Montabaur im Westerwald

0.Von Humbach zu Montabaur

Montabaur wurde erstmals im Jahr 959 urkundlich erwähnt. Die Urkunde berichtet von der Einweihung der ersten steinernen Kirche in Humbach im Westerwald, wo sich die Residenz des Konradinergrafen Hermann im Engersgau befand. Der Montabaurer Raum wurde schon von den Kelten und nach 260n.Chr. von den Chatten dauerhaft besiedelt. Zur Zeit der fränkischen Landnahme im 5. Jahrhundert blieb das Gebiet als Herrschaftsresidenz jedoch ohne Bedeutung. Orte wie Dornburg, die bereits eine Wehranlage oder eine heidnische Kultstätte besaßen, waren für die Niederlassung der Adelsfamilien attraktiver. Das „Humbacense Castellum“ geht vermutlich auf das späte 6. Jahrhundert zurück. Eine präzise Datierung des Wehrbaus ist durch fehlende schriftliche Quellen nicht möglich[Anm. 1]. Das „Humbacense Castellum“ kann als Raststation für durch das Land ziehende Truppen zur Zeit der fränkischen Könige, um sicher zu den festen Königshöfen zu gelangen gesehen werden. Da die Stationen je einen Tagesmarsch mit „Troß“, d.h. mit Gefolge oder Eskorte voneinander entfernt lagen, dienten sie innerhalb des Straßenwesens zur Stabilisierung der Herrschaft[Anm. 2].Das Straßennetz bekam auch für wirtschaftliche Zwecke eine größere Bedeutung und war der Anlass, dass sich am Fuß des späteren Schlossberges eine Siedlung gebildet hat. Die geographische zentrale Lage Montabaurs wurde für die folgenden Jahrhunderte wichtig für die Stadt-Landbeziehungen und prägte neben dem wirtschaftlichen Leben, auch die Gesellschaft, Kirche und Kultur[Anm. 3].

Um 1227 wird das „Humbacense Castellum“ zur Sicherung des Trierer Besitzes im Westerwald und zur Abwehr der Grafen von Nassau erweitert und mit einem Wehrturm ausgestattet. Der Erzbischof Dietrich II (1212-1242) nannte die Burg in Erinnerung an seine Kreuzfahrt 1223/24 Mons Tabor- Berg Tabor, angelehnt an das Heilige Land und die uneinnehmbare Festung auf dem Verklärungsberg Tabor. Aus Mons Tabor entwickelte sich schließlich der Name Montabaur.

0.1.Wirtschaftliche Blüte des Mittelalters

Im Jahr 1291 verlieh König Rudolf von Habsburg Montabaur Stadtrechte. Dies berechtigte die Bewohner Wochen- und Jahrmärkte abzuhalten und eine Stadtmauer zu bauen. Reste der Mauer und der vier Befestigungstürme sind noch heute erhalten, zum Beispiel in der Judengasse. Durch das Privileg der deutschen Kaiser genossen die Montabaurer Kaufleute Jahrhunderte lang Zollfreiheit zwischen Köln, Wetzlar, Frankfurt und Mainz. Unter den Trierer Kurfürsten entwickelte sich Montabaur zum Handelszentrum des Westerwaldes. Montabaur verfügte über 13 Zünfte, die über eine genehmigte Satzung von den Landesherren verfügten. Besonders das Leder- und Textilgewerbe, darunter Hutmacher, Schuster und Gerber, sowie das Eisengewerbe, woraufhin sich zum Beispiel Glockengießer in Montabaur ansiedelten, konnte sich erfolgreich entwickeln.

0.2.Gewerbe

Landwirtschaftlich gehörte Montabaur nicht zu den Überschussgebieten. Durch ein großes Wasservorkommen wurden Mühlen gebaut, wodurch das angebaute Getreide direkt verarbeitet werden konnte. Es gab Getreide- und im 17. Jahrhundert zunehmend Öl-Mühlen, die zum Teil später auch in Papiermühlen umgewandelt wurden. Es wurde viel Obst und Gemüse angebaut, Belege für Baumgärten gibt es seit 1423. Auch Hopfen und Wein wurden vermutlich in der Montabaurer Senke angebaut. Bis auf Flurnamen in Nentershausen gibt es hierfür jedoch keine Belege. Da die Erträge landschaftlicher Erzeugnisse eher gering waren und Hungersnöte keine Ausnahme waren, betrieb man vermehrt Viehzucht. Auch die Teichfischerei leistete einen erheblichen Betrag zur Ernährung im Westerwald und in Montabaur. Durch die Viehzucht konnte sich das Wollwebergewerbe in Montabaur etablieren und Tucher, Färber und vor allem die Händler zu im 14. und 15. Jahrhundert zu Wohlstand gelangen. Die Stadtbrände von 1491, 1534 und 1667 zerstörten jedoch immer wieder große Teile der Stadt und brachte sie in eine turbulente wirtschaftliche Lage.

0.2.1.Färber, Wollweber und Tuchmacher

Die Wollweber und Tuchmacher prägten das wirtschaftliche Leben der spätmittelalterlichen Städte. Die „Montapeurer“[Anm. 4] Tuchfabriken waren über Frankfurt und Augsburg bis nach Straßburg für ihre gute Qualität bekannt. Durch das Frankfurter Stadt- und somit auch Marktrecht wurde der Handel maßgeblich gefördert[Anm. 5]. Im 15. Jahrhundert gab es etwa 500 Wollweber in Montabaur, die ihre Ware auf der Frankurter Messe verkaufen konnten.  Das Gewerbe war so wichtig für die Stadt, dass Erzbischof Johann V. von Isenburg am 30.4.1551 eine Ordnung zur Sicherung der erzbischöflichen Wolle und Tuchproduktion erließ. Die Ordnung regelte die gültigen Gewichte, legte als Maß die Elle fest und gewährte den trierischen Tuchmachern ein Vorverkaufsrecht an der Wolle. Die Wolle produzierenden Landleute sollten durch einen Vorschuss auf eine Fure Wolle davon abgehalten werden, ihre Ware außerhalb der Erzstiftes zu verkaufen um so die regionale Produktion nicht zu gefährden. Um die Tuche strapazierfähiger und somit wertvoller als das einfache Leinentuch zu machen, haben die Wollweber ihre Tuche gewalkt. Um 1606 gab es in Montabaur sogar eine eigene Walkmühle und ein Färberhaus am Stadtbach. Im Bach„zum Tiergarten“ wurde das Tuch von den Tuchmachern gefärbt, wodurch es zum Luxusgut wurde. Die städtischen Behörden verboten jedoch 1746 das Färben im Bach, da dort zum Wohlgefallen der Kurfürsten Hirsche gehalten wurden[Anm. 6]. Heute erinnert nur noch die Färberbachstraße an den Stadtteil, in der die Färber gelebt haben.

0.2.2.Nahrungsgewerbe

Der Stadtrat regulierte die Marktpreise und die Zunftordnung bestimmte, wie Groß und Klein jedes Brot und jedes Brötchen sein mussten. Im Jahr 1580 wurden in der Montabaurer Bäckerordnung die Preise der Backwerke genau nach Gewicht und Grundstoffen in den jeweils guten oder schlechten Erntejahren festgelegt. Das folgende Beispiel zeigt, wie sich der Markpreis zusammensetzt:„Es ist probiert, wenn der Weizen gilt 8 Taler, soll ein Zwei-Pfennig-Weck, der da 7 Lot wiegt, gestraft…werden“[Anm. 7],[Anm. 8]. Um sich an auch an anderen Marktpreisen orientieren zu können, wurden vom Stadtrat Boten in die Nachbarorte geschickt. Zwischen der Bäckerzunft, deren oberstes Gebot die Existenzsicherung ihrer Zunftangehörigen war, und der Stadt kam es dadurch zu Konflikten.

0.3.Feuer- und Finanzprobleme

Zwischen dem 13. Und 16. Jahrhundert gelangten zwar einzelne Gewerbezweige zu Wohlstand, doch die Zeit wurde auch von Krisen geprägt. Im 15. Jahrhundert wandte sich das Stadtregiment an Erzbischof Otto von Ziegenhain, da die Stadt in große finanzielle Schwierigkeiten gekommen war. Gemeinsam mit Bürgern. Schöffen und dem Bürgermeister Montabaurs wurde die Situation beraten. Das Ergebnis war eine Güter-Steuer, die Geld in die Stadtkasse bringen sollte. Zum Beispiel wurde auf jedes Fuder[Anm. 9] Wein, eine Ladung zwischen 1000 und 1800l, eine Steuer von 2 Weißpfennig, der rheinische Groschen, erlegt. Ein Tuch wurde mit einem Weißpfennig besteuert[Anm. 10]. Trotz der allgemeinen Krise in Montabaur muss davon ausgegangen werden, dass die Bevölkerung zwischen 1491 und 1534 angestiegen ist. Erst nach dem 2. Stadtbrand verzeichnen die kurtrierischen Feuerstättenzählungen einen Rückgang der Einwohner[Anm. 11].

0.4.Die Wollspinnerei

Im 18. Jahrhundert herrschten in Montabaur mehrere Armutsperioden. Zur Bekämpfung der allgemeinen Not wurden „fromme Stiftungen" der Stadt, wie der Almos und den Hospitalfonds, gebraucht um zumindest eine Armenspeisung zu gewährleisten. Auch die Arzt- und Apothekerkosten wurden durch Hilfsfonds finanziert. Problematisch war die Situation der Jugendlichen. Sie sollten durch ein Hilfsprojekt von der Straße geholt werden. Das Projekt wurde vom Hospitalprovisorium, der Almos, den Amtsverwaltern und der Wollweberzunft initiiert. Im Gebäude des Hospitals wurde eine Spinnstube eingerichtet. Das Material, zum Beispiel Spinnräder wurde von Amtsverwaltern wie Herrn Hofrat Linz zur Verfügung gestellt. Der Wollwebermeister Monsieur lehrte den Jugendlichen gegen ein kleines Entgelt das Wollweberhandwerk. Da die Garnspinnerei in Montabaur schließen musste und viele Wollweber und Strumpfwirker gesponnenes Garn benötigten, halfen die Jugendlichen den Handwerkszweig anzukurbeln. Das Projekt etablierte sich gut und die Spinnstube wurde 1791 erweitert[Anm. 12].

0.4.1.Montabaur im dreißigjährigen Krieg

Montabaur blieb in den ersten Jahren des 30jährigen Kriegs als Kriegsschauplatz verschont. Mit dem Eintritt Schwedens veränderte sich die Lage. 1631 wurde Montabaur von den Schweden besetzt und direkter Kriegsschauplatz. Auch in den folgenden Jahren wurde die Stadt von verschiedenen Kriegsparteien besetzt.

0.5.Stadt und Amt Montabaur gehen an Nassau

Nach der französischen Revolution endete die Herrschaft von Kurfürst und Erzbischof Clemens Wenzelaus (1802). Durch die Säkularisation gelangte Montabaur in den Besitz der Fürsten von Nassau. Der Herzog Adolf von Nassau verlor sein Herzogtum 1866 als Bündnispartner Österreichs im Preußisch-Österreichischem Krieg und Montabaur wurde preußisch. Nach dem Zweiten Weltkrieg besetzten erst amerikanische und später französische Truppen das Gebiet und übernahmen die Verwaltung. Bis 1968 war Montabaur Verwaltungssitz einer der fünf Regierungsbezirke, in die sich das neue gebildete Bundesland Rheinland-Pfalz 1946 gliederte (Rheinhessen, Pfalz, Koblenz, Trier, Montabaur). Heute ist Montabaur Kreisstadt des Westerwaldkreises und hat mehr als 13.500 Einwohner[Anm. 13].

Nachweise

Verfasserin: Jasmin Gröninger

Literatur:

  • Baltes, Alois; Henkel, Günter; Kauder, Birgitt; Künzer, Beatrix:Montabaur:- Von Schulen, Straßen, Bahnhöfen, Stadtarchiv Montabaur.
  • Frischbier, Hans: Montabaur im Wandel Vom Kurfürstentum Trier zum Herzogtum Nassau 1768-1819, Stadtarchiv Montabaur 1998.
  • Henkel, Günter:Annäherungen an die 700jährige Stadt Montabaur, Stadtarchiv Montabaur.
  • Hollmann, Michael; Roth, Hermann Josef; Schwenk, Bernd: Geschichte der Stadt Montabaur, 1.Teil, Humbach- Montabaur, Hachenburg 1991.
  • Schewior, Ingeborg: Das Heilig-Geist-Hospital der Stadt Montabaur: von Bürgerstolz und Fürstenmacht, Stadtarchiv Montabaur 2004.

Webadressen:

Erstellt am: 22.01.2015

Anmerkungen:

  1. Stadt Montabaur [Hrsg.]/ Hollmann, Michael[u.a.]: Geschichte der Stadt Montabaur. Erster Teil: Humbach-Montabaur, Hachenburg 1991, S.33. Zurück
  2. Ebd. Zurück
  3. URL: http://www.hilldroid.de/MT/online/guide.de.html (Aufruf am 07.01.2015 10:30 Uhr). Zurück
  4. Vgl. Stadt Montabaur [Hrsg.]/ Henkel, Günter: Annäherungen an die 700jährige Stadt Montabaur, Beiträge aus Stadt, Verbandsgemeinde und Region. Schriftenreihe zur Stadtgeschichte von Montabaur, S.11. Zurück
  5. Stadt Montabaur[Hrsg]/ Frischbier, Hans: Montabaur im Wandel, Vom Kurfürstentum Trier zum Herzogtum Nassau 1768-1819, Beiträge aus Stadt, Verbandsgemeinde und Region, Heft 5 der Schriftreihe zur Stadtgeschichte von Montabaur, S.132. Zurück
  6. Ebd. S.10. Zurück
  7. Stadtarchiv Montabaur, Abt.2, Nr. 102: Umschlag der Bäckerordnung in Montabaur, 1580. Zurück
  8. Mit der Angabe des Weizens für 8 Taler sind 1 Malter =1080 l gemeint. Einem Lot entsprechen 16 2/3 g. Zurück
  9. althochdeutsch fuodar, mittelhochdeutsch vuoder,Bezeichnet die Menge, wie viel man mit ausgestreckten Armen umfassen kann Zurück
  10. Stadt Montabaur [Hrsg.]/ Hollmann, Michael[u.a.]: Geschichte der Stadt Montabaur. Erster Teil: HumbachErzbischof wurde über die finanzielle Entwicklung Bericht erstattet, doch erst dauerte mehrere Jahrzehnte bis sich überhaupt eine Verbesserung zeigte. Nachdem 1457 endlich eine finanzielle Besserung in Sicht war, zerstörte der Stadtbrand von 1491 große Teile der Innenstadt. Der zweite Stadtbrand um 1534 traf die Stadt allerdings noch stärker. Neben der ohnehin schon finanziellen und auch durch Missernten wirtschaftlichen schwierigen Lage, musste die Stadt wieder aufgebaut werden. Kurtrierische Feuerstättenzählungen aus dem 14. Und 15. Jahrhundert nennen 271 Feuerstätten im Jahr 1478. Der Wert wird mit dem Faktor 4-5 multipliziert. Daraus ergibt sich eine Einwohnermenge von ca. 1100- 1350 Personen. Im Vergleich dazu werden beim Stadtbrand von 1534 ca.400 Feuerstätten genannt, das heißt 400 Häuser, die dem Feuer zum Opfer gefallen sindVgl.Stadt Montabaur [Hrsg.]/ Hollmann, Michael[u.a.]: Geschichte der Stadt Montabaur. Erster Teil: Humbach- Zurück
  11. Ebd. Zurück
  12. [Hrsg.] Stadtarchiv Montabaur/ Schewior, Ingeborg: Das Heilig-Geist-Hospital der Stadt Montabaur: von Bürgerstolz und Fürstenmacht, 2004, S.147-148. Zurück
  13. Offizielle Website der Stadt Montabaur: URL: www.montabaur.de Zurück