Nackenheim in Rheinhessen

Ortsbefestigung Nackenheim

Luftbild von Nackenheim[Bild: Alfons Rath]

Nackenheim war im späten Mittelalter an den offenen Seiten des Ortes von einem tiefen Dorfgraben und einem Wall mit dichten undurchdringlichen Rüsterhecken (Ulmen, Effen), dem sogenannten "Gebück" umgeben, der als sogenannter "Bannzaun" noch 1625 erwähnt wird.

Noch heute kann man konkret die Heckenpassage hinter den Höfen in der ältesten Straße von Nackenheim, der "Obergasse", und den Rest einer mittelalterlichen hohen Umfriedungsmauer erkennen. Die dort aufgereihten Gebäude bildeten mit ihren Scheunen eine nach rückwärts geschlossene Front, den sogenannten "Scheunenkranz", um möglichen Angreifern keine Chance zum Eindringen zu geben.
Am oberen Ende der sich daran anschließenden Gärten standen in früheren Jahrhunderten Effen (Ulmen, Rüster) hauptsächlich als Windschutz. Dahinter kam der Dorfgraben, der - so ist zu vermuten -, einzig und allein die Funktion hatte, die Wassermassen aufzufangen, die bei Wolkenbrüchen vom Berg herunterkamen.

Die Gemeinde besaß mindestens seit dem Spätmittelalter vier überbaute und abschließbare Pforten (Dorftore), die von sogenannten "Torknechten" bewohnt und bewacht wurden. Deren Standorte und geographische Zuordnung sind aus einer Dorfkarte aus dem Jahre 1450 zu erkennen:

  • Die "Saupforte" oder "Säuport" lag am Ende der Obergasse, im Südwesten von Nackenheim und weist auf eine mögliche Schweinemast im nahe gelegenen Eichenwald hin.
  • Die "Kühpforte" oder "Kuhpforte" war an der Ecke Langgasse/ Mainzerstraße, also im Norden von Nackenheim zu finden und wurde von 1610-1745 erwähnt. Die dazu gehörende Straße heißt "Kuhgasse". Da die "Kühpforte" ihren Namen von den Viehtriften am Rhein trägt, ist sie wohl die am spätesten errichtete Pforte.
  • Die "Heidenpforte" oder "Haareport" lag an der Hohl am Ortsausgang nach Lörzweiler, im Westen des Ortes in der Nähe der Carl-Zuckmayer-Halle. Einzelne Effenbäume stehen heute noch in der Nähe dieser ehemaligen Pforte. Die entsprechende Flur heißt heute noch "An der Heidenpforte."
  • Die "Mörschpforte" stand am sogenannten "Freien Platz" in Richtung Rhein, also in Richtung Osten und wurde in den Jahren 1639 und 1739 auch als "Morschpforte"erwähnt. Vor der Mörschpforte standen außerhalb der Befestigung noch einige Häuser in der Zollgasse (Wormserstraße), in der Mörschgasse (Jahnstraße) und in der Borngasse (Prof. Dr. Pier-Straße). Dieses Zollviertel oder auch Mörschviertel genannt, lag bereits im kurpfälzischen Gebiet. Wer durch die "Mörschpforte" wollte, musste also Zoll entrichten!

Weitere Befestigungsmaßnahmen

Die Kirche wurde als Saalbau mit Rechteckchor 1716 von Johannes Vordörffer erbaut und 1902 nach Westen durch einen Querbau erweitert. Der Westturm stammt aus dem Jahr 1913. Der Hochaltar wurde 1697 als Martinsaltar in den Ostchor des Mainzer Doms gestiftet. [Bild: Torsten Schrade]
  • 1292 wird in weiteren Schriften der Nackenheimer Haupttoreingang am "mulingardin" (Rathausstraße ?) erwähnt, den die Anlieger zu befestigen und zu verteidigen hatten. In schweren kriegerischen Zeiten bot ebenfalls die damals schon stark befestigte Stadt Mainz Zuflucht und Schutz. Zur Errichtung von deren Befestigungsbauten wurden 1206  auch die Bürger von "Nachheim" herangezogen.
  • Die Wehrkirche St. Gereon als wichtige Ergänzung der örtlichen Befestigung war noch im Mittelalter mit einem doppelten Graben umgeben und nach der Hangseite hin durch eine hohe Ringmauer geschützt.

Die Nackenheimer Ortsbefestigung war noch 1700 in weiten Teilen erhalten wie eine Karte aus diesem Jahr zeigt: Darauf ist auf der westlichen Seite des Ortes das "Gebück" zu sehen und nach wie vor vier Pforten. Die Umwehrung von Nackenheim hatte Mitte des 18. Jahrhunderts aber ihre Bedeutung aufgrund der neuen Militärtechnik (Geschütze) weitestgehend verloren. Mit der Konsequenz, dass alle Pforten heute nicht mehr vorhanden sind. Wann sie genau abgebrochen wurden und durch wen, ist heute nicht mehr zu eruieren. Es aber zu vermuten, dass der Abbruch wie im benachbarten Bodenheim auch am Anfang des 19. Jahrhunderts erfolgt ist.
Auf der Karte zur Parzellenvermessung anno 1843/44 sind sie jedenfalls nicht mehr zu finden.

Nachweise

Autor: Wolfgang Höpp

Verwendete Literatur:

  • Lang, Werner: Nackenheim im 17. und 18. Jahrhundert. In: Nackenheimer Heimatkundliche Schriften Heft 1. Nackenheim 1951, S. 18-23.
  • Lang, Werner: Nackenheim im Mittelalter. In: Nackenheimer Heimatkundliche Schriften Heft 1. Nackenheim 1951, S. 14-17.
  • Struck, Josef: Was können uns die Nackenheimer Flurnamen erzählen? In: Nackenheimer Heimatkundliche Schriften Heft 2.
  • Stephan, Ernst: Beiträge zur Siedlungsentwicklung des Dorfes Nackenheim. In: Nackenheimer Heimatkundliche Schriften Heft 5.

Erstellt am: 15.03.2022