Dautenheim in Rheinhessen

Zur Geschichte von Dautenheim

Das früheste schriftliche Zeugnis bezüglich des Ortes Dautenheim stammt aus einer Lorscher Urkunde vom 20. September 781 welche die Schenkung des Territoriums „in Dutenheim marca“ [Anm. 1] (Heim des Dudo, Duto oder Tuto) [Anm. 2] an das Lorscher Kloster durch Rinold und Wisogoz zu Ehren des heiligen Nazarius bezeugt. [Anm. 3] Das Originaldokument ist nicht mehr erhalten. Im 12. Jahrhundert wurden hiervon Abschriften durch die Mönche des Klosters in Lorsch angefertigt. Die Endung –heim lässt auf eine fränkische Gründung schließen. Jedoch lassen sich innerhalb der Gemarkung bereits frühere Funde römischer Zeit nachweisen.

Einer der bedeutendsten dieser Funde ist wohl der römische Gutshof (villa rustica) „In den Kirschkläuern“ [Anm. 4], welcher 1905/6 entdeckt wurde. Er gilt als das am besten erhaltene Hauptgebäude Rheinhessens aus römischer Zeit [Anm. 5], wurde 1982 rekonstruiert und befindet sich nunmehr im Museum Alzey. Bei den Ausgrabungen konnte zudem ein römisches Gräberfeld mit 25 Gräbern erschlossen und das Früheste hiervon in die Zeit nach 40. n. Chr. eingeordnet werden.

Dautenheim entwickelte sich im Mittelalter zu einem „ausgeprägten Einstraßendorf“ [Anm. 6] (d.h. das Dorf bestand aus einer einzigen (Haupt-)Straße in deren unmittelbarer Umgebung  sich die meisten Gebäude befanden), dessen damalige Hauptstraße mit der heutigen Brunnenstraße übereinstimmt. Neben der Gründungsurkunde wird Dautenheim erst im 13 Jh. erneut schriftlich erwähnt. Im Jahr 1237 wurde südwestlich von Dautenheim das Zisterzienserinnenkloster Marienborn, auch Weidas genannt, gestiftet. [Anm. 7] Ab 1240 war dieses dem Eberbacher Abt unterstellt.[Anm. 8] Durch zahlreiche Schenkungen, unter anderem von Wolfram von Löwenstein im Jahr 1296 [Anm. 9], besaß das auf der Gemarkung Dautenheims gelegene Kloster nahezu das gesamte Dorf.  Somit erhielt es die alleinige Grundherrschaft und Oberhoheit über Dautenheim.[Anm. 10] Im Jahr 1388 wird Dautenheim ebenfalls urkundlich erwähnt. Hier fiel das Dorf den Verwüstungen des Städtekrieges zwischen dem Schwäbischen Städtebund und den bayerischen Herzögen zum Opfer und das Kloster wurde teilweise niedergebrannt.[Anm. 11] Das darauffolgende Jahrhundert ist sehr quellenarm, wodurch uns keine Informationen über Dautenheim vorliegen. Erst für das Jahr 1531 kann belegt werden, dass die Äbtissin des Kloster Weidas, Apollonia von Frankenstein, das halbe Dorf Dautenheim an Kurfürst Ludwig von der Pfalz abtrat, da es sich nicht alleine gegen den Einfluss von Kurpfalz behaupten konnte.[Anm. 12] Infolgedessen wurde das Kloster 1551 komplett aufgelöst und sein restlicher Besitz der Universität Heidelberg bzw. der kurfürstlichen Rentkammer, der „Behörde“ welche die Einkünfte des Kurfürsten verwaltet, überwiesen.[Anm. 13] In den 1570er/80er Jahren wurde das Baumaterial des verfallenen [Anm. 14] früheren Klosters dazu genutzt das Alzeyer Rathaus und die reformierte Kirche in Kettenheim zu erbauen.[Anm. 15] Noch bis ins 18. Jahrhundert waren jedoch Überreste und Ruinen des Klosters vorhanden.[Anm. 16]

Nach dem Dreißigjährigen Krieg (1618-1648) und dem darauffolgenden Pfälzischen Erbfolgekrieg (1688-1997) kam es zu einem demographischen und wirtschaftlichen Niedergang Dautenheims.[Anm. 17] Der Wiederaufbau begann dann im 18. Jahrhundert.[Anm. 18] Mit 34 Häusern und 200 Einwohnern stellte Dautenheim im Jahr 1787 „ein geringes Dorf“[Anm. 19] dar. Noch bis zum frühen 19. Jahrhundert kam der Zustand der örtlichen Bebauung kaum über seinen spätmittelalter-frühneuzeitlichen Umfang hinaus.[Anm. 20] Dies änderte sich jedoch im 19. Jahrhundert.

Bis zur französischen Revolution und dem damit einhergehenden Untergang des Kurstaates gegen Ende des 18. Jahrhunderts zählte Dautenheim zur Kurpfalz und fiel unter das Oberamt Alzey. Nach der Französischen Revolution gehörte Dautenheim zunächst als Teil des Département du Mont-Tonnere (Donnersberg-Département) zu Frankreich und wurde 1816 als Teil der Provinz Rheinhessen in das Großherzogtum Hessen eingegliedert. Die Großherzogliche Verordnung vom 05. Februar 1835 unterteilte die Provinz in 4 Kreise, wodurch Dautenheim dem Kreis Alzey bzw. dem Kanton Alzey zugeordnet wurde. Ein Edikt vom 12. Mai 1852 erweiterte diese Einteilung nochmals und verkleinerte den Kreis Alzey. Diese Einteilung sollte nun jedoch über 60 Jahre Bestand haben. Somit teilt Dautenheim seine spätere Verwaltungsgeschichte mit Alzey.

Während Dautenheim 1815 noch 245 Einwohner hatte, waren es 10 Jahre später bereits 325. Zu dieser Zeit bestand das Dorf aus 2 Mühlen, 51 Häusern und 30 Scheunen [Anm. 21]. 1839 wurde in der Brühlstrasse 2 das Schulhaus errichtet. Neben einer Lehrerwohnung übernahm das Gebäude auch die Funktion eines Rathauses.[Anm. 22] Um 1900  konnten für Dautenheim bereits 88 Häuser und 401 Einwohner nachgewiesen werden.[Anm. 23]

Auf die französische Besatzung nach dem Ersten Weltkrieg folgte Anfang der 30-er Jahre der Aufstieg der NSDAP.  Für Dautenheim liegen für diese Zeit jedoch keine eigenen Quellen zur Auswertung vor. Die Nationalsozialisten lösten am 1. November 1938 die bestehende Provinz Rheinhessen auf und bildeten den Landkreis Alzey, welcher nach Kriegsende 1946 im Regierungsbezirk Rheinhessen ein Teil von Rheinland-Pfalz wurde. Mit der Verwaltungsreform von 1969 wurde der Landkreis erneut aufgelöst und zum neuen Landkreis Alzey-Worms zusammengefasst.

1972 folgte schlussendlich die Eingemeindung Dautenheims zu Alzey. Im Jahr 2013 bewohnen 482 Menschen Dautenheim.

Nachweise

Verfasserin: Donata Gerhards

Redaktionelle Bearbeitung: Sarah Traub

Verwendete Literatur:

  • Becker, Friedrich: Dautenheim und die Reichsabtei Lorsch. Die Schenkungsurkunde von Rinold und Wisogoz vom 20.9.781. In: Alzeyer Geschichtsblätter 17 (1982), S. 3-18.
  • Böhn, Georg Friedrich: Beiträge zur Territorialgeschichte des Landkreises Alzey. Meisenheim am Glan 1958. (Mainzer Abhandlungen zur mittleren und neueren Geschichte, Bd.1).
  • Brilmayer, Karl Johann: Rheinhessen in Vergangenheit und Gegenwart. Geschichte der bestehenden und ausgegangenen Städte, Flecken, Dörfer, Weiler und Höfe, Klöster und Burgen der Provinz Rheinhessen nebst einer Einleitung. Gießen 2005.
  • Curschmann, Jakob: Die älteste Besiedlung der Gemarkung Dautenheim bei Alzey. MZ 17-19 (1921-24), S. 79-107.Hornschild, Wilhelm: Die Steine des Klosters Weidas. In: Alzeyer Geschichtsblätter 20 (1986) S. 48-72.
  • Huyer, Michael; Krienke, Dieter: Kreis Alzey-Worms. Stadt Alzey. Worms 2014. (Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland. Kulturdenkmäler in Rheinland-Pfalz, Bd. 20.2).
  • Hornschild, Wilhelm: Die Steine des Klosters Weidas. In: Alzeyer Geschichtsblätter 20 (1986) S. 49-73.
  • Rödel, Volker: Regesten zur Geschichte des Zisterzienserinnenklosters Weidas. In: Alzeyer Geschichtsblätter 20 (1986) S. 73-91.
  • Rupprecht, Gerd: Alzey-Dautenheim. Gutshof. In: Heinz Cüppers (Hrsg.): Die Römer in Rheinland-Pfalz. Stuttgart 1990.
  • Schön, Helmut: 200 Jahre evangelische Kirche in Dautenheim. Jubiläumskirchweihe vom 1. Bis 4. Juli 1988. [Alzey 1988].

 

Aktualisiert am: 1.9.2017

Anmerkungen:

  1. Cod. Laur. Nr. 1245 Zurück
  2. Becker, Friedrich: Dautenheim und die Reichsabtei Lorsch. Die Schenkungsurkunde von Rinoldund Wisogoz vom 20.09.781. In: Alzeyer Geschichtsblätter 17 (1982), S. 3-18, hier S. 11.  Zurück
  3. Ebenda, S. 3.  Zurück
  4. Curschmann, Jakob: Die älteste Besiedlung der Gemarkung Dautenheim bei Alzey. MZ 17-19 (1921-24), S. 79-107, hier S. 96.  Zurück
  5. Rupprecht, Gerd: Alzey-Dautenheim. Gutshof. In: Heinz Cüppers (Hrsg.): Die Römer in Rheinland-Pfalz. Stuttgart 1990, S. 304.  Zurück
  6. Huyer, Michael/Krienke, Dieter: Kreis Alzey-Worms. Stadt Alzey. Worms 2014. (Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland. Kulturdenkmäler in Rheinland-Pfalz, Bd. 20,2), S. 177-183, hier S. 177. Zurück
  7. Ebenda. Zurück
  8. Rödel, Volker: Regesten zur Geschichte des Zisterzienserinnenklosters Weidas. In: Alzeyer Geschichtsblätter 20 (1986) S. 73-91, hier S. 73.  Zurück
  9. Böhn, Georg Friedrich: Beiträge zur Territorialgeschichte des Landkreises Alzey. Meisenheim am Glan 1958. (Mainzer Abhandlungen zur Mittleren und Neueren Geschichte, Bd. 1), S. 126. Zurück
  10. Huyer/Krienke 2014, S. 177. Zurück
  11. Hornschild, Wilhelm: Die Steine des Kloster Weidas. In: Alzeyer Geschichtsblätter 20 (1986) S. 49-73, hier S. 58. Zurück
  12. Böhn 1958, S. 126. Vgl. dazu auch Hornschild 1986, S. 85, Regest Nr. 43. Zurück
  13. Rödel 1986, S. 74. Zurück
  14. Hornschild 1986, S. 58. Zurück
  15. Huyer/Krienke 2014, S. 177. Zurück
  16. Ebenda. Zurück
  17. Ebenda. Zurück
  18. Ebenda. Zurück
  19. Ebenda. Zurück
  20. Ebenda. Zurück
  21. Ebenda. Zurück
  22. Ebenda. Zurück
  23. Ebenda. Zurück