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Ein Kampf um Mainz. Die Festung zwischen Kurmainz, Franzosen, Preussen und Habsburg 1793-1797

Von Elmar Heinz

Das[Anm. 1] kurfürstliche Vizedomamt der Residenzstadt Mainz weist nach dem Abzug der französischen Armee 1793 die Neuanfertigung eines republikanischen Freiheitsbaumes an. Ein preußischer König erklärt die Festung Mainz im gleichen Jahr zu einem Frühstückshappen, ein kurpfälzischer Offizier ernennt sie 1794 gar zur Reichsgänseleberpastete. Ein k.k. Verpflegungsoffizier schießt sich 1796 auf der Fahrt durch Mainz im offenen Wagen eine Kugel durch den Kopf.
Solche Absonderlichkeiten und unerhörte Gegebenheiten spielen sich in einer Phase der Mainzer Stadt- und Festungsgeschichte ab, die durch das Interesse an der Mainzer Republik, die diesem Zeitraum unmittelbar vorangeht, und an der französischen Besetzung bis 1814, die diesem Zeitraum unmittelbar folgen sollte, ganz zu Unrecht in Vergessenheit geraten ist. Sie zeigen zugleich, dass in diesen kriegerischen Zeiten des ersten Koalitionskrieges das Schicksal von Mainz zumindest ebenso sehr an den wirtschaftlichen Gegebenheiten gehangen hat wie an der persönlichen Tapferkeit der Soldaten auf beiden Seiten oder den "großen Persönlichkeiten", die über das Schicksal von Stadt und Festung zu entscheiden hatten.
Wovon ist nun die Rede? Zunächst gilt es, die räumliche Grenze dieser kurzen Untersuchung darzulegen, dann den zeitlichen Rahmen zu bestimmen, um abschließend auf einige ausgewählte Gesichtspunkte einzugehen, die in diesen fünfeinhalb Jahren Mainz bewegten. Am einfachsten läßt sich die räumliche Grenze ziehen; der Einfachheit halber soll nicht über den äußersten Punkt der Festungswerke hinausgegangen werden. Die Bestimmung des zeitlichen Rahmens erscheint dagegen bereits schwieriger. "Mainz im ersten Koalitionskrieg" wäre ein weitgestecktes Thema, das sich von 1792 bis 1801 ziehen würde. Deshalb soll hier auf die Zeit eingegangen werden, in der sich in der Stadt kurfürstliche Behörden befanden, die Periode zwischen dem Hoftag des frisch gekrönten Kaisers Franz II. im Juli 1792 in der Favorite und dem Ende des kurmainzischen Vizedomamtes im Januar 1798. Dadurch wird der Zeitraum auf fünfeinhalb Jahre reduziert – in dieser kurz erscheinenden Zeit wechselte aber alleine das militärische Gouvernement fünf Mal, so dass nur die Darstellung der hieraus resultierenden Brüche genug Material zu liefern scheint. Worüber soll man nun aus einer ständig im Verteidigungszustand befindlichen Festung berichten? Eine romanhafte Beschreibung von Pulverdampf, knatternden Fahnen und blutigen Bajonetten wäre ebenso unzureichend wie eine Zählung der Mehlsäcke in den militärischen und zivilen Magazinen. Soll man dem Leben und Leiden der Zivilbevölkerung in einer zum Teil zerstörten, mit Militär vollgestopften Stadt nachgehen oder statistischen, vielleicht auch nur rein sozialgeschichtlichen Fragestellungen folgen? Alle diese Fragestellungen blieben für sich genommen unbefriedigend. Diese Reihung folgt bereits der Gliederung nach Ursache und Wirkung. Da die inneren Ereignisse des behandelten Zeitraumes bisher weitgehend unerforscht sind, kann man nicht umhin, sich zunächst rein militärischen Fragen zuzuwenden, da diese Ereignisse alle anderen bedingten. Von zumindest gleich großem Interesse erschien jedoch die Beleuchtung des sich hieraus ergebenden Verhältnisses der nominell machtausübenden kurmainzischen Behörden zu den jeweiligen de-facto-Machthabern der wechselnden Garnisonen. Darüber hinaus: Wer hat nicht Goethes "Belagerung von Mainz" gelesen? Stimmen nun seine Schilderungen von der großen Zerstörung, von Unrat und Kadavern in den Straßen von Mainz? Was wurde beispielsweise aus der Jungfer Lieschen[Anm. 2], die im Sommer 1793 mit den Franzosen aus der Festung marschierte? Hieraus ergibt sich nun die Frage nach wirtschaftlichen und sozialen Gesichtspunkten; einige sollen hier angerissen werden.
Was war denn nun "Mainz" zur Zeit des Ausbruchs der Französischen Revolution? Die Stadt war „Centralort des Reiches“;[Anm. 3] der bedeutendste, aber zugleich machtloseste Kurfürst hatte hier seine Residenz, die den Reichsadel anzog und so für einen gewissen Luxus sorgte, der einem Teil der Mainzer Handwerker ein gutes Auskommen sicherte. Das vom Mainzer Coadjutor geführte Theater galt als das zweitbeste nach Mannheim.[Anm. 4] Städtebaulich hatte das 18. Jahrhundert einiges bewirkt, viele Adelsgeschlechter hatte sich große Paläste in Mainz errichtet. Neben diesen und den ebenfalls neu erbauten prächtigen Kirchen bestand allerdings die große Masse der bürgerlichen Bauten weiterhin aus Fachwerkhäusern und in den Randbezirken wie dem Kästrich, der wegen der schwierigen Wasserversorgung kaum besiedelt war, fanden sich einfache Hütten, ja sogar bewohnte Erdlöcher.[Anm. 5] In der seit 1750 in sechs Stadtviertel aufgeteilten Stadt standen insgesamt an die 2.000 Gebäude,[Anm. 6] über die genaue Zahl wußte das Vizedomamt Mainz allerdings nichts. Die kurfürstliche Verwaltung hatte der Bedeutung der Stadt angemessen für die entsprechende Infrastruktur gesorgt. Ein Großteil der Straßen und Plätze war gepflastert,[Anm. 7] zumindest ein Teil der Straßen war bereits kanalisiert, der Unrat wurde über die "Oodaue", die Andauen[Anm. 8] von den Straßen gespült. Nachts sorgte eine Beleuchtung mit Öllampen[Anm. 9] für Sicherheit auf den Straßen. Das Bleichenviertel und ein Brunnen am Schillerplatz wurden seit den 1720er Jahren über eine Leitung aus dem Zahlbach mit fließendem Frischwasser versorgt, so dass zumindest ein Teil der Mainzer das Wasser nicht mehr mit Wein mischen mußte, um es zu genießen.[Anm. 10] Mainz war also der Bedeutung der Stadt entsprechend in diesen Dingen bei Kriegsausbruch recht fortschrittlich.
Im Gegensatz hierzu hatte man die Festungswerke, die diesen Zentralort einzwängten, seit dem pfälzischen Erbfolgekrieg verwildern lassen. Die strategische Bedeutung des Kessels an der Mainmündung war bereits von den Römern erkannt worden, deren im 3. Jahrhundert errichtete Stadtmauer bis ins 19. Jahrhundert die Grenzen der Stadt bestimmen sollte. Wer Mainz besaß, konnte entweder den Raum bis zum Hunsrück und dem Pfälzer Wald beherrschen oder fast ungehindert in das Innere des Reiches vorstoßen. Die Festung rückte Mainz immer wieder in den Mittelpunkt militärischer Ereignisse. Kurfürst Emmerich Joseph (1764-1773) wollte die Anlagen deshalb kurzerhand schleifen lassen,[Anm. 11] um seine Residenz dauerhaft aus den Verwicklungen zwischen dem römischen Kaiser und dem französischen König herauszuhalten. Seiner Argumentation nach war Mainz eine Kurfestung; das Reich konnte allerdings nicht zugeben, dass ein strategisch so wichtiger Ort wie die Mainmündung entfestigt wurde und argumentierte, dass Mainz auch eine Reichsfestung sei. Emmerich Joseph konnte die Anlagen nicht planieren, das Reich sie nicht bezahlen – aus den Festungswerken entwickelte sich ein Idyll mit Spazierwegen für das Bürgertum, die sich an von Bäumen zugewachsenen Wällen und mit Teichen oder Gärten genutzten Gräben entlang zogen. Der Graben der Zitadelle gibt noch heute eine Ahnung, wie die Festungsanlagen in der Zeit ausgesehen haben, als durch die Revolution in Frankreich ihre militärische Nutzung wieder wahrscheinlich wurde.
Mainz war ein geistliches Kurfürstentum. Im Gegensatz z.B. zur weltlichen Kur Pfalz legte der Nachfolger Emmerich Josephs, Friedrich Karl Joseph (1774-1802), einen beachtlichen Ehrgeiz an den Tag, einen Krieg zu beginnen. Als es um das Zustandekommen einer Koalition gegen das revolutionäre Frankreich ging, stellte die Kur Pfalz an ihren Grenzen französischsprachige Schilder auf, die deren Neutralität verkündeten;[Anm. 12] Friedrich Karl Joseph dagegen förderte das Zustandekommen einer österreichisch-preußischen Koalition gegen Frankreich. Durch das Hoffest Franz' II. im Sommer 1792 in seiner Favorite konnte sich der Kurfürst geschmeichelt und bestätigt fühlen. Die Kur Mainz bot als einziger Reichsstand an, ihr gesamtes Militär dem koalierten Oberbefehl zu unterstellen.[Anm. 13] Nun bestand dieses Militär aus lediglich 2.000 bis 3.000 Mann, deren Hauptaufgabe bisher der farbenprächtige Aufmarsch bei Hoffesten gewesen war[Anm. 14] und die im Krieg noch nicht einmal dazu ausgereicht hätten, die kurmainzischen Festungen Mainz, Erfurt und Königstein notdürftig zu besetzen. Schnell sollte dieses der Lage völlig unangemessene Angebot die Festung Mainz in französische Hände spielen. Nach dem Ende des Hoffestes hatte man die eben begonnenen Arbeiten an den Festungswerken wieder einstellen lassen,[Anm. 15] obwohl man sich seit einigen Monaten im Krieg befand. Auf österreichisches Verlangen hatte man die gesamte Garnison der Festung zur Bewachung österreichischer Magazine nach Speyer kommandiert, wo sie im Oktober 1792 durch die Truppen des französischen Generals Custine entweder in den Rhein getrieben oder gefangengenommen wurde.[Anm. 16] Die kurfürstliche Regierung floh aus der Residenzstadt, in Mainz versuchten eine Statthalterschaft und ein improvisierter Kriegsrat, mit Reden und großzügigen finanziellen Angeboten eine Miliz zur Verteidigung der Festung aufzustellen.[Anm. 17] Handwerker, Bürger und Studenten erklärten sich bereit – und erhielten rostige, unbrauchbare Gewehre ausgeteilt.[Anm. 18] Der inzwischen mit schwachen Kräften vor die Festung gerückte Custine brachte den Kriegsrat mit einem Drohbrief am 21. Oktober 1793 zur Kapitulation,[Anm. 19] Mainz war nach wenigen Kanonenschüssen in französische Hände gefallen.
Die Zeit dieser ersten französischen Besetzung brachte den Mainzern eine gewisse revolutionäre Fortschrittlichkeit, die ihnen ja bis heute eigen ist, zugleich aber dank der rücksichtslosen Beschießung durch die Preußen den Verlust einiger Kirchen und vieler Wohnhäuser.[Anm. 20] Nach der Besetzung arbeiteten die in Mainz verbliebenen kurmainzischen Behörden weiter und auf Weisung ihrer Regierung auch mit der Besatzungsmacht zusammen. Erst zur Jahreswende 1792/93 wurden diese bis auf das Vizedom-amt Mainz angewiesen, ihre Arbeit zu beenden und zur kurmainzischen Exilregierung nach Miltenberg zu kommen.[Anm. 21] Parallel hierzu richteten die Franzosen in Mainz eine eigene Munizipalverwaltung ein, ließen symbolträchtig die Zeichen der alten Herrschaft verbrennen und den "Butterweck", einen alten Gerichtsstein, zertrümmern.[Anm. 22] Die Festung war bis zum Frühjahr 1793 ganz eingeschlossen worden, nun schoben die preußischen, sächsischen und österreichischen Belagerer ihre Artillerie in gedeckten Gräben immer näher an die Festungswerke heran. Siegessicher äußerte der preußische König Friedrich Wilhelm II. gegenüber gefangenen Franzosen, die Festung Mainz sei doch für ihn nur ein Frühstückshappen.[Anm. 23] Ziel des unter dem Schutz der französischen Bajonette gegründeten Klubs der Freunde der Freiheit sollte nach der Jahreswende der Anschluß der linksrheinischen Gebiete an die Französische Republik sein. Mit der Kapitulation der französischen Garnison erübrigte sich die entsprechende Proklamation zunächst.
Während der ersten Tage nach dieser Waffenniederlegung kam es in Mainz zu ernsthaften Ausschreitungen gegen die Mitarbeiter der Franzosen, gegen die weder Preußen noch die zurückgekehrten kurmainzischen Behörden einschritten.[Anm. 24] Wie die Franzosen Symbole verbrannt hatten, wollte nun auch das Vizedomamt Mainz den Freiheitsbaum von denjenigen, die ihn gepflanzt hatten, verbrennen lassen; da das umgehauene Original zwischenzeitlich verschwunden war, sollte für diese Zeremonie ein neuer Baum angefertigt werden. Die Furcht, bei den noch in der Stadt befindlichen Franzosen und der unbekannten Zahl ihrer heimlichen Parteigänger zu große Verärgerung zu erwecken, ließ diese Idee aber unausgeführt bleiben.[Anm. 25] Gemäßigte "Klubisten" und radikalere "Kommitisten" wurden in der Folgezeit durch den Kurstaat gefangengehalten und z.T. vor ein Gericht gestellt;[Anm. 26] da sich die Häftlinge nach ihrem Schwur auf die Konstitution als französische Staatsbürger bezeichneten, wurden sie über Basel und die Mainzer Vorposten nach Frankreich abgeschoben.[Anm. 27]
Auch während der preußischen Besetzung setzte sich die unter den Franzosen bereits begonnene Arbeitsteilung fort. Die kurmainzischen Behörden wurden zu Befehlsempfängern des Militärgouvernements degradiert. Ihre Aufgabe war es, die Stadt möglichst schnell von Trümmern, Müll und Leichen zu räumen, das alltägliche Leben (Lebensmittelversorgung, Wiederinbetriebnahme des Entbindungshauses) wieder in Gang zu bringen und dem Militär ausreichende Quartiere zur Verfügung zu stellen. Diese Maßnahmen wurden durch eine Sonderbehörde, die Ober-Polizei-Kommission, schnell und präzise durchgeführt, so dass die kurmainzischen Behörden bereits nach wenigen Wochen wieder nach Mainz zurückkehren konnten. Durch die schnelle Reinigung der Stadt konnte auch eine von Franzosen und Preußen gleichermaßen in die Stadt geschleppte Ruhrepidemie eingedämmt werden; statt der an einigen Stellen erwähnten 800 Opfer forderte sie insgesamt nur knapp über 30 Tote.[Anm. 28] Während der preußischen Besetzung blieb Mainz von erneuten Kampfhandlungen verschont, wurde aber als Magazin und Durchmarschknoten für die Kämpfe in der Pfalz und im Hunsrück benutzt. Dementsprechend wurden viele kirchliche Gebäude als Lagerhäuser zweckentfremdet, die Bürgerschaft hatte die nicht in staatlichen und kirchlichen Großbauten unterzubringenden Soldaten in Quartier zu nehmen. In dieser Quartierstellung war das sog. "Service" enthalten; der Hausherr mußte den Soldaten auf eigene Kosten Brennholz, Salz usw. zur Verfügung stellen. Da die Festung noch die nächsten Jahre mit Militär belegt sein sollte, führte dies zum Ruin vieler Hausbesitzer, die zudem ihre Gebäude nach dem Ende einer solchen Einquartierung oft komplett renovieren mußten[Anm. 29] oder im strengen Winter 1794/95 gleich zu Brennholz machen konnten.[Anm. 30]
Preußen und Österreich hatten ihr Bündnis gegen Frankreich unter Berufung auf die Rechte des französischen Königs geschlossen. Nach dessen Enthauptung und dem Scheitern des Marsches auf Paris vor Valmy zeichnete sich eine Entfremdung der beiden Mächte ab, die Mitte 1794 zu ersten Handgreiflichkeiten zwischen den noch verbündeten Soldaten führte, während sowohl Preußen als auch die Kur Mainz erste Friedensfühler nach Frankreich ausstreckten. Der Kaiser hingegen war gezwungen, diesen Krieg, der auch ihn finanziell ruinierte, fortzuführen, da er ihn ausdrücklich zur Verteidigung der Rechtsordnung des Reiches begonnen hatte. Der Reichstag in Regensburg hatte die förmliche Erklärung eines Reichskrieges vermieden und lediglich erklärt, diesen preußisch-österreichisch-kurmainzisch-französischen Kampf für einen Reichskrieg zu erachten. So wollte man die Auflösung der bis auf den Westfälischen Frieden zurückgehenden Vertragsverhältnisse zwischen beiden Staaten vermeiden. Nach einem Rückzug Preußens blieben also Österreich und das Reich im Krieg. Mitte 1794 entsandte deshalb das Generalkommando der k.k. und Reichsarmee am Oberrhein einen Generalmajor nach Mainz, der eine Übernahme der Festung vorbereiten sollte. Ende Oktober zogen tatsächlich die Preußen mit allen ihren Magazinen auf das rechte Rheinufer ab, Mainz wurde zur österreichischen Festung.
Auch der neue Gouverneur betrachtete die kurmainzischen Dienststellen als seine Befehlsempfänger. Seine Forderungen an die kurmainzische Zivilverwaltung erschienen unerhört; er forderte die Versorgung der gesamten (!) Garnison durch den Kurstaat, da Mainz ja keine Reichs-, sondern eine Kurfestung sei. Selbst die Franzosen hatten 1792/93 solche Forderungen nicht gestellt.[Anm. 31] Gleichzeitig erwies sich dieser altgediente Kartograph, der nun als Generalquartiermeister eingesetzt worden war, seinem Posten nicht ganz gewachsen. Das Armeeoberkommando setzte an seine Stelle einen anderen Generalmajor, der allerdings noch weniger geeignet war[Anm. 32] und bereits nach wenigen Tagen – nach offizieller Lesart – infolge eines Schlaganfalls die Festung wieder verließ. Immerhin war der Gouverneur in seiner direkten Wesensart dem kurmainzischen Hofkanzler ähnlich, so dass beide sich ohne allzuviele diplomatische Floskeln verständigen konnten. An den Außenwerken kam es im harten Winter 1794/95 zu heftigen Kämpfen,[Anm. 33] da die Franzosen die Festung nun nach Schwachstellen absuchten und versuchten, die Garnison durch ständige Angriffe zu zermürben. Während der südliche und der westliche Abschnitt der Werke beinahe bestmöglich befestigt wurden, blieb der nordwestliche Abschnitt besonders gefährdet. Die Franzosen waren weiter als 1793 die deutschen Belagerer bis an den Hartenberg herangerückt, so dass sie über dessen ebene Fläche bis an das Fort Hauptstein (an der Stelle des heutigen Taubertsbergbades) vorrücken konnten. Von dort wiederum konnten sie die ganze Gartenfeldfront bis zum Schloß, das Münstertor und die Anlagen auf dem Linsenberg in der Flanke beschießen; die Festung wäre bei einem Verlust dieses Werkes verloren gewesen. Die Preußen hatten noch die Rheininseln besetzt und unterstützten die Abwehr von Angriffen im Gartenfeld durch ihr Flankenfeuer. Das preußische Armeekommando war nach Beginn der Friedensverhandlungen mit Frankreich in Basel aber nicht bereit, an einem Entsatz von Mainz mit der hierzu benötigten Kavallerie mitzuwirken, sondern versuchte in hierzu vom Gouverneur angestrengten Verhandlungen, sich mit dem Verweis auf eine notwendige Abstimmung aller Koalitionäre (also z.B. England) hierzu allen konkreten Zusagen zu entziehen.[Anm. 34]
Die Aufgabe eines Gouverneurs war die Instandhaltung der Festung und die Versorgung der Garnison. Der Gouverneur widmete sich jedoch zu sehr der Ausarbeitung von utopischen, bis nach Mannheim reichenden Plänen zur Sprengung des inzwischen aufgebauten französischen Belagerungsrings,[Anm. 35] während er seine eigentlichen Aufgaben vernachlässigte. Die Preußen hatten keine Vorräte in der Festung gelassen, die Garnison wuchs schnell über 20.000 Mann an, die nicht nur fortlaufend verpflegt werden wollten, sondern für die auch der Vorrat für eine dreimonatige Belagerung anzuschaffen war.[Anm. 36] Die Versorgung von Mainz wurde dabei immer schwieriger, da im Hinterland die Preußen zu überhöhten Preisen Naturalien ankauften und jede Maßnahme der Österreicher zu behindern versuchten. Da durch die Behinderungen dieser Macht und eine durch besonders strengen Frost im Winter 1794/95 früh eingetretene Vereisung von Rhein und Main von Frankfurt oder dem Oberrhein aus keine Güter mehr nach Mainz gebracht werden konnten, mußte die Festung aus den gerade angesammelten unvollständigen Vorräten versorgt werden. In Mainz steigerte sich der Mangel z.B. an Brennholz soweit, dass man dazu überging, die Rheinauen im großen Stil abzuholzen, dann Fässer und schließlich nicht mehr benötigte oder seit 1793 nicht wiederhergerichtete Gebäude zu verheizen. Die Soldaten mußten im Dienst halberfroren ihr Fleisch roh verschlingen. Die Versorgungsmängel begünstigten Krankheiten, denen z.B. das in der Festung liegende kurpfälzische Kontingent fast vollständig zum Opfer fiel.[Anm. 37] Ein hoher Offizier dieses Kontingents verglich in dieser Zeit die Festung mit einer Gänseleberpastete, die die Franzosen sicher bald verspeisen würden; die Stadt selbst stelle die Füllung dar, während die nun kaum zu verteidigenden Festungswerke nur den nebensächlichen Pastetenteig abgäben.[Anm. 38] Im Februar 1795 zogen sich die Preußen dann ganz vom Rhein zurück, am 5. April schlossen sie mit Frankreich in Basel Frieden. Eine der Friedensbedingungen, die Preußen von den Franzosen übernahm, war die französische Rheingrenze; sollte dieser Separatfrieden, mit dem Preußen seine Pflichten als Reichsstand verletzte, Schule machen, war für den Kurstaat die Residenzstadt Mainz verloren. Die Kur Mainz hatte bisher gehofft, mit Frankreich ebenfalls einen Separatfrieden abschließen zu können; nun war es auf Gedeih und Verderb auf einen Sieg der Österreicher angewiesen. Mainz selbst war wieder Reichsfestung. Neben den österreichischen Einheiten bildeten nun vor allen kleine und kleinste Reichskontingente[Anm. 39] die Garnison, die oft nur wenige Dutzend Mann ausmachten, deren Führer aber Dienstgrade für sich in Anspruch nahmen, die im österreichischen (oder preußischen) Heer Regiments- oder gar Armeekommandeuren zustanden. Die meisten Kontingente waren erst im Verlauf dieses Krieges angeworben worden, teilweise hatten die Soldaten noch nach Jahren keinerlei Wissen über die einfachsten Tätigkeiten wie das Laden eines Gewehres vermittelt bekommen. Diese Einheiten erhöhten zwar nominell die Mannstärke der Garnison, waren aber meist nur für Torwachen oder Schanzarbeiten zu gebrauchen. Der Verbleib dieser Einheiten in der Festung war trotz dieser Belastung für Österreich von großer Bedeutung, da so verhindert werden konnte, dass die kontingentstellenden Reichsstände aus der immer dünner werdenden Front gegen Frankreich ausscherten.

Für Mainz bedeutete der Sommer 1795 eine Zeit des Stillstandes,[Anm. 40] in dem die Ressourcen auf beiden Seiten nutzlos verbraucht wurden. Die Verteidiger hatten aufgrund der fortdauernden österreichischen Finanznot mit dem Mangel an Grundnahrungsmitteln zu kämpfen, durch die die Einsatzfähigkeit der Garnison stark eingeschränkt wurde. Nach dem Abzug der Preußen wurden lediglich mehrere Vorstöße auf dem Hartenberg unternommen, in deren Verlauf es gelang, vorgeschobene Werke anzulegen und die Belagerer dauerhaft vom Hauptstein fernzuhalten. Die Franzosen hatten derweil um die Festung ein ausgedehntes System von Werken, die sog. „Contravallationslinien“ errichtet, deren Instandhaltung und Überwachung viele Soldaten vor Mainz band. Da die Versorgung aus Frankreich wegen der inneren Wirren über lange Zeit stockte, hatte man sich im Winter aus den Dörfern des Hinterlands ernährt, vor der neuen Ernte waren auch dort die Vorräte erschöpft, Kampfkraft und Moral der Truppen sanken täglich. Zuerst wurden die Pferde geschlachtet, dann fehlten diese, um Lebensmittelfuhren herbeibringen zu können. Die Belagerer waren also nicht in der Lage, gegen die Festung offensiv vorzugehen und mußten sich darauf beschränken, die Belagerten durch Aufziehen ihrer hochmodernen Beobachtungsballons in Verwunderung zu versetzen.[Anm. 41] Die Österreicher konnten ebenfalls mit dem Einsatz einer außergewöhnlichen Teilstreitkraft aufwarten. Während die Franzosen in die Luft gingen, trieb es die Österreicher ins Wasser. Im Frühjahr 1795 hatten sie vor Mainz eine schlagkräftige Rheinflottille aufgebaut, deren Kanonenboote Rhein, Main und Mosel zwischen Mannheim, Frankfurt und Koblenz beherrschen sollten.[Anm. 42] Gleichzeitig sorgten aber die Erfolge der Franzosen am Niederrhein dafür, dass man in Mainz die dortige Siegesfähigkeit auch auf die französischen Einheiten vor der Festung übertrug und deshalb keinen Ausfall gegen diese wagte. Da auch die Kur Mainz nicht mehr in der Lage war, diesen ihre eigenen Truppen und die Versorgung der Mainzer Garnison weiter zu finanzieren, unternahm auch sie im Spätjahr 1795 erneut Versuche, mit Frankreich einen Separatfrieden zu schließen.[Anm. 43] Da dies für Österreich den Verlust der Festung Mainz und damit ein Auseinanderbrechen der gesamten Front am Rhein bedeutet hätte, waren die kaiserlichen Feldherren in Zugzwang. Am Morgen des 29. Oktober 1795 gelang es ihren Truppen, den französischen Belagerungsring um Mainz zu durchbrechen; der propagandistische Erfolg dieser Unternehmung übertraf den militärischen Wert bei weitem. Der politische Impuls, der von diesem Sieg ausging, vereitelte vorerst alle Bestrebungen zu Separatfrieden, während er die vormarschierenden Österreicher kurz vor Einbruch des Winters nun zu neuem großem Aufwand an Truppen, Fuhrwesen und Naturalien zwang.
Die Zeit zwischen Sommer 1795 und Frühjahr 1797 ist durch eine fast monoton zu nennende Wiederholung ein und derselben Strategie zu bezeichnen. Hauptversorgungspunkt der Franzosen war das über die Mosel zu beschickende Koblenz. Nachdem die Vorräte des Hunsrück erschöpft waren, standen die dortigen Befehlshaber vor der Wahl, sich entweder zurückzuziehen[Anm. 44] (und danach ihren Kopf zu verlieren) oder in der Hoffnung, gegnerische Magazine erbeuten zu können,[Anm. 45] einen Vormarsch zu wagen. In schöner Regelmäßigkeit wiederholten sich diese Vorstöße 1795, 1796 und im Frühjahr 1797. Die Franzosen marschierten über den kargen Taunus nach Mainz, Frankfurt oder am Main entlang bis nach Schweinfurt, konnten aber auch hier ihre Truppen nicht ernähren und mußten sich dann verhungernd wieder zurückziehen. Mainz ließen sie dabei immer rechts liegen, da ihnen durch deutsche Spione in der Stadt und ihre Informanten in Frankfurt bekannt war, dass sich ein Drittel der Oberrhein-Armee in der angeblich gut verproviantierten Festung befand. Gleichzeitig wußte die deutsche Armeeführung nicht, wie es um den Gegner tatsächlich bestellt war, man vermutete deshalb, dass diese weitgestreckten Märsche durch den kargen Taunus eine erneute Einschließung von Mainz zum Ziel hatten. Um dieses zu verhindern, marschierte man von Mannheim und Mainz aus in Richtung Hunsrück, um die rechte Flanke der Franzosen zu bedrohen. Da man sich so gegenseitig umrundete, wogen sich die Erfolge auf, man mußte sich wieder in die Ausgangsstellungen zurückziehen.
Das Schicksal von Mainz wurde aber nicht am Rhein, sondern südlich der Alpen entschieden. Der erste Koalitionskrieg war auf deutscher Seite der letzte Krieg der alten Garde, die bereits an den Kriegen Friedrichs des Großen oder Maria Theresias teilgenommen hatte und in den hergebrachten Mustern dachte und führte. Die französische Armee hatte hingegen nach der Revolution den Großteil ihrer Offiziere in die Emigration verloren, wodurch jungen Talenten der Weg nach oben erleichtert wurde.[Anm. 46] In Norditalien gelang es nun einem jungen Artillerieoffizier mit den ihm frisch unterstellten französischen Truppen im Februar 1797, nach dem Fall der österreichischen Festung Mantua tief in die habsburgischen Erblande bis kurz vor Wien einzudringen und den Kaiser so zu Friedensverhandlungen zu zwingen. Die Nachricht wurde vor Mainz bekannt, als die Franzosen gerade wieder durch den Taunus bis vor die Tore der Festung vorgedrungen waren.[Anm. 47] Franz II. verkündete nun im Reich, dass die Grundlage der von ihm auch im Namen des Reichstages begonnenen Friedensverhandlungen die Integrität des Reiches[Anm. 48] sei – er sprach aber nicht von der "territorialen Integrität"! Der Kurfürst von Mainz mußte ja nicht unbedingt in der Stadt Mainz residieren, um als Kurfürst von Mainz Reichsstand zu bleiben; als solcher konnte er ja auch seine Rechte wahrnehmen, wenn er in Aschaffenburg residierte. Mainz kam durch diese Spitzfindigkeit und ein Tauschgeschäft bis zum Wiener Kongreß an Frankreich. Die Republik Frankreich hatte dem König von Böhmen und Ungarn – als solcher war Franz II. in den Krieg gezogen – die Dogenrepublik Venedig angeboten, ihm dafür aber in seiner Funktion als Römischer Kaiser die Anerkennung der Rheingrenze abgefordert. Ein solches Geschäft erschien Franz II. in der ausweglosen militärischen Lage – französische Truppen lagen inzwischen einige Tagesmärsche vor Wien – mehr als günstig. Mitte Dezember 1797 wurde in Mainz bekannt, dass sich die Österreicher zurückziehen würden.[Anm. 49] Am 29. Dezember beendete der österreichische Gouverneur von Mainz seine Dienstgeschäfte. Die wenigen in der Festung verbleibenden Reichstruppen probten einen symbolischen Widerstand, doch am 30. Dezember marschierten wie im Oktober 1792 wieder französische Truppen über das Gautor in die Festung.[Anm. 50]
Staatsrechtlich waren die linksrheinischen Gebiete bis zum Frieden von Luneville 1801 nur besetzt, jedoch kein Teil der Französischen Republik. Die Franzosen beendeten in Mainz aber die kurfürstliche Herrschaft schon Mitte Januar 1798; das Vizedom-amt Mainz hatte noch dafür zu sorgen, dass die französischen Truppen gereinigte Quartiere vorfanden, ihre Generalität aus der Stadtkasse großzügige Tafelgelder gezahlt bekam und die Feiern zur Einnahme der Stadt vorbereitet wurden – dann wurde es aufgelöst.[Anm. 51] Die seit der Mainzer Stiftsfehde bestehende kurfürstliche Gewalt über die Stadt war beendet. Allerdings konnten auch die neuen Behörden nicht auf die Kompetenz einzelner Mitarbeiter der alten Macht verzichten, so dass sich einige Namen in den Besoldungslisten der Zeit vor 1792, des Zwischenspiels der Mainzer Republik, der restaurierten kurmainzischen Macht bis 1797 und dann auch in der neuen Mainzer Munizipalität finden.
Der Verlauf dieses Krieges zeigte deutlich, dass das Reich mit seiner komplizierten und schwerfälligen Wehrverfassung nicht in der Lage war, seine Interessen ernsthaft zu verteidigen. Der Partikularismus führte dazu, dass einige Reichsstände halbe oder gedrittelte Soldaten stellen mußten, die je nach Gusto ausgerüstet oder ausgebildet waren. Dem österreichischen Vorschlag, alle Kontingente nach einheitlichem Reglement ausbilden, ausrüsten und einsetzen zu lassen, wurde nicht gefolgt, da man befürchtete, dass der Kaiser sie zur Disziplinierung des Reiches mißbrauchen konnte. Die meisten kleinen Reichsstände sahen also die eigentliche Gefahr nicht in einer Besetzung durch die gegnerische französische Republik, sondern in der vagen Möglichkeit kaiserlicher Machtausübung. Im Reichs- und k.k. General-Kriegs-Kommando der Oberrhein-Armee gab man den Krieg intern deshalb bereits im Herbst 1794 verloren.[Anm. 52] Im Verlauf der Jahre 1795 und 1796 erklärten dann immer mehr Reichsstände, für ihre Kontingente nicht mehr aufkommen zu können, so dass Österreich sie aus den eigenen leeren Kassen verpflegen mußte, um die kontingentstellenden Stände an einem Ausscheren aus der Front zu hindern.
Es ist verwunderlich, wie unrealistisch der Kurfürst von Mainz und sein Hofkanzler ihre Lage zu Beginn des Krieges eingeschätzt hatten. Der schnell folgende Verlust der Residenzstadt gab Anlaß zu Rüstungsbestrebungen. Diese waren aber nur auf den Erhalt der eigenen kleinen Institutionen gerichtet und sollten ausdrücklich nicht in ein großes Ganzes wie eine einheitliche Reichsarmee eingebracht werden; die Bestrebungen waren also zum Scheitern verurteilt. Das nach dem Speyrer Desaster vom Oktober 1792 verbliebene Militär war schnell auseinandergelaufen, Rekruten entzogen sich massenhaft durch Flucht in eine Reichsstadt dem Militärdienst. Der Versuch, mit Hilfe eines französischen Grafen ein Freikorps aufzubauen, endeten kläglich, der Graf schrieb dem Kurfürsten Drohbriefe und sorgte durch unwahre Behauptungen für Verwicklungen mit Preußen und Österreichern.[Anm. 53] Die Kur mußte für ihre Festung Mainz einen Großteil der Lebensmittel der Garnison zahlen. Da der Kredit sehr schnell erschöpft war, versuchte man, ähnlich wie bei anderen Reichsständen, das Kirchensilber zu vermünzen. Auch dieser Versuch scheiterte, der Klerus gab nur für einige hundert Gulden Silber heraus.[Anm. 54] Die Stadt Mainz mußte deshalb zur Errichtung von Magazinen für die Bürgerschaft ein Darlehen aufnehmen, in das alle Ämter des Kurstaates die bei ihnen hinterlegten Mündelgelder einzuzahlen hatten. Nach dem Verlust von Mainz sollten 1798 die Forderungen auf Rückzahlung den Kurstaat in eine ernste Krise stürzen und an den Rand der Zahlungsunfähigkeit führen.
Am Ende des ausgehenden 18. Jahrhunderts war Geld eine bestimmte Menge Silber; im Gegensatz zum heutigen stoffwertlosen Geld also nicht beliebig vermehrbar. Das französische Gouvernement hatte 1793 aus Glocken, Sakralgegenständen und ausgeschossenen Kanonen Belagerungsgeld fertigen lassen,[Anm. 55] das als nie eingelöstes Versprechen in den Geldkisten der Mainzer liegen bleiben sollte. Frankreich hatte mit seinen ungedeckten Assignaten eine Hyperinflation und den Ruin seiner Wirtschaft herbeigeführt. Kaiser und Kurfürst konnten als Verteidiger der Rechtsordnung des Reiches nicht zu einem solchen, eben jene Ordnung bedrohenden Mittel greifen. Deshalb mußten auf Silbergeld ausgestellte Staatspapiere mit immer längeren Laufzeiten ausgegeben werden. Deren immer größere Zahl drückte den Kurs zum Bargeld auf bis zu 70%; ein Lieferant, der für 100 fl. Waren abgab, mußte bei Bezahlung in Staatspapieren 143 fl. verlangen, der Bedarf des Staates an auszugebenden Papieren wuchs, der Kurs verfiel weiter. Die bescheidenen Versuche, auch im Reich mit österreichischem Papiergeld zu zahlen, scheiterten; Bauern und Fuhrleute hielten konsequent an der Bezahlung in Silber fest.[Anm. 56] Im Kampf um Mainz wurde so der Grundstein zur österreichischen Finanzmisere gelegt, die das umlaufende Papiergeld beim Ende der Befreiungskriege auf 20 % des Nennwert fallen lassen sollte.[Anm. 57]
Mainz hatte als Handelsplatz im Frieden immer in Konkurrenz zu Frankfurt, das weder als Festung bedeutend noch von einem unter dem Kaiser stehenden Stadtherren bestimmt war, gestanden. Die Versuche, die Wirtschaft mit der Privilegierung eines Handelsstandes[Anm. 58] zu beleben, konnten den Rückstand dem großen Konkurrenten gegenüber nicht wettmachen. Durch die kriegerischen Ereignisse verlor Mainz nun gänzlich seine Bedeutung. Durch die wechselseitige Besetzung der einzelnen Uferabschnitte des Rheines kam die Schiffahrt weitgehend zum Erliegen und mußte z.B. durch das k.k. Militärgouvernement mit Zwangsmaßnahmen[Anm. 59] aufrecht erhalten werden, um die Versorgung der Stadt sicherzustellen. Während Mainz im Frieden zu einem gewissen Teil vom Luxus des hier versammelten Reichsadels lebte, mußte man sich nun auf die bescheidenen Bedürfnisse der Garnisonssoldaten einrichten, Schambagner floß höchstens noch zu außerordentlichen Anlässen an den Tafeln der Generalität.[Anm. 60] Der Kontrast zu Frankfurt macht die bedauernswerte Lage der Stadt deutlich: Hier lebten nach wie vor reiche Waren- und Geldhändler, deren Hauptaugenmerk darauf gerichtet zu sein schien, die Tochter den Armen preußischer Offiziere entreißen und gut verheiraten zu können,[Anm. 61] um das Geld im Hause zu halten. Dort wohnten immer weiter verarmende Krämer, deren bescheidene Häuser durch die Garnison immer weiter heruntergewohnt wurden.[Anm. 62] Ergab sich in Mainz eine unerhörte Begebenheit wie die Beschießung von 1793, sammelte sich auf den Hochheimer Höhen die feine Frankfurter Gesellschaft, um den Schauer dieses Spektakels bei einer Schokolade zu genießen,[Anm. 63] während wenige Meter von ihnen entfernt aus der Stadt gewiesene Mainzerinnen zwischen den Fronten in Regen, Schlamm und dem Kugelhagel des Niemandslandes ihre Kinder zur Welt bringen mußten.[Anm. 64] Nach der französischen Besetzung 1797 bildete der Rhein dann nicht mehr den Haupthandelsweg für die Stadt, sondern eine streng bewachte Grenze, die sie von fast allen bisher bestandenen Handelsverbindungen abschnitt.[Anm. 65]
Die "aurea moguntia", das "goldisch Meenz" des Barock wurde durch diesen Krieg zum Schatten seiner selbst. Die Beschießung von 1793 hatte bedeutende Bauwerke wie die Liebfrauenkirche, Domdechanei und Dompropstei zerstört, den Dom und viele andere Gebäude z.T. schwer beschädigt. Da ein Großteil der Gebäude in Mainz in Fachwerk gebaut war, hatte sich dort der Schaden durch die heute noch an einem Haus am Liebfrauenplatz eingemauerten Eisenkugeln in Grenzen gehalten. Die Stadt sollte aber während der gesamten militärischen Besetzung, die die Zahl der Menschen innerhalb der Stadtmauern verdoppelt hatte,[Anm. 66] unter großen hygienischen Pro-blemen leiden. Das jeweilige Gouvernement war für die Straßenreinigung zuständig,[Anm. 67] worum man sich aber nie so recht kümmerte, so dass die ganzen Jahre über immer wieder der Unrat in den engen Straßen und Gassen bemängelt werden mußte. Für die schnell angewachsene Garnison hatten im Winter 1794/95 bei gefrorenem Boden keine Abtritte mehr angelegt werden können, so dass die Soldaten gezwungen waren, bei Frost ihre Notdurft in Ruinen und Trümmergrundstücken zu verrichten.[Anm. 68] Bei Tauwetter hatte dies nachteilige Folgen für die allgemeine Gesundheit. Die Soldaten blieben aber lieber schwerkrank bei ihren Einheiten, als in das Spital im Kurfürstlichen Schloß zu gehen, denn dort herrschten ebenfalls unhaltbare Zustände.[Anm. 69] Die Kranken lagen dicht an dicht auf einfachem Lagerstroh, mußten ihre Notdurft in Bottiche verrichten, die auf dem Flur standen; das verschmutzte Lagerstroh lag in großen Haufen in den Höfen und entwickelte mit Beginn der Tauperiode ebenfalls ein Eigenleben.[Anm. 70] Hieraus resultieren auch die wiederkehrenden Ruhr-, Fleckfieber- und Hepatitisepidemien, die unter den geschwächten Einwohnern wie der Garnison ihre Opfer forderten.
Da Mainz einem militärischen Reglement unterstellt war, ergab sich eine erhebliche Einschränkung der Freizügigkeit. Ohne Paß durfte die Festung nicht verlassen oder Lebensmittel und Wein aus ihr entfernt werden. Der Briefverkehr wurde 1795 nach französischem Vorbild einer Kontrolle unterworfen, um „Verrätereien“ und Spionage zu unterbinden.[Anm. 71] Da eine allgemeine Postkontrolle im Reich nicht eingeführt wurde, hatte diese Maßnahme aber keinen Erfolg. Die Zeit der Mainzer Republik und die ihr folgende Klubistenverfolgung hatte in Mainz Sympathien für die französischen Ideen entstehen lassen, die die Gesellschaft in Mainz auf lange Zeit entzweien sollten. Unter der Hand wurden alte Verbindungen weiter gepflegt und dafür gesorgt, dass französische Führungsoffiziere direkt aus Mainz und damit dem Zentrum der gegnerischen Front für eine Hand voll Laubtaler mit Informationen über die deutschen Kriegsplanungen versorgt wurden.[Anm. 72]
In engem Zusammenhang mit der Versorgung der großen Garnison von Mainz steht auch das Problem der Prostitution. Eine Anzahl von Frauen erwarb sich, als Marketenderinnen auftretend, ihren Lebensunterhalt auf diese Weise. In der kurmainzischen Residenzstadt Mainz hatte es auch im Frieden eine Anzahl Frauen gegeben, die, obwohl z.T. aus bürgerlichem Hause stammend, ihren Körper verkauften bzw. durch einen Mann hierzu gezwungen wurden.[Anm. 73] Dieses Problem war den kurmainzischen Behörden bekannt; der als Polizeichef und Staatsanwalt fungierende Gewaltbote sorgte auch für deren Verurteilung, ohne das Problem lösen zu können. Immerhin beweist die staatliche Verfolgung, dass die Prostitution als Problem gesehen wurde. Beim Abzug der französischen Garnison 1793 folgten einige Mainzerinnen wie die von Goethe erwähnte „Jungfer Lieschen“ den Franzosen z.T. als Angetraute einfacher Soldaten, z.T. aus Furcht, für Lieferungen an die Franzosen von den Preußen belangt zu werden.[Anm. 74] Im Winter 1795/96 kehrten nun einige dieser Frauen, offenbar nach einem französischen Bettelschub, kahlgeschoren und, wie ihnen 1793 von ihren Mitbürgern vorausgesagt worden war, abgerissen nach Mainz zurück. Von diesen Frauen sind die Vernehmungsprotokolle erhalten. Diese belegen z.T. die bürgerliche Herkunft und zeigen, dass zumindest die verhörten Frauen nur mit niederen Angehörigen diverser Hofhaltungen, Kammerdienern, Musikern oder Soldaten in Berührung gekommen waren.[Anm. 75] Die Prostitution erhielt durch den Zuzug französischer Emigranten neue Brisanz, da diese offensichtlich in Mainz bisher unbekannte und unheilbare Geschlechtskrankheiten in die Stadt brachten,[Anm. 76] die durch die Prostituierten auch nach dem Abzug der Emigranten 1792 weiterverbreitet wurden. Pikanterweise zeigt gerade der behördliche Umgang mit diesen Frauen die unzureichende Dienstaufsicht des Gewaltboten: Im Sommer 1795 mußte das gesamte Polizeipersonal ausgetauscht werden, nachdem sich das österreichische Gouvernement darüber beschwert hatte, dass die Polizeidiener die Tätigkeit der Prostituierten in den Festungswerken nicht nur nicht unterbanden, sondern diese sogar nach Kräften förderten.[Anm. 77] Durch das Militär wurden die z.T. infizierten Frauen zuerst der Lager verwiesen, im Wiederholungsfall waren die Regimentsprofosse dann angewiesen, diese aus dem Lager zu peitschen.
Alle diese Einzelaspekte zeigen, dass von den sich mit Mainz befassenden Geschichtsschreibern eine der m.E. packendsten Abschnitte der Stadtgeschichte bisher weitgehend unbehandelt geblieben ist. Einzelne Themen wie die Eroberung durch Custine 1792 oder die Übergabe an Hatry 1797 wurden zwar anhand beschränkter Quelleneinsicht erforscht.[Anm. 78] Auch wurden die Ereignisse im behandelten Zeitraum in einem zusammenfassenden Überblick angerissen.[Anm. 79] Eine dort angemahnte umfassende Darstellung fehlt aber bis heute.[Anm. 80] Dies ist aber auf die äußerst schwierige Quellenlage zurückzuführen. Nach der Auflösung des Kurstaates wurden 1803 seine Aktenbestände zum Teil mehr oder minder beliebig auf die Erwerber der Territorien und dann z.T. noch einmal nach Zuständigkeit verteilt[Anm. 81] oder, wie das Archiv des Domkapitels, zu „Pappedeckel“ verarbeitet. Die Möglichkeit, die die Fronten übergreifenden Ereignisse aus den französischen Quellen herauszulesen und die deutsche Lesart so zu überprüfen, bestand zwar, machte aber ebenfalls zur Wiederherstellung der einzelnen Schriftwechsel aus den verstreuten Beständen einen großen Aufwand an Zeit und Geld notwendig. Erst durch den Einsatz der elektronischen Datenverarbeitung konnte dieser auf ein realisierbares Maß zurückgeführt werden. In Kürze wird nun eine umfassende Darstellung der oben angerissenen Ereignisse und Problemkreise vorliegen.

Anmerkungen:

  1. Der Vortrag basiert auf meiner Dissertation: Doppelrad und Doppeladler. Die Festung Mainz zwischen Kaiser, Reich und Kurstaat im 1. Koalitionskrieg (1792-1797) (Betreuer: Prof. Dr. Dr. Peter-Claus Hartmann). Zurück
  2. Vgl. hierzu Johann Wolfgang v. Goethe: Belagerung von Maynz (Goethe‘s Werke. Vollständige Ausgabe letzter Hand, 30), Stuttgart/Tübingen 1829, S. 278-334 (Eintrag vom 25. Juli 1793). Zurück
  3. Christoph Jamme/Otto Pöggeler (Hrsg.): Mainz – "Centralort des Reiches". Politik, Literatur und Philosophie im Umbruch der Revolutionszeit (Deutscher Idealismus, 11), Stuttgart 1986. Zurück
  4. Iffland lobte das Mainzer Nationaltheater als das zweitbeste nach Mannheim. Im Mainzer Nationaltheater fiel kurz nach dem Einmarsch der Franzosen im November 1792 der – vorerst letzte – Vorhang. Vgl. Günther Wagner: Musik in Mainz um 1800. In: Mainz – "Centralort des Reiches" (wie Anm. 2), S. 295-320. Zurück
  5. Vgl. hierzu Goethe, Belagerung (wie Anm. 1) (Eintrag vom 26. Juli 1793). Zurück
  6. Das kurfürstliche Vizedomamt kannte nach der Bombardierung von 1793 nur die ungefähre Anzahl der Gebäude. Eine im November 1795 durchgeführte Stadtaufnahme ergab, dass sich in Lit. A 210, Lit. B 230, Lit. C 385, Lit. D 207, Lit. E 133 und Lit. F 223, in der gesamten Stadt also 1388 Häuser befanden. Stadtarchiv Mainz (im Folgenden StAMz) Abt. 10/47. Im Vergleich zu den von Schaab für 1769 angegebenen Zahlen ergibt dies eine Abnahme von 720 Gebäuden. Zur Problematik der Häuserzählung vgl. zuletzt Friedrich Schütz: Rot und Blau. Die Einführung neuer Straßenschilder 1849-1858 in Mainz. In: Mainzer Zeitschrift 94/95, 2001, S. 301-315. Zurück
  7. Ein "Vorschlag zu ungestörter Gehabung der nothwendigen Brennessel als Mittel zur Abwendung der Viehseuche während der Blockade von Mainz" vom Oktober 1795 nennt Gautorplatz, Ballplatz, Domküstereiplatz, Höfchen, Mitternachtsplatz, Schloßkapellenplatz und Münstertorplatz als gepflastert. Nach der Wiedereinnahme 1793 wird erwähnt, dass das Straßenpflaster in Mainz "hie und da befindlichen gefährliche Lücken und Löcher" habe. Kriegsarchiv Wien (im Folgenden KA Wien) AFA 1795-1053, 1795-13-109; Bayerisches Staatsarchiv Würzburg (im Folgenden BayStAWü) MRA Mil K. 243/501 (Protokollbuch der Ober-Polizei-Kommission), § 81 vom 2. August 1793. Zurück
  8. BayStAWü MRA Mil. K. 243/501 (Protokollbuch der Ober-Polizei-Kommission), § 189 vom 13. August 1793, betraf die Reinigung der Andauen. Zurück
  9. Für die Straßenbeleuchtung war Stadtrat Schuck zuständig. Das aus Holland kommende Brennöl wurde aus den eingehenden Torsperrgeldern bezahlt. Nach der Wiedereinnahme 1793 war der Großteil der mit Seilen über die Straßen gespannten Lampen beschädigt und die Kasse mit 8.000 fl Schulden belastet. 1797 wurden auch Holzverkäufe mit einem Laternengeld belegt. BayStAWü MRA Mil. K. 243/501 (Protokollbuch der Ober-Polizei-Kommission), §§ 62, 99, 189 vom 1., 5., 10. August 1793; StAMz Abt. 7/319, 7/320, 7/132, 10/22. Zurück
  10. Ernst J. Schneider: Mainzer Brunnen von der Römerzeit bis heute. Erweiterter Sonderdruck für die Mitglieder des Mainzer Altertumsvereins, Mainz 1975. Zurück
  11. Peter Lautzas: Die Festung Mainz im Zeitalter des Ancien Régime, der französischen Revolution und des Empire (Geschichtliche Landeskunde, 8), Mainz 1973, S. 30. Die Frage, ob Mainz Kur- oder Reichsfestung war, sollte im Verlauf des 1. Koalitionskrieges noch große finanzielle Bedeutung erlangen. Zurück
  12. "Pfalz-Bayern stellte an der Grenze seiner Besitzungen große Tafeln mit der französischen Inschrift: 'Pfälzisch-neutrales Gebiet auf". Krieg gegen die Französische Revolution (Kriege unter der Regierung des Kaisers Franz), Bd. 2: Feldzug 1792, Wien 1905, S. 207. Zurück
  13. Friedrich Lehne: Rudolph Heinrich Eickemeyer. In: Ph. H. Külb (Hrsg.). Fr. Lehne's Professors und Stadtbibliothekars zu Mainz antiquarische, historische und politische Aufsätze. Band III, Mainz 1838, S. 149-200, hier S. 162. Zurück
  14. Vgl. Arno Störkel: The Defenders of Mainz in 1792. A Portrait of a Small European Army at the Outbreak of the French Revolutionary Wars (War and Society, 12,2), New South Wales 1994, S. 1ff. Zurück
  15. Lehne, Eickemeyer (wie Anm. 12), S. 162. Zurück
  16. Krieg gegen die Französische Revolution 2 (wie Anm. 11), S. 205ff. Zurück
  17. Proklamation an die hiesige Stadt vom 7. Oktober 1792, Hessisches Hauptstaatsarchiv Wiesbaden 100/192. Zurück
  18. "Der damalige General und Gouverneur der Stadt Freiherr v. Gymnich forderte die Bürgerschaft zur verdeutigung ihrer vaterstadt auf – Die Bürger taten auch ihre Schuldigkeit, und stunden mehrere Tage und Nächte unter den Waffen – das heißt mit zerrosten Schießprigel ohne Pulver und Blei – welch ein erbarmlicher Anblick". StAMz Nachlaß Röth, Bd. 1, S. 16 (Eintrag vom 19. Okt. 1792). Zurück
  19. "Custine forderte die Stadt auf sich in 24 Stunden zu ergeben, ansonsten er die Stadt mit Feier und Schwerdt ohne Schonung vertilgen werde. – und was geschah – von Schwachen Menschen Schurken und Verredern ward Mainz in die Hände der Neufranken übergeben." StAMz Nachlaß Röth, Bd. 1, S. 16 (Eintrag vom 20. Okt. 1792). Den Ablauf der Verhandlung schildert Eickemeyer. Lehne, Eickemeyer (wie Anm. 12), S. 175. Der Text der Kapitulation ist abgedruckt bei K. G. Bockenheimer: Die Einnahme von Mainz durch die Franzosen am 22. October 1792, Mainz 1892. Zurück
  20. Die Zahl der zerstörten Gebäude ist nicht genau festzustellen. Auskunft hierüber könnten im Oktober 1793 gefertigte Quartierlisten geben; diese sind aber nicht für alle sechs Stadtviertel erhalten. Liste der Einquartierungen, Lit. A, B, C, ohne Datum. StAMz Abt. 10/26-10/29. Zurück
  21. Erst am 19. Nov. 1792 wurden die kurmainzischen Behörden in Mainz durch Domdechent v. Fechenbach von Miltenberg aus aufgelöst. Franz Dumont: Die Mainzer Republik 1792/93. Studien zur Revolutionierung in Rheinhessen und der Pfalz, Alzey 1982, S. 250. Die kurmainzischen Landesbehörden in Mainz stellten ihre Arbeit im Dezember ein, Vizedomamt und Stadtrat arbeiteten bis zur vollständigen Munizipalisierung weiter, teilweise traten die Ressortleiter in die neue Verwaltung über. Zurück
  22. Der vermutlich aus dem 15. Jahrhundert stammende "Butterweck" muss aus Eisen gewesen sein oder zumindest eine eiserne Tafel getragen haben, denn Wedekind hatte argumentiert, "die Stadt werde erst dann ihre Freiheit zurückerhalten, wenn die Sonne dieses Eisen geschmolzen habe". Wedekind wollte aus dem Material Münzen mit der Umschrift "Die Sonne hat ihn geschmolzen" prägen lassen. Dumont, Republik (wie Anm. 20), S. 154. Auch Röth erwähnt aus gleichem Anlaß die Zerstörung eines alten Steines "inbetref der Ehemalige Mainzer Freiheiten", datiert sie aber auf den 13. Jan. 1793. StAMz Nachlaß Röth, Bd. 1, S. 23. Zurück
  23. Schreiben des französischen Kriegsfreiwilligen Max Maresquelle aus Mainz vom 16. Jan. 1793. Kai Michael Sprenger: "Ihr verlaßt Euch auf Mainz und es ist doch nur ein Frühstück vor mich". Die Briefe des Soldaten Max Maresquelle an seinen Freund J.J. Kaemmerer in Straßburg und ein sogenanntes Erinnerungstuch aus dem Modemuseum im Münchner Stadtmuseum als überraschende Archivfunde. Kleine Blütenlese zur Geschichte der Mainzer Republik 1792 bis 1793. In: Mainz. Vierteljahreshefte für Kultur, Politik, Wirtschaft, Geschichte 4, 1999, S. 111-118. Zurück
  24. An diesen Ausschreitungen nahmen auch preußische Soldaten teil. Der kurmainzische Hofkanzler Freiherr v. Albini war von den Preußen über nichts informiert worden und kam erst in die Stadt, als diese Ausschreitungen bereits liefen. Ein von ihm verfaßter Aufruf wurde erst nach einer Bekräftigung durch das neue preußische Gouvernement befolgt. "Die Mainzer haben viele Cluppisten in Verhaft genommen und sie werden sehr mißhandelt und das von Rechts wegen." Tagebucheintrag des kurpfälzischen Obristen v. Treva vom 24. Juli 1793, Kriegsarchiv München (im Folgenden KA München) HS 605, S. 11. "Als an dem tag der Einzug und Besitznahme von den vereinigten deutschen truppen – war eine schautervolle ein blutiger und ewig denkwürdiger Tag, die fr. Anhänger der Constitution unterm Nammen Clubisten werden auf das grausamste verfolgt und ohne schonung mishandelt, ihre Häuser und Wohnungen werden geplintert und so weiter in die Kerker geworfen. Ja es ist fast ja unglaublich wie groß die Erbitterung und der Verfolgungsgeist des Menschen ging, man nahm sogar Rache an den unschuldigen Kindern. Es gereicht daher der Menschheit zur Schande – so wie der damalige Polizei Machtbeherte zum ewigen Schandfleck – so wie denen preußischen Truppen welche sich zu Reuber herabwürdigten, doch, was diesen im kleinen getan, das taten ja ihre Meister im Großen." StAMz Nachlaß Röth, Bd. 1, S. 30f.; Friedrich Lorenz Meyer: Mainz, nach der Wiedereinnahme durch die verbündeten Deutschen, im Sommer 1793, Hamburg 1793, S. 32f. "Mehr aber trieb sie die höchst verzeihliche Wut, ihre verhaßten Feinde, die Klubbisten und Kommitisten, zu strafen, zu vernichten, wie sie mitunter bedrohlich genug ausriefen." Goethe, Belagerung (wie Anm. 1) (Eintrag vom 25. Juli 1793). "Wehe jetzt den Wohnungen der Klubbisten! Die heimkehrenden Vertriebenen stürzten sich, entflammt von Rache, eingedenk der erlittenen Mißhandlungen, von Preußen, Hessen und Sachsen unterstützt, wie Geier auf diese Häuser, leerten die Keller, ließen die Federn der Betten aus den Fenstern fliegen und vernichteten was zerstörbar war." Gustav Schilling: Bagatellen aus dem zweiten Feldzuge am Mittelrhein 1793 von Zebedäus Kuckuck. In: Sämtliche Schriften, Bd. 19, Dresden 1828, S. 72f. Das Gouvernement beendete diese Ausschreitungen; „alle Selbsthülfe war verboten; dem zurückkehrenden Landesherrn allein sollte das Recht zustehen, zwischen guten und schlechten Bürgern den Unterschied zu bezeichnen. ... Jene Verordnung war mit den mildesten Ausdrücken gefaßt, um, wie billig, den gerechten Zorn der grenzenlos beleidigten Menschen zu schonen." Goethe, Belagerung (wie Anm. 1) (Eintrag vom 26. Juli 1793). Zurück
  25. BayStAWü MRA Mil. K. 243/501 (Protokollbuch der Ober-Polizei-Kommission), § 41 vom 31. Juli 1793; Meyer, Mainz (wie Anm. 23), S. 30. Zurück
  26. Der Kurstaat behauptete gegenüber Preußen seine Gerichtsbarkeit über die "Klubisten". Diese hatten zwar auf die französische Verfassung geschworen, was die Kur aber nicht anerkennen konnte. Auch das Eigentum der "Klubisten" wurde durch Drängen der Kur Mainz nicht, wie von Preußen gefordert, in die Kriegsbeute gerechnet. Die "Klubisten" wurden also paradoxerweise von dem Staat, den sie ablehnten, vor einem anderen Staat, den sie nicht weniger ablehnten, geschützt. Sie wurden zuerst auf dem Ehrenbreitstein und der kurmainzischen Festung Königstein inhaftiert, dann vor ein kurmainzisches Sondergericht gestellt und z.T. in die kurmainzische Festung Erfurt und nach Magdeburg gebracht. Lehne bezeichnete diese Sondergerichtsbarkeit als "Proskriptions-System". Friedrich Lehne: Aufrichtige Bemerkungen über Rehmann's Schrift: "Die Deutschen in Mainz. Beiträge zur Geschichte der Partheisucht unserer Tage". In: Külb, Lehne's (wie Anm. 12), S. 201-212, hier S. 201f. Zur Haft in Erfurt vgl. Franz Dumont: Die Marseillaise auf dem Petersberg. Gefangenschaft der Mainzer Jakobiner 1794/95. In: Mainzer Zeitschrift 94/95, 2001, S. 217-230. Zurück
  27. Bereits am 6. Dez. 1794 hatte Merlin von Thionville vom Mainzer Kurfürsten die Übergabe der Gefangenen gefordert. Haus-, Hof- und Staatsarchiv Wien (im Folgenden HHStA) MEA Mil 125, 17. Zur Übergabe der Erfurter Geiseln in der Schweiz vgl. Rudolf Wolf: Der Mainzer Klubist Heinrich Joseph Rompel. In: Mainzer Zeitschrift 81, 1986, S. 143-152. Die Übergabe vor Mainz erfolgte am Fuß des Hartenbergs am 12. Febr. 1795. "Die seit letzter Übergabe von Mainz in Ehrenbreitstein gesessenen Cluppisten wurden heude abend durch ein Husaren Commando an die Feunde ausgeliefert, wo sie dann auf das freundschaftlichste empfangen wurden und den Bruderkuß erhielten." Tagebucheintrag Trivas vom 12. Febr. 1795, KA München Hs 605, S. 66. Zu Verbleib und Lebensbedingungen einiger "Klubisten" in Paris vgl. Archives Nationales Paris F15 3499 und 3507. Zurück
  28. "Nach dem Abzug der Franzosen war das Innere der Stadt eine wahre Kloack von Schutt und vom krepirten Vieh aller Ort – Dieses mußte sodann nothwendig auf die Gesundheit des Menschen würken, und es herrschte jetzt eine ansteckende Krankheit in der Stadt, es starben täglich fast 40 Menschen." StAMz Nachlaß Röth, Bd. 1, S. 31. Auch Dumont beziffert die Ruhrtoten des August 1793 auf 800. Franz Dumont: Helfen und Heilen. Medizin und Fürsorge in Mittelalter und Neuzeit. In: Franz Dumont/Ferdinand Scherf/Friedrich Schütz (Hrsg.): Mainz. Die Geschichte der Stadt, Mainz 1998, S. 771-805, hier S. 786. Die Anzahl der Ruhrkranken nahm jedoch von Anfang bis Ende August 1793 bereits kontinuierlich ab; zwischen dem 26. Juli und dem 21. Aug. wurden nur 33 Einwohner der Stadt Mainz begraben. Krankenstandsmeldungen der Viertelsärzte in BayStAWü MRA Mil K. 243/502; Mil K. 243/501 (Protokollbuch der Ober-Polizei-Kommission), § 235 vom 21. August 1793. Zurück
  29. "...auch mein Hauß durch die jetzige Einquartirung schon wieder so verdorben ist, dass ich sobald keinen Miethling dazu bekommen kann." Schreiben der Witwe v. Vorster an das kurmainzische Vizedomamt Mainz, Armorbach, den 25. Jan. 1795, StAMz Abt. 7/350. Es handelte sich um das Gebäude Lit. D 109 (Große Emmeranstraße 8 1/10). Zurück
  30. "... aber an Brennholz ist der Mangel aufs höchste gestiegen. Bäume, wo man sie findet, werden überall abgehauen; die auf dem Thiermarkt und Höfchen sind noch verschont geblieben. Aber Bruchholz, Fässer und dergleich, auch einige Nebengebäude sind verbrannt worden." Bibliothek des Priesterseminars Mainz Hs 236, 12, Eintrag vom 24. Februar 1795. Zurück
  31. "Zumuthungen dieser Art haben das vorige mal nicht einmal die Franzosen an die Stadt gemacht." Schreiben v. Faber an Freiherrn v. Albini, Mainz, den 29. Oktober 1794 (praes. 30. Oktober), BayStAWü MRA Mil K. 238/365. Zurück
  32. "GFML Huf hat sich heunde als Gouv: ausrichten lassen und Neu sollde Vestungs-Commandant und Chef des Ingenieurs-Wesens seyn. Sie sind 2 seichte Köpfe doch verstehet letzterer etwas und kann grob wie ein Holzhacker seyn, ersterer aber Excellirt blos durch den Titl Exlence." Tagebucheintrag Trivas vom 29. Oktober 1794, KA München Hs 605, 51. Zurück
  33. Zum Verlauf der Kämpfe vgl. rein deskriptiv HHStA Wien MEA Mil 125. Zurück
  34. "Auseinandersezzung der Verhältnisse und gegenseitiger Hülfsleistung der königl. preuß. Armee und der Festung Mainz für den gegenwärtigen Zeitpunkt." KA Wien AFA 1794-992. 1794-13-23, Mainz, den 5. Dez. 1794. Zurück
  35. Das entsprechende Schreiben datiert vom 13. Nov. 1794. Neu plante, einen Ausfall auf die französischen Lager an der Hartenmühle zu machen. KA Wien AFA 1794-992. 1794-11-01 9/10. Die vor Mainz liegenden französischen Truppen sollten nach Aussage von Deserteuren nur die Vorhut sein. Die Hauptarmee habe 20.000 Mann. Um "sich diese lästigen Gäste ganz vom Halse zu schaffen," sollte ein auf Worms zielender Ausfall aus Mannheim gehen, da ja die französischen Truppen auf Mainz konzentriert seien. So müssten die Franzosen Truppen aus Oppenheim abziehen, was sie vor Mainz noch weiter schwächen würde. Nun könne man – unter Nutzung einer preußischen Kavallerie-Zusage – mit ca. 2.000 Mann den französischen "rechten Flügel mit Ungestüm anfallen" und aufreiben. So wären die Franzosen in Mainz in "Front und Rücken" gepackt. Wenn so die Belagerung nicht aufgehoben würde, wäre doch zumindest die Möglichkeit gegeben, die französischen Stellungen zu durchstreifen und zu zerstören, einige Geschütze zu erbeuten oder zumindest zu vernageln. Schreiben von Neu an den Kommandierenden der Oberrhein-Armee Albrecht v. Sachsen-Teschen vom 15. Nov. 1794, KA Wien AFA 1794-992. 1794-11-05. Der Plan kursierte dann im Hauptquartier in Schwetzingen, vgl. KA Wien AFA 1794-992. 1794-11-ad 10. Durch den Fall von Mannheim am 26. Dez. 1794 wurde er allerdings gegenstandslos. Vgl. KA Wien AFA 1794-992, 1794-12-02 3/6 a. Zurück
  36. Zu den Schwierigkeiten der Versorgung der k.k. Armeen und der Festung Mainz vgl. KA Wien Reichs-General-Kriegs-Kommissariat Lilien. Zurück
  37. Obwohl die Mißstände ihre Ursache in starkem Frost, einer ungünstigen Diensteinteilung, der mangelhaften Unterbringung dieses Kontingents und der Lagerung des kurpfälzischen Lazaretts unter freiem Himmel hatten, behauptete der k.k. Gouverneur dem Armeeoberkommando gegenüber ernsthaft, dass die Weichlichkeit der Baiern (das Kontingent bestünde "größten Theils aus einer – durch die zu Haus weichlich gewohnte Lebensart – zum Soldaten wenig geeigneten Menschen Gattung") und ihre Vorliebe für Mehlspeisen der Grund für die exorbitant hohe Sterblichkeit des Kontingents gewesen seien. Die Baiern hätten zudem Heimweh, dies schlüge auf die Galle, so entstünde Gallennervenfieber. Gute Soldaten ertrügen alles, schlechte würden eben mißmutig und stürben deshalb. Schreiben Freiherr v. Neu an Albrecht v. Sachsen-Teschen. Mainz, den 21. Januar 1795, KA Wien AFA 1795-1052. 1795-01-18. Zurück
  38. "Wenn man nun zu diesen Hauptstellen das übrige ganz und gar unwissende General- und Staabs Offs-personale und das quotlibet der bundfärbigen Reichs Garnison nimbt, auf die verschiedenen Dienstverordnungen, und bis zum lachen getriebene Unwissenheit siehet, so soll man billig schließen, Gott, die Natur, und das Heilige Römische Reich haben diese Gansleberpastete für ein Frühstück der Franzosen zusammengesetzt, wofür sie das eingefüllte verzöhren, die Vöstung Mainz aber als den Pasteten daig vor eine bessere fühl benutzen werden." Tagebucheintrag Trivas vom 29. Oktober 1794, KA München Hs 605, 51. Zurück
  39. Zur "Reichskriegsverfassung" vgl. Karl Härter: Reichstag und Revolution 1789-1806. Die Auseinandersetzung des Immerwährenden Reichstags zu Regensburg mit den Auswirkungen der Französischen Revolution auf das Alte Reich (Schriftenreihe der Historischen Kommission bei der Bayrischen Akademie der Wissenschaften, 46), Göttingen 1991, S. 415ff. Zurück
  40. "Mit den Kriegsoperationen am Rhein ist es so stille, wie im Frieden." Bibliothek des Priesterseminars Mainz Hs 236, 27, Eintrag vom 27. Juli 1795. Zurück
  41. Zwischen 11. und 19. Sept. 1795 ließen die Franzosen mehrmals von der Laubenheimer Höhe aus einen bemannten Ballon steigen. Bei der Eroberung der Mannheimer Rheinschanze wurde am 14. Nov. 1795 ein französischer Ballon erbeutet. Bibliothek des Priesterseminars Mainz Hs 236, 30, 45; HHStA Wien MEA Mil 125, 36; KA Wien AFA 1795-1052, 1795-09-02, 1795-09-03; StAMz Nachlaß Röth, Bd. 1, S. 41. Das Heeresgeschichtliche Museum in Wien verwahrt einen französischen Ballon, der bei der Schlacht bei Würzburg am 3. Sept. 1796 erbeutet wurde. Zurück
  42. Vgl. hierzu Elmar Heinz: Kanonenboote auf dem Rhein. Vorgeschichte, Aufbau und Einsätze der k.k. Rheinflottille vor Mainz, Bingen, Koblenz und Mannheim 1795-1797, Mainz 1999 (masch.). Zurück
  43. Gerhard Menzel: Franz Joseph von Albini 1748-1816. Ein Staatsmann des alten Reiches. Zu Wandel und Fortleben der Reichstradition bei der Neugestaltung Deutschlands 1787-1815. In: Mainzer Zeitschrift 69, 1974, S. 1-126, hier S. 52. Zurück
  44. Schreiben Jourdan an Beurnonville vom 13. April 1796, Service historique de l'armée de terre Vincennes (im Folgenden SHAT) B1 224, 292. Zurück
  45. Schreiben Jourdan an Kleber, Köln, den 24. Mai 1796, SHAT B1 224, 399. Zurück
  46. Symbolhaft können hier die Begegnungen des alten österreichischen Generalmajors Freiherrn v. Kray mit den ungestümen jungen französischen General Marceau gelten. Am 20. Dezember 1795 und dem 9. März 1796 trafen sie im Hunsrück zusammen, um über Waffenstillstände zu verhandeln. Bei aller Distanz entwickelte sich offenbar eine gewisse gegenseitige Achtung; nach dem Tod Marceaus auf dem Vormarsch durch den Taunus am 20. Sept. 1796 ließ Kray am 12. Dez. 1796 ein signiertes Bild von sich über die Vorposten bei Neuwied an die Familie Marceaus weiterreichen. Schreiben Jourdan an Bernadotte, Campionet und Grenier vom 20. Dezember 1795, SHAT B1 224, 147; Schreiben Jourdan, Birkenfeld, den 9. März 1796, SHAT B1 224, 236; Schreiben Kleber an Freiherrn v. Kray, Koblenz, den 13. Dezember 1796, SHAT B1 219, 215. Zurück
  47. Der am 17. April 1797 geschlossene Waffenstillstand von Leoben wurde vor Mainz am 24. April bekannt. KA Wien AFA 1797-1138. 1797-04-25 b. Zurück
  48. Härter, Reichstag (wie Anm. 38), S. 527. Zurück
  49. Am 9. Dez. 1797 verließ die k.k. Genie-Direktion als Erste die Festung. Am 20. Dezember wurden die Boote der k.k. Rheinflottille versteigert. KA Wien Gouvernement Mainz 540. Ankündigung in der Privilegierten Mainzer Zeitung vom 16. Dezember 1797. Versteigerungsergebnis in KA Wien Gouvernement Mainz 559. Zurück
  50. Bibliothek des Priesterseminars Mainz Hs 236, 77; K. A. Schaab: Die Geschichte der Bundes-Festung Mainz, historisch und militärisch nach den Quellen gearbeitet, Mainz 1835, S. 462; StAMz Nachlaß Röth, Bd. 1, S. 53f. Zurück
  51. "Rechnung über das im Jahr 1798 von dem ehemaligen Vizedom Amt und Stadtrath eröffnete Städtische Anlehen, von 1mo bis 17mo Jänner 1798." StAMz Abt. 7/325, Abt. 10/50, Abt. 60/225.  Zurück
  52. Schreiben des Freiherrn v. Lilien an Graf v. Sickingen, HQ Schwetzingen den 26. September 1794, KA Wien RGKK Lilien 1794-1643. Zurück
  53. Zum Freikorps Mojaux vgl. BayStAWü MRA Mil K. 233/297. Zurück
  54. Zur Vermünzung des Kirchensilber vgl. BayStAWü Abg. AR 217/57. Zurück
  55. Vgl. hierzu Eberhard Link: Die Mainzer Belagerungsmünzen von 1793. In: Geldgeschichtliche Nachrichten 39, 1974, S. 9ff. Das Bildprogramm dieser Belagerungsmünzen folgte demjenigen der ersten revolutionären französischen Prägungen, ein Eichenlaubkranz umgab ein mit einer Jakobinermütze gekröntes Liktorenbündel. Zur Ähnlichkeit dieser Symbole mit den Wahrzeichen der Mainzer Fastnacht „Weck, Woscht unn‘ Woi“ vgl. Magister Bunnermanns Histörchenreigen. In: Das Waschweib. Zentralorgan aller Klatschbasen Rhenaniae-Moguntiae. 31. Stück vom 10. Dezember 1999, S. 249f. Zurück
  56. Schreiben Freiherr v. Lilien an Reichsgraf v. Wallis, Heidelberg, den 8. Juli 1795, KA Wien RGKK Lilien 1795-3078. Zurück
  57. Zum österreichischen Papiergeld vgl. Günther Probszt: Österreichische Münz- und Geldgeschichte, Wien 1973. Zurück
  58. Vgl. hierzu den Beitrag von Ricarda Matheus in diesem Band. Zurück
  59. Erlaß des k.k. Gouvernements zur Freiheit der Rheinschiffahrt vom 28. Oktober 1794, abgedruckt in der Privilegierten Mainzer Zeitung CLXXX vom 5. November 1794. Leer ablegende Schiffe wurden durch kurmainzische Husaren zur Umkehr gezwungen. Schreiben Regierungsdeputation an das Vizedomamt Mainz. Mainz, den 29. Oktober 1794, BayStAWü MRA Mil K. 243/500. Zurück
  60. "Marschall Graf von Erbach hatte die Gnade, dass er uns beyde sogleich mittags infidierte. Ach, beste Schwester, nach langer Zeit habe ich kein solches Mittagsmahl eingenommen. Es speisten General und Stabsofficier da, nur ich als Grenadier-Commandant. ... Wir speisten auch Fasanen und tranken auch guten Rheinwein, auch Schambagnier." Schreiben des nürnbergischen Hauptmanns Furtenbach vom 28. Januar 1796, zitiert nach Elisabeth Darapsky: Der erste Koalitionskrieg (1792-1797) im Spiegel der Briefe des Grenadier-Hauptmanns Siegfried v. Furtenbach. In: Mainzer Zeitschrift 62, 1967, S. 81-102, hier S. 88. Zurück
  61. "... der Anzug der Männer war sehr altträchtig, der der Weiber ist schlecht gewählt und entstellt sehr. ... Der Anzug deren alten Weiber ist reinlich und in ziemlich denen verfloßnen Jahren angemessener Farbe. Sie budern sich lächerlich und legen keine Schmincke auf deswegen nehmen sich ihre Gesichter unter ihrer verwelchten Farbe sehr unangenehm aus, zu welchem die kaufmännische Speculationsmine das Ihrige reichlich beyträgt und da sie unter die Handlungs Producten die Versorgung ihrer Töchter und Nichten zählen, so haben sie auf selbe ein Auge, das sie um die /: jetzt so nöthigen :/ durchdringlichsten Blicke herzzwingen ihre Gesichtsmuskeln bitter verziehen." Tagebucheintrag Trivas vom 15. Februar 1795, KA München Handschrift 605, 66. Zurück
  62. Siehe Fußnote 26. Zurück
  63. „Das große Trauerspiel versammelte die schöne Welt von Hanau, Mannheim, Frankfurt, Darmstadt usw. in den Lägern des Bundes. Der Dämon der Zerstörung, der Knall der Kartaunen, das Morden und Brennen sprach ihre Neugier, der dichte Kreis der Offiziere die Gefallust an. Vorzüglich wurden die Hessen, welche in Frankfurt ihre Quartiere gehabt hatten und deren Lager außer der Zielbahn des feindlichen Geschützes lag, an jedem schönen Tage besucht; man wallfahrtete von da zum Herrn Müller nach Hochheim, wo alles was der Umkreis Schönes, das Lager Genuß- oder Spielsüchtiges hatte, zu finden stand. Wer nun eben aus den Laufgräben von einer Werkstätte der Zerstörung herkam; wer Stundenlang nur den Tod, die Flammen und das Medusenhaupt des Kampfes im Auge gehabt hatte, dem fiel es seltsam auf, sich hier plötzlich in allen Freuden und Täuschungen des tiefsten Friedens, des Ueberflusses und Wohllebens versetzt zu sehen und statt springender Grenaden, wilder Flüche und des stygischen Sterbegewinsels, die Stimmen der Charis, die Jubel der Freude, den Vogelfänger und die cosa rara zu hören“. Schilling, Bagatellen (wie Anm. 26), S. 65ff. Zurück
  64. Am 24. Juni 1793 wurden ungefähr 1.500 Mainzer aus der Festung gewiesen; die Belagerer ließen sie nicht über Kastel hinaus passieren, in die Festung ließ man sie nicht zurück. Die Mainzer mussten zwei Nächte zwischen den Fronten unter Geschützfeuer und Regen verbringen, zwei Frauen mussten unter diesen Bedingungen entbinden. StAMz Nachlass Röth, Bd. 1, S. 25f. Zurück
  65. "... wer auf Cassel reiset oder am rechten Rheinufer muß 4 Livres zahlen, sie heissen das nach Deutschland in das Despotenland – die Armut in Mainz wird von Tag zu Tag größer." Schreiben des ehemaligen Adjudanten Hauptmann Titz an seinen ehemaligen Vorgesetzten, Gouverneur Freiherrn v. Neu zu den Zuständen in Mainz nach der französischen Besetzung, Pilsen, den 5. April 1798, KA Wien Gouvernement Mainz 650. Zurück
  66. Die Bevölkerungszahl von Mainz wird für das Ende des 18. Jahrhunderts allgemein mit 25 bis 30.000 angegeben, diese Zahl erscheint allerdings überhöht. Eine Einwohnerzählung aus dem Jahr 1801 kommt auf 20.713 Einwohner von Mainz und Kastel, davon 14.953 Personen über 12 Jahre in Mainz und 1.020 in Kastel. Wilhelm v. Achenholtz (Hrsg.), Minerva, Bd. 1, 1802, S. 476f. Die Größe der Garnison schwankte je nach militärischer Lage stark. In der Regel befanden sich zwischen 15 und 25.000 Soldaten innerhalb der Festungswerke. Diese Truppen lagen im Winter in der Stadt zum kleineren Teil in den wenigen, als „Quasi-Kasernen“ genutzten großen Gebäuden, hauptsächlich aber bei den Einwohnern in Kantonierung. Im Sommer bezogen sie in den Festungswerken und im rechtsrheinischen Hinterland der Festung Zeltlager. Zurück
  67. Schreiben Albrecht v. Sachsen-Teschen an Freiherrn v. Neu. HQ Heidelberg, den 28. Januar 1795, KA Wien AFA 1795-1052. 1795-01-30. Zurück
  68. Kriegsratsbericht Graf v. Hatzfeld. Mainz, den 5. Februar 1795, KA Wien AFA 1795-1053. 1795-13-09 a. Zurück
  69. "... und da die Leute sich sehr vorm Lazarett fürchten, in dem sie ihre Cameraden so häufig und hilflos sterben sehen, so suchen sie ihre Krankheit in sich zu halten und zu verbergen, als es nur immer möglich ist." Tagebucheintrag Trivas vom 24. Januar 1795, KA München Hs 605, 63. Zurück
  70. KA Wien AFA 1795-1053. 1795-13-12 a. Zurück
  71. Schreiben an die kurmainzische Regierungsdeputation, Mainz, den 18. Februar 1795, BayStAWü MRA Mil K. 243/500. Zurück
  72. In den Beständen des KA Wien finden sich zwar wiederholt Steckbriefe einzelner französischer Spione; die Personen waren i.d.R. aber so auffällig, dass sie nicht wirklich verdeckt arbeiten konnten. Die Informationen über einen tatsächlich verdeckt arbeitenden „homme de confiance“, der die Führung der französischen Rhein- und Mosel-Armee gegen Bezahlung fortlaufend aus Mainz mit wichtigen Informationen über die deutschen Truppenstände und Planungen versorgte, finden sich über viele Archivnummern des SHAT verstreut. Vgl. hierzu SHAT 1 M 330, 1 M 332, 1 M 333-2, B1 218, B1 219, B1 221, B1 224. Zurück
  73. Vernehmung der Barbara Mitternacht. Schreiben des kurmainzischen Vizedomamtes Mainz (Wolff) vom 1. Dez. 1795, BayStAWü MRA Mil K. 243/500. Zurück
  74. Vernehmung der Katharina Schmitt. Schreiben des kurmainzischen Vizedomamtes Mainz (Wolff) vom 26. Dez. 1795, BayStAWü MRA Mil K. 243/500. Zurück
  75. Vernehmung der Katharina Schmitt. Schreiben des kurmainzischen Vizedomamtes Mainz (Wolff) vom 26. Dez. 1795, BayStAWü MRA Mil K. 243/500. Zurück
  76. "Niedliche Winzermädchen überschwemmten mit ihren Frucht- und Milchkörben das Lager und kannten jedes Zelt in dem man sie gerne sah. Süß und groß waren ihre Erdbeeren, fett ihre Milch, aber wehe jedem, welcher in den Sodomsapfel biß, den unter feinen Strohhüten hervor ihre großen, lüsternen Augen frech und freundlich ausboten. Diese Zuchtlosen waren meist durch die Hände der Emigranten gegangen, welche vor dem Ausbruch des Krieges die Gegenden von Mainz und Koblenz überschwemmten und durch Zulassung der Herren Erzbischöfe das Volk entsittlichten. Mütter boten hier nicht selten ihre Töchter an, der Bruder die Schwester, der Greis die Enkelin". Schilling, Bagatellen (wie Anm. 23), S. 66f. Zurück
  77. Im August 1795 nahm im Garnisonsspital die Zahl der "venerische Krankheiten" sprunghaft zu, da sich auch weiterhin "viele mit der Lustseuche behaftete Weibsbilder nicht allein bey den Bataillons befinden, sondern auch im Lager herumziehen." Pikanterweise wurde die Tätigkeit der Prostituierten durch die zivilen Ordnungshüter nicht nur nicht unterbunden; vielmehr waren "die Polizeyknechte, (...) derley Verderben verbreitende Gattung Weibsbilder, welche sich meistens in den Reuel aufhalten, keineswegs hinderlich, dass sie solche arretiren, sondern sind ihnen vielmehr behülflich." Gouvernentsbefehl vom 5. August 1795, StAMz Zugang 1955/19, Bd. 2, S. 276. Zurück
  78. Vgl. hierzu die zahlreichen Arbeiten von K.G. Bockenheimer, der selbst hervorhebt, dass ihm die Arbeit an den Würzburger Archivalien „von den zuständigen Behörden in zuvorkommendster Weise gestattet wurde“ und zugleich die Schwierigkeit der begrenzten Ressource Zeit aufzeigt: „allein in der Kürze meines Aufenthalts mußte ich mich auf das Studium des wichtigeren Theils der Urkunden beschränken“. K.G. Bockenheimer: Die Uebergabe der Stadt Mainz an die Franzosen im Dezember 1797 (Beiträge zur Geschichte der Stadt Mainz, 2), Mainz 1875, S. I.  Zurück
  79. Lautzas, Festung (wie Anm. 10), S. 79ff.: Kapitel 2.B. "Mainz als das strategische Zentrum der Rheinverteidigung 1794-1797". Hier werden die Ereignisse thematisch zusammengefaßt, der jeweilige zeitliche Zusammenhang geht hierdurch z.T. verloren. Zurück
  80. „Sekundärliteratur gibt es dazu nicht“. Lautzas, Festung (wie Anm. 10), S. 93 Fußnote 1. Zurück
  81. Zum Schicksal eines Teils der Überlieferung vgl. Helmut Mathy: Die Geschichte des Mainzer Erzkanzlerarchivs 1782-1815. Bestände, Organisationen, Verlagerung (Recht und Geschichte, 5), Wiesbaden 1969. Zurück