Dorf- und Geschichtsverein Essenheim

"Hier sind meine Wurzeln ..."

Lebenswege rheinhessischer Jüdinnen

Vortrags- und Filmabend am 14. April 2011 im Kunstforum Essenheim

Das Schicksal von Menschen, die von den Nationalsozialisten aus ihrer Heimat vertrieben wurden und viele Jahrzehnte auf der Flucht lebten, stand im Mittelpunkt dieser Veranstaltung.

Zunächst berichtete Stefan Mossel über die lange jüdische Tradition in Essenheim. 1704 wurden erstmals Juden in Essenheim erwähnt. 1870 hatte die jüdische Gemeinde 125 Mitglieder und verfügte über eine Synagoge und einen eigenen Friedhof.

Margot Stern (1992)

Danach zeichnete er das Leben der beiden Essenheimer Jüdinnen Margot und Inge Stern nach. Die beiden Schwestern lebten mit ihren Eltern bis 1934 in Essenheim. Als die Schikanen durch die Nationalsozialisten zunahmen, flüchtete die Familie zuerst nach Mainz und 1937 nach Holland. Nachdem die Deutschen 1940 das Land besetzt hatten, tauchten die beiden jungen Frauen unter. In ständiger Angst vor Entdeckung lebten sie als Kindermädchen bei holländischen Familien. Ihre Eltern und Großeltern wurden deportiert und starben in den Vernichtungslagern in Polen.

Nach dem Krieg ging Inge Stern nach Israel, wo sie mit ihrem Mann in einem Kibbuz lebte. Margot blieb zunächst in Holland, ging dann für kurze Zeit nach Israel und kehrte dann als Übersetzerin für eine israelische Firma nach Deutschland zurück. In den nächsten Jahren pendelte sie zwischen Deutschland, Holland, den USA und Israel. Zeitweise lebte sie in Wiesbaden, von wo aus sie in den 1980er Jahren mehrmals ihren Heimatort Essenheim besuchte. Ihre Schwester Inge dagegen kam erst zu Margots Beerdigung 2006 wieder nach Deutschland zurück.

Buchcover "Hier sind meine Wurzeln"

Nach diesem einführenden Vortrag wurde der Film „Hier sind meine Wurzeln, hier bin ich zu Haus“ von Crissy Hemming vorgeführt. Er schildert eindrucksvoll die bewegte und bewegende Lebensgeschichte der Mainzer Jüdin Gerti Meyer-Jorgensen geb. Salomon, die 1940 im Alter von 22 Jahren vor den Nazis über Russland nach Shanghai flüchten musste. Weitere Stationen ihres abenteuerlichen Lebens waren Macao, die Philippinen, Hongkong, Südafrika und England. Das Kamerateam begleitete Gerti Meyer-Jorgensen bei der Spurensuche und hier in Mainz und Wiesbaden, wo sie sich wieder niedergelassen hatte, denn: „Hier sind meine Wurzeln, hier bin ich zu Haus“.

Im Anschluss an den Film las Heinz Hemming Auszüge aus seinem Buch über Gerti Meyer-Jorgensen.

Abschließend standen Frau Meyer-Jorgensen, ihr Mann Paul Meyer, der vor der Verfolgung durch das Hitler-Regime nach England flüchtete, die Filmemacherin Crissy Hemming, der Buchautor Heinz Hemming und Vereinsvorsitzender Stefan Mossel dem zahlreich erschienenen Publikum für Fragen zur Verfügung.

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