0.Auswanderung aus Rheinhessen - Flucht und Neuanfang
"Ich empfehle Dich liebster Schwager und Schwägerin in des allgewärtigen Gottes Schutz. Mit Segen begleitet er Euch alle auf jeden Wegen! Lebet alle immer und ewig wohl!
Lebet wohl, bis wir uns vielleicht noch hier auf dieser Welt oder über dem ewigen Sternenzelt unzertrennlich wieder sehen!"
Mit diesen Zeilen verabschiedet sich Johann Krämer (1805-1836) aus Heimersheim, der 1825 nach Südbrasilien ausgewandert war, wenige Monate vor seinem Tode von den in der rheinhessischen Heimat zurückgelassenen Verwandten.
Die ersten deutschen Auswanderer bestiegen bereits im 17. Jahrhundert Segelschiffe, um in fernen Ländern ihr Heil zu suchen. Waren es ursprünglich in erster Linie religiöse Gründe, welche die Menschen zur Flucht aus dem deutschen Vaterland bewogen, so forcierten im 18. und besonders im 19. Jahrhundert wirtschaftliche und existenzielle Not die Migrationsflut.
Die Auswanderungswelle erstreckte sich über den gesamten Globus: Bevorzugtes Ziel der Emigranten war Amerika, zunächst Nordamerika, die südamerikanischen Staaten, voran Brasilien und Chile, folgten. Weitere Ziele waren neben vielen osteuropäischen Ländern wie zum Beispiel Ungarn auch weiter entfernt liegende Kontinente wie Australien und der Inselstaat Neuseeland.
Die Ursachen für den rheinhessischen Exodus im 18. und 19. Jahrhundert sind vielfältig:
- Das Bevölkerungswachstum in Rheinhessen stieg zwischen 1816 bis 1834 von 158.035 auf 205.320 Menschen. Binnen nur einer Generation war das Bevölkerungswachstum somit um 20% gestiegen. Die Landschaft zwischen Bingen im Norden, Alzey im Südwesten und Worms im Süden war zur damaligen Zeit überwiegend landwirtschaftlich geprägt. Das nach der Gründung Rheinhessens 1816 gültige, hessische Erbrecht führte unter dem Stichwort Realteilung zwangsweise zur Landknappheit. Die vorhandene landwirtschaftliche Fläche führte besonders bei kinderreichen Familien - 10 Kinder und mehr waren damals keine Seltenheit - auf die Dauer zu immer kleineren Parzellen, die ein Überleben der Großfamilien auf die Dauer unmöglich machten.
- Mit der Zeit setzte ein zunehmender Verarmungsprozess der agrarwirtschaftlich geprägten Region ein, es entwickelte sich der sog. "Pauperismus". Die soziale Lage der Bevölkerung verschlechterte sich rapide, beschleunigt durch häufige Missernten. Besonders auffällig war das Phänomen des Pauperismus in den 1820er Jahren. In den Jahren 1846 und 1853 kam es infolge eines nicht funktionsfähigen Marktmechanismus überdies zu einem enormen Anstieg der Preise gerade von Grundnahrungsmitteln, wie zum Beispiel Kartoffeln. Damit war der Hunger ganzer Familien vorprogrammiert.
- Mit regelrechten "Abschiebeaktionen" versuchte man in Rheinhessen dem Pauperismus entgegenzuwirken. Auswanderungswillige wurden gelockt mit finanziellen Anreizen und bezahlten Schiffspassagen nach Amerika. Auf diese Weise entledigten sich beispielsweise Gimbsheim und Eich zwischen 1848 und 1851 von 226 bzw. 168 Menschen.
- Weiteres Fluchtmotiv war die Angst vor strafrechtlicher und politischer Verfolgung. Beispiele hierfür liefern die Lebensläufe der beiden rheinhessischen Emigranten Franz Neukirch und Emil Preetorius.
- Unter dem Stichwort "Rheinische Institution" verursachte die Einführung der Gewerbefreiheit Anfang des 19. Jahrhunderts im vorindustriellen Zeitalter auch in Rheinhessen einen regelrechten Handwerkerboom. Das bedeutete, es gab jetzt wohl Handwerker, aber leider nicht genug Aufträge. Damit einhergehend entwickelte sich im vor- bzw. frühindustriellen Zeitalter eine unverhältnismäßig große Schar von Selbständigen ohne die nötige Nachfrage. Deshalb suchten beispielsweise Bierbrauer und Winzer rund um Mainz ihr Heil in der Fremde, besonders in Amerika. Ein Paradebeispiel hierfür bietet z.B. die Biographie von Philipp Heinrich Faulhaber aus Großwinternheim.
- Im Zuge der Auswanderungsflut bzw. der Aufbruchsflucht in eine neue Welt kam es zur Gründung von mehr oder weniger seriösen Vermittlungsagenturen, die besonders in der Mitte des 19. Jahrhunderts in Mainz wie Pilze aus dem Boden schossen.
- Ein weiteres Glied in der Ursachenforschung nach der wirtschaftlich motivierten Auswanderung aus Rheinhessen liefert das mit dem Stichwort "Kettenauswanderung" bezeichnete Phänomen. Wenn ein Familienmitglied oder einer Bekannter als "Pionier" mit seiner Auswanderung die nötige Erfahrung gesammelt hatte, war er in der Lage, eine erfolgversprechende Emigration in ein bestimmtes Land und an einem bestimmten Ort vorzubereiten. Ein typisches Beispiel hierfür bietet die Auswanderung von Franz Neukirch, der Verwandte und Bekannte dazu animierte, es ihm gleich zu tun.
Die meisten Auswanderer mussten Deutschland auf dem Seeweg verlassen, um ihre Sehnsuchtsziele auf den außereuropäischen transatlantischen Kontinenten überhaupt zu erreichen. Allein schon die Fahrt zu den jeweiligen Auswanderungshäfen wie Hamburg, Bremen und Wilhelmshaven war zur damaligen Zeit aufgrund der mangelnden Infrastruktur bereits eine ungeheure Herausforderung.
Die Überfahrt nach Amerika zum Beispiel war für alle Beteiligte ein ziemliches Martyrium:
Die Auswandererschiffe waren zunächst aus Holz, es waren meist Fracht- bzw. Segelschiffe, in denen sich die Menschen zwischen den Frachtgütern zurechtfinden mussten.
Sozusagen als "menschliche Fracht" mussten die Auswanderer mehrere Wochen lang dicht gedrängt unter Deck ausharren, tage- und wochenlang ohne jegliches Tageslicht und Frischluft auskommen.
Die damit einhergehenden mangelhaften hygienischen Verhältnisse waren ideale Voraussetzungen für zahlreiche Krankheiten wie zum Beispiel Typhus und Mundfäule, von dem entsetzlichen Gestank durch menschliche Ausscheidungen ganz zu schweigen.
Die Verpflegung an Bord mussten die Auswanderer zunächst selbst besorgen. Die mangelhafte Versorgung mit Lebensmitteln hatte eine Todesrate von bis zu 50% zur Folge, weil viele Männer, Frauen und besonders Kinder auf der im Regelfall sechswöchigen Überfahrt jämmerlich verhungerten und verdursteten.
Die auf Dauer unhaltbare Situation verbesserte sich erst bei den Auswanderungen im 19. Jahrhundert, als die Auswanderungswilligen den bescheidenen Luxus eines Dampfschiffes und den Aufenthalt im Zwischendeck mit regelmäßigem Essen und Trinken sowie eigener Matratze genießen konnten.
Die folgende Übersicht bietet an Hand von 13 zufällig ausgewählten Lebensläufen einen exemplarischen Überblick über die Einzelschicksale rheinhessischer Emigranten im 18. und 19. Jahrhundert.
0.1.Übersicht
Johann Nicolaus Bertram wurde am 10. März 1722 in Frei-Laubersheim geboren. Bertram ließ sich von der niederländischen Ostindien Kompanie (VOC) am 3. Mai 1742 zwanzigjährig als Soldat anwerben. In Batavia arbeitete er ab 1743 als Küfer für die Ostindien-Kompanie. Nach 6 Jahren quittierte Bertram seinen Dienst und wurde "Freibürger", das heißt, er konnte sein Leben am Kap auf eigene Gefahr als Selbstständiger frei bestimmen. Er starb dort 1768 im Alter von nur 46 Jahren, wahrscheinlich unverheiratet und kinderlos.[Anm. 1]
Wer hätte gedacht, dass der Name Chrysler, sprich Kreißler, aus Guntersblum stammt? Im Winter 1708/09 wanderte Philipp Kreißler auf einem sogenannten "Seelenverkäufer" nach Amerika aus, in sein "gelobtes Land". 1875 taucht dann der Name eines Großindustriellen Walter Percy Chrysler auf. Die Guntersblumer Heimatforscherin Karin Holl hat in ihrem Buch "Kreißler-Chrysler, eine Auwanderergeschichte" den Versuch gewagt, die Spuren des Namens Chrysler bis nach Guntersblum zurückzuverfolgen. Das ist auch gelungen, weil Holl einen Cousin fünften Grades von Walter Percy Chrysler ausfindig machen und interviewen konnte.[Anm. 2]
Abraham David wurde am 18. Juni 1844 als zweiter Sohn des jüdischen Kaufmanns Jakob David und dessen Ehefrau Helene Weil in Gimbsheim geboren. Im Mai 1862 wanderte er, noch nicht einmal 18-jährig, zusammen mit seinem zwei Jahre älteren Cousin Gabriel Haas aus Eich über Hamburg nach Amerika aus. Er gründete mit einem Kompagnon 1899 eines der größten und erfolgreichsten Bekleidungsgeschäfte in Wilmington, North Carolia mit dem Namen "A. David Companie". Abraham David starb am 11. Juli 1914 kurz nach seinem 70. Geburtstag.[Anm. 3]
Der am 2. Juni 1817 in Spiesheim geborene Anton Dexheimer wanderte wie rund 200 weitere Spiesheimer aus wirtschaftlichen Gründen 1842 nach Amerika aus. Am westlichen Ufer des Michigan See siedelte er sich mit seiner Frau und seinen 10 Kindern an. Er machte das Land urbar und bewirtschaftete dort erfolgreich eine Farm. Anton Dexheimer und seine Frau sind in Rhine/Wisconin beerdigt.[Anm. 4]
Philipp Heinrich Faulhaber aus Großwinternheim wanderte mit seiner sechsköpfigen Familie 1846 wie viele in der Region Ingelheim ins brasilianische Petropolis aus. Vielleicht erwartete er als Handwerker in Brasilien ein besseres Einkommen als in dem damals doch ärmlichen Dorf. Es wird vermutet, dass Faulhaber als gelernter Schreiner an Bau- und Ausstattungsarbeiten des Palastes von Petropolis mit Türen und Fenstern beteiligt war. Er starb dort am 9. März 1857 mit nur 45 Jahren. Sein Sohn Philipp/Felipe übernahm die Tischlerwerkstatt und war stolzer Vater von 14 Kindern.[Anm. 5]
Harry und Max Hart (Herz), geboren und aufgewachsen in Eppelsheim, emigrierten mit der Familie 1858 nach Chicago. Der Vater betrieb dort über lange Jahre eine Metzgerei. Harry 22-jährig und Max 19-jährig gründeten 1872 mit einem Startkapital von 2.700 $ in der Innenstadt unter dem Namen "Harry Hart & Brother" ihr eigenes kleines Geschäft für Herrenbekleidung. Ab 1879 hieß das Geschäft "Hart, Abt, und Marx", das sich einen guten Ruf mit dem Angebot von Militärbekleidung und einem Sortiment an Stoffmustern erwarb. Die überaus erfolgreiche Firma führte als Novität feste Ladenpreise ein. Außerdem wurden ab 1906 Anzüge für Menschen mit besonderem Körperbau produziert. 1911 wurde die neugegründete Firma "Hart, Schaffner & Marx" mit einem Kapital von 20 Mio. $ als Aktiengesellschaft in das Handelsregister eingetragen. Harry Hart verstarb im achtzigsten Lebensjahr am 20. November 1929 und Max am 22. Februar 1928 mit 74 Jahren.[Anm. 6]
Ein anderer Gimbsheimer Heinrich - Harold oder auch Henry - Hirsch wanderte mit seinen Brüdern am 25. März 1838 nach Atlanta/Nordamerika aus. Zunächst führte er mit ihnen ein Bekleidungsgeschäft. Da er von Hause aus Jurist war, arbeitete er als Rechtsberater für die "Coca Cola Company". Als Mitarbeiter wirkte Hirsch am Design der Coca-Cola-Flasche mit und gilt damit als der eigentliche Erfinder der berühmten Brauseflasche, der handlichen geriffelten und weltbekannten Original Coca-Cola Flasche. 30 Jahre lang arbeitete Harold Hirsch, wie er sich jetzt nannte, erfolgreich für die Firma und verhalf der "Coca-Cola-Company" letztlich zum Welterfolg.[Anm. 7]
Gimbsheim war auch Wohnort von Johann Kümmel/Kimmel (1705-1784). Er verließ den Ort mit seiner Familie und anderen Mitgliedern der reformieren Gemeinde Gimbsheim mit dem Ziel Rotterdam. Dort schiffte er sich ein und erreichte 1751 Philadelphia. Zunächst siedelte sich Kümmel mit seiner Familie bei den "Seventh Day Bapiste" in York County/Pennsylvania als Rechtsberater an. Er starb 79-jährig in einem Kloster. Kümmel ist ein typisches Beispiel für eine religiös motivierte Auswanderung des 18. Jahrhunderts.[Anm. 8]
Der am 12. April 1880 in Worms geborene Otto Bernhard May wanderte am 28. Juni 1907 in die USA aus. Erst im Februar 1921 ließ er sich dort einbürgern und wurde in New York im Bezirk Manhattan seßhaft. Später hielt er als Pharmakologe an der dortigen "Columbia University" Vorlesungen. May entwickelte ein Verfahren zur Herstellung eines antiseptischen Wirkstoffs aus einer Kombination von Bismut und jodierter Resorption-Sulvonsäure. Am 23. September 1910 meldete er diese Erfindung beim Patentamt in New York an. Überraschenderweise nutzte May aber sein Patent später nicht selbst, sondern verkaufte es an die Firma seines Schwiegersohnes, der Inhaber der Firma "Morgenstern & Companie" war. Otto Bernhard May war der alten Heimat stets verbunden geblieben, so besuchte er mit seiner Frau und seinen Kindern in späteren Jahren öfters seine Geburtsstadt Worms. Otto Bernhard May gilt als der Pionier der amerikanischen Farbstoffindustrie und starb am 26. Oktober 1952 im Alter von 72 Jahren.[Anm. 9]
Franz Neukirch wurde zwischen 1795 und 1796 in Mainz geboren und war ab 1824 großherzoglicher Revierförster auf dem Kühkopf in Guntersblum. Später übernahm er das Forstrevier in Mombach. Nach einem Zerwürfnis wanderte er aus Angst vor einer Strafverfolgung unter Zurücklassung seiner Familie 1839 nach Amerika aus. Unmittelbar nach seiner Ankunft in New York reiste Neukirch nach Milwaukee weiter und erwarb südlich der Stadt im "Town of Franklin" 32 Hektar Land. Trotz der harten Arbeit begann Neukirch in Briefen an Verwandte und Freunde in Deutschland über die Vorzüge des Lebens in einer "Wüstenei" zu schreiben. Das wiederum animierte viele Familien aus Rheinhessen dazu, auch in den Bundesstaat Wisconsin zu kommen und sich dort anzusiedeln. 1845 würdigte die Zeitung "Wisconsin-Banner" Neukirch als verdienten Pionier des Bundesstaates Wisconsin. 1844 verkaufte er seine Farm und zog nach Milwaukee, wo er die Brauerei seines Schwiegersohnes Johann Jakob Meier übernahm. Auch hier bemühte er sich werbend um die Ansiedlung von Landsleuten in seiner Region. Eine geeignete Plattform fand Neukirch in der zwischen 1847 und 1850 erschienenen Wochenschrift "Der Deutsche Auswanderer", die sowohl in Amerika wie auch in Deutschland großen Anklang fand. Mit Fug und Recht können wir Franz Neukich als den "rheinhessischen Kolonisator" von Nordamerika bezeichnen.[Anm. 10]
Der am 15. März 1827 in Alzey geborene Emil Preetorius wanderte im Jahr 1853 mit seiner Frau aus politischen Gründen nach St. Louis aus. Zunächst ergriff er den Kaufmannsberuf und gründete ein Großhandelsgeschäft, das allerdings abgebrannt ist. 1862 gründete er seine erste Zeitung mit dem Namen "Die NEUE ZEIT", die sich später zur zweitgrößten deutschsprachigen Zeitung in den USA mauserte. Daneben war er Mitbegründer der Republikanischen Partei. Emil Preetorius starb im Jahre 1904.[Anm. 11]
Der in Selzen anno 1819 geborene Jakob Obermann wanderte 1843 nach Milwaukee/Wisconsin aus. Im selben Jahr eröffnete er dort zunächst einen Schuhladen und dann ein Lebensmittelgeschäft. Als dieses Geschäft 1854 durch einen Brand zerstört wurde, erwarb er im Ort drei Bauplätze und gründete eine Brauerei. Damit hatte er zweifellos einen Volltreffer gelandet, denn das Unternehmen entwickelte sich in den folgenden Jahren prächtig. Schon als junger Mann widmete er sich außerdem karitativen Aufgaben und 1846 wurde dort unter seiner Beteiligung ein kommunaler Hilfsverein gegründet. In den 1860er Jahren war er Mitglied des Stadtrates und der Schulbehörde seines neuen Wohnortes. Obermanns politische Karriere wurde schließlich durch seine Mitgliedschaft in der Legislative in Wisconsins Hauptstadt Madison gekrönt. Außerdem wurde er 1874 in Boston zum Vizepräsidenten der "National Brewers Association" gewählt. 1887 starb Jakob Obermann 68-jährig.[Anm. 12]
Ein typisches Auswandererschicksal ist das von Johann Philipp Rupp, geboren am 11. Juli 1797 in der Zeit der französischen Besatzung der linksrheinischen Gebiete. Im Frühjahr 1836 entschloss er sich nach langem Zögern mit seiner Familie nach Amerika auszuwandern. Nach kurzem Aufenthalt in New York gelang es ihm im Bundesstaat Indiana ca. 130 Morgen Land mit zwei Blockhäusern, zwei Ställen und einem Brunnen zu kaufen. Die Urbarmachung des Landes nahmen ihn und seine vierköpfige Familie danach ganz in Anspruch. In einem regen Briefverkehr an seine Brüder im heimatlichen Framersheim beschreibt Rupp sein Leben in Nordamerika ausführlich. Später denkt er, nun 63 Jahre alt, daran seine Farm zu verkaufen und in die Stadt zu seinen inzwischen verheirateten Kindern zu ziehen. Danach reist der Briefverkehr nach Rheinhessen abrupt ab.<ANM>https://www.framersheim.de/fa-wAssets/docs/leben/chronik-framersheim-kapitel-20-auswanderer.pdf.</ANM>
Joseph Schlitz wurde am 15. Mai 1831 in Mainz als Sohn eines Küfers und Weinhändlers geboren. 1855 übersiedelte Schlitz wie Jakob Obermann nach Milwaukee und wurde Buchhalter von August Krug. Nach dessen Tod heiratete Joseph Schlitz die Witwe Krugs und übernahm den florierenden Betrieb. Die neu gegründete "Joseph Schlitz Brewing Company" entwickelte sich innerhalb kurzer Zeit zu einem Großunternehmen. 1865 produzierte er 4769 hl Bier jährlich, nur fünf Jahre später waren es bereits 14766 hl Bier pro Jahr, 1874 gar 82.583 hl Bier jährlich und 1880 schließlich 250.379 hl Bier. Obwohl katholisch, gehörte Schlitz einer Reihe von Freimaurerlogen an und war Anhänger der Demokratischen Partei. Am 7. Mai 1875 kam Joseph Schlitz bei einem Schiffsunglück in der Nähe der "Scilly Islands" auf der Rückreise von einem Europabesuch ums Leben. Seit den 1880er Jahren warben seine Neffen, die Brüder Uihlein, die das Unternehmen übernommen hatten, landesweit mit dem Slogan" Schlitz, the beer that made Milwaukee famous".[Anm. 13]
Georg Stark wurde am 1. Oktober 1845 in Dienheim geboren. 1866 wanderte er 19-jährig nach Amerika aus und lebte zunächst das erste halbe Jahr in New York. Am 2. April 1872 heiratete er die Arzttochter Laura Feldmann, mit der er vier Kinder hatte. Er landete schließlich in Hermann/Missouri, wo er eines der größten Weingüter in der Region aufbaute. Georg Stark gehörte fortan zu den erfolgreichen Geschäftsleuten in Hermann und zog 1885 in ein luxuriöses Wohnhaus, das mit einer für die damaligen Verhältnisse überragenden Technik wie einer Dampfheizung und Gasbeleuchtung ausgestattet war. In der lokalen Öffentlichkeit war das Gebäude bekannt als "Residence" oder "Stark's Wine Castle". Georg Stark starb am 8. Mai 1917 im Alter von 72 Jahren in Kalifornien.[Anm. 14]
Sebastian Walter wurde am 29. März 1848 in Ober-Flörsheim geboren. Am 9. April 1866 emigrierte der damals 17-jährige mit dem Schiff "Atlantic" über Bremerhaven zu seinen Verwandten nach Milwaukee. Aus bescheidenen Anfängen heraus schuf Walter mit den Gebrüdern Kieckhefer eine Fabrik für emailliertes Blechgeschirr und Abflussrohre. 1899 ging die "Kieckhefer Brother Company" in der "National Enameling & Stamping Company" auf, ein Konzern, der damals der größte eisenblechverarbeitende Betrieb der Welt war. Sebastian Walter hat seine Heimat Ober-Flörsheim nie vergessen und wurde so zum Wohltäter seiner Heimatgemeinde.[Anm. 15]
1852 machte sich der Witwer Cyriak Weisrock aus Nieder-Olm mit seinen Kindern auf den Weg in die USA, zunächst nach Illinois. Bevor sich die Familie Weisrock in Chicago niederließ, wohnte sie drei Jahre lang in Springfield in der Nähe des späteren Präsidenten Abraham Lincoln, der dort als junger Anwalt eine Kanzlei betrieb. Anton Weisrock, einer der Söhne von Cyriak, meldete sich später als Kriegsfreiwilliger im Unabhängigkeitskrieg, der 1865 zu Ende ging. Er heiratete 1866 Charlotte Becker, die mit ihren Eltern aus Ober-Olm ausgewandert und als Schneidermeisterin in Chicago über lange Jahre tätig war. Anton Weisrock starb hochbetagt 94-jährig 1932 in Chicago. Die "Chicago Daily Tribune" widmete ihm als Auswanderersohn eigens einen Nachruf.<ANM>
Friedrich Weyerhäuser, am 21. November 1834 in Nieder-Saulheim geboren, verließ als 18-Jähriger 1852 seine rheinhessische Heimat in Richtung Amerika. Er verdingte sich zunächst als Arbeiter in einem amerikanischen Sägewerk und brachte es als Gründer eines holzverarbeitenden Unternehmens zu beachtlichem Reichtum. 1872 errichtete der sogenannte "Holzkönig" die "Mississippi River Boom and Logging Co". 1900 kaufte er von einem Farmer 900.000 Hektar Waldland im pazifischen Westen und gründete das "Weyerhäuser Unternehmen". Außerdem besaß er Anteile an 30 weiteren Holzunternehmen. Weyerhäuser hat seine rheinhessische Heimat auch nie vergessen und so stiftete er stolze 10.000 Goldmark für die Sängerhalle in Niedersaulheim die am 1./2. Oktober 1904 feierlich eingeweiht wurde.[Anm. 16]
Anmerkungen:
- https://www.regionalgeschichte.net/rheinhessen/frei-laubersheim/einzelaspekte/1742-die-auswanderung-des-johann-nicolaus-bertram.html. Zurück
- Holl, Karin: Kreißler-Chrysler, eine Auswanderergeschichte. Alzey 2001. Zurück
- http://www.auswanderung-rlp.de/quellen-zu-auswanderern/kurzbiographien/abraham-david.html. Zurück
- https://www.spiesheim.de/tourismus/ortsrundgang/standortliste/651-ortsrundgang-25-geburtshaus-anton-dexheimer-amerika-auswanderer.html. Zurück
- http://www.ingelheimer-geschichte.de/index.php?id=327. Zurück
- http://www.auswanderung-rlp.de/quellen-zu-auswanderern/kurzbiographien/harry-und-max-hart.html. Zurück
- Angela Zimmermann: "Die Geburt einer Legende" in Wormser Zeitung vom 12.11.2011. Zurück
- http://www.auswanderung-rlp.de/heimatorte-der-auswanderer/gimbsheim.html. Zurück
- http://www.auswanderung-rlp.de/quellen-zu-auswanderern/kurzbiographien/otto-b-may.html. Zurück
- http://www.auswanderung-rlp.de/ziele-der-auswanderung/auswanderung-nach-nordamerika/19-jahrhundert/wanderungsformen-die-bedeutung-der-kettenwanderung/kettenwanderung.html. Zurück
- Köhler, Manfred H.W.: "Die besten Deutschen sind auch die besten Amerikaner". Zum 100. Todestag des aus Alzey stammenden Nestors des amerikanischen Journalistik Emil Preetorius (1827-1905). In: Heimatbuch 2005 des Landkreises Alzey-Worms. 40. Jahrgang. Alzey 2004. S.72. Zurück
- http://www.auswanderung-rlp.de/quellen-zu-auswanderern/kurzbiographien/jakob-obermann.html. Zurück
- http://www.auswanderung-rlp.de/quellen-zu-auswanderern/kurzbiographien/joseph-schlitz.html. Zurück
- http://www.auswanderung-rlp.de/quellen-zu-auswanderern/kurzbiographien/georg-stark.html. Zurück
- http://www.auswanderung-rlp.de/quellen-zu-auswanderern/kurzbiographien/sebastian-walter.html. Zurück
- http://www.auswanderung-rlp.de/heimatorte-der-auswanderer/saulheim.html. Zurück