Kastel in Rheinhessen

Redaktioneller Hinweis: Der nachfolgende Text stammt aus der Publikation "Rheinhessen in Vergangenheit und Gegenwart" von Karl Johann Brilmayer, die 1905 erschienen ist. Brilmayer gab keine Belege an und die Aussagen sind auch nicht von der Redaktion überprüft worden. Im Allgemeinen gilt Brilmayer aber als recht zuverlässig. Bei einer Benutzung Brilmayers für eine Veröffentlichung sollten die Angaben im Detail überprüft werden.


Kastel bei Karl Johann Brilmayer

Die Geschichte Kastels reicht zurück bis in die Zeit der Römer. Im jahr 10 v. Chr. ließ Drufus zum Schutz des von ihm auf der linken Rheinseite erbauten Castrum Moguntiacum ein kleinerses Castellum gegen sie Schatten auf dem rechten Ufer bauen. Es befand sich auf der Nordseite der heutigen Stadt und war schon frühzeitig mit dem linken Ufer durch eine Brücke verbunden. An das Drufuskastell schloss sich später, wahrscheinlich vom Jahr 150 n. Chr. an, eine bürgerliche Niederlassung, anfangs vicus navus, später civitas Mttiacorum genannt. In der Völkerwanderung wurde sie zerstört, aber bei Wiederaufbau weiter ausgedehnt. Die erste urkundliche Nachricht einer neuen Ansiedlung haben wir aus dem Jahr 757, in welchem Ratharius und seine Gattin Asperin dem Kloster Fulda mehrere Plätze mit Hütten ultra Rhenum ad Castrionis in marca Bodobigrinse schenken. Auf die römischen steinernen Brückenpfeiler ließ Karl der Große in den Jahren 803-813 eine hölzerne Brücke erbauen, die aber, kaum vollendet, in drei Stunden wieder abbrannte.

Nach dem Wiederaufbau in fränkischer Zeit gehörte der Ort zu dem Komitat des vorderen Rheingaus und zu dem Königsfunderagau und kam dann, entweder unter Erzbischof Wilhelm (954-968) oder unter Erzbischof Rupert (970-975) an das Erzbistum Mainz. Die Stadt wurde in der Folge mit Mauern umgeben und im 13. Jahrhundert als Reichsstadt betrachtet, während sie in Urkunden des 14. Jahrhunderts nur als Dorf bezeichnet wird. Im Jahr 1349 kam Kastel in Gefahr zerstört zu werden. Erzbischof Gerlach hatte den Mainzern, die damals seinem Gegener, Erzbischof Heinrich, feindlich gegenüberstanden, mehrere Zugeständnisse gemacht und denselben unter anderem am 19. Mai dieses Jahres erlaubt, das der Stadt gegenüberligende Kastel mit seinen Mauern und der Kirche zu zerstören und dem Erdboden gleich zu machen. Doch machten die Mainzer Bürger von dieser Erlaubnis keinen Gebrauch. Auch in der Folge hatte Kastel wegen der Nähe zu Mainz manches Ungemach in Kriegszeiten zu tragen; überdies erlitt es großen Schaden am Anfang des 16. Jahrhunderts durch Brandunglück. Kastel blieb beim Erzstift Mainz bis zum Untergang des Kurstaates. Es stand unter dem Kurfürstlichen Vizedomamt außerhalb der Stadt und hatte eine eigene Amtsvogtei. Nach vorübergehender Besitzergreifung durch die Franzosen im Jahr 1792-93, während welcher Zeit sie die Stadt stark befestigten, ging sie durch den Lüneviller Frieden von 1801 und den Regensburger Reichsrezeß 1803 auf den Fürsten von Nassau-Ufingen über, bis dieser im Jahr 1806 sie zugleich mit Kostheim an Frankreich abtrat, bei dem sie bis zum Jahr 1814 verblieb.