Gau-Weinheim in Rheinhessen

Historische Ortsbefestigung Gau-Weinheim

Der Gemeindeturm.[Bild: Erwin Gottschlich]

Gau-Weinheim am Fuße des Wißberges, im Jahre 767 urkundlich als Wigenheim erwähnt, hieß bis 1869 Niederweinheim. Der Ort hat zwei historische Ortseingänge: Die Untere Pforte (Poort), auch Niederpforte genannt, führt im Süden von Wallertheim und Gau-Bickelheim her kommend ins Dorf. Die Obere Pforte im Norden der Gemeinde lässt die Straßen von Vendersheim und Wolfsheim ein. Im Mittelalter waren die Gemeinden meistens mit Hecken umgeben und durch die beiden Falltore konnte man den Ort verlassen.
Zur Ortsbefestigung gehört auch der denkmalgeschützte sogenannte Gemeindeturm, ein aus dem Mittelalter stammender Wehrturm, der sogenannte "Schiefe Turm von Gau-Weinheim". Dieses imposante Bauwerk steht am Eingang des früher befestigten Friedhofs und ist ein markanter quadratischer Eckturm, der ehemals ein wichtiger Teil der die Pfarrkirche umschließenden Wehrmauern war. Der Turm wurde im übrigen 1749 sieben Jahre nach dem Neubau der Pfarrkirche als Glockenturm ausgebaut und mit einem barocken Haubendach versehen. Vom Gemeindeturm aus führte ein unterirdischer Gang unter den Gehöften hindurch in den Süden des Dorfes. In Zeiten der akuten Bedrohung diente dieser Gang den Einwohnern als überlebenswichtiger Unterschlupf und Hort ihrer wichtigsten Habe.[Anm. 1]

Unterirdischer Verbindungsgang von der Kirche zum Nachbarn Huth. [Bild: Erwin Gottschlich]

Eine Rolle bei der Ortsbefestigung von Gau-Weinheim spielte in gewisser Weise auch die Pfarrkirche St. Katharina im Nordwesten der Gemeinde. Das katholische Gotteshaus ist aufgrund der massiven Bauweise mit opulenten Quadern deutlich als Wehrkirche zu erkennen, wurde 1742 an der Stelle einer ehemaligen romanischen Kirche aus dem 12. Jahrhundert errichtet und steht in unmittelbarer Nähe zum bereits erwähnten Gemeindeturm.[Anm. 2]
Auch diese Kirche diente im schlimmsten Falle bei Bedrohung von außerhalb als letzter Unterschlupf für die Bevölkerung. An deren nördlicher Seite finden sich noch Hinweise auf eine Treppe, die in den Gewölbekeller des Nachbargrundstückes führt.
Der Ortschronist von Gau-Weinheim, Erwin Gottschlich, bedauert es sehr, dass "das um 1921 geordnete und vor 1938 als Depositum an das Staatsarchiv Darmstadt gegebene Gemeindearchiv von Gau-Weinheim am 11./12. September 1944 durch einen Bombenangriff auf Darmstadt völlig verloren ging". "Daher sind auch keine Aussagen über den Beginn, die konkrete Ausgestaltung der Ortsbefestigung von Gau-Weinheim und deren Zerstörung möglich", so Gottschlich abschließend. Heute erinnern nur noch die drei Straßennamen "Am Falltor", "Untere Pforte" und "Obere Pforte" an eine mittelalterliche Ortsbefestigung von Gau-Weinheim.

Nachweise

Verfasser: Wolfgang Höpp

Verwendete Literatur:

  • Festschrift zum 100-jährigen Jubiläum des Turn- und Sportverein 1883 e.V. Juli 1983.
  • Festschrift zum 9. Verbandsgemeindefest in Gau-Weinheim 1988.

Erstellt am: 29.11.2021

Anmerkungen:

  1. Festschrift zum 9. Verbandsgemeindefest in Gau-Weinheim 1988 - Beitrag Werner Maurer. Zurück
  2. Festschrift zum 100-jährigen Jubiläum des Turn- und Sportverein 1883 e.V. Juli 1983 - Text von Franz Joseph Spang. Zurück