Historische Dorfbefestigung von Wolfsheim
Wie in rheinhessischen Gemeinden allgemein üblich, führte auch in Wolfsheim ab dem Spätmittelalter ein tiefer Dorfgraben mit einem breiten Geländestreifen um den Ort herum, bewachsen mit Pappeln und einem halbhohen Effengeflecht. Reste davon sind noch im Osten der Gemeinde und vom Talweg im Süden bis zum Mainzer Weg im Norden des Ortes zu sehen in der Nähe des berühmten Goldfundes aus einem "Fürstengrab", der sich heute als Teil der Sammlung Nassauische Altertümer im Besitz des Landesmuseum Wiesbaden befindet.
Weitere Teile der Ortsumwallung finden sich außerdem in westlicher Richtung nach St. Johann, insbesondere an einem Hohlweg, der weiter in nördlicher Richtung nach Ober-Hilbersheim führt. Den von Einheimischen sogenannten "Binger Weg" nutzten in den vergangenen Jahrhunderten Frauen aus dem Ort, um Feldfrüchte und Eier - auf dem Kopf tragend - immerhin 22 Kilometer zum Markt in Bingen zu bringen.
Die Dorfmitte krönte ein jahrhundertealter Baum, die beeindruckende "Wolsemer Effe": "Sie war 33 Meter hoch und sieben Kinder mussten sich die Hände reichen, um sie zu umfassen", schwärmten Heinrich und Philipp Doll vom Heimatkundlichen Arbeitskreis Wolfsheim in einer Abhandlung, die in der hier nachzulesen ist.
- Wolfsheimer Effe, 1984 gefällt.[Bild: Harald Strube]
Allerdings raffte die europäische Ulmenkrankheit die Effenbestände der Region um den Wißberg herum bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts fast vollständig hinweg.
Und so fiel auch das Wahrzeichen von Wolfsheim, an dem so viele persönliche Erinnerungen hingen, unter großer Beteiligung der Bevölkerung am 5. April 1984 dem Beil zum Opfer.
Im Gegensatz zum benachbarten Vendersheim oder Gau-Weinheim gab es in Wolfsheim keine mittelalterlichen Eingangspforten und Ausgangstore.
Vor urdenklichen Zeiten soll es in Wolfsheim allerdings ein Kloster gegeben haben, von dem aus ein zwei Kilometer langer unterirdischer Tunnel bis in den Osten der Gemarkung zur Kapelle der Hl. Katharina geführt haben soll.
Der Altbürgermeister der Gemeinde Wolfsheim und Leiter des Heimatkundlichen Arbeitskreises, Otto Schmitt bezweifelt indes diese Version: "Ich kann es einfach nicht glauben, denn keiner hat jemals den Tunnel gesehen, geschweige ist einer hineingegangen".
Im Keller des Klosters - heute ein Privathaus - ist jedoch ein gemauerter Türbogen zu sehen, der wohl entsprechende Vermutungen zulässt.
Die im romanischen Stil gebaute evangelische Pfarrkirche aus dem 13. Jahrhundert war ebenfalls ein Teil der Ortsbefestigung von Wolfsheim. Sie stellt mit der massiven Bauweise eine imposante Wehrkirche dar, in die sich die Bewohner des Ortes in unruhigen politischen Zeiten flüchten konnten.
Nachweise
Verfasser: Wolfgang Höpp
Verwendete Literatur:
- Heimatkundlicher Arbeitskreis Wolfsheim (Hrsg.): Wolfsheim - Leben, Leute und Ansichten aus einem rheinhessischen Dorf in alten Bildern. Bingen 1992.
- Karl Johann Brilmayer: Rheinhessen in Vergangenheit und Gegenwart. Geschichte der bestehenden und ausgegangenen Städte, Flecken, Dörfer, Weiler und höfe, Klöster und Burgen der Provinz Rheinhessen nebst einer Einleitung. Gießen 1905.
Erstellt am: 21.02.2022