese Einrichtung sind jedoch keine näheren Informationen überliefert.[Anm. 11]

In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts begann sich die Erwerbssituation der Landwirte und die Versorgungssituation der Bevölkerung durch neue Anbaumethoden und Vereinheitlichungen in Folge von Flurbereinigungen stark zu verbessern. Um 1900 waren im Ort 27 landwirtschaftliche Haupterwerbsbetriebe ansässig, deren Zahl im Laufe des 20. Jahrhunderts sank. In den 1950er Jahren, als in der Gemeinde die ersten Erntemaschinen angeschafft werden konnten, waren noch zehn Betriebe im Haupterwerb tätig, von denen im Jahr 2000 noch zwei fortbestanden. Heute gehen die EinwohnerInnen Himmighofens größtenteils einer Arbeit in den umliegenden Städten, meist im Dienstleistungssektor, nach.[Anm. 12]

Himmighofen im 20. Jahrhundert

Zu Beginn der Ersten Weltkrieges fanden im Sommer 1914 über 50 evakuierte EinwohnerInnen aus Metz vorübergehende Unterkunft im Ort. 1916 erfolgte der Anschluss des Ortes an das Stromnetz, nachdem die Arbeiten aufgrund eines Mangels an Kupferdraht vorübergehend eingestellt werden mussten. Die Knappheit an Metallen führte auch dazu, dass die Glocken der Kirche sowie die Zinnpfeifen der Orgel abgebaut und eingeschmolzen werden mussten. Die schlechte Versorgungssituation mit Lebensmitteln in den Großstädten führte im Sommer 1917 dazu, dass man 29 Kinder aus Remscheid im Dorf unterbrachte. Nach der Niederlage des Deutschen Reiches quartierten sich zwischen November und Dezember 1918 auf dem Rückzug befindliche deutsche Soldaten u.a. im örtlichen Schulhaus ein. Nach dem Abzug der deutschen Truppen gehörte Himmighofen bis 1930 zur französischen Besatzungszone. Insgesamt wurden während des Ersten Weltkrieges 55 Männer aus dem Ort einberufen, von denen 14 ihr Leben ließen.[Anm. 13]

Obwohl kaum Unterlagen aus der Zeit der Weimarer Republik erhalten sind, ist davon auszugehen, dass auch die Einwohner Himmighofens von den Folgen der Hyperinflation 1923 sowie der Weltwirtschaftskrise 1929 betroffen waren. So führte man in Himmighofen 1932 einen freiwilligen Arbeitsdienst zur Ausbesserung von Wegen ein, um der Arbeitslosigkeit entgegenzuwirken.[Anm. 14]

Auch über die Zeit der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft ist aus Himmighofen wenig überliefert. Die Wahlergebnisse des Kreises St. Goarshausen legen jedoch nahe, dass die Bevölkerung der Machtergreifung vielerorts positiv gegenüberstand.[Anm. 15] Es gründete sich Anfang der 1930er Jahre wohl auch eine SA-Ortsgruppe im Dorf.[Anm. 16]

Zu Beginn des Zweiten Weltkriegs waren im Winter 1939/40 Einheiten der Wehrmacht in der Gemeinde einquartiert. Um das Fehlen von zum Kriegsdienst einberufener männlicher Einwohner des Dorfes zu kompensieren, wurden seit 1939 zunächst polnische und französische, später russische Kriegsgefangene in der Landwirtschaft eingesetzt. Diese waren in einem kleinen Lager im Dorf untergebracht, in dem auch die Gefangenen untergebracht waren, die man den Ortschaften Kasdorf und Pissighofen (das heutige Hainau) zugeteilt hatte. Mit fortschreitendem Kriegsverlauf nahm der Ort zunehmend ausgebombte Familien, hauptsächlich aus Lahnstein, auf. 1943 gingen in der Gemarkung auf der Höhe des Kasdorfer und Miehlener Weges Brandbomben nieder, die jedoch keinen Schaden im Dorf anrichteten. Gegen Ende des Krieges häuften sich die Einquartierungen von deutschen Soldaten, die sich auf dem Rückzug befanden. Kurz vor dem Einrücken der Amerikaner, die das Dorf am 27. März 1945 befreiten, richtete man ein Lazarett im Schulsaal ein. Im Zweiten Weltkrieg wurden 67 Männer aus Himmighofen eingezogen, von denen 28 nicht wieder heimkehrten.[Anm. 17]

Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges gehörte die Gemeinde zur französischen Besatzungszone und wurde 1946 Teil des neugegründeten Bundeslandes Rheinland-Pfalz. Im Zuge umfangreicher Verwaltungsreformen wurde die Gemeinde 1968 Teil des Rhein-Lahn-Kreises und 1972 trat der Ort der Verbandsgemeinde Nastätten bei. 1973 schufen die Gemeinden Gemmerich, Himmighofen, Winterwerb, Oberbachheim, Niederbachheim, Eschbach und Kehlbach einen Kindergartenzweckverband. Die Kindertagesstätte in Gemmerich ist noch heute für die Betreuung der Kinder aus diesen Ortschaften zuständig. Im Jahr 1977 erfolgte der Abriss des Schulhauses, das durch die Eröffnung der Schule in Miehlen nicht mehr gebraucht wurde. An derselben Stelle errichteten die EinwohnerInnen der Gemeinde, größtenteils in ehrenamtlicher Arbeit, das neue Dorfgemeinschaftshaus, welches 1978 eröffnet werden konnte. 1991 erfolgte die Einweihung des renovierten Dorfplatzes sowie des neu entworfenen Wappens. Es zeigt einen goldenen Löwenkopf, der die ehemalige Zugehörigkeit zum Herzogtum Nassau symbolisiert. Die drei blauen Eicheln stehen für die 500 Jahre alte, 1980 unter Naturschutz gestellte Eiche am Viehweg.[Anm. 18] Im Jahr 2000 konnte die mittlerweile 319 EinwohnerInnen zählende Gemeinde schließlich ihr 750-jähriges Jubiläum begehen.[Anm. 19]

Autor: Jan Brunner
Verwendete Literatur:

  • Homepage der Ev. Kirchengemeinden Trinitatis Gemmerich und Ruppertshofen. URL: trinitatisgemmerich-ruppertshofen.ekhn.de/startseite.html (02.09.2020).
  • Monschauer, Winfried: Wappenbuch des Rhein-Lahn-Kreises. Koblenz 2017 (= Veröffentlichungen der Landesarchivverwaltung Rheinland-Pfalz, Bd. 123).
  • Peiter, Reinhold: Himmighofen. Eine Chronik. Himmighofen 2003.
  • Seibert, Hubertus: Der Aufstieg des Nationalsozialismus im Rhein-Lahn-Kreis (1925-1933). In: Kreisverwaltung des Rhein-Lahn-Kreises (Hg.): Der Rhein-Lahn-Kreis. Landschaft – Geschichte – Kultur unserer Heimat. Oberwesel 1987, S. 219-251.
  • Statistisches Landesamt Rheinland-Pfalz: Himmighofen, Bevölkerung. URL: https://infothek.statistik.rlp.de/MeineHeimat/content.aspx?id=103&l=3&g=0714107055&tp=2047 (09.08.2020).

Letzte Bearbeitung: 14.09.2020

Anmerkungen:

  1. Peiter, Reinhold: Himmighofen. Eine Chronik. Himmighofen 2003, S. 12: Aufgrund einer fehlenden Datierung ist nur eine ungefähre zeitliche Einordnung zwischen 1250 und 1260 möglich.  Zurück
  2. Peiter, Chronik, S. 12f. Zurück
  3. Ebd., S. 13f. Zurück
  4. Ebd., S. 92. Zurück
  5. Ebd., S. 68-71. Zurück
  6. Homepage der Ev. Kirchengemeinden Trinitatis Gemmerich und Ruppertshofen. URL: trinitatisgemmerich-ruppertshofen.ekhn.de/startseite.html (02.09.2020). Zurück
  7. Peiter, Chronik: Die in der Chronik abgedruckte Schulchronik vermerkt hierzu: „Die Schule von Himmighofen war vor unendlicher Zeit her eine Schule für sich, ohne Vilial [sic], und war, mit dem Predigtamte verbunden.“ Zurück
  8. Ebd., S. 82-95 u. 131. Zurück
  9. Ebd., S. 19ff. u. 34f. Zurück
  10. Ebd., S. 19-31 u. 159 f. Zurück
  11. Ebd., S. 31 u. 40-47. Zurück
  12. Ebd., S. 43 u. 152-172 u. 191-194. Zurück
  13. Ebd., S. 113-117 u. 233. Zurück
  14. Ebd., S. 118. Zurück
  15. Seibert, Hubertus: Der Aufstieg des Nationalsozialismus im Rhein-Lahn-Kreis (1925-1933). In: Kreisverwaltung des Rhein-Lahn-Kreises (Hg.): Der Rhein-Lahn-Kreis. Landschaft – Geschichte – Kultur unserer Heimat. Oberwesel 1987, S. 219-251, hier S. 243-247. Zurück
  16. Peiter, Chronik, S. 215. Zurück
  17. Ebd., S. 121-126 u. 225-233. Zurück
  18. Monschauer, Winfried: Wappenbuch des Rhein-Lahn-Kreises. Koblenz 2017 (= Veröffentlichungen der Landesarchivverwaltung Rheinland-Pfalz, Bd. 123), S. 154; Peiter, Chronik, S. 131 u. 242-280. Zurück
  19. Statistisches Landesamt Rheinland-Pfalz: Himmighofen, Bevölkerung. URL: https://infothek.statistik.rlp.de/MeineHeimat/content.aspx?id=103&l=3&g=0714107055&tp=2047 (09.08.2020). Zurück