Ober-Flörsheim in Rheinhessen

Mittelalterliche Dorfbefestigung Ober-Flörsheim

Luftbild von Ober-Flörsheim[Bild: Alfons Rath]

Der Ort war bis Ende des 18. Jahrhunderts, genauer 1797 Sitz der Deutschordenskommende, Ballei Marburg.

Zu deren Gesamtkomplex gehörte auch ein imposanter Torturm im Süden der Gemeinde.
Das sehenswerte Gebäude aus dem 15. Jahrhundert ist ein spätgotischer dreigeschossiger Bruchsteinbau mit spitzbogiger Durchfahrt und einem Krüppeldach.

Innen ist der Turm barock ausgebaut und die Fenster stammen noch aus der Renaissancezeit.
Über eine Holztreppe an der Westseite gelangte man früher ins Innere, bis dieser Zugang 1881 bei der Erbauung  eines direkt am Turm gelegenen Wohnhauses beseitigt wurde. Seitdem ist der Turm nur noch durch das Anwesen Heeb erreichbar.
Die Rauminnenaufteilung entspricht bis heute im großen und ganzem noch dem Zustand des 18. Jahrhunderts, was eine detaillierte Beschreibung von 1773 vor Ort in einer Schautafel zeigt.

Der Bau wurde nach der Annektion Rheinhessens durch Frankreich 1797 von deren Revolutionstruppen eingezogen und gelangte aber bei einer Versteigerung am Anfang des 19. Jahrhunderts mit den übrigen Ordensgütern in Privatbesitz.
Bis ins späte 19. Jahrhundert hinein war dieses Wahrzeichen von Ober-Flörsheim deshalb sogar noch bewohnt.

Außerdem gab es aus grauer Vorzeit am nördlichen Ortsausgang von Ober-Flörsheim ein weiteres Tor, das aber zwischenzeitlich wieder verschwunden ist.

Die mittelalterliche Ringmauer, die noch 1773 in der Beschreibung der Gesamtanlage des Ordens erwähnt wird, ist heute weitestgehend abgetragen. An den neben dem Friedhof stehenden Wohnhäusern sind offensichtlich Steine aus dieser Umfassungsmauer verbaut worden.
Der mutmaßliche Verlauf dieser Mauer ist in der Fluchtlinie dieser Gebäude ungefähr auszumachen.

Außerdem stehen am Ostrand der Gemeinde heute noch drei Scheunen aus dem 17. und 18. Jahrhundert, die als Teil eines in Rheinhessen üblichen "Scheunenkranzes" zur Dorfbefestigung zwingend dazugehörten.

Noch erwähnenswert ist die Tatsache, dass Ober-Flörsheim wie andere Gemeinden auch von einem Dorfgraben mit Effenbewuchs und einem undurchdringlichen "Gebück" seit dem Mittelalter umgeben war.
Der Begriff "Graben" taucht folgerichtig deshalb auch im Flurnamensverzeichnis des Ortes aus dem Jahre 1832 auf.
Weitere Namen und Straßenbezeichnungen, die auf eine mittelalterliche Befestigung hindeuten, sind allerdings nicht mehr zu finden.

Nachweise

Verfasser: Wolfgang Höpp

Verwendete Literatur:

Erstellt am: 25.05.2022