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Weinbau und Sprachgeschichte vom Mittel- bis zum Oberrhein: (aus der Werkstatt des Wortatlasses der kontinentalgermanischen Winzerterminologie)

von Wolfgang Kleiber, Sigrid Bingenheimer und Rudolf Steffens

1.Einleitung (Wolfgang Kleiber)

1.1.Vorbemerkungen

Im folgenden wird der Wortatlas der germanisch-deutschen (=kontinentalgermanischen) Winzerterminologie (WKW) anhand von praktischen Beispielen aus unserer Arbeit vorzustellen sein. Von dem Atlaswerk liegen bisher die ersten beiden Lieferungen zusammen mit dem Einleitungsband vor.[Anm. 1] Ein Jahrzehnt Vorarbeiten, Sprachaufnahmen, Druckvorbereitungen liegt hinter uns, Ergebnisse langjähriger gemeinsamer Arbeit, gemeinsamen Ringens, und ich freue mich, hier eine ganze Reihe von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern anwesend zu wissen, denen ich auch hier nochmals Dank aussprechen möchte.

Der WKW ist ein echtes Gemeinschaftswerk. An ihm haben Teil über 800 Gewährsleute aus 13 (früher 14) Staaten Europas[Anm. 2], aus einem Gebiet, das sich von der Ahr bis zum Kaukasus erstreckt. An ihm wirkten aber auch mit viele Exploratorinnen und Exploratoren, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, welche in geduldiger Arbeit den Weg vom Rohstoff, den Fragebögen, bis hin zur fertigen Karte geebnet haben. Leider konnten hier nur zwei langjährige und besonders verdienstvolle Mitautoren, stellvertretend gewissermaßen, zu Worte kommen:

- Sigrid Bingenheimer, neben Dr. Rudolf Post Redakteurin am Pfälzischen Wörterbuch: Hauptexploratorin.
- Dr. Rudolf Steffens, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Geschichtliche Landeskunde an der Universität Mainz: Hauptbearbeiter der WKW-Materialien.

Zunächst wird von mir sehr knapp über die Geschichte und Zielsetzung des Atlasses berichtet, darauf folgen Kurzreferate von Sigrid Bingenheimer und Rudolf Steffens über das Verfahren der Materialgewinnung und der Materialauswertung. Damit wird der Grund gelegt für die anschließenden sprachgeschichtlichen und sprachgeographischen Auswertungsbeispiele, die zu skizzieren meine Aufgabe sein wird. Sigrid Bingenheimer sorgt abschließend für einen besinnlichen und heiteren Ausklang.

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1.2.Die sprachgeographische Quellenbasis: Der WKW - eine Kurzvorstellung

1.2.1.Literatur

Das Atlasunternehmen ist schon verschiedentlich vorgestellt worden. Es ist zu verweisen auf den Sammelband „Sprachatlanten des Deutschen“, herausgegeben von Werner H. Veith und Wolfgang Putschke[Anm. 3]; auf den Sammelband „Bayerisch-österreichische Dialektforschung“, herausgegeben von Erwin Koller, Werner Wegstein und Norbert Richard Wolf[Anm. 4], jeweils mit einem Kartenbeispiel, sowie auf weitere Aufsätze[Anm. 5]. Die erste Lieferung mit Einleitungsband und Kartenband ist 1990[Anm. 6], die zweite Lieferung 1991[Anm. 7] erschienen. Was hier in Stichwortform vorgetragen wird, ist im Einleitungsband näher ausgeführt.[Anm. 8]

1.2.2.Motivation

Der[Anm. 9] mitteleuropäische Weinbau befindet sich seit der Mitte des 19. Jahrhunderts in einem tiefgreifenden wirtschaftlichen und sozialen Umstrukturierungsprozess, der den Abbruch jahrhundertealter Traditionen zur Folge hat. Betroffen sind vor allem die auf manuellen Techniken beruhenden Arbeitsprozesse, die weitgehend mechanisiert werden. Dies wiederum hat die Substitution der regionalen, geschichtlich aussagekräftigen, oft auch ästhetisch reizvollen Zeugnisse handwerklicher Sachkultur durch neue, standardisierte Fabrikprodukte zur Folge. Die Modernisierung bzw. Mechanisierung von Arbeitsprozessen führt neben dem Sach- zum Wortverlust und damit zur Diskontinuität der traditionsgeprägten Winzersprache[Anm. 10]. Es erschien sinnvoll, in einer Art Rettungsaktion die Winzerfachsprache einer exemplarischen sprachgeschichtlichen und kulturgeographischen Dokumentation zugrunde zu legen.

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1.2.3.Zielsetzungen

- Diatopische (sprachgeographische)[Anm. 11] Dokumentation ausgewählter Teile des traditionellen Winzerfachlexikons im Geltungsbereich germanisch-deutscher Dialekte nach dem Stand um 1930. Planmäßig einbezogen werden also auch jene ost- und südosteuropäischen Gebiete, in welchen vor den Umwälzungen im Gefolge des Zweiten Weltkrieges deutschsprachige Siedlungen mit Weinbauwirtschaft bestanden haben.[Anm. 12]

- Linguistisches Hauptziel der Dokumentation ist ferner die Darstellung der Arealstruktur des Winzerfachlexikons im historischen Geltungsbereich der deutschen Dialekte. Der Wortatlas soll dadurch der Sprachinseldialektologie, der Interferenz- und Kontaktlinguistik Materialien für ihre spezifischen Fragestellungen zuführen[Anm. 13].

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1.2.4.Forschungsgeschichtliche Einordnung

Typologisch[Anm. 14] gehört der Atlas zu den monolingualen, sachbezogenen Großraumatlanten, deren Vorbild der Sprach- und Sachatlas Italiens und der Südschweiz von Karl Jaberg und Jakob Jud (1928 - 1940) ist. Ein gesamteuropäischer Winzersprachatlas wäre auch deswegen ein Desideratum, weil der Atlas Linguarum Europae[Anm. 15], wie auch die meisten Regionalatlanten, die Winzerfachsprache nur in beschränktem Maße berücksichtigen kann. Der Atlas beruht auf der direkten Aufnahmemethode.

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1.2.5.Untersuchungsgebiet und Ortsnetz

Diese[Anm. 16] werden konstituiert durch sprachgeschichtliche und wirtschaftsgeographische Determinanten:

- Sprachlich: Durch die Begriffe 'kontinentalgermanisch', näher präzisiert durch `deutschmundartlich' sowie 'fachsprachlich' bzw. 'winzersprachlich'.
- Wirtschaftsgeographisch: Die nähere Eingrenzung des Atlasareals erfolgt durch Korrelierung mit der rezenten Verbreitung der Weinbausonderkultur in Europa.

1.3.Zusammenfassung

Der WKW erstrebt eine areallinguistische Synopse des kontinentalgermanisch-deutschen Winzerlexikons in Zentral-, Südost- und Osteuropa. Der Versuch eines großräumigen Überblicks soll die Einzelforschung stimulieren.

Der WKW ist seinem Wesen nach ein historischer Atlas. Dies gilt in doppelter Hinsicht: Erhebungs- und Deskriptionsobjekt sind einmal das fachsprachliche Lexikon, das auf einer historischen, altüberlieferten, heute überall in Ablösung begriffenen Wirtschaftsweise beruht. Zum anderen: In Südost- und Osteuropa beschreibt der Atlas - von wenigen Ausnahmen abgesehen - Sprachzustände, die heute nicht mehr bestehen. Sie sind Geschichte geworden. Der Atlas ruht im Westen also auf weitgehend noch bestehenden, im Osten und Südosten zumeist auf über 40 Jahren zurückliegenden Siedel- und Sprachverhältnissen.

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2.Der WKW: Materialgewinnung (Sigrid Bingenheimer)

2.1.Datengewinnung

Der WKW ist das umfassendste, nicht jedoch das erste wissenschaftliche Unternehmen, das sich der Weinbausprache annimmt. Es liegen für die verschiedensten deutschsprachigen Weinbaugebiete im In- und Ausland zahlreiche Untersuchungen vor, von Seminararbeiten zu einzelnen Orten bis zu Dissertationen über größere Gebiete. So sind einige Gemeinden Rheinhessens in einer Dissertation aus dem Jahre 1928 von Paul Kadel[Anm. 17] bearbeitet.[Anm. 18] Auch volkskundliche und sachkundliche Aspekte finden in der Literatur Berücksichtigung.[Anm. 19]

Als das geeignete Medium, die mündlich gebrauchten älteren weinbauspezifischen Lexeme und Syntagmen zu erfassen, erweist sich nach wie vor ein gut strukturiertes und differenziertes Fragebuch, mit dem direkt vor Ort die Winzer in ihrer vertrauten Umgebung befragt werden können. Ein solches umfassendes Fragebuch lag zu Beginn des Projektes nicht vor, es wurde in mehrjähriger Arbeit entwickelt und erprobt.[Anm. 20] Weinbaufachleute überprüften die Entwürfe auf ihre sachliche Richtigkeit, korrekte zeitliche Reihenfolge der Arbeitsabläufe und Vollständigkeit. Das Fragebuch sollte die vielseitigen Tätigkeitsfelder des Winzers widerspiegeln, wobei unser besonderes Augenmerk auf der Verknüpfung von Wörtern und Sachen lag. Von größter Wichtigkeit war dabei, dass das Fragebuch uneingeschränkt verwendet werden konnte in den zahlreichen verschiedenen Weinbau- und Mundartgebieten mit ihren stark variierenden sachlichen Gegebenheiten. Während zum Beispiel in Rheinhessen das Ausziehen der Stützpfähle nach der Weinlese und das Wiedereinschlagen im Frühjahr in Verbindung mit dem Umlegen und Eingraben der Reben unbekannt ist, wird diese Methode des Frostschutzes in klimatisch weniger begünstigten Weinbaugebieten (Mainfranken, Württemberg) heute zum Teil noch angewandt. Diesen besonderen Arbeitsweisen muss ein Fragebuch von vorneherein Rechnung tragen. Regionalbezogene, also unterschiedliche Fragebögen hätten eine Vergleichbarkeit der Daten unmöglich gemacht. Andererseits setzt ein solches Fragebuch, das möglichst alle gebietsspezifischen Arbeitsweisen, Geräte, Gefäße berücksichtigt, ein entsprechend umfangreiches Vorwissen der Fragenden voraus, denn nur nach dem, was bekannt ist, kann gezielt gefragt werden.

Die Auswahlkriterien, die an eine mögliche Gewährsperson gestellt wurden, bezogen sich auf Sicherheit in der Ortsmundart, zuverlässige Sachkenntnis im Weinbau und Zugehörigkeit zur älteren Generation. Insbesondere sollten die Gewährspersonen auch mit älteren Arbeitsweisen im Weinbau vertraut sein, auch wenn dieses Wissen nicht mehr aus der eigenen Praxis, sondern nur noch in der Erinnerung vorhanden war. In der Regel waren die Gewährspersonen Winzer im Alter von über 60 Jahren. Es gab im allgemeinen in den westlichen Aufnahmegebieten keine Probleme, für die durchschnittlich 6Stunden dauernde Aufnahme geeignete Personen, die zudem auch noch die entsprechende Ausdauer und Geduld mitbrachten, zu finden. Hilfe leisteten Gemeindeverwaltungen, Weinbauverbände und Empfehlungen durch Winzer selbst.[Anm. 21]

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2.2.Fachsprache

Der WKW versteht sich als ein Wortatlas, der die Fachsprache[Anm. 22] weinbautreibender und deutsche Mundarten sprechender Menschen darstellt, also eine Berufsgruppensprache. Der Titel `Wortatlas' spezifiziert bereits genauer, um welche Elemente der Sprache es sich beim Dargestellten handelt. Der Terminus 'Fachsprache der Winzer' umfasst den Fachwortschatz der Winzer. Die Untersuchung fällt somit in den Bereich der Wortkartographie. Diese Fachwörter der Winzer sind eingebettet in das System der Gesamtsprache, hier in das System der regionalen und lokalen Mundart. Die Fachsprache der Winzer weist also keine eigene, von der übrigen Sprache abweichende Lautung, Satzbau oder Grammatik auf. Sie steht in enger Wechselbeziehung zur Ortsmundart. So können Termini der Fachsprache in die Mundart übergehen oder auch von anderen Mundartsprechern, die keine Weinbauern sind, angenommen werden. Umgekehrt können Wörter des Dialektes als Fachwort in bestimmter, oft eingegrenzter Bedeutung verwendet werden (z.B. Baum als Kelterbaum). Der Wortschatz der Weinbausprache ist zwar auf einen bestimmten Bereich eingeschränkt, innerhalb dieses Bereiches jedoch hochdifferenziert. Die Fachsprache der Winzer, soweit sie Gegenstand unserer Untersuchung ist, wird reduziert auf das fachsprachliche Lexikon der älteren Generation, die vorwiegend mit traditionellen, manuellen Arbeitsweisen Weinbau betrieb, also bevor sich die moderne Technik auch im Bereich der Land- und Weinwirtschaft durchsetzte. Zudem zeichnet sich diese ältere Sprache dadurch aus, dass sie weitgehend frei ist von standardisierten Fachwörtern, wie sie seit einigen Jahrzehnten an Weinbaufachschulen und in der Weinbaufachliteratur verwendet werden. Der Winzer, der den Weinbau bei seinem Vater erlernt hat, hat von ihm auch den alten traditionellen Wortschatz übernommen. Man wird also wohl vergeblich in einem Weinbaulehrbuch solche Ausdrücke suchen wie Butte, Rappen, Perkel, rühren, Äscherisch, Druse, Lämpel, sondern standardisierte Fachwörter wie Rückentragegefäß, Traubenkamm, Traubenbeere, auflockern, Mehltau, Hefe, Grenzreihe finden. Entsprechend der Herkunft unseres Weinbaues zeichnet sich die ältere Weinbausprache durch einen hohen Bestandteil an romanischen Lehnwörtern aus. Ebenso charakteristisch sind zahlreiche Überschneidungen im Bereich des Wortschatzes mit der Sprache der Landwirtschaft und einigen anderen Berufen, die unmittelbar mit dem Weinbau zusammenhängen, wie beispielsweise der Küfer oder Faßbinder, Weinschröter, Zimmermann, Obstbauer. Der diesen Berufen eigene Fachwortschatz wurde im Fragebuch jedoch absichtlich nur marginal erfasst und bedarf eigener Untersuchungen.

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2.3.Questionnaire

Charakteristisch[Anm. 23] sowohl für den Vollerwerbs- als auch den Nebenerwerbswinzer ist die Tatsache, dass, bei aller Differenziertheit der einzelnen Arbeitsgänge sowohl im Weinberg als auch im Keller, kaum Arbeitsteilung mit Angehörigen anderer Berufszweige erfolgt. Vom Vorbereiten der Rodung bis zum Ausbau des Weins in Fass oder Flasche samt Vermarktung liegt alles in einer Hand. Ein Fragebuch hat demnach dieses ganze Spektrum zu erfassen. Insgesamt 398 Einzelfragen decken nahezu den gesamten Bereich des Weinbaus ab. Am Beginn stehen Fragen zur Botanik der Rebe, zum Weinstock und seinen Teilen wie Stamm, Wurzel, Schenkel, Triebe, Geiztriebe, Wasserschosse, Blätter, Trauben, Beeren, Rebsorten weiß/rot (früher und heute) usw. Es folgen Fragen zu sämtlichen Arbeiten des Winzers durch das ganze Jahr hindurch in chronologischer Folge. Gefragt wurde nach der Bezeichnung des jeweiligen Arbeitsprozesses, nach der manuellen Technik, nach den Arbeitsmaterialien und wie sie früher selbst zubereitet wurden (z. B. Weiden zum Binden); nach Geräten und Gefäßen, nach den Arbeitsterminen und auch danach, ob bestimmte Arbeiten traditionell von Frauen oder von Männern erledigt wurden. Gelegentlich wurde zum Kontrast nach der entsprechenden Arbeitsweise heute gefragt (z. B. früher: heften, heute: Drähte hochlegen). Das Neuanlegen eines Weinberges früher und heute, die übrigen Bodenarbeiten, die Laubarbeiten, der Ablauf der Lese mit allen Gefäßen und Fahrzeugen, die Bezeichnungen für die verschiedenen Arbeiter wie der Buttenträger, der Wingertsschütz, die Herbstmuck. Die Entwicklung vom Most bis zum fertigen Wein, also der gesamte Weinausbau im Keller, wurde in seiner Sprache erhoben. Besonderes Interesse lag stets auf älteren Holzgefäßen wie Butte, Bütte, Brenke, Stütze, Fass. Abgerundet wird die Befragung durch Winzerregeln, besonderes Brauchtum und Mundartliches im Zusammenhang mit dem Weintrinken.

Die Fragen als solche sind zwar im Hinblick auf spätere rationelle Auswertung jeweils von 1 bis 398 durchnummerierte Einzelfragen, sie stehen aber in Sachgruppen zusammen, folgen nach Möglichkeit chronologischen, organischen, logischen Abläufen. Dies ermöglichte den Winzern kreatives Assoziieren und das Schildern von komplexen Prozessen.

Der überwiegende Teil der Fragen gibt ein standardisiertes Stichwort oder eine Umschreibung der gefragten Sache vor, ohne jedoch das Mundartwort selbst zu nennen. Beispiel einer Frage: "Wie sagen Sie hier in Ihrem Dorf dazu, wenn man die hängengebliebenen Trauben nach der Weinlese erntet?" In einem zweiten Typus von Fragen nennt der Explorator ein Wort der Weinbausprache und lässt sich die ortsübliche Aussprache sowie seine Bedeutung vorsprechen, Beispiel: Klafter. So können regional unterschiedliche Aussprachevarianten und Bedeutungen eines Lexems erfasst werden. Etliche Fragen betreffen konkret den zeitlichen Wandel der Bezeichnungen: "Welche Weinbergsmaße waren früher hier üblich, welche heute?"

Bestimmte Bereiche wurden bewusst ausgespart. So nahezu die gesamte Terminologie der modernen, technisierten Arbeitsverfahren mit den entsprechenden Maschinen (z.B. Spritzen, Mulchen, Filtern, Veredeln), aber auch die Bereiche Weinansprache, Weinhandel, Weinwerbung und Weinrecht. Auch Weinlagenamen und Flurnamen sind nicht Gegenstand der Untersuchung. Ebenso wurde auf die Erhebung des außerordentlich interessanten historischen Sprachmaterials zur Weinbausprache verzichtet, das nur schriftlich überliefert ist. Die sprachwissenschaftliche Auswertung dieser Quellen muss anderen vorbehalten bleiben.

Gestützt wurde ein Interview im Bedarfsfalle durch Abbildungen von Geräten, Gefäßen u. ä., die in einem Ergänzungsteil zum Questionnaire zusammengestellt sind. Im allgemeinen war es jedoch vorteilhafter, im Originalfragebuch auf freien Seiten Handskizzen nach Beschreibung anzufertigen oder vom Winzer anfertigen zu lassen.

Dem Fragebuch ist ein allgemeiner Teil vorgeschaltet, in dem die für die Beurteilung und Auswertung der Antworten unerlässlichen Angaben zur Gewährsperson festgehalten sind, beispielsweise die Mundart der Eltern und Ehepartner, Sachkenntnis usw. Schließlich werden die technischen Daten der Tonaufnahme festgehalten. Die Publikation dieser Angaben erfolgt verschlüsselt und mit Genehmigung des Datenschutzbeauftragten des Landes Rheinland-Pfalz.[Anm. 24]

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2.4.Untersuchungsgebiet und Explorationen

Wesentliche Voraussetzungen für eine ertragreiche Aufnahme war die Schulung des Explorators sowohl auf philologischem Gebiet als auch im Weinbau. Neben gründlichen Kenntnissen im Bereich Dialektologie waren spezifisches Wissen über die zahlreichen Einzeldialekte (rhein- und moselfränkisch, alemannisch, bairisch usw.), aber vor allem auch solide Fertigkeiten im sofortigen Mitschreiben der Antworten im angewandten Lautschriftsystem unabdingbar. Die Mitschrift führte der Explorator unmittelbar nach jeder gegebenen Antwort in Form des Lautschriftsystems der API[Anm. 25] durch, auch ausführlichere, sachbezogene Antworten und Zeichnungen nach Beschreibung der Gewährsperson erfolgten sofort. Nur so waren eventuelle Korrekturen und Ergänzungen gewährleistet. Zumindest ein Basiswissen über sämtliche Vorgänge im Weinbau, über den Aufbau eines Weinstockes, über den Gebrauch von Geräten, über den Ausbau des Weines im Keller waren unverzichtbar, nicht zuletzt deswegen, damit der Fragende auch umgekehrt dem Winzer sachbezogen antworten konnte, wenn dieser eine Rückfrage stellte. Viel Material konnte nur dadurch gesammelt werden, dass der Explorator flexibel auf neue örtliche Gegebenheiten reagierte und das Gespräch über die standardisierten Fragen des Fragebuchs hinaus erweiterte. Das gesamte Interview wurde auf Tonband mitgeschnitten und damit sozusagen eine Sprachkonserve hergestellt. Ergänzt wurden die Sprachaufnahmen durch photographische Aufnahmen[Anm. 26] von alten Winzergeräten, Keltern, besonderen Weinbergsanlagen. Weinbaumuseen wurden besucht und auch hier wertvolle Informationen gewonnen.

Das Explorationsgebiet ist - wie oben schon gesagt - festgelegt durch die beiden Determinanten Weinbau und ältere deutschmundartliche Winzer in Zentral-, Südost- und Osteuropa.[Anm. 27]

Das Arbeitsgebiet umfasst zunächst alle elf Weinbaugebiete der alten Bundesrepublik von der Ahr bis zum Bodensee: Ahr, Mosel-Saar-Ruwer, Mittelrhein, Rheingau, Nahe, Rheinhessen, Rheinpfalz, Hessische Bergstraße, Franken, Württemberg, Baden. Weinbauern in der ehemaligen DDR an Elbe, Saale und Unstrut wurden ebenso befragt. Daneben gibt (bzw. gab) es andererseits in Europa eine große Zahl von Weinbaugebieten, die zwar nicht politisch, aber ihrer Mundart nach als deutsch zu bezeichnen sind. Dies beginnt im Westen mit Luxemburg, Frankreich mit Elsass und Lothringen, dann folgen die deutschsprachige Schweiz, das Fürstentum Liechtenstein, Südtirol in Italien, die verschiedenen Weinbaugebiete Österreichs, die Tschechoslowakei mit Nordböhmen und Südmähren, die Gegend um Grünberg in Polen, das nördlichste Weinanbaugebiet Europas. (Die deutschen Siedelgebiete in der Tschechoslowakei und in Schlesien sind nach 1945 durch Aussiedlung aufgelöst worden). Alle diese Areale zusammen werden von den Sprachwissenschaftlern als geschlossenes Gebiet der germanisch-deutschen Sprache bezeichnet.

Im Unterschied dazu finden sich aber auch kleinere Sprachbereiche mit deutschen Mundarten innerhalb von anderssprachigen größeren Sprachgemeinschaften (Sprachinseln). Hier hatten sich seit dem Hochmittelalter deutsche Weinbauern angesiedelt. Von allen wichtigen Sprachinseln deutscher Mundarten, in denen Weinbau betrieben wurde oder wird, sind Sprachaufnahmen zusammengekommen. Diese Gebiete sind im einzelnen: Jugoslawien (Banat, Batschka, Gottschee, Slowenien), Ungarn (Schwäbische Türkei, Ungarisches Mittelgebirge u.a.), Rumänien (Siebenbürgen, Banat, Sathmar, Dobrudscha), Sowjetunion (Karpato-Ukraine, Gebiet Odessa, Bessarabien, Krim, Nord- und Südkaukasus). Insgesamt liegen Aufnahmen aus 14[Anm. 28] Staaten vor. Die Vielzahl gerade dieser außendeutschen Mundartgebiete lässt ahnen, mit welchen besonderen Schwierigkeiten das Projekt konfrontiert wurde. Sind es im westlichen Untersuchungsgebiet vor allem galloromanische, französische und italienische Lehnwörter, die in die deutsche Weinbauernsprache aufgenommen wurden, so begegnen im Osten Bestandteile sämtlicher der die Sprachinselmundarten überdachenden Nationalsprachen: Polnisch, Tschechisch, Slowakisch, Serbokroatisch, Ungarisch, Rumänisch, Russisch, Ukrainisch usw. Als große Besonderheit erwiesen sich Explorationen mit Winzern z.B. aus Bessarabien oder dem Schwarzmeer-Gebiet, deren Mundart zum Teil niederdeutsch ist. So kamen Aufnahmen zustande, wie sie im geschlossenen deutschen Sprachraum nicht möglich sind, denn da, wo im Westen niederdeutsch gesprochen wird, gibt es keinen Weinbau.

Die Auswahl der Aufnahmeorte sollte u.a. eine möglichst gleichmäßige Streuung der Ortspunkte auf den zu erstellenden Karten gewährleisten. Von ganz besonderem Wert sind die zahlreichen Aufnahmen mit südost- und ostdeutschen Mundartsprechern aus den betreffenden Sprachinseln. Zum größten Teil sind sie in der Bundesrepublik entstanden, da zahlreiche Deutsche aus dem Osten und Südosten seit 1945 bekanntlich hierher ausgewandert sind. Ein Teil der Aufnahmen allerdings konnte vom Projektleiter direkt in der ehemaligen DDR, in Ungarn und in Rumänien getätigt werden. Nahezu alle übrigen Sprachaufnahmen sind direkt vor Ort, zumeist in den Häusern der Winzer am Wohnort entstanden. So liegen jetzt nach Abschluss der Aufnahmephase aus 420 Orten 527 ausgefüllte Fragebögen mit Tonbandaufnahmen vor.[Anm. 29]

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3.Datenauswertungsprozeduren (Rudolf Steffens)

3.1.Material

 Die Sprachaufnahmen zum Wortatlas der kontinentalgermanischen Winzerterminologie beruhen auf einem Netz von 420 Orten (Primär- und Sekundäraufnahmen) sowie 29 weiteren Orten (Tertiäraufnahmen). Die Fragebücher mit den Originaltranskriptionen sowie die dazugehörigen Tonbänder befinden sich im Archiv des WKW in Mainz.

Nach Abschluss der Enquetephase und vor Beginn der Auswertungsarbeiten wurde jedem Ortspunkt eine Sigle sowie eine Nummer zugewiesen. Die Sigle besteht aus dem oder den Buchstaben des KFZ-Kennzeichens des jeweiligen Staates, zwei Buchstaben für das Weinbaugebiet oder - im Ausland - eine administrative Einheit bzw. einen geographischen Raum sowie zwei Buchstaben für den Ortsnamen. Schließlich wurden die Sprachaufnahmen nach ihrer chronologischen Abfolge durchnumeriert. Beispiel: D Rh Wa 3 = D für Deutschland, Rh für das Weinbaugebiet Rheinhessen, Wa für den Ortsnamen Wallertheim, 3 = laufende Nummer.

Sämtliche 527 im Institut archivierten Original-Fragebücher wurden nun Seite für Seite mit den Ortssiglen und Ortsnummern gestempelt. Anschließend wurde das gesamte Material photomechanisch vom Format DIN-A 4 auf DIN-A 5 verkleinert und vervielfältigt sowie manuell dergestalt sortiert, dass jeweils das gesamte Antwortmaterial zu einer Frage des Fragebuchs als Zettelkartei vorliegt. Diese Materialien sind dann frageweise geordnet in Stahlkarteischränke eingestellt worden. Es handelt sich um eine Sammlung von mehr als 230000 Belegzetteln.

Der WKW ist seiner Konzeption nach ein Wortatlas. Die Vielzahl phonetischer Varianten in einem Untersuchungsgebiet, welches nieder-, mittel- und oberdeutsche Dialekte umfasst, kann nur in eingeschränktem Umfang dokumentiert werden. Zu berücksichtigen ist zudem eine Fülle von Lehnwörtern aus den die deutschen Außensprachinseln überdachenden v. a. romanischen und slawischen Sprachen. Dies bedingt die Rückführung der Einzelbelege auf eine Ausgangsform, ein Stichwort, ein Archilexem, im folgenden Lemma[Anm. 30] genannt, worin eine Reihe lautlicher Varianten zusammengefasst sind. Der Prozess der Lemmatisierung kann beschrieben werden als die Rekonstruktion einer der neuhochdeutschen oder fremdsprachigen Standardsprache angenäherten Stichwortform.

Beispiele: Frage 8 (Die Rinde des Weinstocks) D 51 (Perl, Mosel, Deutschland); F 158 (Contz-les-Bains, Lothringen, Frankreich); R 251 (Irmesch, Siebenbürgen, Rumänien); R 262 (Schönau, Siebenbürgen, Rumänien); SU 342 (Friesendorf, Gebiet Odessa, Sowjetunion). Als Lemma, als Stichwort, wird angesetzt: Schale. Frage 307 („Wein“ Lautung) D 45 (Homburg, Franken, Deutschland); D 62 (Oberdollendorf, Mittelrhein, Deutschland); D 69 (Brauneberg, Mosel, Deutschland); D 152 (Assmannshausen, Rheingau, Deutschland); CH 81 (Ligerz, Schweiz); I 53 (Kardaun, Südtirol, Italien); YU 198 (Wretzen, Gottschee, Jugoslawien); R 71 (Großprobstdorf, Siebenbürgen, Rumänien). Als Lemma wird angesetzt: Wein.

Regionaltypische Besonderheiten der Morphemik (Wortbildung) werden im Stichwortansatz in leicht standardisierter Form dargeboten. Dies betrifft zum Beispiel das Diminutiv-Suffix -lein (Varianten -el und -erl im Bairischen in Blatt - Blattel, Haken - Hakerl) oder das althochdeutsche Kollektivierungssuffix -ahi, bairisch Laubach, mitteldeutsch Laubich 'Laubwerk'. Sofern keine standardsprachlichen Entsprechungen vorhanden sind, werden die Stichwortansätze der regionalen Mundartwörterbücher übernommen. Dieses Lemmatisierungsverfahren ist zum Teil mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden, da die deutschen Binnenmundarten und auch die Mundarten der Außensprachinseln sehr ungleichartig lexikographisch erschlossen sind. Die zahlreichen fremdsprachigen Lehnwörter, welche im Material des WKW in den verschiedensten phonetischen und morphologischen Integrationsstufen begegnen, werden in der Standardorthographie der jeweiligen Abgabesprache geboten.[Anm. 31]

3.2.Elektronische Datenverarbeitung

In der Arbeitsstelle des WKW stehen als Hardware[Anm. 32] zur Verfügung: zwei Personal-Computer der Firma Victor, Typ Sirius 1; ein Personal-Computer der Firma Victor, Typ VI; zwei Matrixdrucker der Firma Epson, Typen FX-80 und LQ 850; ein DIN-A 3-Plotter der Firma Hewlett Packard; ein DIN-A 1-Plotter der Firma CalComp.

Da für die Problemstellung des WKW nicht auf fertige Software zurückgegriffen werden konnte, wurden die notwendigen Programme selbständig entwikkelt. Die Software hatte einfache Ein- und Ausgabe des Sprachmaterials zu gewährleisten sowie die direkte und nicht kodierte Darstellung der phonetischen Sonderzeichen auf Bildschirm und Drucker. Diese Sonderzeichen des API-Alphabets wurden ebenfalls in der Arbeitsstelle des WKW generiert.

Sind alle Belegmaterialien zu einer Frage lemmatisiert, werden die Daten in den Computer eingegeben. Ein Datensatz enthält jeweils neun Einträge: 1) Ortsnummer, 2) Staatensigle, 3) Sigle für das Weinbaugebiet oder eine administrative Einheit, 4) Ortssigle, 5) Plottattribut, 6) Lemma, 7) phonetische Form, 8) Stempelnummer des Belegzettels im DIN-A 5-Format sowie Bemerkungen des Explorators oder der Gewährsperson, 9) Fragenummer.

Für nahezu jede Frage des Questionnaires wurde eine solche Datei angelegt, so dass die Masse des WKW-Sprachmaterials nicht nur über die Original-Fragebücher und die Fotokopien zugänglich ist, sondern auch über elektronische Speichermedien. Zur weiteren Bearbeitung der Wortbelege pro Frage werden die Daten staatenweise nach Ortsnummern und alphabetisch nach Lemmata sortiert und über den Drucker ausgegeben.

Die Texte der Kartenlegenden und die Kommentare werden dem Verlag auf Diskette zugesandt. Dazu wird ein Textverarbeitungsprogramm verwendet, in welches phonetische Zeichen eingebunden werden können. Alle Überschriften im Text, Auszeichnungen, Einrückungen und Einzüge, Freistellungen für Abbildungen usw. mussten zur Ansprache des Satzcomputers in der Druckerei entsprechend mit Steuerzeichen und Kodierungen versehen werden.[Anm. 33]

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3.3.Kartographie

Das Erhebungsgebiet des WKW reicht von der Ahr im Westen bis zum Kaukasus im Osten. Dies, die Ortsnetzdichte sowie die Punkt-Symbol-Methode der sprachkartographischen Ergebnisdarstellung bedingen das äußere Format des Atlasses. Die Grundkarte besteht aus vier Teilen: Teilkarte I West, Maßstab 1:2.000.000; Teilkarte II Südost, Maßstab 1:2.000.000; Teilkarte III Ost, Maßstab 1:8.000.000; Teilkarte IV Übersichtskarte, Maßstab 1:18.000.000. Die Grundkarte wurde im Institut für Angewandte Geodäsie in Frankfurt am Main nach unseren Vorgaben gezeichnet. Sie wurde als reprofähige Filmvorlage dem Verlag übergeben. Jede Teillieferung des Atlasses besteht aus ca. 20 Karten. Acht Teillieferungen sind projektiert.

Karte E 1 (Topographie und Ortsnetz) enthält die 420 Ortspunkte der Primär- und Sekundäraufnahmen mit den Ortsnummern. Ausnahmen bilden die Orte Nr. 3, 12, 38 und 102 im Gebiet Rheinhessen-Nahe, die sich wegen zu großer Ortsnetzdichte nicht auf der Karte befinden. Die Belege zu diesen Ortspunkten stehen in lemmatisierter Form im Legendenraum. Zusätzlich bietet Karte E 1 die 29 Erhebungsorte der Tertiäraufnahmen. Zur geographischen Orientierung enthält die Karte zudem Staatsgrenzen, Hauptstädte und andere Orientierungsorte, Flüsse, Seen, Meere usw.

Karte E 2 (Dialektgeographie und Ethnographie) bietet auf Teilkarte I West die Binnengliederung der deutschen Mundarten und die Außengrenze des geschlossenen deutschen Sprachgebietes. Teilkarte II Südost verzeichnet die Prozentsätze deutscher Bevölkerung in den Außensprachinseln. Datengrundlagen waren im wesentlichen amtliche Volkszählungen aus der Zeit um 1930. Teilkarte III Ost (Die Hauptsiedelgebiete deutscher Sprache in der Sowjetunion) vermittelt in schematisierter Form einen Überblick über die deutschen Siedlungen, welche meist vor 1941 bestanden. Der Mangel an zuverlässigen Unterlagen verhinderte eine Darstellungsweise analog zu Teilkarte II.

Karte E 3 (Verbreitung des Weinbaus) bietet erstmals synoptisch die Verbreitung des Weinbaus in Zentral- und Osteuropa. Ausführliche Kommentare zu den drei E-Karten finden sich im Einleitungsband des WKW.[Anm. 34]

Die thematischen Karten, die Wortkarten, bestehen aus der oben beschriebenen Grundkarte. Zusätzlich ist bei jedem Ortspunkt ein Symbol eingetragen, welches in der Kartenlegende als zu einem bestimmten Worttyp gehärig aufzulösen ist.

Bedingt durch das in einigen Gebieten, zum Beispiel in Rheinhessen oder in Rumänien, überaus dichte Ortsnetz kann nur ein Symbol pro Ortspunkt kartiert werden. Bei Belegkonkurrenz im Aufnahmeort wird das Wort kartiert, was nach Meinung der Gewährspersonen und nach den arealbenachbarten Meldungen als ortsüblich anzusehen ist. Ein Verweiszeichen beim Symbol ermöglicht die Verifizierung der nicht kartierten Belege in einer Wortliste im Legendenraum.e Wortkarten des WKW sind Lemma-Karten, die mit einem graphischen Symbol verschiedene phonetische Realisationsformen vereinigen, welche sich auf eine gleiche Referenzform (Lemma) zurückführen lassen. Die Zuweisung der Symbole zu einem Wort erfolgt am Computer. Es wurde ein Inventar von 1500 Strichsymbolen und 5000 Flächensymbolen[Anm. 35] entwickelt, welches als Programmdatei gespeichert ist. Die maximale Symbolgröße beträgt 4 x 4 mm. Die Strichsymbole sind horizontal oder vertikal ausgerichtet und durch Punkte, Kreise, Striche usw. variiert. Die Flächensymbole basieren auf den Grundtypen Rechteck (stehend, liegend), Quadrat, Raute, Kreis, Ellipse (stehend, liegend), Dreieck, Sechseck usw. Durch verschiedene Füllungsgrade (ganz, Segmentfüllungen) und verschiedene Füllungsarten (Schraffur, horizontal, vertikal, links/rechts geneigt) sowie durch Kombination mit Strichzeichen läßt sich eine hohe Variabilität erreichen. Zur Druckvorlagenherstellung werden die Symbole in zwei Arbeitsgängen (Teilkarte I West sowie Teilkarten II Südost und III Ost) von einem DIN-A 1-Plotter auf mattierte Polyester-Folien aufgebracht. Sie werden in der Druckerei in die Grundkarte eingedruckt.

Die Kartenlegende befindet sich über Teilkarte II Südost. Die Texte werden der Druckerei auf Diskette geliefert, die Legendensymbole werden wiederum vom Plotter gezeichnet.

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3.4.Kommentare

Jeder Atlas-Karte ist ein Kommentar in einem Lose-Blatt-Ringordner beigegeben. Der Kommentar bietet einerseits zusätzliches Belegmaterial zur Karte, andererseits dokumentiert er - in Auswahl - die phonetischen und flexivischen Realisationsformen eines Lemmas.

Ein Karten-Kommentar besteht aus drei Teilen. Teil 1 Phonetik, Wörterbuchverweise und Literatur: Hier werden ausgewählte Lemmata durch exemplarische Phonetik-Beispiele dokumentiert, ebenso wie Bemerkungen und Erläuterungen des Explorators oder der Gewährsperson zum Wort. Zum Beispiel: Gewährsperson unsicher; Wort nur noch von der älteren Generation gebraucht; Wort bekannt, aber im Ort eher unüblich. Die dokumentierten Lemmata stehen im Kommentar in alphabetischer Folge. Die Ortspunkte werden nach einem Länderschlüssel angeführt, beginnend mit Deutschland und endend mit der Sowjetunion. Innerhalb eines Staates wird aufsteigend nach Ortsnummern zitiert. Zu jedem Lemma werden lexikographische Nachschlagewerke und Dialektwörterbücher angeführt.

Teil 2 Sachkunde: Der Ablauf des Winzerjahres strukturiert das Fragebuch des WKW. Daher kommt den außersprachlichen Sachkorrelaten in den Kommentaren eine wichtige Rolle zu. Dem mit den botanisch-physiologischen Grundlagen der Rebpflanze, den verschiedenen Arbeitsvorgängen, den Formen und Funktionen der zahlreichen Geräte und Gefäße nicht vertrauten Atlas-Benutzer werden knappe Sachhinweise, meist kombiniert mit Abbildungen, an die Hand gegeben.

Teil 3 Verzeichnis der Belege: Alle kartierten und nicht kartierten Belege pro Karte werden alphabetisch aufgelistet und ermöglichen einen schnellen Zugang zur vollständigen Heteronymik des Kartenthemas.

Im Anhang des Kommentar-Ordners befindet sich ein Wortindex, welcher - jeweils die Teillieferungen kumulierend - den kompletten Wortbestand der Kartenlegenden und der Kommentare umfasst.

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4.Sprachgeographie als siedlungs- und sprachgeschichtliches Erkenntnisvehikel (Wolfgang Kleiber)

4.1.Vorbemerkungen

Im folgenden sollen knappe Erläuterungen zu einigen gezielt ausgewählten Kartenbeispielen gegeben werden. Die Auswahl aus dem reichen, nun vorliegenden Kartenmaterial geschah nach folgenden Hauptgesichtspunkten:

1. Exemplarische Verdeutlichung der kartographischen Atlasmethode mit Berücksichtigung des Sachsubstrats.

2. Kursorische Herausarbeitung einiger Grundmuster sprachgeographischer Struktur der Winzerterminologie:
a) im Westen des Untersuchungsgebietes an Rhein und Mosel.
b) im Osten, in Südost- und Osteuropa im Blick auf sprachgeographische Zusammenhänge untereinander und mit den Ausgangslandschaften.

3. Interpretation unter Berücksichtigung siedlungsgeschichtlicher Grundlagen, insbesondere der südostdeutschen mittelalterlichen und neuzeitlichen Kolonisation.

Schon daraus wird deutlich, dass der Blick über unsere engere Region Rheinhessen über Mittelrhein und Mosel weit in den Südosten und Osten ausgreifen muss.

4.2.Der Stützpfahl der Rebe (Karte 1)

4.3.Sachkunde

Ohne[Anm. 36] menschliche Hilfe und Eingriffe bildet die Rebe lange Triebe aus, die am Boden entlang wachsen. Diese Triebe müssen deshalb zurückgeschnitten und an einer Stützvorrichtung, meist an einem Pfahl (oft auch an Gerüsten, so beim Pergelbau in Südtirol, beim Kammertbau in der Pfalz) befestigt werden. Am verbreitetsten war die Einzelstockerziehung, wobei den Rebstöcken Pfähle beigegeben wurden. Heute ist fast überall (außer in den steilen Weinbergslagen, wie an der Mosel) die traditionelle Pfahlerziehung durch Drahtrahmengerüste ersetzt worden.

4.3.1.Sprachgeographie

Die Synonymik (Heteronymik) ist sprachgeschichtlich betrachtet beherrscht von der Opposition Erbwort - Lehnwort.

1. Im Westen an Ahr, Rhein und Mosel sind in galloromanischer Zeit (vor dem 7. Jahrhundert) mit der Übernahme der Weinbaukultur durch die Germanen folgende alte Lehnwörter übernommen worden:
a) Lateinisch palus 'Pfahl'[Anm. 37] an Mittelrhein, Mosel, Oberrhein mit Neckar und Main und mit Ausstrahlungen nach Ostmitteldeutschland.
b) Lateinisch-galloromanisch ramus 'Zweig' bildet die Grundlage von ripuarisch Ram m.[Anm. 38] 'Pfahl'. Andere Lehnwörter wie Pfosten m., Pflock m., Stabel m. bleiben jetzt ohne weitere Besprechung, da sie nur vereinzelt vorkommen.

2. In alemannischen und bairischen Weinbaugebieten herrschen erbwörtliche Entsprechungen vor: hauptsächlich Bildungen mit Stecken m.[Anm. 39], Stickel m.[Anm. 40], Stiefel m.[Anm. 41], Säule f.[Anm. 42] (in Südtirol beim Pergelbau), Stütze f.[Anm. 43], Sträffe f.[Anm. 44] etc.

3. Im Donauraum ist das sprachgeographische Bild von seltener Klarheit:
- In der Schwäbischen Türkei, im Banat, sowie in Bessarabien und im Odessagebiet findet sich eine fast geschlossene Pfahl-Wortfläche, die nur durch großräumigen Sprachausgleich (Wortausgleich) entstanden sein kann.
- Das Siebenbürgisch-Sächsische als Ganzes hat das heute ripuarische Lehnwort Ram verallgemeinert und somit ein Relikt aus ehemaligen Auszugs- und Herkunftsgebieten bewahrt. Auch an der Mosel begegnet heute noch Ram, allerdings in der Spezialbedeutung 'Bohnenstecken' u. ä. Die Landlermundart von Großau fällt durch bairisch-österreichisches Stecken heraus.
- Die Mundarten am ungarischen Donauknie stellen sich wie so oft zum Bairisch-Österreichischen, was ihrer Herkunft entspricht, während die Ortspunkte am Plattensee eher ins Südrheinfränkische weisen. Dies gilt auch für die karpatendeutschen Orte.
- Die Sathmarschwaben haben oberschwäbisches Stecken tradiert. Nur das oberrheinische Hodod/Kriegsdorf hat bezeichnenderweise wieder das Lehnwort Pfahl bewahrt.

Im Sprachinselraum Donauschwabens und dem Schwarzen Meer spiegeln sich somit, durch die Herkunft der Siedler verursacht und nur wenig durch Ausgleichsprozesse verwischt, uralte wortgeographische Differenzierungen der Ausgangslandschaften.

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4.4.Die einzelne Weinbeere (Karte 2)

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4.4.1.Sachkunde

Am[Anm. 45] Stielgerüst der Traube, am Kamm, sitzen die Beeren der Rebe. Sie bestehen aus der Schale oder Hülse (Haut, Balg), dem Fruchtfleisch und dem festen Mark, in dem die Kerne eingeschlossen sind. Terminologisch werden gelegentlich die Bezeichnungen für die Einzelbeere auf den gesamten Fruchtbestand übertragen oder der Kern der Beere mit der Beere selbst terminologisch gleichgesetzt.

4.4.2.Sprachgeographie

Die Heteronymik besteht aus lexikalischen und morphologischen Entlehnungen, aus Lehnübersetzungen, sowie germanisch-deutschen Bezeichnungen.

a) Lateinisch granum n. 'Korn, Körnchen, Kern' bildet die Grundlage für westmoselfränkisches Grane f.[Anm. 46] und für die nordmittelrheinische Lehnübersetzung Korn n.[Anm. 47] Das mittelrheinisch-rheinhessische Berkel m.f.[Anm. 48] u. a. ist aus ahd. *beriglin, gebildet mit Beere + Lehnsuffix lateinisch -icula. Also ein romanisch-germanischer Zwitter, ein Ergebnis sprachlicher Interferenz.[Anm. 49]

b) Die übrigen Winzersprachareale sind dreigeteilt: im Westen und im Ostmitteldeutschen sowie im Donauschwäbischen und Rußlanddeutschen herrscht zur Hauptsache Beere f.m.n.; im Bairischen Südtirols und Österreichs nördlich der Raab, sowie am ungarischen Donauknie Kern m.[Anm. 50]; im Siebenbürgisch-Sächsischen, das sich als eigener Sprachraum wiederum scharf heraushebt: südsiebenbürgisch-germanisch Keid n.[Anm. 51] und das im wesentlichen nordsiebenbürgisch-nösnische Korn n.[Anm. 52] - eine genaue Entsprechung zu dem Wortareal an der Mosel und am nördlichen Mittelrhein.

c) Die sprachgeographische Feinanalyse zeigt Differenzierungen in Österreich (Sonderrolle der Steiermark wie auch der Gottschee); in Nordungarn: Sonderrolle der Orte am Plattensee; in der Tolnau stimmt die Ortsmundart von Sagetal (Nr. 417) wie auch im Banat die Ortspunkte Neubeschenowa (Nr. 358) und Jahrmarkt (Nr. 149) zum mosel- und mittelfränkischen Berkel; Kriegsdorf/Hodod (Nr. 404) fällt mit vereinzeltem Kern aus dem Sathmarschwäbischen heraus; Großau (Nr. 329) als Landlermundart bewahrt oberösterreichisches Beere. Alles in allem also eine in vielem vergleichbare wortgeographische Gesamtstruktur.

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4.5.Das Stielgerüst der Traube, Traubenkamm (Karte 3)

Diese[Anm. 53] Frage besitzt eine sehr reiche und differenzierte Heteronymik. Einen kleinen Eindruck davon vermittelt bereits die Legende. Vom Blickwinkel der Germania Romana her fallen wieder eine ganze Anzahl von Romanismen auf, besonders am West- und Südrand des deutschen Sprachgebiets. Ohne auf die einzelnen Termini eingehen zu können, nenne ich von Nordwesten nach Südosten:

- Grappe f.m./Weimergrappe f., Variante Krappe f. (Ahr)[Anm. 54], Rappen m.[Anm. 55], Trappe m.f.[Anm. 56], Ratte f.[Anm. 57], Ratz f.[Anm. 58] (Oberrhein, Südalemannien), Pratsch f.[Anm. 59], Traschgele n.[Anm. 60] (Südtirol).

Der Terminus Kamm, hochsprachlich gestützt, figuriert eher als Normallemma, so vor allem im Österreichischen. Der Grund, weshalb ich diese Karte vorlege, ist die hochbedeutsame lexikalische Brücke zwischen Transsylvanien und dem Rheingebiet, genauer dem nördlichen Mittelrhein und der Mosel. Einmal mehr liegt ein Hinweis auf die Herkunft der Siebenbürger Sachsen, auf ihr seit über800 Jahren bewahrtes Spracherbe vor.

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4.6.Nur zu Fuß begehbarer kleiner Weg (Pfad) im Weinberg (Karte 4)

4.6.1.Sachkunde

Nach[Anm. 61] einem geläufigen Wort muss der Winzer pro Arbeitsjahr 77mal um jeden Rebstock herumgehen. Von den heute zumeist befestigten Wirtschaftswegen zweigen kleine, schmale Wege ab zu einzelnen Parzellen, in steilen Lagen auch über Treppen, manchmal fällt die Grundstücksgrenze mit solchen kleinen Fußpfaden zusammen.

4.6.2.Sprachgeographie

1. Westen: Die Synonymik ist wenig differenziert. Am Mittelrhein und an der Mosel, am Untermain sowie am Oberrhein (vor allem im Elsaß) herrscht Pfad m.[Anm. 62] vor; im Südalemannischen, auch vorwiegend rechts des Rheins jedoch Weg m.[Anm. 63] Pfad ist ein Wort unbekannter, jedenfalls nichtgermanischer Herkunft.

2. Osten und Südosten: Die sprachgeographische Konstellation ist ebenso klar wie schwer zu erklären.
- Südtirol und Österreich, Nordsiebenbürgen gebrauchen Steig m.[Anm. 64], Südsiebenbürgen Steg m.[Anm. 65], also germanisch-deutsche Lexeme.
- Im übrigen Donauraum, in Bessarabien sowie in Südrußland gebrauchen die Winzer, von noch zu nennenden Ausnahmen abgesehen, Weg (mit den verschiedensten Ableitungen und Zusammensetzungen). Siebenbürgen erscheint wieder als eine geschlossene Wortinsel im Südosten.

Ausnahmen und vereinzelte Meldungen:
a) Steig m.: Nr. 295 Puztavam/Ungarisches Mittelgebirge (bair.); Nr. 359 Deutschpereg/Banat, nach Johann Wolf[Anm. 66] eine bairisch-österreichische Sprachinsel.
b) Pfad m.: Nr. 294 Mutsching/Tolnau; Nr. 406 Maratz/Tolnau; ferner vereinzelt in der Batschka.
c) Weg m.: Nr. 329 Großau (Landlergemeinde).

Die eigenartige Wortkoalition Südtirol - Österreich - Siebenbürgen Steig/Steg ≠ übriges Pfad/Weg ist meines Erachtens vom Weinbergsgelände her motiviert. Der germanischen Basis *stig liegt Steg m., steigen, Steige f., steil, Stiege f. zugrunde.[Anm. 67] Die gemeinsame Bedeutung könnte als `Ansteigen' zusammengefaßt werden. Den genannten Weingebieten ist eine hügelige, oft steile Geländestruktur eigen, im Gegensatz zu den vorherrschend flachen Weingärten in der Donau-Tiefebene, im Süden Rußlands und in der Ukraine.

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4.7.Die Trauben sind reif (Karte 5)

4.7.1.Sachkunde

Mit[Anm. 68] dem Verfärben der Trauben beginnt der Reifeprozess. Haben sie ihre volle Reife erreicht, so verholzen die Beeren- und Traubenstiele und werden braun. Über die Beerenhaut wird Wasser abgegeben, wodurch es zur Schrumpfung der Beere mit gleichzeitiger Konzentrierung der Gehaltsstoffe, vor allem des Zuckergehaltes, kommt.

4.7.2.Sprachgeographie

Die Heteronymik ist sehr einfach. Sie besteht aus den beiden Adjektiven reif ≠ zeitig. Die sprachgeographische Verteilung der beiden Wörter über das Untersuchungsgebiet ist auffällig und zunächst rätselhaft.

Im geschlossenen deutschen Sprachgebiet begegnen:
zeitig: an der oberen Mosel, am Oberrhein sowie am Main östlich von Würzburg (Ostfranken); reif: an Mittelrhein und Mittelmosel, ferner in den Weinbaugebieten an Saale und Unstrut, am oberen Neckar und am Bodensee, in Südtirol und der Steiermark mit Gottschee. Österreich und das Thaja-Gebiet haben zusammen mit Nordungarn, der Schwäbischen Türkei, der Batschka, dem Banat und der Karpato-Ukraine fast einheitlich zeitig. Sehr auffällig ist nun, dass die schwäbischen Orte der Tolnau, im Tokajer Bergland, im Sathmargebiet mit Siebenbürgen, der Dobrudscha und Bessarabien zusammengehen und einen (fast) geschlossenen Wortverband bilden. Die Schwarzmeerdeutschen nördlich von Odessa haben wieder zeitig. Wir halten fest: Im Südostraum eine große österreichisch-ungarische Wortfläche in scharfer Opposition zum siebenbürgischen Wortblock und zu den Sathmarschwaben. Die Erklärung der eigenartigen Wortlagerung muss von den Verhältnissen im Binnendeutschen ausgehen und Erkenntnisse der historischen Dialektologie berücksichtigen. Zeitig interpretiere ich, in Analogie zu vielen anderen Winzerwörtern, als Wort-Innovation des Oberrheins mit sekundären Ausstrahlungen zur Mosel, an den Neckar und nach Ostfranken. Reif ist im Süden auf konservative Areale in der Ostschweiz, Südtirol, aber auch an den Mittelrhein zurückgedrängt worden. Die Weinbaugebiete an Saale und Unstrut standen unter starkem mittelrheinischen, diejenigen in Österreich unter ostfränkischem Einfluss. Die einen haben reif, die anderen zeitig übernommen und verallgemeinert. Die Doppelmonarchie muss zeitig im Donauraum verbreitet haben. Bis auf resistente, konservative Winzerdialekte in der Südsteiermark oder donauschwäbische Mundarten, welche bei ihrem heimatlichen Wort geblieben sind. Das Siebenbürgisch-Sächsische bewahrt das im Mittelrheingebiet - und weiter nördlich - gebräuchliche reif. Dieses reif hat in den niederdeutschen, niederländischen, angelsächsischen Dialekten viele Entsprechungen (asächs. ripi, nd.rip, ags. ripe, neuengl. ripe, neuniederl. rijp usw.)[Anm. 69], was nicht für zeitig < *tidig gilt.[Anm. 70] 1574 hat der Basler Calepinus unter maturus als deutsch zeitig, als niederländisch ryp verzeichnet.[Anm. 71] Wir denken an die Flandrenses als wichtige Bevölkerungskomponente der Siebenbürger Sachsen. Wir sehen, wie die Bessarabiendeutschen niederdeutsches Wortgut bewahrten.

Vor allem aber wird hier im Spiegel der Sprachgeographie des Südostens etwas transparent von vereinheitlichenden Tendenzen im Wirtschafts- und Sprachraum Österreich-Ungarns, also von der Interdependenz von Sprache und Geschichte, Siedlungsgeschichte, Wirtschaftsgeschichte und politischer Geschichte. Gleichzeitig wird auch wiederum deutlich, dass die Sprachgeographie des Donauraumes nicht aus sich selbst heraus erklärt werden kann. Den Schlüssel dafür liefert die sprachgeographische Struktur des Altlandes. Dass mitgebrachtes Sprachgut großflächig ausgeglichen wurde (zeitig), ist wohl unter dem sprachsoziologischen Vorzeichen des Mehrwertes der wienerisch-österreichischen Verkehrsmundart geschehen. Diese stieß jedoch immer wieder auf Grenzen: auf das scharf ausgeprägte Gruppenbewusstsein herkunftsbestimmter Ortsmundarten ("Schwabenmundarten") sowie auf festgefügte Gemeinschaften wie die der Siebenbürger Sachsen.

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4.8.Sprachkontakt im Spiegel des Wortschatzes

4.8.1.Voraussetzungen

Die Anzahl der nichtdeutschen Bestandteile im Winzerwortschatz ist je nach Orten, Gebieten, auch je nach Sachbereichen ganz verschieden. Neben der Verbreitung, der horizontalen Ebene, interessiert auch die sprachsoziologische Situierung, zumal die Fremdwörter anscheinend überwiegend auf standardsprachlichen Ursprung zurückgehen. Im Sinne der primär sprachgeographischen Zielsetzung beschränke ich mich auf zwei Beispiele.

4.8.2.Das Weinbergshäuschen (Karte 6)

Sachkunde

Weinbergshäuschen[Anm. 72] begegnen in allen Anbaugebieten. Überaus vielfältig sind ihre Bauweise wie auch die Funktionen, denen sie dienen: als Schutzhütten bei Unwetter, zur Einnahme von Mahlzeiten, zur Aufbewahrung von Geräten und Gefäßen, als Unterkunft für die Hüter, welche die Weinberge zu bewachen haben. Es gibt mehrere, leider nur regionale Untersuchungen[Anm. 73] zur örtlichen Bauweise, zur Funktion - nicht jedoch zur Terminologie. Wünschenswert wären übergreifende ethnographisch-linguistische Studien, da sich in den Kleinbauten und Unterkünften Altformen menschlicher Behausungen erhalten haben können.

Sprachgeographie

Das terminologische Feld ist im Westen durch den Gegensatz Haus n.[Anm. 74]Hütte f.[Anm. 75] (Südtirol, Österreich) bestimmt. Im Donauraum setzt sich österreichisch Hütte fort. In Siebenbürgen dominiert ein Rumänismus: Kalip f.[Anm. 76]; coliba f. bedeutet 'Hütte aus geflochtenen Zweigen oder Stroh'; colibas Pl. sind die 'Hüttner', speziell die 'Einsiedler'. Das Wort ist auch im Siebenbürgisch-Sächsischen nachgewiesen.[Anm. 77] Es ist slawischen Ursprungs. Anhand dieses Wortbeispiels lassen sich interessante Schlüsse ziehen auf den sachlich-kulturellen Hintergrund der Entlehnung, auch auf die Entlehnungsmotivation. Es ist zu fragen, warum die Sachsen sich nicht mit dem heimischen Wort Hütte begnügten. Offensichtlich waren ihre Hütten stabiler und komfortabler ausgestattet als die rumänischen col¡bas, die aus Zweigen geflochtene, primitiv-ursprüngliche Unterkünfte waren.

Auch die anderen Heteronyme, die fremden Ursprungs sind, verdienen Interesse. Das siebenbürgische Kaue f.[Anm. 78], noch vereinzelt gemeldet, gehört - wiederum - zu den galloromanischen Relikten aus nordrheinischen ripuarisch-niederfränkischen Herkunftsarealen.

Erwähnen möchte ich auch noch das steiermärkische, auch kärntnische Keusche f.[Anm. 79], das die Bayern von den Alpenslawen entlehnt haben. Auch dort ist die negative Konnotation: 'baufälliges Haus, Hütte, Unterschlupf' vorhanden.

Besonders in Rheinhessen hat sich ein sehr eigenartiger Typ von gemauerten, nach oben obeliskartig abgeschlossenen Weinbergshäuschen, genannt Trullo m., erhalten, der auch eine schöne Monographie gefunden hat. Wie alt die fremdartig wirkende, an süditalienische Trulli erinnernde Bauform ist, kann vorderhand nicht entschieden werden. Ein spezifischer Winzerterminus ist für den Gebäudetyp nicht nachweisbar.[Anm. 80]

4.8.3.Die Spalierrebe (Karte 7)

Sachkunde

Diese Frage[Anm. 81] zielt auf eine besondere Reberziehungsart, die Anlage von Rebstöcken an Hauswänden, Mauern, an Weinbergshäuschen und dergleichen. Lauben vor den Bauernhäusern sind im Südosten Europas sehr häufig zu finden. Ein niederes Gerüstsystem war in der südlichen Vorderpfalz bis in die Dreißiger Jahre im Gebrauch, der sogenannte Kammertbau, lateinisch vinea camerata, also wohl römischen Ursprungs.[Anm. 82] Auf den kunstvollen Pergelbau, vor allem in Südtirol - auch auf romanischem Substrat - kann ich jetzt nicht eingehen.[Anm. 83]

Sprachgeographie

Pfalz: Das Terminologiesystem des vorderpfälzischen Kammertbaus untersuchte die Arbeit von Martin Scharff[Anm. 84]. Der Kammertbau war an Rhein und Mosel, sogar am Unterlauf des Neckars verbreitet; Spuren finden sich noch in der Terminologie des 'Aufbindens von Reben'. Man sagt dazu in der Pfalz kammerten, obgleich die Reben längst an Drähte angeheftet werden.[Anm. 85]

Ungarn: Der WKW belegt auf dem Staatsgebiet Ungarns, ferner in der Karpato-Ukraine sowie im Sathmarschwäbischen (Rumänien) lugas[Anm. 86] als allgemeine, aus der ungarischen Standardsprache stammende Wortentlehnung. Auffällig ist, dass das Wortareal sich weitgehend mit der Verbreitung des Ungarischen deckt. Als Entlehnungsmotiv vermute ich die besondere Art des Hausspaliers, welche die deutschen Siedler wohl von ihren ungarischen Nachbarn übernommen haben.

4.8.4.Der Weinbergshüter (Karte 8)

Sachkunde

Zum[Anm. 87] Schutz gegen Traubendiebe, aber auch gegen Vögel (Stare) und Wildtiere ist in fast allen Weinbaugebieten die Institution des Weinbergshüters üblich gewesen. Meist wurde das Amt dem Gemeindediener, dem Feldhüter, Feldschütz oder Flurhüter, Flurschützen, dem Bannwart, dem ursprünglichen Waldhüter (tirolisch Saltner), dem Wiesenhüter (moselfränkisch Präter < lateinisch *pratuarius) übertragen. Kleidung und Ausrüstung des Weinbergshüters waren - neben der Schrotflinte - nur selten auffallend. Der Südtiroler Saltner mit kunstvoller Uniform und mit eigenen Saltnerhütten und Aussichtsplätzen macht eine große Ausnahme.[Anm. 88]

Sprachgeographie

Hier interessieren die Entlehnungen im Südosten. Sie begegnen vor allem im ungarischen Sprachbereich:

- Eine Lehnübersetzung von Flurschütz ist der Hattertcsősz[Anm. 89] bzw. der Vogelcsősz (229 Kimling/Tolna, Schwäbische Türkei); der szőlőr[Anm. 90] (365 in Erwin/Plattensee), vor allem jedoch der kerülő[Anm. 91].

In Bessarabien begegnen Entlehnungen aus dem Russischen: baštan m. (Nr. 64 Kandel/Odessa). Baštanhirt m.[Anm. 92] (Nr. 301 Lichtental/Odessa), russisch storož m.[Anm. 93] (Nr. 612 Raskajetz) und so weiter.

4.9.Zusammenfassung

Der sprachgeographische Gesamtüberblick lässt folgende Strukturtendenzen hervortreten:

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4.9.1.Romanische Entlehnungen

Vielfach belegt ist der romanische Charakter der Terminologie an Mosel und Mittelrhein, der zum Oberrhein hin abnimmt. Eine vergleichbare Frequenz der Entlehnungen ist im Wallis und in Südtirol festzustellen.

4.9.2.Germanischer Grundcharakter

Im übrigen, vor allem im österreichischen (und) südosteuropäischen Raum dominieren - nicht nur in den gewählten Beispielen - germanisch-deutsche Bezeichnungen, soweit nicht jüngere Einflüsse der jeweiligen überdachenden fremden Standardsprachen auftreten.<ANM> Viktor Maksimovic Schirmunski, Die deutschen Kolonien in der Ukraine. Geschichte, Mundarten, Volkslied, Volkskunde. Moskau 1928; Claus Jürgen Hutterer, Das ungarische Mittelgebirge als Sprachraum. Historische Lautgeographie der deutschen Mundarten in Mittelungarn (Mitteldeutsche Studien, Bd. 24), 2 Bde., Halle 1963; Anton Schwob, Wege und Formen des Sprachausgleichs in neuzeitlichen ost- und südostdeutschen Sprachinseln (Buchreihe der Südostdeutschen Historischen Kommission, Bd. 25), München 1971; Peter Wiesinger, Deutsche Dialektgebiete außerhalb des deutschen Sprachgebiets: Mittel-, Südost- und Osteuropa, in: Werner Besch, Ulrich Knoop, Wolfgang Putschke und Herbert Ernst Wiegand (Hrsg.), Dialektologie. Ein Handbuch zur deutschen und allgemeinen Dialektforschung (Handbücher zur Sprach- und Kommunikationswissenschaft 1,2), Zweiter Halbband, Berlin und New York 1983, S. 900-929; Wolf, Mundartenkunde (wie Anm. 66).</ANM>

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4.9.3.Sprache und Siedlung

Areale und punktuelle terminologische Beziehungen verknüpfen in vielfacher Weise Mosel/Mittelrhein, Oberrhein und die deutschen Sprachinselmundarten im Osten und Südosten Europas.

Die terminologischen Bindungen sind generell als Reflexe siedlungsgeschichtlicher Prozesse anzusprechen. Das heißt ganz allgemein: einzelne Siedlergruppen haben aus den Herkunftslandschaften mit der Kultur der Rebe entsprechende Elemente des Fachwortschatzes in die neuen Siedelgebiete mitgebracht und dort über Jahrhunderte hinweg bewahrt. Die eindrucksvollsten Beispiele liefert das Siebenbürgisch-Sächsische. Die betreffenden Winzerwortschatzgleichungen haben eine mehr als 800jährige Geschichte. Sie sind nicht nur für die Ansiedlungsgeschichte (besonders Wirtschaftsgeschichte) in Transsylvanien, sondern auch für die germanisch-romanische Sprachgeschichte der Rheinlande von erheblichem Aufschlusswert.[Anm. 94]

Gleiches gilt, wenn auch zeitlich etwas eingeschränkter, für neuzeitliche, donauschwäbische Orts- und Gebietsmundarten.[Anm. 95] Die Kontinuität des Weinbaus und des Fachwortschatzes dauert auch hier schon fast drei Jahrhunderte.

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4.9.4.Ausblick

Die Sprachgeographie des Winzerwortschatzes bewährt sich als Vehikel der Sprachinselforschung wie der Siedlungs- und Kulturgeschichte. Der historischen wie der philologischen Einzelforschung obliegt es nun, den vom Atlas abgesteckten großen Rahmen weiter mit Leben zu füllen. Der Forschung - und damit vielen historischen Disziplinen - eröffnet sich ein faszinierendes Arbeitsfeld. Die Kultur der Rebe, Weinbau und Weingenuss haben zu allen Zeiten die Völker Europas vereint.

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5.Ausklang (Sigrid Bingenheimer)

Rheinhessische Winzerterminologie, Beispiele

Auch in Rheinhessen[Anm. 96] wird der Wortschatz der Winzer getragen vom Dialekt der Region. Die rheinhessische Mundart gehört zum Rheinfränkischen. Nördlich an dieses grenzt das Gebiet des Moselfränkischen, südlich das des Alemannischen. Die Dialekte dieser beiden Gruppen zeichnen sich durch Eigenarten aus, die stark abweichen vom Standarddeutschen. Die rheinhessische Mundart lässt sich charakterisieren als eine Übergangsmundart, dies spiegelt sich auch im Wortschatz der Weinbauern wieder. Zahlreiche Wörter entstammen inzwischen der Sprachschicht, die wir Umgangsdeutsch nennen, sind beeinflusst vom Standarddeutschen. Dies wird gefördert durch die große Aufgeschlossenheit der Rheinhessen gegenüber technischen Neuerungen, durch die Nähe der Städte und Industriezentren, durch die zentrale Lage und Offenheit der Landschaft und die Attraktivität für Fremde. Was wiederum abhängt von Faktoren, die hier günstiger sind als in den meisten anderen Weinbaugebieten: stabiles warmes und trockenes Klima, fruchtbare Bäden, sanft gewelltes Gelände, das den Einsatz von Maschinen zulässt, zentrale Lage für den Weinabsatz usw.

Ich möchte Ihnen einige wenige Proben aus rheinhessischen Sprachaufnahmen bieten.

Der Weinstock wird einfach Stock genannt, wenn er ausgehauen wurde, ist es ein Knorze (Knorzen). Seine Augen sind die Potte (Potten), die daraus wachsenden Triebe die Triebscher oder Lotte. Mit den Kräppel hält sich die Rebe fest. Aus dem Geschein wird bis zum Herbst der [!] Trauwe (Traube), der sich zusammensetzt aus dem Rappe (Rappen) und den einzelnen Pergele (Perkeln). Trauben, die selbst bis zum Herbst noch nicht reif sind, sind Martinstrauwe, Geiztrauwe. Jungferntrauben sind Maulstripper. Ein verwahrloster Wingert ist ein Dreckstück oder ein Wuschtfeld (Wustfeld). Die Reihen im Wingert sind die Zeile, die Reihe außen an der Seite ist die Newezeil (Nebenzeile) oder der Lämbel. Früher hat man an der Stirnseite eines Wingerts eine Rebzeile gesetzt, dies war die Strunzreih oder die Plank. Sie brachte einen besseren Ertrag, da sie besonders gut der Sonne ausgesetzt war. Ein einzelner schlechter Stock wird Faulenzer oder Pranger genannt, er bringt zwar gutes Laub, aber kaum Trauben. Ein vergraster Wingert sorgt für den Spitznamen seines Besitzers: Queckenkönig. Hat ein Wingert ein bestimmtes Alter erreicht, wird er gerod (gerodet) und ein Rod gesetzt (Neuanlage). Die Setzreben unterschieden sich früher von den heutigen, es waren unveredelte Blindrebe, Blindholz ohne Wurzeln, die mit dem Gaasefuß (Geißenfuß) in den vorbereiteten Boden gesteckt wurden. Dies war die einfachste Methode. Besser bewurzelte sich Dunstholz. Eine einzelne Lücke in einem sonst guten Wingert gleicht man aus, indem man von einem Mutterstock aus einen Enlejer (Einleger) macht, eine Schlaafreb oder einen Haseschlopp. Etwa seit der Jahrhundertwende kennt man hier die Drahtanlagen, vorher waren nur Poolwingert (Pfahlwingert) üblich mit Peel (Pfählen) aus gerissenem Tannenholz, die mit der Heep (Häpe) angespitzt wurden. Das Ausbessern hieß sticke mit dem Stickeisen und dem Hammer.

Mit dem Schneiden der Reben beginnt man heute im Januar, früher um Lichtmeß, und diese Arbeit war nur den Männern vorbehalten. Geschnitten wird auf Stämmcher (Stämmchen), Knot (Knoten), Schenkel und Bogrewe (Bogrebe). Das geschnittene Holz wurde zu Räwelle (Rebenwellen) gerafft, die zu Hause verfeuert wurden, oft im Wurst- oder Wäschekessel. Wenn an der Schnittstelle Saft austritt, sagt man: die Rewe blute oder: die Wingert groinen, die misse helfe die Schulde se bezahle (die Wingerte greinen, sie müssen helfen, die Schulden zu bezahlen). Das Gerte und Biee (Gerten und Biegen) heißt auch Biel (Bügel) mache, es war die Frauenarbeit im Frühjahr. Festgebunden wird heute mit Drähtscher (Drähtchen), früher mit Bieweide (Biegweiden), die man am Rhein gekauft oder im Winter selbst geschnitten hat. Da am Stock nicht nur erwünschte Triebe wachsen, muss ausgebroch werre, und dafür nahm man das Ausbrecheise. Auch das folgende Hefte war reine Frauenarbeit. Geheftet hat man mit Stroh, und zwar mußte es Kornstroh, d. h. Roggenstroh sein, das mit der Hand gemäht und gedroschen wurde. Das Herstellen der Heftbitzel war Winterarbeit. Kurz vor der Verwendung mußten sie eingeweicht und weichgetreten werden. Andere Sommerarbeiten stellten das Labschneide (Laubschneiden) und das Gibbele (Gipfeln) dar mit Sichel und Scheer (Schere).

Vielfältig sind die Bodenarbeiten, die der Winzer durchführen muß: hacke, raume und riehre (rühren) mit dem Karst, der Rodhaa (Rauthaue) und mit der Kratz, zackere mit dem Plugg (Pflug). Mist wurde mit der Keetz (Köze) getragen. Nach der Lese wurde beigehackt. Alte Bezeichnungen für Krankheiten oder Schädlinge im Wingert sind Äscherisch (Äscherich), Laabrausch (Laubrausch), Rebsticheler (Rebenstichler), Kräppelworm (Kräppelwurm), Sauerworm (Sauerwurm).

Der Beginn der Weinlese wurde ausgeschellt. Die Lese hieß früher der Herbscht, die Helfer bei dieser Arbeit waren die Lieser oder Leser. Zum Lesen dient heute die Trauwescher (Traubenschere), früher auch das Valtinsmesser. Gelesen wurde in Aamer (Eimer), die innen mit Kelterlack gestrichen waren. Volle Eimer wurden in die Butt geleert, auch Leel (Legel) genannt, auch aus Blech, ganz früher aus Holz. Wenn die Butt bereits voll war, aber noch Eimer geleert werden mußten, hat der Butterich oder Buttemann e bißche gehotzelt (hotzeln 'schütteln') oder gerillt (gerüttelt), damit die Trauben zusammenrutschten. Das, was beim Lesen an den Stöcken hängenblieb, haben später die Leser oder Kinder gestoppelt. Die Trauben wurden aus der Butt unzerkleinert in die hölzerne Bitt geschüttet, die auf dem Erntewagen stand. Das Mahlen der Trauben erfolgte oft am Wingert mit der Miel (Mühle), die auf der Bütte stand und von Hand gedreht wurde. Von den Bütten wurde die Maische mit dem Kiwelsche (Kübelchen) ins Ladfaß umgeladen und darin heimgefahren. Die Maische schüttete man mit der Brenk auf die Kelter. Der letzte Wagen wurde mit Bogreben und Trauben geschmückt.

Als älteren Keltertypus kennt man in Rheinhessen die Dockekelter mit dem Dummelbaam (Tummelbaum). Docken sind die senkrechten Pfosten der Kelter, der Tummelbaum ist eine senkrechte, drehbare Holzsäule neben der Kelter. Durch ihre Drehung wird das Kelterseil angezogen. Andere Teile dieser Kelter sind das Biet, das man durch Wässern dicht macht, der Borrem (Boden), die Bracke und die Leghölzer. Der Most floß aus der Kelter in das Kelterbittche (Kelterbüttchen).

Im Kelterkorb blieben der Säcker oder die Treschdere (Trester) zurück, auch Kuche genannt, den man mit dem Säckermesser und der Treschdergawel (Trestergabel) zerkleinerte. Man stellte aus dem eingeweichten Trester Flubbes her, auch Haustrunk, Treschterwoi (Tresterwein) oder Aschbes genannt, oder fuhr ihn zur Bodenlockerung ins Feld.

Der Most im Fass brummt, protzelt, oder kocht. Der Federweißer heißt der Bremser oder Naije (Neuer). Der Wein wird von der Hefe oder Druse abgestochen, die Hefe in Säcke gefüllt und noch einmal gepresst oder direkt an die Brennerei verkauft. Die Fässer für Wein sind aus Eichenholz gefertigt, sie bestehen aus Faßdauwe (Faßdauben), abgedichtet wurden sie mit Liesch. Es gab ¼, ½ 1 und Doppel-Stück-Fässer, Transportfässer hatten einen besonderen Rollraaf (Rollreif) um den Bauchraaf. Der fertige Wein wurde im Stookrigelche (Steinkrügelchen) auf den Tisch gebracht.

Vom Wein beflügelt wird der Mundartsprecher kreativ, wenn es darum geht, die Folgen übermäßigen Weingenusses zu beschreiben. Hier in Rheinhessen wird kaum einer einfach betrunken, es wird differenziert. Entweder mer genehmicht sich oone oder mer trinkt gleich en Halwe. Der eine süffelt, der andere sagt: es werd emol geschlappt. Dehie werd einer geschlutzert und dort werd ooner hinner die Binn goß. In Rheinhessen is er benewelt oder belzig oder oofach zuu. Der hot alle Färwe vun bloo bis schwatz, aach schwatz wie en Schug. Von so einem sagt man, er weer schebb gelaad oder er hott so dief ens Dippche geguckt. Der oone hot oon sitze, de anner hot oone em Ohr. Der dritt es so voll wie siwedausend Mann. Do es ooner voll wie en Groppe, der hot de Kanal voll, der hot dann soi Sach, der hot Hawer. Wer sich so richtig zugebunn hot, der hot en scheene Hormel.

5.2.Germania Romana: Lämpel

Das Sammeln dieser Dialektwörter ist nur der erste Arbeitsschritt. Für Mundartforschung ist es weiterhin von großem Interesse, der Herkunft und Weiterentwicklung der einzelnen Wörter nachzugehen.

Mit den Römern wurde die Weinkultur an Rhein und Mosel begründet. Ein wesentlicher Teil des Wortschatzes des Weinbaus und der Kellerwirtschaft zeugt von dieser Vergangenheit. Die römische Weinkultur wurde von der einwandernden germanischen Bevölkerung übernommen und weitertradiert. So wird heute noch das Gerät, mit dem die Trauben gepresst werden, Kelter genannt. In diesem Wort stoßen wir in seinen beiden ursprünglichen Formen lateinisch calcatorium und lateinisch calcatura auf antike Techniken des Traubenpressens. Beide Formen leiten sich ab von lateinisch calcare 'stampfen, kneten, treten'. Sie stammen also noch aus der Zeit, als die Trauben mit den Füßen getreten wurden, um den Saft herauszupressen. Lateinischen Ursprungs sind die Bezeichnungen für Wein selbst: vinum n., aber auch für den Most: vinum mustum 'junger Wein' zu mustus 'frisch, neu'. Wenn der junge Wein bei der Gärung einen Stich bekommt und zu Essig umschlägt, wird dieses Produkt ebenfalls mit einem lateinischen Lehnwort bezeichnet, nämlich lateinisch acetum n. Anders als die Berufsbezeichnungen Rebmann, Weingärtner oder Häcker stammt das Wort Winzer nicht aus dem Deutschen, sondern leitet sich ab von lateinisch vinitor m. ebenso wie Legel aus lateinisch lagella f. 'Fäßchen'.

Lateinischen Ursprungs ist die Bezeichnung für die Grenzreihe im Wingert. Man sagt dafür an der Nahe und in Rheinhessen Lämpel/Lämbel[Anm. 97]. Das Wort kommt nur hier vor und geht zurück auf lateinisch limbulus 'Streifen, Rand, Saum'. Das Wort wird sowohl als Femininum als auch als Maskulinum gebraucht. Die Lämbel es noch se hacke, sagt der Winzer zum Knecht, oder: Hack die Lämbel sauwer. An der Mosel sagen die Winzer zur Weinbergsgrenze Term, und auch dieses Wort läßt sich von einer lateinischen Form ableiten: lateinisch terminus m. 'Grenze'. Lämbel bedeutet in Rheinhessen aber auch die Rinne beim Klickerspiel, in der der Klicker zur Kaute gerollt wird: "De Klicker laaft schee die Lämpel enunner bis ans Heisje", sagt man in Bechenheim.

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5.3.Mundartprobe

Wein ist nicht nur ein Getränk, sondern für viele Menschen Lebenselixier und Quelle der Inspiration. Die Spuren, die er in Kunst, Musik und in der Literatur hinterlassen hat, sind unüberschaubar. Er beflügelt vor allem auch die Mundartdichter. Und damit schließt sich wieder der Kreis zu der hier vorgestellten Arbeit, denn in die Mundartdichtung gehen viele Dialektwörter ein, die der Winzer in seiner Alltagsarbeit gebraucht.

Nach Albert Hey: De Hochzetswingert[Anm. 98]

Se hun sich gut vestann, des Liesje un de Kall. Jeder em Ertche hot gemont, die zwaa wern net me ausenannersebrenge. Des Liesje war e oonzich Dochter, un aach bei Beckersch Kall war sunscht niemand me doo. Do waan verzich Moje und dort aach net veel wenicher. Es weer werklich e schee Sach, wann die zwaa sesammekumme deen, hun die Leit allminanner gesaat. Sogar dem Liesje soi Vadder hot das gemont. Un wie er emol Sunndaachmojens de Becker Jaab, em Kall soin Vadder, getroff hot, is er uff das Thema serick kumm. De Jaab war aach net abgeneicht, wann sich die zwaa gut vetraae, soll mer dene nix en de Wäg lee, un je greßer so en Hof emol werd, um so eher dut er sich rendeere.
Noch ebbes es an dem Moijent zur Sprach kumm. Mer hot doch uf Hibbel zwaa Wingertsfeller newenanner leie, un die misse sowieso nei ogeleht werre. Do wers doch se iwerleje, ob mer net gleich an die Zukunft denke sollt. Wammer oon Wingert aus dene Feller mache deet, breicht mer koon Lämbel un hett dodemit e Zeil meh.
So isses dann aach gemacht worr unn alles war lieb un gut.
Noh drei Johr, wie der Wingert es erschde Mol ebbes gebrung hot, war alles annerscht. Jedes hot fer sich geles, s Beckersch hiwwe uns Huwersch driwwe. Mer hot sich kaum die Zeit gebott. Ausem Liesje unem Kall war nix worr, s war nix mit de Hochzet un eme große Hof. Die Zeil en de Mitt hot jedes halb geles. Dann warn e paar Johr erum. S Liesje hot e Borsch ausem Nochberort geheirat un em Kall soi Fraa waa vum Hunsrick. Es hot halt net soi solle mit dene zwaa. De Wingert am Hibbel is seidem fer die Leit em Ort nor noch de Hochzetswingert.

Ons steht fescht: wann die Feller es negschdemol ogeleht werrn, gibts dezwische wirrer en Lämbel, wie sichs geheert.

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6.Auflösung der Wörterbuchsiglen

BadWb Badisches Wörterbuch, bearbeitet von Ernst Ochs, fortgesetzt von Karl Friedrich Müller und Gerhard Wolfram Baur, Bd. I ff., Lahr 1925 ff.
BayerWb Bayerisches Wörterbuch, von Johann Andreas Schmeller, 4 Theile, Stuttgart und Tübingen 1827, 1828, 1836, 1837, 2 Bde., 2. Ausg. bearbeitet von Georg Karl Fromann, München 1872-77.
DWb Deutsches Wörterbuch, von Jacob und Wilhelm Grimm, 16 Bde., Leipzig 1854-1961, Quellenverzeichnis Leipzig 1971, Neubearbeitung Leipzig 1965 ff.
ElsWb Wörterbuch der elsässischen Mundarten, bearbeitet von Ernst Martin und Hans Lienhart, 2 Bde., Strassburg 1899-1907.
FEW Französisches Etymologisches Wörterbuch. Eine darstellung des galloromanischen sprachschatzes, von Walther von Wartburg, Bd. I ff., Bonn 1926-28, Leipzig 1932-40, Basel 1944 ff.
Kluge Friedrich Kluge, Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache, 22. Auflage unter Mithilfe von Max Bürgisser und Bernd Gregor völlig neu bearbeitet von Elmar Seebold, Berlin und New York 1989.
LEX Matthias Lexer, Mittelhochdeutsches Handwörterbuch, 3 Bde., Leipzig 1872-78.
NordSiebSächsWb Nordsiebenbürgisch-Sächsisches Wörterbuch, von Friedrich Krauss, bearbeitet von Gisela Richter, Bd. I ff., Köln und Wien 1986 ff.
PfälzWb Pfälzisches Wörterbuch, begründet von Ernst Christmann, bearbeitet von Julius Krämer und Rudolf Post, Bd. I ff., Wiesbaden 1965 ff., Bd. IV ff., Stuttgart 1981 ff.
REW Romanisches Etymologisches Wörterbuch, von Wilhelm Meyer-Lübke (Sammlung romanischer Elementar- und Handbücher, 3. Reihe: Wörterbücher), 5. Auflage Heidelberg 1972.
RheinWb Rheinisches Wörterbuch, bearbeitet und herausgegeben von Josef Müller, 9 Bde., Bd. VII und VIII hrsg. von Karl Meisen, Bd. IX bearbeitet von Heinrich Dittmaier, Bd. I, Bonn 1928, Bde. II-IX, Berlin 1931-71.
SchweizId Schweizerisches Idiotikon. Wörterbuch der schweizerdeutschen Sprache, begonnen von Friedrich Staub und Ludwig Tobler, fortgesetzt von Albert Bachmann u. a., Bd. I ff., Frauenfeld 1881 ff.
SiebSächsWb Siebenbürgisch-Sächsisches Wörterbuch, Bde. I-II bearbeitet von Adolf Schullerus u. a., Berlin und Leipzig 1924-26, Bde. III-V bearbeitet von Gisela Richter, Anneliese Thudt u. a., Berlin und Bukarest 1971-75 Bd. V, 1. und 2. Lieferung bearbeitet von Johann Roth, Friedrich Krauss u. a., Berlin und Leipzig 1929-31.
SüdhessWb Südhessisches Wörterbuch, begründet von Friedrich Maurer, bearbeitet von Rudolf und Roland Mulch, Bd. I ff., Marburg 1965 ff.
TirolWb Wörterbuch der Tiroler Mundarten, von Josef Schatz, für den Druck vorbereitet von Karl Finsterwalder (Schlern-Schriften Bde. 119/120), Innsbruck 1955-56.
TreppWb Treppener Wörterbuch, von Friedrich Krauss, ein Beitrag zum Nordsiebenbürgischen Wörterbuch, Marburg 1970.
Trübner Trübners Deutsches Wörterbuch, herausgegeben von Alfred Götze und Walther Mitzka, 8 Bde., Berlin 1939-1957.

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Anmerkungen:

  1. Der vorliegende, nicht primär für Sprachwissenschaftler bestimmte Text stellt die unveränderte, lediglich um die Anmerkungen vermehrte Vortragsfassung vom 13. März 1991 dar. Dank abgestattet sei der Organisationsleitung des Kolloquiums, vor allem Prof. Dr. Alois Gerlich und Dr. Karl-Heinz Spieß, ferner dem wissenschaftlichen Mitarbeiter Dr. Rudolf Steffens, dem die redaktionelle Betreuung dieses Beitrags oblag. Zurück
  2. Von der politischen Entwicklung überholt wurden die Zeichner der Grundkarten. Als die staatliche Einheit Deutschlands 1989 feststand, waren die Grundkarten mit den alten Binnengrenzen Deutschlands gezeichnet und lagen bereits für die gesamte Auflage gedruckt vor. Dem Leser bzw. dem Kartenbetrachter liegt also auch in dieser Hinsicht ein historischer Atlas vor. Staaten: A Österreich, CH Schweiz, CS Tschechoslowakei, D Bundesrepublik Deutschland, DDR Deutsche Demokratische Republik, F Frankreich, FL Fürstentum Liechtenstein, H Ungarn, I Italien, L Luxemburg, PL Polen, R Rumänien, SU Sowjetunion, YU Jugoslawien. Zurück
  3. Wolfgang Kleiber, Zum Wortatlas der Kontinentalgermanischen Winzerterminologie (WAKWT), in: Werner Heinrich Veith und Wolfgang Putschke (Hrsg.), Sprachatlanten des Deutschen. Laufende Projekte (Studien zum Kleinen Deutschen Sprachatlas, Bd. 2), Tübingen 1989, S. 91-108. Zurück
  4. Wolfgang Kleiber, Zum Wortatlas der Kontinentalgermanischen Winzerterminologie (WAKWT), in: Erwin Koller, Werner Wegstein und Norbert Richard Wolf (Hrsg.), Bayerisch-österreichische Dialektforschung, Würzburg 1989, S. 44-52. Zurück
  5. Wolfgang Kleiber, Wortatlas der kontinentalgermanischen Winzerterminologie, in: Sprache in der sozialen und kulturellen Entwicklung. Beiträge eines Kolloquiums zu Ehren von Theodor Frings (1886-1968) (Abhandlungen der Sächsischen Akademie der Wissenschaften zu Leipzig, philologisch-historische Klasse, Bd. 73, Heft 1), Berlin 1990, S. 303-315; Ders., L'Atlante della terminologia vitivinicola tedesca, in: Per un Atlante Linguistico dei Laghi Italiani. ALLI. Tecniche di esecuzione e stato delle ricerche (Atti del II Convegno dell' Atlante Linguistico dei Laghi Italiani), a cura di Giovanni Moretti, Perugia 1990, S. 403-416. Zurück
  6. Wortatlas der kontinentalgermanischen Winzerterminologie (WKW). Einleitung. Hrsg. von Wolfgang Kleiber. Bearbeitet von Sigrid Bingenheimer, Manfred Halfer, Werner Heck, Wolfgang Kleiber, Maria Peters-Ledroit, Petra Pier, Ursula Reuschenbach-Schulz, Rudolf Steffens, Johannes Venema und anderen (Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz. Geistes- und sozialwissenschaftliche Klasse), Tübingen 1990. Karten und Kommentar Lieferung 1ff., Tübingen 1990ff. Zurück
  7. WKW (wie Anm. 6), Lieferung 2. Zurück
  8. Einleitung (wie Anm. 6), besonders S. 1-60. Zurück
  9. Einleitung (wie Anm. 6), S. 3-4. Zurück
  10. Winzersprache wird hier nicht als `Sprache' im vollen Sinne verstanden, sondern nur als lexikalisches Teilsystem in bestimmter arealer und sozialer Realisation (cf. weiter unten Abschnitt 2.2). Zurück
  11. Einleitung (wie Anm. 6), S. 4-6. Zurück
  12. Cf. Karten E 2/3 und unten Abschnitt 2.4. Zurück
  13. Erste Anhaltspunkte zur Zusammenführung von Ortspunkten und Siedlungsgeschichte bietet die tabellarische Zusammenstellung der Einleitung (wie Anm. 6), S. 123-128. Zurück
  14. Einleitung (wie Anm. 6), S. 5-6. Zurück
  15. Atlas Linguarum Europae, sous la r‚daction de Antonius Weijnen et al., Introduction Assen 1975, Questionnaire Assen 1979, Commentaires et cartes sous la r‚daction de Mario Alinei et Antonius Weijnen, Vol. I, Fasc. 1-3, par Mario Alinei et al., Assen 1983-88, Fasc. 4, Van Gorcum/Assen/Maastricht. Atlas Linguarum Europae. Congrès International 1989. Musumeci Editeur, Aoste 1991. Zurück
  16. Cf. dazu die Karten E 1 (Ortsnetz) und E 3 (Weinbau). Zurück
  17. Paul Kadel, Beiträge zur rheinhessischen Winzersprache (Giessener Beiträge zur deutschen Philologie, Bd. 25), Gießen 1928. Zurück
  18. Arbeiten zur Fachsprache der Winzer (in Auswahl): Franz Tumler, Herkunft und Terminologie des Weinbaues im Etsch- und Eisa[c]ktale, aus dem handschriftlichen Nachlasse herausgegeben von Karl M. Mayr (Schlern-Schriften, Bd. 4. Veröffentlichungen zur Landeskunde in Südtirol), Innsbruck 1924; Werner Weber, Die Terminologie des Weinbaus im Kanton Zürich, in der Nordostschweiz und im Bündner Rheintal (Beiträge zur schweizerdeutschen Mundartforschung, Bd. 1), Frauenfeld 1949; Eero Alanne, Die deutsche Weinbauterminologie in althochdeutscher und mittelhochdeutscher Zeit (Annales Academiae Scientiarum Fennicae, Serie B, Bd. 65,1), Helsinki 1950; Werner Heinrich Veith, Die schlesische Weinbauterminologie in ihren ostmittel- und gesamtdeutschen Bezügen. Semantische, soziologische, historische Untersuchungen, Diss. Marburg 1966; Wolfgang Kleiber, Zur arealen Gliederung der rheinischen Winzerterminologie, in: Günter Bellmann, Günter Eifler und Wolfgang Kleiber (Hrsg.), Festschrift für Karl Bischoff zum 70. Geburtstag, Köln und Wien 1975, S. 130-156; Ders., Zur sprachgeographischen Struktur der deutschen Winzerterminologie (Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz. Abhandlungen der geistes- und sozialwissenschaftlichen Klasse, Bd. 6), Wiesbaden 1980; Ders., Zur Sprachgeographie der rumäniendeutschen Winzerterminologie, in: Forschungen zur Volks- und Landeskunde 29,1, 1986, S. 103-105; Gerhard Resch, Die Weinbauterminologie des Burgenlandes. Eine wortgeographische Untersuchung, ausgehend von der Weinbaugemeinde Gols (Schriften zur deutschen Sprache in Österreich, Bd. 4), Wien 1980; Alfred Egli, Weinbau im Deutschwallis. Sachkultur, Wortschatz, Sprachgeographie (Beiträge zur schweizerdeutschen Mundartforschung, Bd. 23), Frauenfeld 1982; Horst Christian Höfflin, Zur Sprache des Weinbaus am Kaiserstuhl und Tuniberg (Göppinger Arbeiten zur Germanistik, Bd. 380), Göppingen 1983; Martin Scharff, Studien zur Sachkultur und Terminologie des pfälzischen Kammertbaues. Zur Rekonstruktion einer historischen Reberziehungsweise, Magisterarbeit (masch.), Mainz 1985. Zurück
  19. Hubert Honold, Arbeit und Leben der Winzer an der Mittelmosel, Wittlich 1941; Martha Bauer, Der Weinbau des Nordburgenlandes in volkskundlicher Betrachtung (Wissenschaftliche Arbeiten aus dem Burgenland, Heft 1), Eisenstadt 1954; Marianne Hilpert, Von Häckern und Winzern am Maindreieck. Eine volkskundliche Studie über Wortschatz und Brauchtum (Mainfränkische Heimatkunde, Bd. 10), Würzburg 1957; Matthias Ladurner-Parthanes, Vom Perglwerk zur Torggl. Arbeit und Gerät im Südtiroler Weinbau, Bozen 1972; Elisabeth Hajd£, Der Weinbau in Schambeck (Zs mb‚k) in Wort und Bild, in: Beiträge zur Volkskunde der Ungarndeutschen, Bd. 2, Budapest 1979, S. 99-144; Wendel Hambuch, Der Weinbau von Pusztav m/Pusstawahn. Der Wortschatz des Weinbaus in der deutschen Mundart von Pusztav m, Budapest 1981. Zurück
  20. Zur Konzeption des Fragebuchs des WKW, zu Vorstufen und Vorbildern cf. Einleitung (wie Anm. 6), S. 10-16. Zurück
  21. Insgesamt 829 Informanten wurden im Zuge der Explorationen befragt, ihr Durchschnittsalter betrug 69 Jahre. Cf. Einleitung (wie Anm. 6), S. 31f. Zurück
  22. Zum Begriff cf. Lubomir Drozd/Wilfried Seibicke, Deutsche Fach- und Wissenschaftssprache. Bestandsaufnahme, Theorie, Geschichte, Wiesbaden 1973; Hans-Rüdiger Fluck, Fachsprachen. Einführung und Bibliographie (Uni-Taschenbücher, Bd. 483), 3. Auflage Tübingen 1985; Walther von Hahn (Hrsg.), Fachsprachen (Wege der Forschung, Bd. 498), Darmstadt 1981. Zurück
  23. Das Questionnaire ist vollständig abgedruckt in der Einleitung (wie Anm. 6), S. 129-147. Zurück
  24. Die Aufnahmeprotokolle sind - nach Aufnahmenummern - abgedruckt in der Einleitung (wie Anm. 6), S. 147-183. Die personenbezogenen Angaben wurden anonymisiert. Die Protokolle enthalten folgende Angaben: 1) Nummer der Sprachaufnahme  2) Staat, in dem der Aufnahmeort liegt  3) Ortsname  4) Wohnort der Gewährsperson(en) zum Zeitpunkt der Sprachaufnahme (betrifft fast ausschließlich Übersiedler aus Osteuropa)  5) Aufnahmedatum  6) Exploratoren  7) Geburtsjahr der Gewährsperson(en) und Alter zum Zeitpunkt der Sprachaufnahme  8) Geschlecht der Gewährsperson(en)  9) Konfession(en) im Erhebungsort  10) Beruf(e) der Gewährsperson(en)  11) Anzahl der Gewährspersonen (Gruppenaufnahmen, Ehepaare usw.)  12) Sprachenspektrum am Aufnahmeort nach Schätzungen der Gewährsperson(en) (nur bei Sprachinseln)  13) Fremdsprachenkenntnisse der Gewährsperson(en)  14) Einwanderungsjahr (Übersiedlung der Gewährspersonen vorwiegend in die Bundesrepublik Deutschland)  15) Umsiedlungsstationen, längere Abwesenheit vom Heimatort  16) Bemerkungen zu den Tonaufnahmen. Zurück
  25. Association Phonétique Internationale. Zurück
  26. Das Photoarchiv in der Arbeitsstelle des WKW im Institut für Geschichtliche Landeskunde umfasst jetzt knapp 7000 Aufnahmen. Zurück
  27. Cf. hierzu die Karten E 2 Dialektgeographie und Ethnographie sowie E 3 Verbreitung des Weinbaus. Zurück
  28. Unter Einschluss der ehemaligen DDR. Zurück
  29. Zahl der Aufnahmen nach Staaten: Bundesrepublik Deutschland 144, Luxemburg 3, Frankreich 20, Schweiz 28, Fürstentum Liechtenstein 1, Italien 14, Österreich 42, Tschechoslowakei 14, ehem. DDR 11, Polen 2, Ungarn 30, Jugoslawien 19, Rumänien 70, Sowjetunion 51. Zur Materialstatistik cf. Einleitung (wie Anm. 6), S. 30ff. Zurück
  30. Zum Verfahren der Lemmatisierung und zur Lemmadiskussion cf. Peter Kühn, Typen lexikographischer Ergebnisdarstellung, in: Dialektologie. Ein Handbuch zur deutschen und allgemeinen Dialektforschung. Erster Halbband. Hrsg. von Werner Besch, Ulrich Knoop und Wolfgang Putschke (Handbücher zur Sprach- und Kommunikationswissenschaft, Bd. 1,1), Berlin und New York 1982, S. 702-723; Herbert Ernst Wiegand, Was ist eigentlich ein Lemma? Ein Beitrag zur Theorie der lexikographischen Sprachbeschreibung, in: Studien zur neuhochdeutschen Lexikographie III. Hrsg. von Herbert Ernst Wiegand (Germanistische Linguistik 1-4/82), Hildesheim, Zürich, New York 1983, S. 401-474; Werner Wolski, Das Lemma und die verschiedenen Lemmatypen, in: Wörterbücher. Ein internationales Handbuch zur Lexikographie. Erster Teilband. Herausgegeben von Franz Josef Hausmann, Oskar Reichmann, Herbert Ernst Wiegand, Ladislav Zgusta (Handbücher zur Sprach- und Kommunikationswissenschaft, Bd. 5.1), Berlin und New York 1989, S. 360-371. Zurück
  31. Ausführlicher zum Lemmatisierungsverfahren und zur Behandlung fremdsprachiger Entlehnungen cf. Einleitung (wie Anm. 6), S. 39ff. Zurück
  32. Mit Erscheinen von Lieferung 2 im Herbst 1991 wurde die inzwischen veraltete Hardware durch leistungsfähigere Geräte ersetzt. Zurück
  33. Zum Arbeitsablauf (von der Sprachaufnahme bis zur Drucklegung) cf. Einleitung (wie Anm. 6), S. 46/47 (Flussdiagramm). Zurück
  34. Einleitung (wie Anm. 6), S. 49-54. Zurück
  35. Ausgewählte Symbole und Symbolgruppen in der Einleitung (wie Anm. 6), Abb. 1-4. Zurück
  36. WKW 49 (Frage 113) (WKW wie Anm. 6. Im folgenden wird nach der fortlaufenden Karten- bzw. Kommentarnummerierung des WKW zitiert. Alle Kartenbeispiele liegen in den Lieferungen 1 bis 3 bereits ediert vor. Die hier präsentierten Karten sind gegenüber den Originalen vereinfacht, d. h. sie geben nur die wesentliche sprachgeographische Struktur wieder. Es sind nur die Grundwörter berücksichtigt. Die komplette Heteronymik unter Einschluss der Bestimmungswörter ist aus den WKW-Karten und WKW-Kommentaren zu ersehen, auf die verwiesen wird). Die spezielle Zielsetzung der vorliegenden Studien bedingt die nur sehr rudimentäre sprachgeographische Interpretation der Kartenbeispiele. Die eindringende Gesamtanalyse der überaus reichhaltigen und komplexen Karteninhalte war in keinem Falle möglich. Zurück
  37. Alanne, Weinbauterminologie (wie Anm. 18), S. 83; LEX II, 223; DWb VII, 1597f.; Kluge 538 (Die Siglen für Wörterbücher sind über das Siglenverzeichnis im Anhang aufzulösen. Weiterhin wird aus Platzgründen in Kapitel 4 auf die abgekürzten Angaben "Band", "Seite" bzw. "Spalte" verzichtet). Zurück
  38. FEW X, 39ff.; Gertraud Müller/Theodor Frings, Germania Romana II, Dreißig Jahre Forschung, Romanische Wörter (Mitteldeutsche Studien, Bd. 19,2), Halle 1968, S. 439; NordSiebSächsWb I, 992; RheinWb VII, 42f.; SiebSächsWb V, 2 . Lieferung, 20ff. und 212; Rudolf Post, Romanische Entlehnungen in den westmitteldeutschen Mundarten. Diatopische, diachrone und diastratische Untersuchungen zur sprachlichen Interferenz am Beispiel des landwirtschaftlichen Sachwortschatzes (Mainzer Studien zur Sprach- und Volksforschung, Bd. 6), Wiesbaden 1982, S. 234f. Zurück
  39. LEX II, 1156; DWb X, II, 1, 1288ff.; Kluge 698; BayerWb II, 726f. Zurück
  40. DWb X, II, 2, 2732ff.; SchweizId X, 1666f. Zurück
  41. Alanne, Weinbauterminologie (wie Anm. 18), S. 113; LEX II, 1205; DWb X, II, 2, 2785f.; Kluge 702; TreppWb 963; Scharff, Kammertbau (wie Anm. 18), S. 170ff. Zurück
  42. LEX II, 1292f.; TirolWb 506.  Zurück
  43. DWb X, IV, 743ff.; Kluge 712.  Zurück
  44. RheinWb VIII, 775f. Zurück
  45. WKW 16 (Frage 37). Zurück
  46. RheinWb II, 1347. Zurück
  47. RheinWb IV, 1257. Zurück
  48. PfälzWb I, 710; SüdhessWb I, 701f. Zurück
  49. Walter Henzen, Deutsche Wortbildung (Sammlung kurzer Grammatiken germanischer Dialekte. B. Ergänzungsreihe Nr. 5), 3. Auflage Tübingen 1965, S. 150; Friedrich Kluge, Nominale Stammbildungslehre der altgermanischen Dialekte, 3. Auflage bearbeitet von Ludwig Sütterlin und Ernst Ochs, Halle 1926, § 63. Zurück
  50. SiebSächsWb V, 104. Zurück
  51. SiebSächsWb V, 90f. Zurück
  52. SiebSächsWb V, 292f. Zurück
  53. WKW 20 (Frage 47). Zurück
  54. FEW XVI, 357ff.; REW 4760; RheinWb IV, 1388f.; SchweizId II, 787; SiebSächsWb III, 290; EGLI, Weinbau (wie Anm. 18), S. 56. Zurück
  55. FEW XVI, 669ff.; RheinWb VII, 97f.; SchweizId VI, 1182f.; Post, Entlehnungen (wie Anm. 38), S. 198. Zurück
  56. BadWb I, 531; SchweizId XIV, 1237. Zurück
  57. SchweizId VI, 1629. Zurück
  58. ElsWb II, 311. Zurück
  59. TirolWb 104. Zurück
  60. TirolWb 646. Zurück
  61. WKW 33 (Frage 71). Zurück
  62. DWb VII, 1582f.; Kluge 538. Zurück
  63. DWb XIII, 2852ff.; Kluge 780. Zurück
  64. DWb X, II, 2, 1856ff.; Kluge 698; TirolWb 599. Zurück
  65. Kluge 698; RheinWb VIII, 565f. Zurück
  66. Johann Wolf, Kleine Banater Mundartenkunde, Bukarest 1975, S. 87. Zurück
  67. Näheres zu stig cf. Kluge 699 und 702. Zurück
  68. WKW 23 (Frage 50). Zurück
  69. Trübner V, 359f. Zurück
  70. Zu "zeitig" cf. DWb XV, 584 ff; RheinWb IX, 750. Zurück
  71. Trübner V, 359; cf. auch Kluge 808 zu "Zeit". Zurück
  72. WKW 43 (Frage 96). Zurück
  73. Cf. z.B. Bauer, Weinbau (wie Anm. 19), S. 132ff.; Wolfgang Bickel, Weinbergshäuser, Worms 1987; Paul Goldhardt, Weinbergshäuser in der Lößnitz und den Meißner Bergen, in: Landesverein Sächsischer Heimatschutz, Mitteilungen, 13, 1924, S. 145-170; Ladurner-Parthanes, Perglwerk (wie Anm. 19), S. 128ff.; weitere Titel cf. Kommentar WKW 43, Sachkunde Zurück
  74. DWb IV, II, 640ff.  Zurück
  75. Kluge 322; DWb IV, II, 1994ff. Zurück
  76. Hariton Tiktin, Rumänisch-Deutsches Wörterbuch, 3 Bde., Bukarest 1903-25, Bd. I, Sp. 606. Zurück
  77. SiebSächsWb V, 18. Zurück
  78. Das Wort geht auf lateinisch "cavea (+ cava)" 'Höhlung', 'Käfig' zurück, cf. Post, Entlehnungen (wie Anm. 38), S. 191 und Karte 43. Zurück
  79. DWb V, 434; BayerWb I, 1219; Matthias Lexer, Kärntisches Wörterbuch, Leipzig 1862, S. 157. Zurück
  80. Der Terminus „Trullo“ m. ist nicht autochthon sondern halbgelehrten Ursprungs in Anlehnung an die süditalienischen Bauten. Zu den rheinhessischen Bauten cf. BICKEL, Weinbergshäuser (wie Anm. 73). Zurück
  81. WKW 53 (Frage 131). Zurück
  82. Über den römischen Kammertbau cf. Friedrich von Bassermann-Jordan, Geschichte des Weinbaus, 3 Bde., 2. Auflage Frankfurt 1923, Nachdruck in zwei Bänden Neustadt an der Weinstraße 1975, S. 217ff. Zurück
  83. Cf. hierzu Ladurner-Parthanes, Perglwerk (wie Anm. 19), S. 23-34; Wolfgang Kleiber/Max Pfister, Germanisch-romanische Interferenz an Beispielen aus der Winzerterminologie von Salurn/Salorno und in Südtirol (mit fünf Abbildungen), in: Das zweisprachige Individuum und die Mehrsprachigkeit der Gesellschaft. Hrsg. von Günter Holthus und Johannes Kramer, Stuttgart 1991, S. 81-98. Zurück
  84. Scharff, Kammertbau (wie Anm. 18). Zurück
  85. PfälzWb IV, 39; Kleiber, Winzerterminologie (wie Anm. 18), S. 17 und Karte 9. Zurück
  86. Elöd Halasz, Ungarisch-Deutsches Wörterbuch. 2 Bde, 3. Auflage Budapest 1970, hier Bd. II, S. 343. Zurück
  87. WKW 42 (Frage 94). Zurück
  88. Ladurner-Parthanes, Perglwerk (wie Anm. 19), S. 126ff. Zurück
  89. SiebSächsWb VI, 85ff. Zurück
  90. Halasz (wie Anm. 86) Bd. II, S. 880: ung. szölö Weinstock', S. 567: ung. ör `Wächter'. Zurück
  91. Halasz (wie Anm. 86) Bd. II, S. 76. Zurück
  92. Hans Holm Bielfeldt, Russisch-Deutsches Wörterbuch (Deutsche Akademie der Wissenschaften zu Berlin. Veröffentlichungen des Instituts für Slavistik. Sonderreihe: Wörterbücher), 7. Auflage Berlin 1972, S. 22. Zurück
  93. Bielfeldt (wie Anm. 92), S. 950. Zurück
  94. Theodor Frings, Germania Romana I (Teuthonista, Beiheft 4), Halle 1932, 2. Auflage besorgt von Gertraud Müller (Mitteldeutsche Studien 19,1), Halle 1966; Ingeborg Hudler, Altromanisches Lehnwortgut im Westen und Südosten, in: Karl Kurt Klein, Luxemburg und Siebenbürgen (Siebenbürgisches Archiv, Bd. 5), Köln und Graz 1966, S. 162-202; Post, Entlehnungen (wie Anm. 38). Zurück
  95. Wolf, Mundartenkunde (wie Anm. 66). Zurück
  96. Rheinhessen ist mit 15 Aufnahmeorten im WKW vertreten: Armsheim, Fürfeld, Gau-Odernheim, Guntersblum, Hechtsheim (Stadtteil von Mainz), Heimersheim, Jugenheim, Ingelheim, Monsheim, Nack, Ockenheim, Schwabsburg, Wallertheim, Westhofen, Zornheim. Die nachfolgend angeführten Beispiele entstammen den WKW-Sprachaufnahmen. Die Mundartwörter werden behelfsweise in Standardorthographie geboten. Zurück
  97. SüdhessWb IV, 104f.; Post, Entlehnungen (wie Anm. 38), S. 119f. (mit Literatur). Zurück
  98. Albert Hey, Rheinhessische Stickelcher, Aspisheim 1985, S. 45-46. Zurück