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Wärme und Licht auf mittelalterlichen Burgen

Ulrich von Hutten betont in seinem berühmten Bericht über das Leben auf Burg Steckelsberg, wie ungemütlich das Wohnen auf den Burgen war.
Die Lage vieler Burgen auf den Berggipfeln, die offene Bauweise und die kalten Steinmauern machten es schwer, Wind und Wetter anzuhalten und Bequemlichkeit und Behaglichkeit herzustellen. Nur wenige Räumen konnten im Winter geheizt werden und es war nicht leicht, Licht in die oft dunklen Räume zu bringen.

Heizung auf Burgen

Im Winter waren viele Höhenburgen von der Umwelt weitgehend abgeschnitten. Stürme umbrausten die Burgen. Bittere Kälte zog durch die Fugen der mit Holzläden verschlossenen Fenster. Fensterscheiben gab es erst gegen Ende der Burgenzeit. Wer es einrichten und sich leisten konnte, zog in den Wintermonaten in eine bequemere und angenehmere Wohnung im Dorf oder in der Stadt. Ritter, die auch in der kalten Jahreszeit auf den kalten und dunklen Burgen blieben, mussten entsprechend Vorsorge treffen, um nicht zu frieren und ständig krank zu sein.

Wie sehr die Menschen unter den Widrigkeiten des Winters litten, zeigt eine Stelle aus den Dichtungen Walthers von der Vogelweide (Walther von der Vogelweide II 39.6)

Möhte ich verslafen des winters zit! Wache ich die wile, so han ich sin nit, daz sin gewalt ist so breit und so wit. Weizgot er lat ouch den meien den strit: So lise ich bluomen da rife nu lit.

(Hochdeutsch: Könnte ich nur den Winter verschlafen! Solange ich wach bin, grolle ich ihm, weil er so weit und breit herrscht. Aber, weiß Gott, er wird dem Mai schon weichen, dann pflücke ich Blumen, wo jetzt der Reif liegt.)

Beheizbare Räume hat es auf den Burgen seit ihrer Entstehung gegeben. Auf frühen Burgen sind Kamine schon im 11. Jahrhundert nachweisbar. Die ausgefeilte Heizungstechnik der Römer war nach ihrem Abzug im 4. Jahrhundert zunächst vergessen. Es waren die Klöster, welche die Tradition bewahrten. In den Klöstern zu St. Gallen und Maulbronn findet sich eine dem römischen Hypocaustum nachgebildete Luftheizung. Ähnliche Vorrichtungen werden auch in der Kaiserpfalz in Goslar vermutet. Solche hochentwickelten Anlagen sind nur auf einigen Burgen des Deutschen Ordens, etwa auf Marienburg oder Rheden nachweisbar.

Heizen war in den kalten, zugigen und überwiegend feuchten Burgräumen nicht einfach. Der Wirkungsgrad der Kamine war auch nicht sehr hoch. Wohlige Wärme verbreitete sich nur in unmittelbarer Nähe der Flamme. Selbst wenn man sich direkt vor dem Feuer aufhielt, mussten hohe Stuhllehnen und wärmereflektierende Wandschilde dafür sorgen, dass keine kalte Luft in den Rücken zog.

In den Fensternischen saß man erhöht, um auch im Winter, wenn man das spärliche durch die Fensterläden fallende Licht nutzen wollte, der Fußkälte zu entgehen. Der hohe Aufwand und die geringe Effektivität sind verantwortlich dafür, dass nur wenige Räume, der Saal, die Kemenate, das Badehaus und einige Wächterräume, in den Burgen überhaupt beheizbar waren. Auf vornehmen Burgen brachte der Burgherr Holzvertäfelungen an oder hängte Wandteppiche auf, um die Wände wenigstens etwas zu isolieren. Auf Tiroler Burgen sind im 14. Jahrhundert besondere geheizte Wohnräume (estuarium) benutzt worden, die mit Holz getäfelt waren und über Kamine oder sogar Kachelöfen verfügten. 

Abzugsvorrichtungen

Bei den frühen Kaminen legte man den Abzug einfach durch die Mauer ins Freie. Diese Anlagen brachten zwar etwas Wärme, rußten aber manchmal so stark, dass wohl kaum zum aushalten war. Im 12. Jahrhundert kamen dann Kamine auf, deren Abluft nach oben geführt wurde. Auf vielen Burgen kann man heute noch erkennen, wie ein Schornstein für mehrere Kamine in verschiedenen Stockwerken genutzt wurde.

Der Rauchfang des offenen Kamins wird Kaminhaube oder Kaminmantel genannt. Er bestand zunächst aus einem Werkstein, der auf seitliche Konsolen aufgesetzt wurde. Der Kaminmantel, anfangs halbrund, wurde seit der Mitte des 13. Jahrhunderts rechteckig gebaut. Die Kaminanlage konnte mit Reliefarbeiten und plastischem Schmuck verziert werden. 

Öfen

Im 14. und 15. Jahrhundert verdrängten von außen beheizbare Kachelöfen allmählich die offenen Kamine. Erst mit dem Aufkommen von Öfen zog Behaglichkeit in die Wohnräume der Burgen ein. Kachelöfen, zuerst mit einfachen, später mit geformten (Becherkacheln), glasierten und reich bemalten Kacheln, werden seit dem 13. Jahrhundert verwendet. Auf der 1399 zerstörten Burg Tannenberg sind kunstvoll geformte Ofenkacheln gefunden worden. Etwa vom 16. Jahrhundert an gab man in prächtig ausgestatteten Räumen auch den Öfen in mannigfaltiger Weise eine kunstvolle äußere Form.

Die stets ringsum geschlossenen Öfen wurden vom Nebenraum durch die Dienerschaft beheizt. War der Ofen an einer Außenwand in einem Obergeschoß eingebaut, so etwa auf der Hohkönigsburg im Elsaß, wurde auf der Gebäudeaußenwand ein erkerförmiger Ausbau angemauert, von wo aus der Ofen befeuert werden konnte. Gusseiserne Öfen finden sich erst seit dem 16. Jahrhundert. Quasi als Vorläufer der Wärmflasche dienten kleine, geschmiedete mit Holzkohle gefüllte Behälter zur Erwärmung von Füßen und Händen. 

Heizmaterial

Geheizt wurde mit dem Holz aus den herrschaftlichen Wäldern. Brannten mehrere Kamine auf der Burg, so brauchte man ungeheure Mengen von Brennholz. Da neben dem Brennholz auch große Mengen an Bauholz dem Wald entnommen wurden, kam es gelegentlich so einem gewaltigen Raubbau an den herrschaftlichen Waldungen.

Solche Kahlschläge waren endgültig. Eine gezielte Aufforstung von Laubwäldern, die das beste Brennholz lieferten, war im Mittelalter nicht bekannt. Weil der Adel sein Holzreservoir behalten wollte, mussten die Bewohner der Dörfer um Erlaubnis fragen, wenn sie Bäume in den Wäldern schlagen wollten. Hatten sie kein Holzentnahmerecht, durften sie gewöhnlich nur Zweige und Äste im Wald auflesen. Auch in unseren heutigen Privat- und Staatswäldern ist das Bäumefällen verboten; selbst für das Holzauflesen benötigt man auch heute noch eine offizielle Erlaubnis.

Inwieweit die Burgherren Holzkohle verfeuerten, lässt sich nicht sagen, es spricht aber nichts dagegen, dass sie Holzkohle benutzt haben. Die Verkohlung von Holz ist seit dem Altertum bekannt und auch im Mittelalter hat es allerorten Köhlereien gegeben. Die Köhler setzten lufttrockene Holzscheite von ein bis zwei Meter Länge dicht um einen Feuerschacht (Quandel) und schlossen den Meiler mit einer feuerfesten Decke aus Reisig, Rasen und Erde rundherum ab. Mit leicht brennbaren Stoffen wurde der Meiler im Quandel angezündet. Die Kohleherstellung verschlang beachtliche Mengen an Holz. Aus 100 kg trockenem Holz erhielt man je nach der benutzten Holzart 20 bis 26 kg. Holzkohle. Der Raubbau an den Wäldern des Mittelalters wird neuerdings zum großen Teil der Köhlerei zugeschrieben. 

Künstliches Licht

In den meisten Räumen der Burg gab es nur wenige und kleine Fenster. Im Winter waren sie mit Windfängen [Fenster] und Holzläden verschlossen, um die kalte Luft abzuhalten. So war es nicht nur nachts, sondern auch am Tage in den Burgen ziemlich düster. Das Kaminfeuer spendete nur spärliches Licht. Zur Beleuchtung der Innenräume verwendete man Kienspane und Pechfackeln, die in besonderen Halterungen an den Wänden befestigt waren. Da diese aber qualmten und rußten, erfreuten sie sich in Wohnräumen keiner großen Beliebtheit.

Praktischer waren hier Öllampen (mit und ohne Docht) oder Talglichter, die aber die Räume nur wenig erhellten. Die beste Ausleuchtung ermöglichten Wachskerzen. Wachskerzen wurden in Tisch- und Wandleuchtern verwendet. Teilweise wurden hinter den Wandkerzen Reflektionsspiegel befestigt, um die Leuchtkraft zu erhöhen.

Im großen Saal hing ein Kronleuchter von der Decke herab, in dessen großen Reif Kerzen brannten. Damit das Wachs nicht heruntertropfte, wurde es von kleinen Tellerchen aufgefangen. Der vornehme Burgherr verfügte über einen eisernen Kronleuchter mit Wachskerzen, ärmere Burgbesitzer mussten sich mit einem Holzkranz oder einem Hirschgeweih zufrieden geben, in dem Talglichter brannten.

Das Wachs wurde ausschließlich aus Bienenstöcken gewonnen. Es war eine mühsame Herstellung, der das Wachs zu einem wertvollen Rohstoff machte, der äußerst sparsam gebraucht wurde. Um der Kälte und Dunkelheit zu entfliehen und das teure Wachs zu sparen, ging man auf vielen Burgen wohl früh schlafen und stand erst mit dem beginnenden Tageslicht wieder auf.

Wegen des großen Bedarfes an Bienenwachs wurden Bienenvölker in nahezu jeder Burgen gehalten. Für die Talglichter hielt man größere Mengen Unschlitt (Rinder- oder Hammeltalg) vorrätig. Bei der Inventarisierung der Burg Pfeffingen im Jahr 1445 wurden zahlreiche Kerzen, ein Vorrat an Unschlitt und ein Pfund Wachs vorgefunden. Auf englischen Burgen soll man dagegen mit Wachs nicht so sparsam umgegangen sein. Dort wurden auf einigen Burgen angeblich bis zu 1.300 Kerzen pro Tag verbraucht. Wahrscheinlich handelt es sich dabei um einen Sonderfall oder um eine der für das Mittelalter typischen Übertreibungen, die dem Leser vor Augen führen sollte, wie groß der Reichtum des Burgherrn und der Komfort seiner Burg gewesen sein muss. 

Text: Stefan Grathoff