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Medizin für den Körper und Medizin für die Seele - Hospitäler im Florenz der Renaissance

von John Henderson

0.1.Der Ruf der Hospitäler in Florenz und in der Toskana

Apud Etruriam pro vetere illo sanctitatis et verissimae

religionis cultu, quo semper claruit, mirifica viscentur hospitaria

incredibili habita impensa, ubi civium peregrinorumve quivis nullam,

quae ad salutem pertineat, rem sibi defuturam sentiat“. [Anm. 1]

Diese [Anm. 2] Passage aus dem 5. Buch der Architettura, geschrieben Mitte der 50er Jahre des 15. Jahrhunderts von dem humanistischen Architekten Leon Battista Alberti, ist nur ein Beispiel in einer ganzen Reihe begeisterter zeitgenössischer Kommentare über das Erscheinungsbild der Hospitäler im Italien der Renaissance und über die Dienstleistungen, die diese bereitstellten. Ja mehr noch: wie Alberti andeutet, waren es die Hospitäler in der Toskana, die nach Meinung vieler als Vorbild für diejenigen Städte und Herrscher in anderen Teilen Italiens und Europas dienten, die sich mit Plänen für die Gründung und Anlage ähnlicher Institutionen für kranke Arme befassten.

Zwei wesentliche Merkmale italienischer Hospitäler finden bei allen Zeitgenossen Erwähnung, gleichgültig, ob sie Italiener waren oder aus dem Ausland kamen. Zum einen sprechen sie vom Können und der Anzahl des medizinischen und des Pflegepersonals. Zum anderen erstaunte sie die Größe, deren Ausmaß sie für besonders bemerkenswert hielten. Zwar könnte man das oben genannte Zitat von Alberti für einen bloßen Ausdruck des campanalismo (Lokalpatriotismus) halten; doch lässt sich diese Ansicht schon durch einen Kommentar Martin Luthers widerlegen, der ja nicht eben für seine freundlichen Bemerkungen über katholische Einrichtungen bekannt war. Auf seiner Reise durch Italien in den Jahren 1510 bis 1511 hielt er sich auch in Santa Maria Nuova auf und bemerkte dazu: „In Italia sind die Spitale sehr wohl versehen, schön gebauet, gut Essen und Trinken, haben fleißige Diener und gelehrte Aerzte, die Bette und Kleidung sind ein, und die Wohnungen schön gemalet“. [Anm. 3] Der wesentliche Punkt, von Luthers überraschend positiver Beschreibung einmal abgesehen, ist hier, dass er es als selbstverständlich ansah, dass Hospitäler über Ärzte verfügten und dass diese eine zentrale Rolle für das Funktionieren der Institution spielten. Luthers Kommentare und diejenigen seiner Zeitgenossen sollten einen Einfluss haben, der weit über das Publikum hinausreichte, für das sie bestimmt waren. Die Herrscher von Staaten in anderen Teilen Italiens und Europas waren so beeindruckt von den Berichten über diese Hospi­täler, dass sie sich als Vorlage für Spitäler, die sie selbst errichten wollten, Abschriften der Hospitalsordnungen und der Baupläne schicken ließen. Eines der besten Beispiele hierfür ist das von Heinrich VIII. 1510/11 gegründete Savoy-Hospital, das nach dem Vor­bild von Santa Maria Nuova in Florenz angelegt wurde. [Anm. 4] Architektonische Vorbilder aus der Toskana, vor allem die kreuzförmige Gestalt, waren auch in anderen Teilen Italiens von Einfluss, so in Pavia und wohl auch im Ospedale Maggiore Mailand. [Anm. 5]

Wenn wir in Albertis Abhandlung über Architektur und derjenigen Antonio Filaretes, des Architekten des Ospedale Maggiore, den jeweiligen Kontext der Abschnitte über Hospitäler berücksichtigen, erfahren wir zudem mehr über die zeitgenössische Auffassung der Funktion, die diese für die Gesellschaft erfüllten. [Anm. 6] Jeder dieser beiden Renaissancearchitekten plazierte seinen Abschnitt über Hospitäler unmittelbar im Anschluss an diejenigen über Kirchen und Klöster. Letztere sah Alberti als eine Art religiöses Militärlager bestehend aus den Angehörigen eines geistlichen Heers, das gegen die Sünde und den Teufel Krieg führte. [Anm. 7] Das impliziert, dass Hospitäler als Ableger der religiösen Orden gesehen wurden, was aus der Art ersichtlich wird, in der sich ihre Gestaltung und Funktion aus der Rolle der Gastfreundschaft unter den religiösen Orden des Mittelalters entwickelte. Aber Hospitäler gingen weiter; sie waren aus ihrem Selbst­verständnis heraus offen für die Welt und nahmen die Armen auf, die die Mönche vor ihren Toren gespeist, in ihrer Masse aber nicht zu medizinischer Behandlung in ihre Infirmarien eingelassen hatten.

Italienische Hospitäler – allerdings sollten wir im Gedächtnis behalten, dass es sich hier vor allem um diejenigen in städtischen Zentren handelt – wurden damals also beschrieben als von beeindruckender Größe und Gestalt; sie stellten den physischen Rahmen für die Behandlung der armen Kranken sowohl durch die medizinische wie die spirituelle Fachausbildung ihres Personals. Das Hospital war also die Institutionalisierung des Bildes von Christus als Arzt, der die Armen in der Gestalt des Pilgers Chri­stus bei sich aufnahm.

Die Beschäftigung der Zeitgenossen mit der physischen Gestalt des Hospitals wird eines der grundlegenden Themen dieses Aufsatzes sein. Die Aussage der Schriftquellen soll mit derjenigen noch sichtbarer Beispiele kombiniert werden, um die Rolle, die die Religion bei der Behandlung der Patienten in städtischen Hospitälern spielte, genauer zu erforschen. Florenz ist in diesem Zusammenhang ein besonders geeignetes Bei­spiel, da hier eine beträchtliche Anzahl von Kunstwerken erhalten ist, die aus dem Kontext von Hospitälern stammen. Auch eine Anzahl von Stätten ehemaliger Hospitäler sowie deren Gebäude sind aus dieser Zeit erhalten; selbst dort, wo diese beträchtlich verändert worden sind, ist es immer noch möglich, die ursprüngliche Bausubstanz plausibel zu rekonstruieren.

Einige der Hospitalskomplexe sind noch heute in bemerkenswert gutem Zustand, und die großen Räume, die für die Pflege der Patienten nötig waren, werden jetzt für andere Zwecke genutzt, so etwa im Fall des Ospedale di San Matteo, das einen beträchtlichen Teil sowohl der Kunsthochschule als auch der Galerie der Akademie ausmacht, oder von San Paolo, dessen ehemalige Hauptstation heute ein Kino beherbergt. [Anm. 8] Es ist ein Indiz für den Wandel der Prioritäten seit dem 15. Jahrhundert, dass sich an der Stelle am Ende des Stationsraums, an der der Altar stand, heute die Leinwand befindet. Ein Hospital, das noch immer seine ursprüngliche Funktion der Fürsorge für Kranke wahrnimmt, ist Santa Maria Nuova, wenn auch in den letzten 200 Jahren drastische bauliche Veränderung erfolgt sind, die wenig übriggelassen haben von den ursprünglichen gigantischen kreuzförmigen Stationen, derentwegen das Hospital bei Zeitgenossen innerhalb und außerhalb Italiens so berühmt war.

Bevor ich aber zu meinem Hauptthema komme, der spirituellen Fürsorge für den kranken Patienten im Kontext von Santa Maria Nuova, werde ich einen kurzen Überblick über die Entwicklung von Hospitälern im Florenz des Spätmittelalters und der Renaissance geben. Dieser Überblick wird helfen, den Prozess der Medikalisierung einiger der größten unter diesen Institutionen zu untersuchen. Ich meine mit diesem zugegebenermaßen anachronistischen Ausdruck die zunehmende Konzentration auf medizinische Dienstleistungen: die Behandlung der armen Kranken mittels der Beschäftigung einer Reihe von Fachärzten.

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0.2.Die Entwicklung der Florentiner Hospitäler

Obwohl in der Zeit von etwa 1200 bis 1500 mehr als 60 verschiedene Hospitäler in Florenz existiert haben könnten, haben Zeitgenossen vom 14. bis ins frühe 16. Jahrhundert festgehalten, dass es in der Stadt nie mehr als etwa 30 bis 35 gleichzeitig gab. [Anm. 9] Das Muster ihrer Gründung entsprach anfänglich dem Modell, das aus Untersuchungen für das nördliche Europa bekannt ist, wobei die Anlage einer Reihe neuer Gründungen seit dem letzten Viertel des 13. Jahrhunderts der Periode des größten Bevölkerungswachstums entspricht. Im Gegensatz zu einigen Belegen aus England jedoch führte nach dem Schwarzen Tod die größere Verfügbarkeit von Bargeld – und möglicherweise auch schlechtes Gewissen – zu einer Reihe von Neugründungen für die armen Kran­ken. Die generelle Verbesserung der Lebensverhältnisse führte daher nicht zur Ausrottung der Armut, sondern brachte Stifter lediglich dazu, ihre Geldmittel stärker spezialisierten Formen der Unterstützung zuzuführen. Unter den Nutznießern waren vor allem kranke Erwachsene und ausgesetzte Kinder.

Wir kommen somit zum zentralen Anliegen dieses Beitrags: die medizinischen Einrichtungen für arme Kranke. Mitte des 15. Jahrhunderts gab es fünf Haupthospitäler. Das größte war dasjenige, das wir zu Beginn kennen gelernt haben, Santa Maria Nuova. 1288 gegründet, hatte es 1376 schon 120 Betten, eine Anzahl, die in den 1420er Jahren bereits auf 230 angewachsen war. Die übrigen spedali für die Armen waren zwar kleiner, doch war auch ihre Arbeit kaum unbedeutend. Das älteste war San Paolo mit 34 Betten, gefolgt von zwei Gründungen aus der zweiten Hälfte des 14. Jahr­hunderts: San Matteo mit 60 und Messer Bonifazio mit 31. Dabei ist zu bedenken, dass diese Zahlen zur Errechnung der Anzahl der Patienten zu verdoppeln sind, da es normale Praxis war, jedes Bett mit zwei Personen zu belegen. Das würde bedeuten, dass seit dem frühen 15. Jahrhundert diese vier Hospitäler allein schon stationäre Behandlung für 2% der Florentiner Bevölkerung bereitstellen konnten, ohne die vielen anderen spedali der Stadt oder die Möglichkeit ambulanter Behandlung überhaupt in die Berechnung mit einzubeziehen. Das sagt uns allerdings nichts über Zu- und Abgänge; da der Großteil der Patienten nur relativ kurze Zeit blieb, könnten die Ziffern für behandelte Personen pro Jahr sehr hoch liegen. Im frühen 16. Jahrhundert, als Luther sich in Santa Maria Nuova aufhielt, nahm das Spital jährlich 6000 männliche und weibliche Patienten auf, was etwa 10% der Einwohner entspricht; und diese Ziffer schließt noch nicht die beträchtlichen ambulanten Dienstleistungen ein, die das Hospital bereitstellte. [Anm. 10] Die Beschwerden und Krankheiten, unter denen diejenigen litten, die behandelt wurden, waren meist geringfügige akute Leiden wie „Fieber“, was erklärt, wie diese Institutionen so viele Menschen aufnehmen konnten. Das bedeutet, dass diese Hospitäler nicht dem populären Bild mittelalterlicher Spitäler als Orte entsprechen, an die Menschen kamen, um zu sterben; der Großteil der Patienten verließ das Spital als Lebende, nicht als Tote.

Zwar fehlt hier der Raum, auf die konkreten Behandlungsmethoden einzugehen, die Florentiner Hospitäler anboten; bevor ich aber auf die spirituelle Fürsorge für die Patienten eingehe, ist es sinnvoll, zunächst kurz auf das medizinische Personal zu spre­chen zu kommen, das von diesen Institutionen beschäftigt wurde. Schon in den 20er Jahren des 14. Jahrhunderts beschäftigte Santa Maria Nuova sieben verschiedene medizinische Spezialisten, darunter einen allgemeinen Arzt und eine Reihe von Fachärzten, unter denen sich auch zwei Barbier-Chirurgen befanden, die auf äußere Verletzungen und Augenleiden spezialisiert waren. Im frühen 15. Jahrhundert beschäftigte man bereits drei Ärzte, dazu Chirurgen und außerdem einen vollbeschäftigten Apotheker. Gleichzeitig verpflichteten die anderen neuen medizinischen Spitäler medizinisches Personal, das, wie in Santa Maria Nuova, schließlich einige der überragendsten Ärzte der Zeit mit einschloss. [Anm. 11] Florenz erlebte also während des 14. und 15. Jahrhunderts einen allmählichen Anstieg in der Zahl seiner Hospitäler. Anders als in einigen Teilen des nördlichen Europa wuchsen hier gerade während der 150 Jahre, die auf den Schwarzen Tod folgten, die Spitalseinrichtungen durch die Gründung einer Reihe von Institutionen an, die für ausgesetzte Kinder und vor allem für arme Kranke bestimmt waren. In diesem Sinne können wir durchaus, wenn auch anachronistisch, von einer Medikalisierung der italienischen Hospitäler im Spätmittelalter und der Renaissance sprechen.

In diesem Aufsatz geht es jedoch weniger um die Behandlung der armen Kranken mit physischen und medizinischen Mitteln oder darum, die Krankheits- und Sterblichkeitsziffern zu berechnen. Statt dessen möchte ich mich auf einen Aspekt konzentrieren, der oft zu wenig beachtet wird, der aber für die Zeitgenossen eine wesentliche Funktion der Renaissancespitäler darstellte, nämlich ihre spirituelle Rolle, die „cura dellanima“, die nach allgemeiner Auffassung die „cura del corpo“ ergänzte.

Besonders wichtig in diesem Zusammenhang war die einflussreiche Vorstellung vom Christus Medicus, vor allem in der Form, wie sie der heilige Augustinus entwickelt hatte. Christus wurde dargestellt als göttlicher Arzt, der die spirituellen Krankheiten der Menschen heilte, denn Krankheit wurde mit Sünde gleichgesetzt, Gesundheit mit Tugend, wie er in einer seiner Predigten erklärt: „Wie ein kunstfertiger Arzt wußte der Herr besser, was in dem Kranken vorging, als der Kranke selbst. Ärzte tun nämlich das für Krankheiten des Körpers, was der Herr auch für Krankheiten der Seele zu tun vermag“. [Anm. 12] Augustinus führt diesen Vergleich zwischen dem menschlichen und dem göttlichen Arzt in einer anderen Predigt noch weiter: [Anm. 13]

Für den allmächtigen Arzt ist nichts unheilbar [...] der menschliche Arzt irrt manchmal und verspricht Gesundheit für den menschlichen Körper. Warum irrt er? Weil er das behandelt, was er nicht selbst gemacht hat. Gott jedoch hat den Körper erschaffen, Gott hat die Seele erschaffen. Er weiß, wie das zu heilen ist, was er geschaffen hat“.

Es existiert also eine Abstufung des Wissens, vom Patienten, der am wenigsten weiss, über den Arzt mit seiner Kenntnis innerer Medizin, der Krankheiten besser erkennen kann als derjenige, der sie erleidet, bis hin zum göttlichen Arzt, dessen Wissen nicht durch menschliche Wahrnehmung begrenzt ist und der jede Krankheit heilen kann, weil er derjenige ist, der den Körper des Patienten geschaffen hat.

Ich möchte diese beiden miteinander verbundenen Bereiche der Religion und der Medizin anhand von zwei der wichtigsten Lokalitäten innerhalb des Komplexes von Santa Maria Nuova erläutern, dem wichtigsten medizinischen Hospital in Florenz. Der erste ist die Spitalkirche San Egidio, für die ich die Bedeutung medizinischer Darstellungen in der Ikonographie des Bildprogramms unterstreichen möchte. Der zweite sind die Stationen, sowohl diejenige für Männer wie die für Frauen; hier soll der Beitrag der Religion zum Heilungsprozess in einem Bereich dargestellt werden, der häufig ausschließlich als Domäne der Medizin gesehen wird. [Anm. 14]

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0.3.Medizin, Religion und die Hospitalskirche

Am 9. September 1420 fand in Santa Maria Nuova ein Ereignis statt, das bedeutende Auswirkungen nicht nur für das öffentliche Profil des Spitals in der Stadt hatte, sondern auch auf das äußere wie das innere Bildprogramm von San Egidio. (Abb. 1: Nr. 2). An diesem Tag wurde die Kirche der Jungfrau Maria neu geweiht, der neue Altar wurde durch den Kardinal von Bologna konsekriert und die Weihe im weiteren Verlauf des Tages von Papst Martin V persönlich konfirmiert. Dem waren zwei Jahre vorausgegangen, in denen der ursprünglich romanische Kirchenbau erweitert und erneuert wurde. <ANM> Vgl. W. und E. Paatz, Die Kirchen von Florenz, Frankfurt am Main, III, 1952, S. 84.</ANM>

Dieses Ereignis war so wichtig für das Spital, dass die Erinnerung daran in einem Fres­co festgehalten wurde, das Bicci di Lorenzo zwischen 1424 und 1425 schuf (vgl. Abb. 2). <ANM> Vgl. M. Holmes, Fra Filippo Lippi. The Carmelite Painter, New Haven/London 1999, S. 44-45, 253 Anm. 74; B. Buhler Walsh, The Fresco Paintings of Bicci di Lorenzo, Phil. Diss. Indiana 1981, S. 21ff. und J. H. Beck, Masaccio's Early Career as a Sculptor. In: The Art Bulletin, LIII.2 (1971), S. 181. Auch eine Datierung des Freskos in die Jahre 1440-1442 ist vorgeschlagen worden, vgl. ebd.; Abb. 3 oben im Text aus Henderson, Healing (wie Anm. 9), S. 194.</ANM> Besonders aufschlussreich ist, dass das Fresco nicht für den Innenraum von San Egidio bestimmt war, sondern für den Bereich, der dem Blick der Öffentlichkeit am stärksten zugewandt war, nämlich die Fassade. Diese Position betonte die zentrale Funktion des Spitals im religiösen und karitativen Leben der Stadt, unterstrichen durch die Gegenwart des Papstes. Die Szene zeigt Martin V. im Vordergrund, links vom Zentrum des Bildes; der Papst nimmt die Huldigung des Hosptialsrektors Messer Michele di Frusino da Panzano entgegen. <ANM> Zur Zeremonie vgl. das Gemeindedekret von 1420 Oktober 16 in: G. Richa, Notizie delle chiese fiorentine, Florence 1754-1762, VIII, S. 198.</ANM> Die Bedeutung der Zeremonie für die Stadt zeigt sich in der Größe der Menge auf der Piazza und in der Anwesenheit führender Mitglieder der weltlichen und geistlichen Führungsschichten. <ANM> Vgl. M. Holmes, Fra Filippo Lippi (wie Anm. 16), S. 44-46.</ANM>

Trotz der Anwesenheit dieser großen Menge auf der Piazza di Santa Maria Nuova sind in gewisser Weise das Spital und seine vergrößerte Kirche die Hauptdarsteller der Inszenierung. Und wenn man dieses Bild auch nicht als detailgetreue Darstellung des Hospitals im frühen 15. Jahrhundert wird lesen können, so liefert es doch zumindest einen Anhaltspunkt für die Hauptelemente, die sowohl der Mann, der das Fresco in Auftrag gab, der Spedalingo, als auch der Künstler, Bicci di Lorenzo, für wichtig erachteten: den großen Platz, und, von rechts nach links betrachtet, die Eingänge zur Männerstation und zum Chiostro delle Medicherie (Abb. 1: Nr. 1 und 3) sowie die einfache Fassade von San Egidio mit dem Steildach, dem Fenster und einem kleinen hervorstehenden Ziegeldach, das das Tympanum über dem Eingang schützt, welches eine dem Florentiner Dello Delli zugeschriebene Terracottagruppe der Krönung Mariens zeigt. [Anm. 15]

Links außen auf dem Fresco schließlich befand sich der Eingang zu dem sogenannten Chiostro delle Ossa, dem Kreuzgang der Knochen eine bildhafte Bezeichnung für den Friedhof des Hospitals (Abb. 1: Nr. 4).

In der Lünette über dem Eingang zum Friedhof ist eine Dreiviertelfigur des Christus, der seine Wunde weist, zu sehen. Zwar wird diese Figur nicht mehr zu der bemalten Terracottaskulptur desselben Gegenstandes in Bezug gesetzt, die Dello Delli zugeschrieben wird (Victoria and Albert Museum, London), doch liegt ihre Bedeutung für uns in ihrer Ikonographie (vgl. Abb. 4). [Anm. 16]

Gegenstand der Skulptur war der Schmerzensmann, ein ikonographisches Thema, das in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts zunehmende Bedeutung in der Fresken- und Tafelmalerei erlangte, als Skulptur im Florenz dieser Zeit aber offenbar einzigartig ist. [Anm. 17] Im Unterschied zu der üblicheren Darstellungsweise wird Christus nicht mit ausgestreckten Armen dargestellt, sondern mit den Fingern in seiner Wunde. Diese Form der Darstellung geht offensichtlich zum Teil auf praktische Gründe zurück, da die Lünette nur begrenzten Platz bot. Aber der erschreckende Realismus der Darstellung dient auch dazu, den Bezug zwischen dem Thema der Kreuzigung und dem Chiostro delle Ossa ausgesprochen bildhaft zu verdeutlichen. Das Auge des Besuchers wurde unausweichlich auf die große offene Wunde im Zentrum der Komposition gezogen und er oder sie somit veranlasst, sich selbst mit dem sichtbaren Leiden und Sterben Christi auseinander zusetzen. Die Tradition, die die Wunde in Christi Seite als Zugang zur ewigen Erlösung ansieht, macht die Platzierung der Skulptur über dem Eingang zum Friedhof besonders angebracht. Allgemeiner gesehen, reflektierte der Schmerzensmann auch die Schmerzen und die Krankheit derjenigen, die im Spital starben und auf dem Friedhof bestattet wurden. [Anm. 18]

Die Figur vermittelte dem Besucher jedoch bei weitem nicht nur ein rein negatives Bild, ob er oder sie nun zum Gottesdienst in die Kirche oder zur ambulanten oder stationären Behandlung gekommen war, denn sie beinhaltete auch eine Erinnerung daran, dass das Leiden Christi ebenso wie dasjenige der Insassen die Erlösung verhieß und somit half, die Rolle des Spitals in seinem Dienst an den Kranken zu rechtfertigen. Wichtig ist allerdings auch, dass den Zeitgenossen in Florenz das augustinische Bild des Christus Medichus vertraut war, das in der Abhandlung des Dominikanerbruders Domenico Cavalca Lo specchio della croce – auch bekannt unter dem Titel Medicina del cuore – zum Ausdruck kommt: [Anm. 19] Das Verhältnis zwischen Maria und ihrem Sohn wird tatsächlich auf der Außenseite des Hospitals dargestellt, in der angrenzenden Terracottagruppe der Krönung Mariens, die Dello Delli zugeschrieben wird, eine Szene, die eine zentrale Rolle in der Mariendarstellung spielte und die im Florenz des Trecento häufig auf Fresken und Altargemälden dargestellt wurde (Abb. 3). [Anm. 20] Gegenstand der Darstellung sind hier nicht die Schmerzen und das Leiden des Gekreuzigten, sondern der freudige Akt der Krönung Marias durch den Gottessohn, der den Höhepunkt ihrer Himmelfahrt und ihres Sieges über den Tod darstellt.

Diese Szene findet im Himmel statt – sie sitzen auf Wolken – wodurch für die Besucher die Hoffnung auf ewige Glückseligkeit unterstrichen wird und sie weitergeleitet werden in die Kirche, wo sie während des Höhepunkts der Messe den erhöhten Körper Christi sehen werden. Es ist bemerkt worden, dass die Plazierung Christi auf der linken anstelle der rechten Seite des Betrachters nicht der üblichen Darstellungsweise dieser beiden Figuren entspricht. [Anm. 21] Diese Anordnung ergibt jedoch Sinn, wenn man sie in Relation zum Eingang des Chiostro delle Ossa betrachtet, denn sie verweist den Betrachter auf die zweite Lünette und erinnert ihn somit daran, dass diese freudenvolle Szene nicht ohne das in der Gestalt des Schmerzensmannes dargestellte Leiden verstanden werden kann.

Innerhalb eines Jahrzehnts wurde der Gegenstand des Lünettenreliefs auch in die Kirche hineingetragen durch Fra Angelicos  überwältigendes Altargemälde der Krönung Mariens, das wahrscheinlich zwischen 1435 und 1443 in Auftrag gegeben wurde (Abb. 5). [Anm. 22]

Während der heutige Standort dieses Gemäldes (Uffizi) und seiner Predella-Tafeln mit der Vermählung Mariens und der Dormitio (Museo di San Marco) allgemein bekannt sind, haben sich über den Originalstandort weniger Informationen erhalten. Historiker haben sich meist auf Vasaris Angabe berufen, am tramezzo (Lettner) von Santa Maria Nuova sei ein weiteres Bild von seiner Hand zu sehen. [Anm. 23] Wenn es tatsächlich an einem Lettner vor dem Hauptaltar aufgehängt war, hätte dies wiederum den Bezug zwischen Maria und Christus betont. Die physische Nähe des Altargemäldes zum Hochaltar und der Hostie hätte darüber hinaus die enge theologische Verbindung zwischen der Krönungsszene und der Eucharistie durch die Vorstellung von Maria als Tabernakel Christi betont. [Anm. 24] Bezüge auf das Hospital und seine mildtätige und medizinische Funktion können anhand der Gegenwart bestimmter Heiliger unter diesen außerordentlichen himmlischen Heerscharen hergestellt werden. Das erklärt die herausragende Stellung des hl. Aegidius, des ersten Patrons von Santa Maria Nuova, der zudem in einem Reliquar auf dem Hochaltar körperlich anwesend war. [Anm. 25] Er wurde vorn im Bild dargestellt, bekleidet mit Priestergewand, Stab und Mitra, und durch eine Beschriftung auf seiner Kappe noch ausdrücklich identifiziert: „Sanct. Egidio abbas intercessor existe“. Ebenfalls vertreten waren eine toskanische Heilige, die aufgrund ihrer barmherzigen Taten berühmt war: die hl. Katharina von Siena, an deren Fürsorge für die Kranken in dem Seneser Hospital Santa Maria della Scala man sich noch erinnerte; die hl. Lucia, Schutzheilige für Personen mit Augenleiden, da ihr während ihres Martyriums die Augen ausgequetscht worden waren; und die hl. Agnes, die bereits physisch in einem Reliquiar in der Kirche anwesend war und der ebenfalls Heilkräfte bei der Wiederherstellung der Seekraft und der Gesundheit zugeschrieben wurden.

Die Bedeutung, die Maria für die neugeweihte Kirche San Egidio hatte, wurde seit den späten 1430er Jahren noch stärker betont, als ein Freskenzyklus des Marienlebens für den eben erweiterten Chor bei einer Reihe berühmter Maler in Auftrag gegeben wurde, darunter Domenico Veneziano, Piero della Francesca, Andrea Castagno und Alesso Baldovinetti. [Anm. 26] Es ist in diesem Zusammenhang sinnvoll, darauf hinzuweisen, dass entgegen der generell in der Forschung vertretenen Meinung diese Kapelle in den Zahlungen für den Freskenzyklus nie als Eigentum der Compagnia di Santa Luca der Maler bezeichnet wird, sondern als Cappella Maggiore della chiesa di Sancto Gidio di questo spedale oder als Chappella dell altare magiore. [Anm. 27] Wie Anna Padoa Rizzo kürzlich betont hat, befand sich die Capella di S. Luca der Malerbruderschaft nicht im Chor von San Egidio, sondern war die Hauptkapelle der Männerstation, bekannt unter dem Namen Chiesa di Santa Maria Nuova. [Anm. 28]

Wenn sich auch fast nichts von diesem Zyklus erhalten hat, bleibt seine Existenz dennoch wichtig, denn er liefert den Kontext für das berühmteste erhaltene Gemälde aus San Egidio, die „Anbetung der Hirten“ von Hugo van der Goes, die als „Portinari-Altargemälde“ am besten bekannt ist und den Zyklus des „Marienlebens“ vervollständigt haben soll. Sie wurde etwa 1475 durch den Patron des Hospitals, Tommaso Portinari, der damals in Brügge lebte, bei Hugo in Auftrag gegeben; acht Jahre später, im Mai 1483 (vgl. Abb. 6), wurde sie schließlich aufgestellt, wahrscheinlich als Ersatz für Lorenzo Monacos „Anbetung der Könige“. [Anm. 29]

Historiker haben zu Recht den Einfluss des „Portinari-Altargemäldes“ auf Maler betont, die zu dieser Zeit in Florenz tätig waren; doch ist es wichtig, auch den visuellen Eindruck im Gedächtnis zu behalten, den dieses Bild im Kontext von San Egidio erweckte. Noch die heutige Innenansicht von San Egidio zeigt, wie dieses gewaltige Altargemälde mit einer Gesamtoberfläche von fast 22 m2 die Capella Maggiore dominiert haben muss (vgl. Abb. 7). Wenn das Tryptichon offen stand, muss es die Sicht auf einige der Fresken im Chor sogar geradezu blockiert haben. Bei vollständiger Öffnung maß das Gesamtbild der Länge nach etwa 5,86 Meter, während der Chor selbst nur 6,45 Meter breit war. [Anm. 30]

Historiker haben erst vor relativ kurzer Zeit erneut begonnen, den Bezug zwischen diesem Altargemälde selbst und seiner Aufstellung in einer Hospitalskirche zu berücksichtigen. So wurde etwa vermutet, dass, von der offensichtlichen Verbindung zwischen den Darstellungen der Stifter und den Anbetern des Christuskindes abgesehen, der Hauptgegenstand des Bildes Marias wunderbare Geburt sei. [Anm. 31] Weiter wird argumentiert, da dies schmerzfrei gewesen sein soll, sei sie als Schutzheilige für Kindesgeburt gesehen worden, die denjenigen Hoffnung gab, die im Hospital selbst an physischen Leiden litten. Der Gegenstand der wunderbaren Geburt kann tatsächlich als Metapher für die Erlösung gesehen werden, besonders für Patienten, die der Messe in San Egidio beiwohnen konnten, ebenso wie für Personal, Besucher und Mitglieder der Familie des Stifters. [Anm. 32] Wir werden weiter unten sehen, dass diese Themen im Bildprogramm des Kapellenbereichs der Frauenstation selbst weiterentwickelt wurden. [Anm. 33]

Die religiös-medizinische Botschaft des Altargemäldes wird weiter veranschaulicht durch die Blumen im Vordergrund des Bildes, die Lilien, Iris, Akeleien und Veilchen. Allgemein wurden in dieser Periode alle Blumen als Darstellung der christlichen Tugenden Christi, Marias und der Heiligen angesehen. Erwin Panofsky hat sogar vermutet, dass die Auswahl dieser Blumen die Passion Christi verkündet, denn die rote Lilie symbolisiert das Blut der Passion. [Anm. 34] Ein weiterer Hinweis auf die Eucharistie, in diesem Fall auf das Brot der Kommunion, findet sich in der Weizengarbe enthalten, die hinter den Blumen auf dem Boden liegt. Andere Blumen verweisen auf Maria: Die Iris ist das Schwert, das das Herz der Schmerzensmutter durchbohrt, und die sieben Akeleiblüten verweisen auf die sieben Schmerzen Mariens. Die Veilchen wurden darüber hinaus allgemein als Symbole der Bescheidenheit gesehen, ein weiterer Hinweis auf Maria.

Während die Blumen auf die heilende Kraft der Religion verweisen, deuten die Darstellung des venezianischen Rippelglases und des spanischen albarello im Vordergrund auf die Rolle physischer Medizin. Der gläserne Becher entspricht wahrscheinlich Gefäßen, aus denen die Patienten tranken, während Keramikkrüge dieses Typs zu den am weitesten verbreiteten Gefäßen für die einfachen und zusammengesetzten Medikamente gehörten, die im Arbeitsraum des Hospitalsapothekers aufbewahrt wurden, wenn auch die Mehrzahl der albarelli in Santa Maria Nuova nicht aus Spanien, sondern aus dem nahegelegenen Monte Lupo gestammt haben dürften. [Anm. 35] Die Blumen selbst hatten wichtige medizinische Bedeutung: Die Wurzel der Iris, die in dem albarello zu sehen ist, wurde eingesetzt, um Wunden zu behandeln, während man von den Nelken wie von der Akelei in dem Rippelglas glaubte, sie seien besonders wirksam bei der Heilung; die letztere wurde auf Wunden gelegt und inwendig gegen Magenschmerzen angewandt. [Anm. 36] Ein weiterer Verweis auf die Verbindung zwischen Hospitälern und der Sorge um die Kranken findet sich in der Anwesenheit des hl. Antonius Abbas unter den Heiligen, die im linken Flügel des Altarbildes das Christuskind verehren. Seine Anwesenheit erklärt sich sowohl aus seiner Rolle als Namenspatron von Tommaso Portinaris Sohn Antonio wie durch seine Assoziation mit Kranken, besonders denjenigen, die am Antoniusfeuer oder Ergotismus erkrankt sind. [Anm. 37]

Eine weitere thematische Verbindung zwischen der Ikonographie des Bildes und der Funktion des Hospitals ist die Betonung der Rolle der Anbetung der Hirten, die in der Komposition für den italienischen Kontext ungewöhnlich stark hervortreten. Das stellt eine Veränderung gegenüber dem Gegenstand des Bildes auf dem Hochaltar dar, das Zeitgenossen wahrscheinlich seit über 60 Jahren vertraut war, Lorenzo Monacos Anbetung der Könige. Während Monaco den Reichtum und Wohlstand der Könige betont hatte, unterstrich van der Goes statt dessen die Ärmlichkeit der Hirten. Das könnte ein direkter Bezug zu den Patienten des Hospitals sein, vor allem in Anbetracht des Umstandes, dass viele, die in Santa Maria Nuova aufgenommen wurden, selbst vom Lande kamen. [Anm. 38] Tatsächlich war dies Teil einer Tradition, Arme in Hospitälern darzustellen. [Anm. 39] Die am besten bekannten Beispiele sind natürlich die Patienten in den Fresken im Pellegrinaio des Hospitals Santa Maria della Scala in Siena. [Anm. 40] Näher gelegen war jedoch der Freskenzyklus in der Cappella Maggiore von San Egidio. So berichtet Vasari in der Szene der Darbringung im Tempel: „Ma molto piu' bell'opera e' tenuta dove fece la Nostra Donna che sale i gradi del tempio; sopra i quali figuro' molti poveri ...“ Dieser Aspekt des Freskos wird von Gaetano Milanesi, dem Herausgeber von Vasaris Vite, als sehr triviale Interpretation, die dem Gegenstand des Bildes völlig unangemessen ist, abgelehnt, ein ironischer Umstand, wenn man bedenkt, dass der Bezug auf die Anwesenheit der Armen für die Funktion des Hospitals zentral ist. [Anm. 41] Ja, während die kranken Armen in San Egidio bildlich in einer klinisch gereinigten Version dargestellt wurden, fanden sie sich in den Hauptstationen des Hospitals in all ihrem Blut und im Gestank der Krankheit.  

0.4.Religion, Medizin und die Hospitalsstation

Bis hierher habe ich mich bemüht, die Rolle der Medizin in der Hospitalskirche zu betonen; im nächsten Abschnitt werde ich die Bedeutung spiritueller Medizin in der Krankenabteilung untersuchen. Viele Kapitel der Statuten von Santa Maria Nuova begründen die Rolle des Hospitals in der Krankenfürsorge mit christlicher Nächstenliebe. Alle Mitglieder des Spitals waren gehalten, „um der Gesundheit ihrer Seele willen“ für die Kranken zu sorgen, und Patienten wurden vom Standpunkt der Religion aus als „in ihrer Person fast Christus gleich“ gesehen. [Anm. 42]

Obwohl es sich um den größten Hospitalskomplex in Florenz handelte, wissen wir, abgesehen von den Bauprogrammen des späten 16. und 17. Jahrhunderts, wenig Genaues über seine bauliche Entwicklung. [Anm. 43] Historiker haben bisher selten auch nur den Versuch unternommen, das reiche Archiv des Hospitals auf seine Baugeschichte hin genauer durchzusehen; zitiert werden lediglich zwei handschriftliche Zusammenfassungen der Hospitalsgeschichte, die im frühen 18. Jahrhundert von Mitgliedern der Spitalsgemeinschaft zusammengestellt wurden und die, selbst wenn sie sich auf die Archive des Hospitals stützen, nicht immer eine exakte Schilderung seiner Entwicklung liefern. [Anm. 44]

Der in Abb. 1 wiedergegebene Plan von Santa Maria Nuova zeigt eine Darstellung des Komplexes um 1500, wenn er auch eher als Arbeitsmodell denn als exakte Abbildung der Realität gesehen werden sollte. Zu diesem Zeitpunkt hatten viele der wesentlichen Entwicklungen wohl schon stattgefunden, d. h., vor den späteren Ergänzungen, der Buontalentikapelle am Nordende der Männerstation, der Loggia und der neuen Frauenstation im Norden der Piazza (Nr. 1f., 6 und 5).

Die Entwicklungsstufen der Männerstation vom frühen Trecento bis ins frühe Cinquecento sind in groben Zügen bekannt. [Anm. 45] Man hat vermutet, dass die erste Hospitalsstation im Osten der Kirche San Egidio jenseits des Gebiets gebaut wurde, das der Chiostro delle Medicherie wurde. Diese kleine ursprüngliche Station war offenbar für Männer und Frauen bestimmt. Es ist jedoch angenommen worden, dass auf den 1313 erfolgten Wegzug der Frati Saccati, die das Gelände ursprünglich im Besitz hatten, eine zweijährige Periode der Erweiterung der Männerstation folgte (1a). [Anm. 46] Wie wir weiter unten noch sehen werden, sollen die Frauen in der Zwischenzeit in den Süden der Piazza umgezogen sein. Der nächste Schritt in der Entwicklung des Geländes im Norden der Piazza wurde von dem zweiten Spedalingo, Orlando Pierozzi, unternommen, der – wiederum laut der Geschichte des Spitals aus dem 18. Jahrhundert – die Männerstation durch den Anbau des rechten Flügels vergrößerte, so dass sie die Gestalt einer gedruckten Ziffer Sieben annahm (1b). [Anm. 47]

Nach Abschluss der ersten Ausbauphase 1313 bis 15 hätte die Station also dem Typ einer offenen Station entsprochen, wie sie für Hospitäler in ganz Europa in dieser Zeit charakteristisch war. Der in den 1330er Jahren hinzugefügte kürzere östliche Anbau erhöhte die Kapazität, wobei der Bauplan dafür sorgte, dass die Patienten in beiden Flügeln nach wie vor von medizinischem und Krankenpflegepersonal gesehen werden konnten, das am Schnittpunkt der beiden Stationen stand. Dieser Umstand war auch unter dem Gesichtspunkt der spirituellen Fürsorge wichtig, denn wie uns Quellen des 14. und 15. Jahrhunderts wiederholt mitteilen, lag hier die dem hl. Lukas geweihte Kapelle, die im Mai 1369 ihre abschließende Form erhielt und die sich nach den Worten der Spitalshistoriker des 18. Jahrhunderts unter einer kleinen Kuppel befand, die mit Balken und Ziegeln gedeckt war (1c). [Anm. 48] Sie bildete den Mittelpunkt, so dass Patienten wie Personal an der täglichen Feier der Messe teilnehmen konnten.

Das 15. Jahrhundert war zweifellos eine wichtige Periode baulichen Fortschritts, vor allem für den nördlichen Teil des Geländes von Santa Maria Nuova, wenn auch eine genaue Analyse der Rechnungsbücher des Spitals noch aussteht. Die nächsten Schritte in der Erweiterung der Männerstation erfolgten jedoch erst zwischen dem späten 15. und dem frühen 16. Jahrhundert. Bis ins letzte Viertel des 15. Jahrhunderts hinein war ihr Grundriss offenbar derjenige von 1334 geblieben, in der Form einer gedruckten Ziffer 7. 1479 wurde dann der linke Flügel (1d) hinzugefügt, wodurch ein „T“ geschaffen wurde. [Anm. 49] Diese Erweiterung geht sehr wahrscheinlich darauf zurück, dass demographischer Druck die Ressourcen belastete. Das spiegelt nicht nur die wachsende städtische Bevölkerung wider, sondern auch der Umstand, dass Santa Maria Nuova weiterhin Kranken mit endemischen wie mit epidemischen Krankheiten Unterkunft gewährt hatte, zum letzten Mal in dem Jahr, bevor die Pest in Florenz war. [Anm. 50]

Ebenfalls noch zu klären ist, wann der letzte Nordflügel der Männerstation (1e) fertiggestellt wurde. Eine genaue Datierung ist vor allem in Anbetracht der Forschungskontroverse um die Frage wichtig, ob es die Hospitäler der Toskana oder der Lombardei waren, die das Vorbild für den berühmten kreuzförmigen Stationsgrundriss lieferten. Ohne weitere Archivforschung lässt sich mit Sicherheit bisher nur sagen, dass der letzte Flügel zwischen dem späten 15. und dem frühen 16. Jahrhundert und sicher nicht nach 1515 vollendet wurde. Der Terminus ante quem beruht auf den Aufzeichnungen der Accademia del Disegno, in denen die Geschichte der Compagnia di S. Luca verzeichnet ist. Diese Künstlerbrüderschaft war seit ihrer Gründung 1345 in der Kapelle S. Luca zusammengekommen, die sich am Nordende der Männerstation befand. Als jedoch der letzte Flügel errichtet wurde, mussten sie umziehen, zunächst an einen Treffpunkt in den Gewölben und 1515 dann in eines der Hospitalshäuser in der Via della Pergola. [Anm. 51]

Nach ihrer Fertigstellung hatte die Männerstation eine Länge von etwa 163 Meter, und Lokalhistoriker brüsteten sich damit, dass sie im 17. Jahrhundert die längste Krankenstation war, länger noch als diejenige von Santo Spirito in Rom. [Anm. 52] Ein ungefähres Bild von dem Eindruck, den diese gewaltige Kreuzform in Relation zum Bild der Stadt und der umliegenden Gebäude machte, liefert Stefano Bonsignoris Plan von Florenz aus dem Jahr 1584 (Abb. 8).

Vor 1584 war die Männerstation, wie zu sehen ist, noch stärker erweitert wurden durch den Anbau einer von Buontalenti 1576 entworfenen Kapelle und einen Altar von Giambologna (Abb. 1 Nr. 1f). [Anm. 53] Der Bau einer großartigen neuen Kapelle ist für unser Thema wichtig, denn wenn auch die meisten Historiker diese Periode als eine Zeit zunehmender Medizinisierung der Hospitäler beschreiben, wurde die Behandlung des Körpers der Patienten dennoch immer auch in Relation zu ihrer spirituellen Gesundheit gesehen.

Bonsignoris Ansicht liefert auch einen klaren Blick auf das Frauenspital im Süden der Piazza, dominiert von der langen offenen Station, die parallel zur Via delle Pappe lag (Abb. 1, Nr. 7). Ein besonders wichtiger Aspekt, der von Historikern normalerweise ignoriert wird, ist, dass dieser Bereich des Hospitals nahezu vollständig erhalten ist. [Anm. 54] So ist etwa die Grundstruktur der Station kaum verändert worden; wo einst Reihen von Betten standen, sind die Patienten heute durch Akten ersetzt worden. Die Station dient jetzt als Magazin für das Archivio Notarile der Stadt. Aufgrund der Tatsache, dass die Historiker ihre Aufmerksamkeit auf das Gelände im Norden der Piazza konzentriert haben, ist über das Bauprogramm dieses Teils des Hospitals noch weniger bekannt.

Es ist vermutet worden, dass die Frauen im frühen 14. Jahrhundert an die Südseite der Piazza zogen. [Anm. 55] Diese Annahme basiert auf der Geschichte des Hospitals aus dem 18. Jahrhundert, die angab, die Bebauung des Geländes sei während der langen Amtszeit des Spedalingo Messer Lorenzo di Iacopino da Bibbiena (1308 bis 1332) erfolgt. Sie schloss die Verlängerung der Station und den Bau des Hauptkreuzgangs im Jahr 1329 mit ein (Nr. 8). [Anm. 56] Der erwähnte Hospitalhistoriker liefert keine genaue Chronologie für diese Arbeit, aber das älteste erhaltene Rechnungsbuch von Santa Maria Nuova (1325 bis 1331), das dominiert wird von Ausgaben für die letzten Arbeitsabschnitte in einer ganzen Reihe von Bereichen, darunter die neue Frauenstation, der Kreuzgang sowie Re­fek­torium und Dormitorium der converse, scheint seine Angaben zu bestätigen. [Anm. 57]

Wenn auch die Frauen Vorteile aus einigen der Dienstleistungen des Haupthospitals zogen, etwa die des medizinischen und geistlichen Fachpersonals, wurde dennoch besonderer Wert auf die Trennung von Männern und Frauen gelegt, gleichgültig, ob es sich um Krankenschwestern und -pfleger, Dienstpersonal oder um die Patienten selbst handelte. Das führte zwischen diesen beiden spedali zu einer deutlichen Trennung des Raums nach Geschlechtern. Zwar konnten sakramentale Pflichten nur von einem männlichen Priester wahrgenommen werden, doch scheint das Frauenspital ansonsten nahezu unabhängig gearbeitet zu haben, wenn es auch immer dem regulierenden Auge des Spedalingo von Santa Maria Nuova unterstellt blieb. Das erklärt zum Teil, warum das Gelände südlich der Piazza so umfangreich war. Im 16. Jahrhundert wurden weibliche Patienten von 100 im Spital wohnenden weiblichen Beschäftigten versorgt, darunter sowohl dauerhaft beschäftigtes Dienstpersonal wie Hilfskräfte. Ebenso wie die Infirmarin wurden sie vom Rektor eingesetzt; unter ihnen fanden sich nach Ausweis der Hospitalsordnung des frühen 16. Jahrhunderts sogar Ärztinnen, von denen einige Kenntnisse in Chirurgie besaßen und viele erstaunliche Heilungen bewirkt hatten. [Anm. 58]  

Im frühen 16. Jahrhundert waren demnach sowohl die Männer- wie die Frauenstation von Santa Maria Nuova sehr groß. Die erstere maß einschließlich des letzten Flügels und der Buontalentikapelle ungefähr 163 Meter, während die letztere 68 Meter lang war. [Anm. 59] Neben der Länge war es vor allem die Höhe dieser Räume, die Besucher besonders beeindruckte, ob er oder sie nun aus dem Hof oder direkt von der Piazza kam. Die Höhe der Hospitalstationen dieser Periode ist öfter festgestellt als erklärt worden. Die einfache und am wenigsten komplizierte Erklärung ist die Macht der Tradition: da das Hospital aus dem klösterlichen Infirmarium entstanden ist, das seinerseits das Mittelschiff der Kirche zum Modell hatte, verließen sich diejenigen, die die Stationen planten, einfach auf das, was sie aus dem kirchlichen Kontext am besten kannten.

Ein weiterer Faktor, der bei der anhaltenden Vorliebe für derartig hohe Decken in den Stationen eine Rolle spielte, war die zentrale Funktion, die in zeitgenössischen Theorien über die Art und Übertragung von Krankheiten der Luft zugeschrieben wurde. Man glaubte, Krankheit könne in der Luft entstehen durch das Ausströmen schädlicher Dämpfe aus der Atmosphäre etwa durch die Verwesung von Dingen und Materie, egal, ob es sich dabei um üble Gerüche aus tiefliegenden Sumpfgebieten oder um verrottendes Fleisch handelte. Das beste Beispiel für diesen Prozess ist die zeitgenössische Diskussion über die Pest, die man als vapore velonoso betrachtete. [Anm. 60]

Man glaubte zudem, dass kranke Patienten unreine Luft ausatmeten, die ihrerseits ansteckend sein könne. Daher die Notwendigkeit, in einer Hospitalstation einen Mechanismus zu haben, der den schnellen Austausch der Luft sicherstellte und deren Entweichen vom Niveau der Betten zum Dach förderte. Marsilio Ficino  zum Beispiel schrieb 1478 darüber, wie Individuen sich davor schützen könnten, die Pest zu bekommen, und riet ihnen: [Anm. 61]

Guardarti dall'aria strecta, molto rinchiusa e umida; et sappi che l'aria la quale non si muove spesso et rinuova, et ove sole con vento asciucto non purga facilmente, piglia mixtione et putrefaczione velenosa come l'acqua che sta ferma".

Die Höhe der Stationen ist somit teils religiös und teils medizinisch zu erklären. Da einerseits die Planung dieser Stationen auf kirchliche Vorbilder zurückging, folgten die Architekten einfach bereits vorhandenen Plänen. Andererseits machte diese beträchtliche Höhe es möglich, dass die Gerüche und Dämpfe, die durch Krankheit und unhygienische Bedingungen entstanden, nach oben und durch Dach und Fenster entwichen. Nachweislich war es die andauernde Sorge um diese Punkte, die im Jahr 1650 den Spedalingo Filippo Ricasoli bewog, die Fenster der Station zu vergrößern. [Anm. 62]

Die Länge und Höhe der Stationen wird anschaulich angesichts des Innenraumes der Stationen, die noch heute aus dieser Zeit erhalten sind. Eines der besten Beispiele in Italien ist das Ospedale di Santo Spirito in Rom. Der Innenraum der Hauptstation, die Sistina, ist auf einem Druck des 17. Jahrhunderts zu sehen (Abb. 10). Diese Station, die in der Länge 125 Meter maß, wurde zwischen 1471 und 1484 nach einem Entwurf des Architekten Giovanni Pietro dei Gherarducci unter der Patronage Papst Sixtus IV gebaut. [Anm. 63]  

Abb. 10 zeigt die Sistinastation von dem Schnittpunkt, an dem sich die drei Stationen des Hospitals berühren, ähnlich wie die Männerstation in Santa Maria Nuova vor der Erweiterung zur Kreuzform. Zwar sollte diese Perspektive zweifellos beeindrucken, doch lieferte sie auch einen sehr guten Eindruck sowohl von der Höhe wie der Länge der Station mit ihrer großartigen Kassettendecke. Darüber hinaus gibt er einen Eindruck von der Anzahl der Patienten, die auf dieser Station untergebracht werden konnten, wenn auch die Reihen zusätzlicher Matratzen wohl auf eine kurzfristige Reaktion auf eine Notsituation – bedingt durch eine Hungersnot oder eine Epidemie – hindeuten. Der Druck unterstreicht außerdem die bedeutende religiöse Rolle des Hospitals: Er wurde vom Schnittpunkt aus erstellt, in sich schon von hohem Symbolgehalt, und zeigt einen beeindruckenden neoklassizistischen Altar, an dem zweimal täglich die Messe gelesen wurde, sichtbar für die Patienten in allen drei Flügeln der Station. Gerade noch sichtbar ist hier zudem der Freskenzyklus entlang der oberen Bilderzone der Wände, der den Bau des Hospitals zur Zeit Papst Innozens III. in Erinnerung ruft, und das Leben von Papst Sixtus IV darstellt. [Anm. 64]

Wie in Santo Spirito hätte im frühen 16. Jahrhundert auch in Santa Maria Nuova jeder, der die Männer- oder die Frauenstation betrat, eine lange offene Halle mit Reihen von Betten und einer Kapelle am anderen Ende gesehen, in deren Mittelpunkt ein Altar stand (Abb. 1 Nr. 1c und 7). Beide Stationen müssen darüber hinaus Fresken enthalten haben, wenn sich auch aufgrund der Zerstörung der Männerstation von Santa Maria Nuova und der späteren Veränderungen der Nutzung der Frauenstation keine vollständigen in dieser Periode gemalten Zyklen erhalten haben. Nach Walter und Elizabeth Paatz waren beide Stationen im frühen 15. Jahrhundert mit Fresken aus dem Atelier des Niccolò di Pietro Gerini  ausgestattet worden. [Anm. 65] Wir wissen mehr über die Fresken in der Frauenstation, zum einen, weil einige Nachrichten über Zahlungen für die Arbeit an Gerini überliefert sind, und zum anderen, weil einige Fragmente noch in situ erhalten sind.

Im Herbst 1414 im Anschluss an eine Bauperiode in der Frauenstation erhielt Gerini über 77 Gulden für eine Anzahl Fresken. [Anm. 66] Unter ihnen befanden sich drei verschiedene Szenen, die Madonna im Schnee, die Geburt Christi und die Zwölf Apostel. Gerini und sein Atelier wurden auch für eine Reihe von Figuren bezahlt, darunter die Heiligen Lucia, Agnes und Caecilia, die über die Grabstätten der Familie Portinari gemalt wurden. Andere Figuren im Kapellenbereich stellten die Heiligen Elisabeth, Georg, Margaretha, Barbara und Johannes den Täufer dar. [Anm. 67] Die Gegenwart dieser Figuren erklärt sich aus ihrer Verbindung zu Heilung und den Armen: die sizilianische Heilige Lucia, die ihre Güter an die Armen verteilt hatte und, wie oben erwähnt, für Augenleiden angerufen wurde; Elisabeth von Ungarn, während ihrer Ehe mit Ludwig XIV. von Thüringen berühmt für die Gründung von Hospitälern und für großzügige Almosen, als Witwe für ihre Arbeit in einem Hospital in Marburg; und Barbara als Schutzheilige derjenigen, die von plötzlichem Tod bedroht wurden. Fragmente dieser Fresken sind im Archivio Notarile erhalten, wie in Abb. 11 zu sehen ist.

Dieser Freskenzyklus, der wahrscheinlich die gesamte Nordwand ausfüllte, muss ein beeindruckender Anblick für die Patienten gewesen sein, die in ihren Betten lagen. Selbst in Anbetracht des fragmentarischen Charakters dieser Fresken wird die Botschaft dieser beiden Abschnitte in der unteren Bilderzone deutlich: Maria ist die Hauptfigur in der Anbetung der Könige, eine der Szenen, für die Gerini im Herbst 1414 bezahlt wurde. Die Gegenwart der Jungfrau in ihrer Rolle als sanftmütige Für­spreche­rin repräsentierte die Weiblichkeit des Göttlichen, mit der sich weibliche Patienten sicher verbunden fühlten, vor allem, da viele von ihnen mit Maria die Erfahrung der Kindesgeburt teilten. Auch das unterstrich die Botschaft, dass ihre gegenwärtige Krankheit nur ein Schritt auf dem Weg war, denn jenseits ihrer Leiden lag Gesundheit: entweder bessere physische Gesundheit – denn die meisten Patienten wurden geheilt – oder die Möglichkeit spiritueller Gesundheit, woran sie der Anblick des Letzten Gerichts in der oberen Bilderzone erinnerte, da Leiden die Seele reinigte.

Diese Fresken umrahmten also den Altar, den Mittelpunkt des spirituellen Lebens der Station, an dem täglich ein Hospitalskaplan die Messe zelebrierte, entweder morgens zur Prim oder am Abend zur Vesper. [Anm. 68] Das setzte voraus, dass Hostie und Tabernakel neben dem Altar für den zelebrierenden Priester leicht erreichbar waren. In der Mitte des 15. Jahrhunderts gab Santa Maria Nuova bei führenden Bildhauern der Zeit zwei großartige neue Marmortabernakel in Auftrag: Luca della Robbia und Andrea Verrocchio für die Männerstation und Bernardino Rossellino und Lorenzo Ghiberti, dessen sportello das letzte Stück war, das sein Atelier hervorbrachte (Abb. 12), für die Frauenstation. [Anm. 69]

Von oben nach unten konnte der Betrachter die gesamte Ikonographie der christlichen Botschaft erkennen: in dem dreieckigen Pediment an der Spitze befand sich Gottvater, der die rechte Hand segnend erhoben hatte und einen Erdball in der Linken hielt. Die mittlere Sektion des Tabernakels wurde von zwei korinthischen Pilastern und zwei anbetenden Engeln flankiert. Hier lag für die Patienten das Versprechen der Erlösung durch das Opfer Christi: der Heilige Geist, symbolisiert durch die gemeißelte Taube sowie durch Hostie und Kelch, und vor allem die Hostie, die sich im Innern des Tabernakels befand, bewacht von Ghibertis Figur des majestätisch thronenden Gottes. Später, wahrscheinlich nach 1565, [Anm. 70] wurde die erhabene Inschrift „Oleum Infirmorum“ hinzugefügt, als das Tabernakel zur Aufbewahrung des heiligen Öls für die Krankensalbung und die letzte Ölung diente.

Wie also die Hostie das Opfer Christi für die Menschheit betont, die positive Seite physischen Leidens für die Reinigung der Seelen, so erinnerte sie die Patienten ebenso an die Rolle des Christus Medicus im Prozess der Heilung.

Wenn die Messe zelebriert wurde, geschah das natürlich vor dem Hauptaltarbild der Station, in der Frauenstation ein bedeutendes Gemälde der Verkündigung von Andrea del Castagno, das das Hospital in den 1450ern in Auftrag gegeben hatte. Wenn dieses Bild auch nicht erhalten ist, muss es doch beträchtliche Dimensionen gehabt haben, da es lebensgroße Portraits zweier Mitglieder der Familie Portinari enthalten haben soll: das des Gründers Folco di Ricovero und Castagnos Zeitgenossen Falganaccio, der wahrscheinlich den Künstler bezahlt hat. [Anm. 71] Dass diese Portraits sich auf dem Hauptaltarbild der Station befanden, reflektiert den Umstand, dass der Gründer Falco di Ricovero gemeinsam mit seinem Sohn Manetto in einem großartigen Marmorgrab neben dem Altar bestattet war. [Anm. 72] Die Kapelle hatte also auch eine wichtige Memorialfunktion für die Seelen der Mitglieder der Familie Portinari. Auf diese Weise spielte die Station eine wichtige Rolle als Kapelle für Seelenmessen, und die Patienten nahmen gemeinsam mit dem Priester an der Memoria für die Seele der Gründer des Hospitals teil, dem sie ihre Gesundheit verdankten.

Eine Stationskapelle spielte darüber hinaus eine wichtige Rolle für die letzten Momente im Leben eines Patienten, wie die Statuten des Hospitals aus dem frühen 16. Jahrhundert beschreiben: [Anm. 73]

Wenn ein Patient dem Tode nah ist, halten wir ihm ein Bild des gekreuzigten Christus vor Augen, und eine Schwester oder ein Pfleger wacht über ihn und verläßt nie seine Seite und liest ihm das Credo, die Passion des Herrn und andere heilige Texte vor. Wenn er gestorben ist, kommt die Oberschwester mit Helfern, sie nehmen den Toten aus dem Bett, kleiden ihn in Leinen und legen ihn auf eine Totenbahre in der Mitte der Station, wo sich die Kapelle befindet, mit einer geweihten Kerze an seinem Kopf und einer Lampe zu seinen Füßen. Zur festgesetzten Zeit läutet eine Glocke, und der Priester kommt mit einem Kreuz. Zwei Laienbrüder entzünden zwei Fackeln, und die übrigen nehmen den Leichnam und tragen ihn in die Kirche, wo die Totenmesse gesungen wird“.

Diese Passage zeigt also, wie der Raum der Station in der Totenliturgie für männliche wie weibliche Patienten genutzt wurde. Es gab eine Reihe von Akteuren, die im Drama der letzten Momente eines Patienten eine Rolle spielten. Der erste, wenn er auch hier nicht erwähnt wird, war der Priester, der dem Sterbenden bereits die letzte Beich­te abgenommen hatte. Dann, während dieser die Gestalt des gekreuzigten Christus betrachtete, las ihm die Krankenschwester geduldig Andachtstexte vor und spendete damit weiteren Trost für den sterbenden Patienten, der, sofern er bei klarem Bewußtsein war, sein Leiden als den Weg zur Erlösung verstehen konnte. Wenn er gestorben war, wurde sein Körper mit dem den Toten geschuldeten Respekt behandelt: er wurde nunmehr in ein sauberes weißes Leinenhemd gekleidet, um seinen neuen Zustand der Reinheit zu symbolisieren sowie den Umstand, dass er nunmehr weitergegangen war in die nächste Phase der Existenz. Das diente auch als Beispiel für die anderen Patienten auf der Station, denn sobald der Leichnam auf eine Bahre gelegt worden war, wurde diese vor dem Altar für alle sichtbar aufgestellt und mit einer entzündeten Kerze und einer Lampe an seinem Kopf und zu seinen Füßen erleuchtet, bevor er in Prozession in die Kirche und dann zum Begräbnis auf den Friedhof getragen wurde.

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0.5.Schluss

In meiner Diskussion dieses Abschnitts wie auch anderswo habe ich betont, wie wichtig es ist, das besondere Augenmerk der Zeitgenossen auf die Medizin für die Seele bei der Untersuchung des Behandlungsprogramms eines Spitals mitzuberücksichtigen, statt sich nur auf die Medizin für den Körper zu konzentrieren. Für diesen stärker integrativen Ansatz ist die Figur des Christus Medicus zentral, des Arztes Christus, der in der Gestalt des Pilgers Christus die armen Kranken aufnahm und sie versorgte. Ebenso wichtig vor allem für eine Hospitalskirche, die eben erst neu der Jungfrau geweiht worden war, war das Bild der Gottesmutter Maria. Sie war nicht nur ein Vorbild der Geduld in der Not und der Barmherzigkeit für Krankenschwestern und Patienten, sondern spendete in ihrer wichtigen Rolle als Mittlerin zum Göttlichen den Kranken und Sterbenden spirituellen Balsam in einer Welt, in der Sünde und physische Krankheit so eng miteinander verbunden waren.

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Anmerkungen:

  1. „In der Toscana sind gemäß jener alten Pflege der Heiligkeit und wahren Religion, für die sie immer berühmt war, wunderbare Hospize zu sehen, die mit einem unglaublichen Aufwand errichtet wur­den, wo jeder Bürger und Fremde nichts vermissen wird, was er zu seinem Wohlbefinden braucht“. L. B. Alberti, L'Architettura [De Re Aedificatoria] (= Classici Italiani di scienze tech­ni­che), 2 Bde., Mailand 1966, hier Bd. 1, S. 369, Note 4. Zurück
  2. Der Gegenstand dieses Aufsatzes wird ausführlicher behandelt in meinem im Druck befindlichen Buch ‚The Renaissance Hospital‘, das demnächst bei Yale University Press erscheinen wird. Ich bedanke mich bei Yale University Press für die Genehmigung der Veröffentlichung dieses Aufsatzes und beim Wellcome Trust für die finanzielle Unterstützung des Projekts. Die Übersetzung ins Deutsche erfolgte durch Brigitte Flug, Mainz. Zurück
  3. D. Martin Luthers Werke. Kritische Ausgabe. Hrsg. v. K. Drescher. Tischreden Bd. 4. Weimar 1916, ND Weimar/Graz 1967, § 3930, S. 18. Zurück
  4. K. P. Park/J. Henderson, „The First Hospital Among Christians“: The Ospedale di Santa Maria Nuova in Early Sixteenth-Century Florence. In: Medical History 35 (1991), S. 164-175. Zurück
  5. P. Foster, Per il disegno dell'Ospedale di Milano. In: Arte Lombarda 38-9 (1973), S. 9-10; E. Welch, Art and Authority in Renaissance Milan, New Haven 1995, S. 149-150. Zurück
  6. Antonio Averlino detto il Filarete. Trattato di Architettura, hrsg. von. A. M. Finoli/L. Grassi, Mai­land 1972, S. 298. Zurück
  7. L. B. Alberti, L'Architettura, hrsg. von G. Orlandi/P. Portoghesi, Mailand, 1966, I, S. 367-368. Zurück
  8. Die jüngsten Untersuchungen zur baulichen Entwicklung dieser beiden Hospitäler sind: R. A. Goldthwaite/W. R. Rearick, Michelozzo and the Ospedale di San Paolo in Florence. In: Mitteilungen des Kunsthistorischen Institutes in Florenz (zitiert als MKIF), XXI (1977), S. 221-306, und A. Rensi, L'Ospedale di San Matteo a Firenze: un cantiere della fine del Trecento. In: Rivista di Arte, 39 (1987), S. 83-145. Zurück
  9. Zur Geschichte der Hospitäler in Florenz in dieser Periode vgl.: J. Henderson, The Hospitals of Late Medieval Florence: a preliminary survey. In: The Hospital in History, hrsg. von L. Gran­shaw/R. Porter, London 1989, S. 63-92; L. Sandri, Aspetti dell'assistenza ospedaliera a Firenze nel xv secolo. In: Città e servizi nell'Italia dei secoli XII-XV, Pistoia 1990, S. 237-257; K. Park, Healing the Poor: Hospitals and Medical Assistance in Renaissance Florence. In: Medicine and Charity Before the Welfare State, hrsg. von J. Barry/C. Jones, London 1991, S. 26-45 und J. Henderson, „Splendide case di cura". Spedali, medicina ed assistanza a Firenze nel Trecento. In: Ospedali e città'. L'Italia del centro-Nord, XIII-XVI secolo, hrsg. von A. J. Grieco/L. Sandri, Florenz 1997, S. 15-50. Vgl. auch J. Henderson, Healing the body and saving the soul. Hospitals in Renaissance Florence. In: Renaissance Studies 15, 2001, S. 188-216. Zurück
  10. L. Sandri, Ospedali e utenti dellassistenza nella Firenze del Quattrocento. In: La società del bi­sogno. Povertà e assistenza nella Toscana medievale, hrsg. von G. Pinto, Florenz 1989 (wie Anm. 9), S. 61-100; K. Park, Healing the Poor und J. Henderson, „Antechambers of Death“? Poverty and Sickness in the Hospitals of Renaissance Florence. In: Forme di povertà e innovazioni istituzionali in Italia dal Medioevo ad oggi, hrsg. von V. Zamagna, Bologna 2000, S. 111-129. Zurück
  11. Siehe Park/Henderson, The First Hospital Among Christians (wie Anm. 4). Zurück
  12. „Dominus tamen tamquam medicus artifex, quid in infirmo ageretur, melius noverat, quam ipse infirmus. Faciunt hoc medici in valitudinibus corporum, quod dominus potest etiam in valitudinibus animarum.“ G. Motin (Hrsg.), Sancti Augustini sermones post Mauri­nos reperti (= Miscellanea Agostiniana: Testi e studi), Rom 1930, S. 495. Vgl. R. Arbesmann, The Concept of Christus Medicus in St. Augustine, Traditio X (1954), S. 19-20, 26. Zurück
  13. Arbesmann, The Concept (wie Anm. 12), S. 20, nach Migne, PL 36 Sp. 712. Vgl. auch die Diskussion dieses Themas bei C. Rawcliffe, Medicine for the Soul: the medieval English hospital and the quest for spiritual health. In: Religion, Health and Suffering, hrsg. von J. Hinnells/R. Porter, London 1999, S. 321-323. Oben Abb. 1 aus Henderson, Healing (wie Anm. 9), S. 193. Zurück
  14. Vgl. in diesem Zusammenhang auch: A. Hayum, The Eisenheim Altarpiece. Gods Medicine and the Painters Vision, Princeton 1989, und C. Rawcliffe, Medicine for the Soul (wie Anm. 13), S. 316-337, sowie allgemeiner: C. Rawcliffe, Medicine for the Soul. The Life, Death and Resurrection of an English Hospital, Stroud 1999; Abb. 2 oben im Text aus Henderson, Healing (wie Anm. 9), S. 194. Zurück
  15. U. Middeldorf, Dello Delli and The Man of Sorrows in the Victoria and Albert Museum. In: The Burlington Magazine 456, lxxviii (März 1941), S. 77-78. In seinem Aufsatz Masaccio's Early Career as a Sculptor. In: Art Bulletin 53 (1971), S. 177-195, geht J. Beck davon aus, dass dieses Stück von Masaccio stammt. Zurück
  16. J. Pope-Hennessey, Catalogue of Italian Sculpture in the Victoria and Albert Museum, London 1964, I, S. 64-65; S. Avery-Quashs Katalogeintrag Nr. 68 in: G. Finaldi, The Image of Christ. The Catalogue of the Exhibition Seeing Salvation, London 2000, S. 176-177, zweifelt diese Zuweisung mit überzeugenden Argumenten an.  Zurück
  17. Pope-Hennessey, Catalogue of Italian Sculpture, I, S. 64-65. Zurück
  18. Vgl. Avery-Quash, Katalog Nr. 68 in: Finaldi, The Image of Christ (wie Anm. 20), S. 176; M. Meiss, Painting in Florence and Siena after the Black Death, London 1973, S. 123-124. Zurück
  19. So machte Christus sich zu unserer Hebamme und nahm die Medizin, die uns Heilung bringen sollte. Domenico Cavalca, Lo Specchio della Croce, hrsg. von T. Sante Centi, Bologna 1992, S. 293. Zu dem zweiten Titel vgl: BNF, Conventi Soppressi G2, eine Handschrift aus dem Jahr 1410, die aus Santa Maria degli Angeli stammt, dem Konvent neben Santa Maria Nuova ANM> In seiner Abhandlung des ersten der Werke der Barmherzigkeit, des Krankenbesuchs, teilt er uns mit, dass Christus als Arzt kam, nicht nur, um uns zu besuchen, sondern um uns zu heilen. Cavalca verglich die physischen Leiden Christi mit einer „bitteren Medizin“, die er einnahm, um uns von der „Krankheit“ der Sünde zu erlösen: „Cosí Cristo si fece nostra balia, e prese la medicina per trasmetterci la guargione". Cavalcas Bild des heilenden Christus verweist also auf seine Rolle als Christus Medichus. Die Rolle als Hebamme ist uns wohl eher vertraut in Verbindung mit Maria als stillende Mutter und Mittlerin, bekannt für ihre heilende Kraft. Vgl. Rawcliffe, Medicine for the Soul (wie Anm. 13), S. 123-124; M. Warner, Alone of All Her Sex. The Myth and Cult of the Virgin Mary, London 1978, S. 192-205. Marias Heilkräfte wurden auch nach ihrem Tod über Jahrhunderte hinweg durch Kontakt mit ihren erhaltenen Besitztümern und der wunderbaren Erscheinung ihrer Milch übertragen. Zurück
  20. Vgl. die Diskussion des Gegenstandes der Krönung Mariens in Bezug auf Fra Filippo Lippis Gemälde desselben Gegenstandes in: E. Borsook, Cults and Imagery at Sant Ambrogio in Florence. In: MKIF, XXV (1981), S. 167-170. Zurück
  21. Beck, Masaccio's Early Career as a Sculptor (wie Anm. 16), S. 190. Zurück
  22. Vgl. Paatz, Die Kirchen (wie Anm. 15), IV, S. 49 Anm. 92, und J. Pope-Hennessey, Fra Angelico, London 1974, S. 18, 195 spricht von ca. 1435; S. Orlandi, Fra Angelico, Florenz 1964, S. 30-31 spricht von 1441-1443; vgl. auch J. T. Spike, Fra Angelico, New York/London 1997, S. 235-236, Kat. Nr. 79 A-C.; Abb. 4 oben im Text aus Henderson, Healing (wie Anm. 9), S. 196. Zurück
  23. Le Opere di Giorgio Vasari, hrsg. von G. Milanesi, Florenz 1906, II, S. 516: "si vede anco nel tramezzo di Santa Maria Nuova una tavola di suo mano". Abgesehen davon, dass Vasari keinen Gegenstand nennt, bleibt die Frage offen, ob San Egidio in der Mitte des 15. Jahrhunderts einen Lettner oder tramezzo hatte. Möglicherweise gab es eine kleine hölzerne Trennwand, aber zu dieser Zeit bestand keine Notwendigkeit für einen separaten Nonnenchor, wie einige Historiker die verlängerte Cappella Maggiore dieser Zeit irrig genannt haben, da das weibliche Personal erst nach dem Konzil von Trient zur Annahme monastischer Gewohnheiten gezwungen wurden. Der ursprüngliche Standort dieses Altarbildes ist noch nicht sicher festgestellt. Pope Hennessey, Fra Angelico (wie Anm. 27), S. 195, stützt sich mit seiner Aussage (dass es für den Nonnenchor in San Egidio gemalt worden sei) auf Vasari-Milanesi, Le Opere (wie Anm. 28), II, S. 516. Zurück
  24. E. Borsook, Cults and Imagery at Sant Ambrogio in Florence. In: MKIF XXV (1981), S. 168. Zurück
  25. Archivio di Stato di Firenze (im Weiteren: ASF), Ospedale di Santa Maria Nuova (im weiteren: SMN) 1, fol. 2v: L. Chiappelli/A. Corsini, Un antico inventario dello Spedale di Santa Maria Nuova in Firenze (a. 1376). In: Rivista delle Biblioteche e degli Archivi, XXXII (1921), S. 7. Zurück
  26. Paatz, Die Kirchen (wie Anm. 15), IV, S. 15-16, 24-25; H. Wohl, The Paintings of Domenico Ve­ne­ziano, ca. 1410-1461. A study of Florentine Art of the Early Renaissance, Oxford 1980, S. 200-207; M. Horster, Andrea del Castagno, Oxford 1980, S. 13f., 37, 47. Zurück
  27. ASF, SMN 5059, cc. 134, 185; SMN 5060, fol. 94v; ebd. 5817, fol. 35v, 58v; ebd. 5818, fol. 53v (wie in: H. Wohl, Paintings [wie Anm. 31], S. 341-343); ASF, SMN 36, fol. 468r (wie in: Hor­ster, Castagno [wie Anm. 31], S. 205). Abb. 5 oben im Text aus Henderson, Healing (wie Anm. 9), S. 198. Zurück
  28. A. Padoa Rizzo, Luca della Robbia e Verrocchio. Un nuovo documento e una nuova interpretazione iconografica del tabernacolo di Peretola. In: MKIF, XXXVIII (1994), S. 4-50. Zurück
  29. B. Hatfeld Strens, Larrivo del trittico Portinari a Firenze. In: Commentari. Rivista di critica e storia dellarte, 19 (1969), S. 315-319. Lorenzo Monacos Tafelgemälde befindet sich heute in den Uffizien. Er hatte eine langjährige Verbindung mit dem Hospital; im vorausgehenden Jahrzehnt hatte er eine Reihe von liturgischen Büchern für San Egidio illuminiert. Zwischen 1420 und 1422 leistete dann das Hospital eine Reihe von Zahlungen beträchtlicher Höhe an Frate Lorenzo für eine tavola per laltare di Sancto Egidio. Vgl.: ASF, SMN 5049, fol. 11r, 217r; 5050, fol. 3r, 53r, 120v, 170r; 218v; SMN 5050, fol. 218v. Die Summe dieser Zahlungen betrug etwa 182 Goldgulden, was auf ein großes und eindrucksvolles Altarbild hindeutet. Vgl. M. Eisen­berg, Lorenzo Monaco, Princeton 1989, S. 214-215: Dokument Nr. 16A-16G. Abb. 6 oben im Text aus Henderson, Healing (wie Anm. 9), S. 200. Zurück
  30. E. Dhanens, Hugo Van der Goes, Antwerpen 1998, S. 257, 263. Zurück
  31. J. I. Miller, Miraculous Childbirth and the Portinari Altarpiece. In: Art Bulletin, LXXVII.2 (1995), S. 257-258. Vgl. die ausführliche Diskussion dieses Altargemäldes bei Dhanens, Hugo Van der Goes (wie Anm. 35), S. 250-301. Zurück
  32. Miller, Miraculous Childbirth (wie Anm. 36), S. 258-259. Zurück
  33. Vgl. Miller, Miraculous Childbirth (wie Anm. 36), S. 258, der die Existenz dieser Kapelle nicht für gesichert hält. Zurück
  34. E. Panofsky, Early Netherlandish Painting: It's Origins and Character, Cambridge, Mass. 1953, S. 333-334; vgl. auch Dhanens, Hugo Van der Goes, S. 280-285. Zurück
  35. ASF, SMN 4480, fol. 31v. Vgl. auch: G. Cora, Storia della maiolica di Firenze e del contado: secoli XIV e XV, Florenz 1973, I, S. 273, 231; T. Wilson, Ceramic Art of the Italian Renaissance, London 1987, S. 32. Zurück
  36. R. A. Koch, Flower Symbolism in the Portinari Altarpiece. In: Art Bulletin, 46 (1964), S. 76-77. Zurück
  37. Miller, Miraculous Childbirth (wie Anm. 36), S. 257 und B. Hatfield Strens, L'arrivo del trittico Portinari a Firenze (wie Anm. 34), S. 316. Zurück
  38. Vgl. Henderson, Antechambers of Death (wie Anm. 10). Zurück
  39. Vgl. den unveröffentlichten Aufsatz von Christina Knorr, The Coming of the Sheperds. On Hugo Van der Goess Portinari Altarpiece. Ich bedanke mich bei ihr für die Erlaubnis, diesen Aufsatz hier zu verwenden. Abb. 7 oben im Text aus Henderson, Healing (wie Anm. 9), S. 201. Zurück
  40. D. Gallavotti Cavallero, Lo Spedale di Santa Maria della Scala in Siena. Vicenda di una committenza artistica, Siena 1985, S. 153-165. Zurück
  41. „Aber ein Werk, das als viel schöner gilt, ist das, das Unsere Liebe Frau zeigt, wie sie die Stufen zum Tempel hinaufsteigt, und auf diesen waren viele Arme dargestellt [...]“ Vasari-Milanesi, Le Opere (wie Anm. 28), II, S. 676 und Anm. 1. Zurück
  42. Vgl. die Statuten des Jahres 1374 von Santa Maria Nuova in: Il Regio Arcispedale di Santa Maria Nuova. I suoi benefattori e le sue antiche memorie, Florenz 1888, S. 63. Zurück
  43. Für die früheste wie für die späteren Perioden vgl: G. Pampaloni (Hrsg.), Lo Spedale di S. Maria Nuova e la costruzione del loggiato di Bernardo Buontalent ora completata dalla Cassa di Risparmio di Firenze, Florenz 1961; F. Gurrieri, Larchitettura dello Spedale di S. Maria Nuova, 1288-1988. In: Lo Spedale di Santa Maria Nuova, 1288-1988, Florenz o. J., S. 29-46; vgl. dazu zum späteren 16. Jahrhundert: L. Ciuccetti, Profilo architettonico del complesso di Santa Maria Nuova. In: F. Brasioli/L. Ciuccetti, Santa Maria Nuova. Il tesoro nellantico ospedale fiorentino, Florenz 1989, S. 9-17. Zurück
  44. ASF, SMN 1 und 10: bei beiden handelt es sich um Quellensammlungen zur Geschichte des Hospitals, die im 18. Jahrhundert zusammengestellt wurden. Zurück
  45. Pampaloni (Hrsg.), Lo Spedale di S. Maria Nuova (wie Anm. 48), zum Teil basierend auf Richa, Notizie (wie Anm. 17), VIII, S. 175-233, und Del Migliore, Firenze. Città nobilissima illustrata, Florenz, S. 342-359. Zurück
  46. L. Passerini, Storia degli stabilmenti di beneficenza e distruzione elementare della città di Firenze, Florenz 1853, S. 354; Pampaloni (Hrsg.), Lo Spedale di S. Maria Nuova (wie Anm. 48), S. 19-20, behauptet „si sa, comunque, che negli anni 1313-1315 fu sistemato il corpo dello spedale", ohne einen Nachweis anzuführen. Zurück
  47. ASF, SMN 1, fol. 3v: Einschub 3. Zurück
  48. ASF, SMN 1, fol. 3v: ins. 3: „nella testata della corsia era laltare, quale era posto sotto una cupoletta, però coperto di legname e embrici". Zurück
  49. ASF, SMN 10, fol. 13r: La crocie dallato sinistro della spedale dallato delli huomini di nuovo e da primi fondamenti fu fatta et hedificata e compiuta interamente lanno 1479. Zurück
  50. Vgl. J. Henderson, Peste, Mal Francese e gli Ospedali di Firenze nel Rinascimento. In: L'Ospe­da­le e la città, hrsg. von Fondazione Giovanni Michelucci, Florenz, 2000, S. 16-27. Zurück
  51. Alle Historiker sind bisher davon ausgegangen, dass der letzte Flügel von Santa Maria Nuovas Männerstation Ende des 15. Jahrhunderts vollendet war, doch ist diese Annahme bislang nicht durch systematische Archivrecherche gesichert. Vgl. etwa Pampaloni (Hrsg.), Lo Spedale di S. Maria Nuova (wie Anm. 48), S. 20.            Vgl. einstweilen die Statuten der Accademia del Disegno des Jahres 1563, welche die verschiedenen Umzüge der Artistenbruderschaft von San Luca wiedergeben, die noch im frühen 16. Jahrhundert in Santa Maria Nuova zusammenkam. Seit ihrer Gründung 1345 hatten sie sich in der Kapelle San Luca in der Männerstation getroffen, aber: „Fu poi edificato da e Portinari lo Spedale di detta Santa Maria Nuova e attacata a detta Cappella la croce di quello Spedale per glinfermi […] fu premutato il luogo poi del raunarsi a questi Artefici dallo spedalingo sotto le volte dello spedale seguendo le tornate et le feste coi capitoli [sonti] et allofferta [et] processionalmente tutto il corpo dellArte adì XVIII dottobre per la festa dellAvvocato loro Sto Luca. Anchora che dallo Spedalingo Buonafé fussero cavati di sotto le volte, et tramutata la Compagnia lanno 1515 et messa in sul canto della Via della Pergola senza staccarla dal ceppo delle case di detto Spedale […]" (BNF, MS II.I.359, cc. 1-8; gedruckt in: Z. Wazbinski, L'Accademia Medicea del Disegno a Firenze nel Cinquecento. Idea e istituzione, Florenz 1987, II, S. 424). Wenn diese Quelle zuverlässig ist, würde das bedeuten, dass die Vierung der Männerstation vor 1515 fertiggestellt wurde. Zurück
  52. Del Migliore, Firenze (wie Anm. 50), S. 349. Die Länge von 163 Metern schloß die Buontalentikapelle mit ein. Zurück
  53. Vgl. Paatz, Die Kirchen (wie Anm. 15), und Pampaloni (Hrsg.), Lo Spedale di S. Maria Nouva (wie Anm. 48); und Ciuccetti, Profilo architettonico del complesso di Santa Maria Nuova (wie Anm. 48), S. 10-17. Zurück
  54. Paatz, Die Kirchen (wie Anm. 15), IV, S. 1-64, bes. S. 27-30; O. Siren, Opere sconosciute di Lorenzo Monaco. In: Rassegna d'Arte, IX (1909), S. 333-336, bes. S. 333. Zurück
  55. Pampaloni (Hrsg.), Lo Spedale di S. Maria Nuova (wie Anm. 48), S. 19. Zurück
  56. ASF, SMN 1. ins. 2, fol. 6r-6v. Abb. 5 oben aus Henderson, Healing (wie Anm. 9), S. 206. Zurück
  57. ASF, SMN 4390; vgl. etwa fol. 28r (1328 Mai 30): „per ricoprire il tetto del chiostro, 20 soldi“. Zurück
  58. K. P. Park/J. Henderson, The First Hospital Among Christians. The Ospedale di Santa Maria Nuo­va in Early Sixteenth-Century Florence. In: Medical History 35 (1991), S. 186; Abb. 9 oben im Text aus Henderson, Healing (wie Anm. 9), S. 208. Zurück
  59. Del Migliore, Firenze (wie Anm. 50), S. 345, 349, und Richa, Notizie (wie Anm. 17), VIII, S. 208, 211, stimmen mit diesen Ziffern überein.  Zurück
  60. M. Ficino, Consilio contro la pestilentia, hrsg. von. M. Musacchio, Bologna 1983, S. 63. Zurück
  61. „Halte Dich fern von eingeschlossener Luft, die umschlossen und feucht ist; und wisse, daß die Luft, die nicht häufig bewegt und erneuert wird, und dort, wo Sonne und trockener Wind sie nicht leicht reinigt, unrein und voller giftiger Verwesung wird, wie Wasser, das still steht“. Ficino, Consilio contro la pestilentia (wie Anm. 65), S. 63. Zurück
  62. Del Migliore, Firenze (wie Anm. 50), S. 350. Zurück
  63. A. Palma, L'Ospedale di Santo Spirito in Saxia, Padua 1994, S. 12.  Zurück
  64. Ebd. S. 20; Abb. 10 oben im Text aus Henderson, Healing (wie Anm. 9), S. 211. Zurück
  65. Vgl. Paatz, Die Kirchen (wie Anm. 15), IV, S. 22, 28, 56 Anm. 132, zu den Gerinifresken in der Männer- und Frauenstation, doch bedarf seine Untersuchung der Überprüfung.  Zurück
  66. ASF, SMN 4465, fol. 80r. Zurück
  67. Ebd. „A Niccholò di Piero dipintore a dì decto [1414 November 23] per le infrascritte dipinture fatte dal lato delle donne: Prima per la storia della Neve colladornamento dintorno fior. viii. E per la storia della Natività di Christo colladornamento fior. x e di Sca Lucia e di Sca Angnesa e di Santa Cicilia fior. viiii e del frontespizio sopra ala sepoltura fior. ii e di S. Lisabetta fior. ii ½; e della storia di xii apostoli fior. viiii, e della faccia sopra a laltare e colla finestra fior. x; e per tutto larcho con due profeti e adornamenti fior. vi, e più le iiii sotto larcho San Giorgio, Sancta Margherita, Sancta Barbera e San Giovanni Batista fior. vii; ed anche la Piatà nella faccia del pozzo dello spedale di là fior. ii; e per la dipintura di sopra alla porta dllo spedale di là fior. xii. Somma fior. 77 lire 2 di grossi, di sol. 80 per fiorino.“ Zurück
  68. Entsprechend den Hospitalsstatuten des Jahres 1331: Il Re Arcispedale di S. Maria Nuova. I suoi benefattori, sue antiche memorie, Florenz 1888, S. 58. Zurück
  69. Zu den Zahlungen an Rossellino und Ghiberti vgl. das quaderno di cassa des Hospitals für 1449-1452: ASF, SMN 5064, cc. 18r, 30r, 36r; und für 1448-1450: SMN 5063, c. 187r. Diese Auszüge aus den Büchern des Hospitals wurden (mit einigen Transkriptionsfehlern) veröffentlicht von G. Poggi, Il ciborio di Bernardino Rossellino nella chiesa di S. Egidio. In: Miscellanea darte, I (1903), S. 105-107. Vgl. auch R. Krautheimer, Lorenzo Ghiberti, Princeton 1982, S. 204, 207, und A. Markham Schulz, The Sculpture of Bernardino Rossellino and His Workshop, Princeton 1977, S. 52-58, 160-161. Zu dem Tabernakel in der Männerstation vgl.: P. Rizzo, Luca della Robbia e Verrocchio (wie Anm. 33), S. 48-68. Zurück
  70. Markham Schulz, The Sculpture, S. 106; Abb. 11 aus Henderson, Healing (wie Anm. 9), S. 213. Zurück
  71. Del Migliore, Firenze (wie Anm. 50), S. 345; Paatz, Die Kirchen (wie Anm. 15), IV, S. 29 n. 136; Horster, Andrea del Castagno (wie Anm. 31), S. 189. Zurück
  72. Del Migliore, Firenze (wie Anm. 50), S. 345-346; Abb. 12 oben aus Henderson, Healing (wie Anm. 9), S. 215. Zurück
  73. Vgl. Park/Henderson, The First Hospital Among Christians (wie Anm. 4), S. 183. Zurück