Guntersblum in Rheinhessen

Zur Geschichte von Guntersblum

Guntersblum - Garten des Gunter?

Luftbild Guntersblum[Bild: Alfons Rath]
Das Wasserwerk in Guntersblum[Bild: Institut für Geschichtliche Landeskunde]

Der Ort Guntersblum kann zwischen 830 und 850 zum ersten Mal urkundlich nachgewiesen werden. Unter der Bezeichnung „Chuntheres frumere“ wird der Reichsbesitz im Zusammenhang mit einer Lieferung von 2 Fundern Wein im Lorscher Codex (Codex Laureshamensis) genannt. Interessant ist hier die Herkunft des Namens: Das mittellateinische Wort prumarium = Pflaumengarten wird als pfrûma im Althochdeutschen übernommen. Aus der Vereinfachung des pf zu f entstand frumere. "Chuntheres frumere" ist also „der Garten des Gunther mit Pflaumenbäumen“. Wirft man einen Blick in die Geschichte der Region, trifft man tatsächlich auf eine bedeutende Persönlichkeit dieses Namens – noch dazu eine, die in einer nur allzu bekannten Sage des Mittelalters die Jahrhunderte überdauert hat: König Gunther (auch: Gundahar, Gundaharius, Gunthiar, Guntiarius etc.) aus dem Nibelungenlied. Entstanden im 13. Jahrhundert, hat das Heldenepos seinen historischen Kern im rheinischen Burgunderreich des 5. Jahrhunderts:

"In der Neujahrsnacht 406/407 n. Chr. überrannten Vandalen, Quaden (Sueben) und das Reitervolk der Alanen die römischen Grenzschutzanlagen am Oberrhein. Mainz, Speyer und Worms (nach langer Belagerung) wurden eingenommen und alle Truppen zwischen Bingen und Seltz vernichtet." So berichtet es uns die Überlieferung des spätantiken Kirchenvaters Hieronymus.

Diese Schwäche der römischen Verteidigung wurde auch von den Burgundern unter der Führung ihres Stammeshäuptlings (phylarchos, auch: König) Gundahar (lat. Guntiarius) genutzt, die ihr Siedlungsgebiet am mittleren Neckar – ursprünglich stammten sie aus dem Raum der unteren Oder – verließen und über den Rhein in die römische Provinz Germania superior vorstießen. Dem Historiographen Olympiodor von Theben zufolge unterstützten die Burgunder 411 die Kaiserproklamation des Galloromanen Iovinus und griffen zu seinen Gunsten in die innerrömischen Machtkämpfe ein. Nach dessen Niederlage 413 wurden die Burgunder vom römischen Heermeister Constantinus am Oberrhein/Mittelrhein im Raum Worms als foederati zum Schutz der Grenzen angesiedelt. Doch dort sollten sie nicht lange bleiben. Unter hunnischem Druck aus den linksrheinischen Gebieten wichen die Burgunder nach Westen in Richtung der Provinz Belgica II aus, um sich dort niederzulassen. Das Verlassen ihres eigentlichen Ansiedlungsgebietes nahm der römische Heermeister Aetius gemeinsam mit hunnischen Hilfstruppen 435/436 zum Anlass, die Burgunder vernichtend zu schlagen. Die Überlebenden wurden an der Rhône neu angesiedelt.

Leider sind sowohl schriftliche Überlieferungen (die Burgunder selbst haben nichts aufgeschrieben – es gibt nur vereinzelte Zeugnisse römischer Geschichtsschreiber), als auch archäologische Überreste des rheinischen Burgunderreichs nahezu nicht vorhanden. Erwähnenswert ist einzig ein 1984 bei Worms-Abenheim gefundenes Grab, dessen Beigaben eine Burgunderansiedlung in diesem Raum – wenn auch nur beispielhaft – bezeugen. Insofern ist es natürlich sehr schwierig, fundierte Aussagen über die Burgunder am Rhein zu machen. Ob Guntersblum nun wirklich ein Ort ist, der nach dem Anführer der römischen Föderaten benannt ist, lässt sich historisch nicht beweisen,– zumal der Name Gunther und seine Variationen im Althochdeutschen nicht selten auftraten. Mit Sicherheit lässt sich heute nur sagen, dass die römische Tradition des Weinbaus in Guntersblum durch das Mittelalter bis heute hochgehalten wurde.

Die Leininger

Rathaus von Guntersblum (Altes Schloss).[Bild: Horst Goebel]

Guntersblum gelangte im Mittelalter in den Besitz der Grafen von Leiningen , nachdem Friedrich III. von Leiningen zwischen 1237 und 1242 von den Erzbischöfen von Köln mit der Vogtei über Guntersblum belehnt wurde, und gehörte bis ins Jahr 1316 zum Haus Leiningen. Anschließend üben in wechselnder Folge verschiedene andere Linien des Geschlechts der Leininger die Herrschaft aus. Diese erbauten 1704 ein Schloss, welches 1787 von einem Neubau abgelöst wurde. Bis 1797 blieben sie die Ortsherren.

Ab Ende des des 19. Jahrhunderts gewann Guntersblum wegen des dort errichteten Pumpwerkes große Bedeutung für die rheinhessische Wasserversorgung.

Nachweise

Verfasser: Dominik Kasper und Anne-Kathrin Zehender

Verwendete Literatur:

  • Bernhard, Helmut: Die römische Geschichte in Rheinland-Pfalz, in: Cüppers, Heinz [Hrsg.]: Die Römer in Rheinland-Pfalz. Hamburg 2005.
  • Dehio, Georg: Handbuch der Deutschen Kunstdenkmäler. Rheinland-Pfalz Saarland. Bearb. von Hans Caspary u.a. Darmstadt 1985.
  • Kaiser, Reinhold: Die Burgunder. Stuttgart 2004.
  • Kaufmann, Henning: Rheinhessische Ortsnamen. Die Städte, Dörfer, Wüstungen, Gewässer und Berge der ehemaligen Provinz Rheinhessen und die sprachgeschichtliche Deutung ihrer Namen. München 1976
  • Website der Gemeinde: www.guntersblum.eu

Aktualisier am: 09.05.2016