Gau-Bickelheim in Rheinhessen

Historische Ortsbefestigung Gau-Bickelheim

Ortsplan von 1832.[Bild: Gemeindearchiv Gau-Bickelheim]

Schon um 1000 n. Chr. gab es in dem Ort am Wißberg erste Befestigungen in Holzbauweise. Der ehemalige Anger, heute der Platz "Am Römer", wurde mit der zusätzlichen Bebauung nördlich vom Ort zum abgegrenzten Bereich, zum sogenannten "Forum", nachdem das sumpfige Areal trockengelegt worden war. Vermutlich 1183 wurde als Schutz vor den feindlichen Nachbarn eine Niederungsburg mit einer Mauer im Nordwesten um den Ort herum errichtet. Knapp 300 Jahre später zerstörten am 23./24. März 1462 10.000 Soldaten und 2600 Reiter im Rahmen einer Erzstiftsfehde mit dem Pfälzer Kurfürsten Friedrich I. die vorhandenen Befestigungsanlagen einschließlich der Burg Gau-Bickelheim komplett.
"Do ruckt der pfaltzgraff mit landtgraff Henrich von Hessen vor Gawpeckelheim vnd gewonne das mit dem sturm und fingen darinn den von Huntstein mit LX reisigen vnd einhundert werhafftiger knecht vnd brach vnd schleifft alle were"
[Anm. 1]
Das ehemalige "Burgenviertel" ist heute noch ganz deutlich im Grundriss des Dorfes zu erkennen, wie eine überarbeitete Karte von Gau-Bickelheim aus dem Jahre 1832 zeigt.
Überreste der geschleiften Burg und ihrer Anlagen waren noch bis 1820 im ganzen Ort zu finden, insofern als deren Steine zum Häuserbau im Dorf verwandt wurden.

Obere Pforte links mit dem letzten Backhaus.[Bild: Gemeindearchiv Gau-Bickelheim]

1318 wurde zum ersten Mal die Existenz der "Oberen Pforte" nahe der alten um 1100 n. Chr. errichteten Kirche in der Käfergasse an der südlichen Umfassungsmauer des Ortes erwähnt. Die zweite Pforte, die "Nieder-" oder "Bingerpforte" (Untere Pforte), über deren konkretes Errichtungsdatum nichts bekannt ist, stand an der nördlichen Mauer in der Nähe der Burggasse. Beide Tore waren mit einem Falltor, dem sogenannten "valledor" versehen, das sich auf Grund seiner baulichen Schrägkonstruktion nach der Benutzung von selbst wieder schloss. Über die mächtigen Torbögen erhoben sich in turmartiger Höhe die sogenannten Porthäuser, die von aufmerksamen Wächtern bewohnt waren. Die "Niederpforte" wurde 1820 niedergelegt und anno 1877 schließlich auch die "Obere Pforte".

Grabenloskarte von 1818.[Bild: Gemeindearchiv Gau-Bickelheim]

Am Ende des 15. Jahrhunderts wurde wie in Rheinhessen üblich auch in Gau-Bickelheim ein mit Effen bewachsener, breiter und tiefer Dorfgraben angelegt, der den gesamten Ort umschloss und im nördlichen Verlauf vom nahen Wiesbach gespeist wurde. Der Dorfgraben verlor wegen des Wegfalls einer direkten Bedrohungslage im 18. Jahrhundert an Bedeutung und so wurden die Grundstücke am Dorfgraben per Losverfahren wie das Beispiel aus dem Jahre 1818 zeigt, an Bürger verteilt, die wie der Heimatforscher Winfried Steinborn erläutert, die Pflicht hatten, "den Graben sauber zu halten und im Gegenzug dafür den Gartenteil nutzen durften".

Letzte Reste der Dorfbefestigung.[Bild: Franz Joseph Spang]

Die zum Teil mächtigen Effen, auch Ulmen oder Rüster genannt, wurden allerdings im Laufe der Zeit bis ins 20. Jahrhundert hinein sukzessive gefällt.
Von der Existenz einer Ortsbefestigung ist heute nichts mehr zu sehen, nur noch Straßen wie "Obere Pforte", "Grabenlos", "Grabenstraße", "Burggasse" und "Zur Effenmühle" erinnern an die mittelalterliche Ortsbefestigung Bau-Bickelheims.

Für Winfried Steinborn gilt die Vergangenheit Gau-Bickelheims allerdings noch nicht als völlig entschlüsselt: "Der alte, mit dem Bistum Mainz verbundene Ort Gau-Bickelheim bietet noch viele Geheimnisse im Dunkel der Vergangenheit. Schwierig ist die Differenzierung der Urkunden bzw. Dokumente der Orte Burg/Schloß-Böckelheim von Gau-Bickelheim. Erkennbar ist jedoch die fruchtbare Gemarkung von Gau-Bickelheim, diente von Anfang an dem König und den verschiedensten "Herrschaften" als Einnahmequelle und Versorgung".[Anm. 2]

Verfasser: Wolfgang Höpp

Erstellt am: 02.12.2021

Anmerkungen:

  1. Quellen zur bayerischen und deutschen Geschichte Band II, S. 41. Reprint 2018. Zurück
  2. Der Autor hat für die Recherche zum Artikel sowohl mündlich als auch schriftlich intensiv mit dem Heimatforscher Winfried Steinborn korrespondiert. Dieses Zitat stammt aus der schriftlichen Korrespondenz. Zurück