Mainz in Rheinhessen

0.Mainzer Kaufhausordnungen

Ordnungen und Bestimmungen für das Mainzer Kaufhaus

Die am Institut für Geschichtliche Landeskunde an der Universität Mainz (IGL) betreute Edition der ersten Mainzer Kaufhausordnung von 1437/44 ist mittlerweile im Druck erschienen.

  • Stefan Grathoff und Elmar Rettinger (Hg.): »... daz sall man nyrgent anderst wiegen dan in dem kauffhuß«. Die Mainzer Kaufhausordnung aus dem 15. Jahrhundert. 334 S. mit den Quellenabbildungen. Nünnerich.Asmus Verlag. Mainz am Rhein 2013. ISBN: 978-3-9433904-23-9.

Ausgehend von der Präsentation des Orginaltextes ermöglicht eine buchstabengetreue Transkription, eine Übertragung ins heutige Deutsche und ein ausführliches Glossar das Studium dieser für die Wirtschaftsgeschichte bedeutenden Quelle .

In den ersten beiden Jahrzehnten des 15. Jahrhunderts verschlechterte sich die Situation der städtischen Finanzen zusehends. Immer häufiger konnte der Mainzer Rat seinen Zahlungsverpflichtungen nicht nachkommen, wurden Bürger der Kommune für die Schulden der Stadt in Anspruch genommen. Vor diesem wirtschaftlichen Hintergrund entstand in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts die Mainzer Kaufhausordnung.

In der »Präambel« der Kaufhausordnung heißt es, man wolle mit der Niederschrift die Zustände im Kaufhaus verbessern. Dahinter stand das Bestreben der Stadt, die wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse neu auszurichten und zu konsolidieren sowie gegenüber der überaus erfolgreichen Messestadt Frankfurt neu auszurichten.

Auf der Grundlage einer bis dahin mündlich tradierten Ordnung bzw. verschiedener Niederschriften zu einzelnen Belangen des Kaufhauses, wurden ausgewählte Vorschriften zusammengetragen und in einem Codex zusammengefasst. Die frühesten Texte des Codex dürften unmittelbar nach dem Regierungsantritt des Erzbischofs Dietrich von Erbach (1434-1459) vom Stadtrat gesammelt und zwischen 1437 und 1444 im Codex niedergeschrieben worden sein. Denn in dieser Zeit ist der in der »Präambel« genannte »gemeinsame Rat« tätig gewesen, der aus Mitgliedren der Geschlechter und der Gemeinde bestand. Auch danach wurden immer wieder Änderungen hinzugefügt und Anpassungen an das aktuelle Wirtschaftsleben vorgenommen. So finden sich etwa in der Mitte des Buches Eintragungen aus der Zeit nach dem Verlust der Stadtfreiheit 1462 und der Übernahme der Kaufhausleitung durch Erzbischof Adolf II. von Nassau (1461-1475). Die letzte Eintragung in die Kaufhausordnung wurde im Jahr 1511 vorgenommen.

Die Ordnung bietet einen tiefen Einblick in das Warenangebot des Kaufhauses und damit in die Handels- und Lebenswelten jener Zeit. Exotische Gewürze von Paradieskörnern bis hin zu Muskat finden sich ebenso wie Farben, Farbengrundstoffe und verschiedene Stoffe wie Baumwolle, Leinen und grobes Tuch. Neben tagtäglich in Handwerk und Haushalt genutzten Materialien wie Kohle, Eisen und Kupfer werden auch diverse Fischsorten und Luxusartikel wie Seide und Perlen genannt - ein buntes und vielfältiges Spektrum eines spätmittelalterlichen Warenangebots. Sollte man in der Ordnung einige Waren des alltäglichen Bedarfs vermissen, liegt das daran, dass im Kaufhaus Güter fast ausschließlich en gros gehandelt wurden. Die meisten Frischwaren, Getreide, Gemüse, Milchprodukte, Wein, Bier u.ä. wurden auf den verschiedenen Marktplätzen und in den Ladengeschäften der Stadt verkauft.

In der Kaufhausordnung findet man jedoch nicht nur eine Liste von Produkten: Auch die Gebühren für die Benutzung der Waagen, für die Lagerung der Waren und die Organisation innerhalb des Kaufhauses wurden festgelegt. Mainzer Händler hatten bei vielen Waren weniger Gebühren zu bezahlen als Auswärtige. Darüber hinaus finden sich in der Kaufhausordnung verschiedene Eidesformeln, die die am Kaufhaus beschäftigten Hausmeister, Unterkäufer, Wieger und Knechte leisten mussten. Vor allem Vorteilsnahme und unlautere Beteiligung an Kaufhausgeschäften wurden ausdrücklich untersagt.

In der folgenden Umschrift der Kaufhausordnung musste aus technischen Gründen auf die Darstellung einiger Superskripte verzichtet werden.

Weitere Kaufhausordnungen und Regelwerke

* Wenige Jahre nach der Erstausfertigung wurde wurde um 1445 eine Abschrift von Teilen der ersten Kaufhausordnung angefertigt, die mit einigen Ergänzungen versehen wurde.[Anm. 1]

* Notula jm kauffhuse an d(er) dafeln geschr(ieben). Diese hernach gesetze geboit und ordenunge(n) sint dorch eyn raid zu Mencze obirkomen furters gehalten worden.[Anm. 2]

* Vor 1462: Einige allgemeine »Verhaltensmaßnahmen im Kaufhaus«.[Anm. 3].

* Erzbischof Adolf II. von Nassau (1461-1475) ließ in den Jahren 1462/63 eine neue bzw. überarbeitete Ausfertigung der Kaufhausordnung erstellen und ernannte zwei Mainzer Bürger zu Kaufhausdienern.[Anm. 4]

* Unter Erzbischof Berthold von Henneberg (1484-1504) sind weitere Verordnungen für das Kaufhaus überliefert.[Anm. 5]

* Die bekannte »Albertinische Ordnung«, die Kurfürst Albrecht von Brandenburg (1514-1545) aufstellen ließ, ist, was das Kaufhaus betrifft in mehreren Ausfertigungen für die Zeit von 1527 und 1534 überliefert: Im 57 Band der Mainzer Ingrossaturbücher befindet sich eine »Ordnung des Kaufhauses in der Stadt Mainz«, die auf Montag nach Vincula Petri 1527 [= 5.8.1527] datiert ist.[Anm. 6] sowie eine »Ordnung des Kaufhauses in der Stadt Mainz»[Anm. 7] vom gleichen Jahr 1527. - Im »Mainzer Regierungsarchiv« im Staatsarchiv Würzburg ist eine Ausfertigung der »Ertzbischoffs Alberti Reformationsordnung zu Mainz de Anno 1528« erhalten[Anm. 8], in der sich auch (fol. 24-31v) eine undatierte »Ordtnung deß Kaufhuß in der Statt Meintz« befindet. - Aus dem Jahr 1534 ist eine Ausfertigung der »Reformation vnd Ordenung des kaufhaüßes vnd der Staffel zu Meintz überliefert[Anm. 9] unmittelbar nachfolgt. - Auf 1534/1535 wird das Aktenstück »Register nachvolgende Reformation und Ordnung des Kaufhauses und des Stapels zu Meintz«, das ebenfalls in Würzburg aufbewahrt wird.[Anm. 10].

* Erzbischof Johann Adam von Bicken (1601-1604) ließ 1601 nach seinem Amtsantritt eine neue Ausfertigung einer Kaufhausordnung verfassen.[Anm. 11]

* Ein so genanntes "Register des Kaufhauses zu Mainz« wurde zwischen dem 1. März 1627 und dem 18. März 1628 unter Kurfürst Georg Friedrich von Greiffenclau (1626-1629) erstellt.[Anm. 12]

* Unter Kurfürst Anselm Kasimir Wambolt zu Umstadt (1629-1647) sind 1638 verschiedene »Handlungen über Visitationen und Reformation der Rente Loneck zu Mainz, des Zolls zu Viltzbach und des Kaufhauses und Marktmeisteramtes zu Mainz« überliefert. Dabei findet sich auch eine "erneuerte Rent- und Kaufhaus- sowie der Pförtnerordnung zu Mainz.[Anm. 13] Der Erzbischof betonte das Stapelrecht für Mainz und sein Bestreben, die nicht eindeutig voneinander abgestimmte Gebührenpraxis an den beiden Zollstellen in Vilzbach und am Eisentürlein zu ordnen.

* Aus dem Jahr 1648 stammt eine Kranordnung des Kurfürsten Johann Philipp von Schönborn (1647-1673).[Anm. 14]

* Das Konzept einer erneuerten Kaufhausordnung trägt das Datum vom 15. September 1663. Kurfürst Johann Philipp begründete die Neuausfertigung damit, den wirtschaftlichen Folgen der vergangenen Kriegsläufte begegnen zu wollen.[Anm. 15]

* Aus dem Jahr 1747 datiert eine »Designation deren Chur-mayntzischen Kauf-Haus-Gefällen vom 30. August 1747«.

Nachweise

Redaktionelle Bearbeitung: Stefan Grathoff

Aktualisiert am: 9.12.2014

Anmerkungen:

  1. StA Wü MzBü 2 fol. 3-12v Zurück
  2. StA Wü MzBü 5 ½ fol. 69-70. Zurück
  3. StA Wü MzBÜ 5 ½ fol. 23, vor 1462. Zurück
  4. Schrohe, Stadt Mainz S. 28f.; Maurer, Kaufhaus Nr. 15, S. 13. Zurück
  5. Schrohe, Stadt Mainz, S. 10 aus dem Mainzer Ingrossaturbuch Nr. 57 (StAWü). Zurück
  6. StA Wü. Mainzer Ingrossaturbuch 57 fol. 87-93 Zurück
  7. StA Wü, Mainzer Ingrossaturbuch 57 fol. 197-200v Zurück
  8. StA Wü MRA 16 / L 118 Zurück
  9. StA Wü, Mainzer Ingrossaturbuch 57 fol. 201-251«, der eine eine inhaltlich nahezu identische aber undatierte »Roll des kauffhaußs vnd der Staffel zu Meintz«StA Wü, Mainzer Ingrossaturbuch 57 fol. 254-266v. Weiter hinten im Buch (fol. 292-306) ist eine weitere »Kaufhausordnung« abgelegt, die dem Wortlaut der 1. Kaufhausordnung von 1434ff. entspricht, also eine Abschrift darstellt. Zurück
  10. StAWü MzBü 3 fol. 31v und ebd. MRA Handel K 152/80 fol. 3. Zurück
  11. StAWü MRA Handel K 152/80, veröffentlicht am 18.8.1601. Zurück
  12. StAWü MRA Handel K 152/81 zu 1627/28. Zurück
  13. StAWü MRA Handel K 152/82 Bl. 731-746 vom 25.2.1638. Zurück
  14. StAWü MRA Handel K 152/83, Bl. 1-3v. Zurück
  15. StAWü MRA Handel K 152/83. Erwähnt: Maurer, Kaufhaus Nr. 30, S. 23; Schälicke-Maurer, Kaufhaus S. 354. Zurück