Ingelheim in Rheinhessen

Geschichte des Sebastian-Münster-Gymnasiums

0.1.Frühere Versuche einer Schulgründung

Schon lange bevor das Sebastian-Münster-Gymnasium als: „Höhere Bürgerschule Ober-Ingelheim, öffentliche Lehranstalt unter staatlicher Aufsicht“, gegründet wurde gab es in Ingelheim Bemühungen, eine sogenannte „höhere“ Schule zu eröffnen. Einer der frühsten Versuche ist schon 1817 dokumentiert, als Johannes Kapesser aus Engelstadt, damals evangelischer Pfarrer in Ober-Ingelheim, eine höhere Schule gründete, die aber nach kurzer Zeit aus unbekannten Gründen wieder schließen musste. Eine ähnliche Aktion scheiterte 1887 unter Herrn „Director“ Hoffmann, der in einem Nebenraum der Gaststätte „Zum alten Lamm“ mit zwei Lehrkräften unterrichtete. Dieser Versuch scheiterte aber auch zwei oder 3 Jahre später.

0.2.Gründung

Zum Glück für die Ingelheimer, wurde dann 1890 die „Höhere Bürgerschule Ober-Ingelheim“ unter dem Schulleiter (Dirigent) Klingelhöffer gegründet. Unterrichtsbeginn war der 1. Mai 1890, zunächst auch ohne eigenes Gebäude. Seit 1891 wurde die Schule in der Bahnhofstraße 119 untergebracht, in einem zu kleinen Gebäude für die damals 47 Schüler und 5 Lehrer. Zunächst gingen nur Jungs in die Schule, bis 1896 eine Elterninitiative dafür sorgte, dass auch Mädchen sie besuchen konnten. Nur das Fach Turnen war noch nach Geschlechtern getrennt.

0.3.Probleme und Wachstum

Die Schule hatte seit Beginn finanzielle Probleme, da Anbauten benötigt wurden, die nicht zu bezahlen waren. Ein Teil dieser Probleme wurde im Jahr 1904 gelöst, als die Gemeinde Ober-Ingelheim die Schule kaufte. Der Original-Kaufbrief existiert noch und ist von dem Ingelheimer Notar Stenner unterschrieben. In diesem Brief vom 04. Mai 1904 wurde die Schule schon als „Bürgerliches Gymnasium“ bezeichnet. 1905 hatte die Schule schon 67 Schüler. Neun Jahre später also 1914 zu Beginn des ersten Weltkriegs schon 95. Nach dem Krieg 1918 waren es entgegen aller Erwartungen nicht weniger, sondern mehr Schüler geworden nämlich 117. Die Schule hatte also einen guten Ruf und erfreute sich allgemeiner Beliebtheit. 1924 oder 1925 (Hier widersprechen sich die Quellen) wurde die „Höhere Bürgerschule“ in eine Realschule umgewandelt, das heißt man konnte jetzt auch die 10. Klasse besuchen. Erneut traten nun finanzielle Probleme auf, die aber bis 1925 gelöst werden konnten.

0.4.NS- und Nachkriegszeit

Während der NS-Zeit spielt die Schule keine gesonderte Rolle. In ihr wurden genau wie überall sonst die nationalsozialistischen Ideologien verbreitet. Die Schüler sahen „Triumph des Willens“ und dem ehemaligen Studienrat Heinrich Schmelz wurde eine Wohnung in Ingelheim verschafft indem man einen Juden aus ihr „hinauswarf“. Nach 1934 gab es keine jüdischen Schüler mehr auf der Schule. Auch die Lehrer Ludwig (Louis) Langstädter und Karl Balser werden entlassen. Herr Langstädter war Jude und wurde später deportiert, Herr Balser war überzeugter Pazifist, er starb 1976 in Heidelberg. Außerdem kamen acht ehemalige jüdische Schüler um, wurden deportiert oder wählten den Freitod. 1938 wurde die Schule in „Oberschule für Jungen“ umbenannt, obwohl ein Drittel der Schülerschaft aus Mädchen bestand. Auch ein Stundenplan von 1938 zeigt die Beeinflussung der Schüler durch die Nazis mit dem Unterrichtsfach „Nationalpolitischer Unterricht“. Allerdings zeigt er auch, dass sich der Fächerkanon seit damals nicht groß verändert hat. Abgesehen vom „Nationalpolitischen Unterricht“ und dem Fach Handarbeit sind alle Fächer heute noch vertreten. Am 01. Oktober 1945, bereits ein halbes Jahr nach dem Krieg, startete der Unterricht wieder. Die Schule war von den französischen Besatzern zu einer „Vollanstalt“ mit einer Oberstufe ausgebaut worden, und 1947 konnte das erste Mal eine Abiturprüfung abgelegt werden. Fünfzehn von 19 Schülern bestanden dieses erste Ingelheimer Abitur.

0.5.1960-2010

Aufgrund seiner Größe wurde das bisher kommunale Gymnasium 1960 vom Land Rheinland-Pfalz übernommen. In den nächsten Jahren folgten dann weitere Anbauten, so zum Beispiel 1975 und 1984. 1972 wurde außerdem die benachbarte Kaiserpfalz-Realschule fertiggestellt, die bis zu ihrem Umzug im Januar 2012 ein gemeinsames Schulzentrum mit dem Sebastian-Münster-Gymnasium bildete. 1973 wurde das Kurssystem der Reformierten Oberstufe eingeführt (Mainzer Studienstufe, MSS). 1974 hatte die Schule schon 1120 Schüler und 65 Lehrkräfte. Sie wuchs kontinuierlich weiter und erreichte 1978 mit 1409 den Gipfel des „Nachkrieg-Schülerbergs“. 1978 wurde der „Sebastian-Münster-Verein“ gegründet, ein Verein zur Unterstützung und Förderung der Schule. Ein  weiterer Verein ist der Ingelheimer „Brasilien Verein“, dieser Verein ist primär darauf ausgerichtet, bedürftigen Kindern in Brasilien zu helfen. Er wird von der Schule durch einen jährlichen Adventsbasar, dessen Gewinne dem Verein zufließen, unterstützt. Gegründet wurde er 1985 vom ehemaligen Schulleiter Hans-Josef Mürtz. 2000 wurde eine zweite Turnhalle gebaut, 2001-2003 eine Aula zwischen den beiden Schulen, und im Jahr 2008 erfolgte die Fertigstellung einer Mensa. Diese war nötig, da die Schule im Schuljahr 2008/09 einen Zweig mit Ganztagsunterricht einbaute.

0.6.Heutzutage

Aktuell besuchen die Schule 1786 Schüler, und werden von 127 Lehrern unterrichtet (Stand 09.08.2012). Das Sebastian-Münster-Gymnasium ist eine der größten Schulen in Rheinland-Pfalz und erfreut sich großer Beliebtheit.

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Nachweis

Verfasser: Julius Malburg

Quellen:

 Literatur:

  • Herbert, Heinrich: Ingelheimer Lesebuch. Ingelheim 1992.
  • Mentgen, Georg- Meyer, Hans-Georg: Sie sind mitten unter uns. Zur Geschichte der Juden in Ingelheim. Ingelheim 1998.

Aktualisiert am: 28.08.2014