Dorf- und Geschichtsverein Essenheim

Die deutschkatholische Bewegung in Essenheim

Vortrag am 28. September 2012 im Rathaus

Im Jahr 1861 traten 70 Essenheimer aus Protest gegen die Zustände aus der evangelischen Kirche aus und gründeten eine "deutschkatholische Gemeinde". Der Deutschkatholizismus war eine aktive religiös-politische Bewegung, die sich gegen den von vielen Menschen damals als nicht mehr zeitgemäß empfundenen Dogmatismus in den christlichen Kirchen richtete.

Der Historiker Dr. Helmut Schmahl, Privatdozent an der Universität Mainz und Geschichtslehrer am Gymnasium in Alzey, ging in seinem Vortrag zunächst auf die geschichtlichen Hintergründe und die Anfänge der deutschkatholischen Bewegung im Jahr 1845 ein. Die Ausstellung des "Heiligen Rocks" durch den Trierer Bischof nahm der schlesische Priester Johannes Ronge zum Anlass, in einem offenen Brief den "Götzendienst" und die starre Hierarchie in der römisch-katholischen Kirche zu kritisieren. Ronge fand rasch zahlreiche Anhänger und überall in Deutschland entstanden deutschkatholische Gemeinden. Von Anfang an war der Deutschkatholizismus auch eine soziale Protestbewegung. 

Sonnenkreuz, ein Symbol der Freireligiösen Gemeinden

Viele Mitglieder beteiligten sich aktiv an der Revolution 1848/49. Nach deren Scheitern mussten viele ins Ausland fliehen und die deutschkatholische Bewegung hatte ihren Höhepunkt überschritten.

Ungeachtet dessen entstand einige Jahre später in Essenheim eine eigene Gemeinde. Dr. Schmahl beleuchtete die besonderen religiösen und politischen Verhältnisse in Essenheim Mitte des 19. Jahrhunderts, die ursächlich für deren Gründung waren und stützte sich dabei auf die zeitgenössischen Aufzeichnungen des Essenheimer Chronisten Johannes Probst I. und in der evangelischen Pfarrchronik. Die Grüdung der deutschkatholischen Gemeinde führte zu einer tiefen Spaltung der Dorfgemeinschaft.

Urkunde zur freireligiösen Jugendweihe von Johann Wagner
Urkunde zur freireligiösen Jugendweihe von Johann Wagner 1922

Gegenseitige Anfeindungen und Anzeigen bei den Behörden in Mainz waren an der Tagesordnung. Der gegen seinen Willen nach Essenheim versetzte evangelische Pfarrer Kromm verließ im Sommer 1867 nach fünf Jahren die Gemeinde wieder. Kurz zuvor hatte Bürgermeister Schott freiwillig sein Amt niedergelegt. Beide waren die anhaltenden Streitigkeiten leid.

In den folgenden Jahren normalisierten sich die Verhältnisse, die Spannungen nahmen ab. Die deutschkatholische Gemeinde Essenheim wurde eine der größten in Rhein­hessen. Anfang 1864 zählte sie bereits 157 Mitglie­der, 1905 erreichte sie mit 225 ihren Höchststand, seitdem ist Mitgliederzahl rückläufig. Nach dem Zweiten Weltkrieg schloss sich die Essenheimer Gemeinde der Freireligiösen Gemeinde Mainz an.

Begleitet wurde die gut besuchte Veranstaltung, an der auch Elke Gensler, Pfarrerin, Helmut Schott, Vorsitzender, und Lothar Geis von der Freireligiösen Gemeinde Mainz teilnahmen, von einer kleinen Ausstellung zur Geschichte der deutschkatholischen Gemeinde Essenheim.

Nach oben