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Abraham David aus Gimbsheim: Der Begründer eines der größten Herrenbekleidungsunternehmen in Wilmington, North Carolina

Ausführlicher in: "Vom Rhein an den Cape Fear River. Eine rheinhessische Auswanderergeschichte"

Abraham David wurde am 18. Juni 1844 als zweiter Sohn des jüdischen Kaufmanns Jakob David (1812-1882) und dessen aus Mutterstadt stammenden Ehefrau Helene Weil (1814-1892) in Gimbsheim (Landkreis Alzey-Worms) geboren. Im Mai 1862 wanderte er, noch nicht einmal 18-jährig, zusammen mit seinem zwei Jahre älteren Cousin Gabriel Haas aus Eich über Hamburg nach Amerika aus. Er geriet bei seiner Ankunft mitten in die Wirren des amerikanischen Bürgerkriegs, der seit 1861 zwischen den Nordstaaten (Union) und den aus dieser Union ausgetretenen Südstaaten (Konföderation) herrschte.

Abraham David ließ sich nach Zwischenstationen in New York und Philadelphia (Pennsylvania) in Alexandria im Bundesstaat Virginia nieder. Anzunehmen ist, dass er hier bei Verwandten unterkam, die ihm bei der Arbeitssuche behilflich waren oder ihm in ihren Geschäftsfilialen Arbeit verschafften. Denn bereits in den 1840er Jahren waren seine beiden Onkel Hermann Haas (*1807) und Jakob Haas (*1803) aus Hamm ausgewandert und betrieben mit verschiedenen Partnern Handelsgeschäfte in Philadelphia, Newnan, Atlanta und Wilmington.

1865 siedelte sich Abraham David in Wilmington an, eine im Südosten des Bundesstaats North Carolina am Atlantik gelegene Hafenstadt, die zu dieser Zeit rd. 10.000 Einwohner zählte. Mit der Entwicklung der Dampfschifffahrt und der Verbesserung der Infrastruktur war die Kleinstadt nach dem Bürgerkrieg zu einem der wichtigsten regionalen Handelszentren geworden und ihre Einwohnerzahl hatte sich in innerhalb der nächsten 30 Jahre auf rd. 20.000 verdoppelt. In der aufstrebenden Hafenstadt konnten es junge, engagierte und unternehmensfreudige Immigranten wie Abraham David es schnell zu etwas bringen, denn das kaufmännische Gewerbe war in den Südstaaten von Amerika noch völlig unterentwickelt und der Bedarf nach Handelswaren aller Art war mit dem wirtschaftlichen Aufschwung enorm gestiegen.

Abraham David sammelte zunächst weitere berufliche Erfahrungen als Ladendiener in der Filiale „Shackelford, Haas & Co“ seines Onkels, möglicherweise auch im Geschäft eines rheinhessischen Landmanns, David Aaron aus Eich (*1831), der als 15-jähriger Jugendlicher zusammen mit seiner Schwester Jeanette ausgewandert [Anm. 1] und sich Ende der 1840er Jahre in Wilmington niedergelassen hatte.

Bereits 1867 konnte Abraham David unter dem Firmennamen „A. David & Co.“ sein erstes eigenes Bekleidungsgeschäft eröffnen, für das er im Wilmingtoner Adressbuch mit einer ganzseitigen Anzeige warb:

1870 tat Abraham David sich mit einem anderen Partner zusammen, interessanterweise wiederum mit einem rheinhessischen Auswanderer, mit Simon Ray Weil (*1844) aus Mutterstadt.

Im Ladengeschäft von „David & Weil“ gab es jetzt neben Konfektionsware und maßgeschneiderter Kleidung auch eine große Auswahl an Stoffen zu erwerben, des Weiteren Hüte und andere Accessoires für die Herrenausstattung.

Nach Auflösung der Partnerschaft mit S.R. Weil zog Abraham David 1877 in ein größeres Geschäftsgebäude in der frequentierten North Front Street um. Seit dieser Zeit betrieb er seine Unternehmen stets als Alleininhaber, ab 1899 dann in einer GmbH zusammen mit seinem Sohn und seinem Schwiegersohn. Im Unterschied zu der Mehrzahl der (jüdischen) Immigranten, die in der Regel selten an einem Ort verblieben, sondern oft von Staat zu Staat wanderten und neue Geschäfte oder Filialen gründeten, traf diese hohe Mobilität auf Abraham David nicht zu, er blieb von 1865 bis zu seinem Tod 1914 in Wilmington wohnen. Im Jahr 1884 bezog Abraham David wiederum ein neues Geschäftsgebäude, nun in der North Front Street 35, das er eigens für sein Bekleidungsunternehmen hatte errichten lassen. Dieses, später gemeinhin als „Abram David Building“ bekannte, schöne dreigeschossige Gebäude besaß zahlreiche Front- und Seitenfenster und war daher besonders gut geeignet, den Warenbestand seiner Bekleidungsfirma unterzubringen und übersichtlich zu präsentieren. Das Gebäude ist im sogenannten „Italienate Stil“ errichtet worden, einem klassizistisch geprägten Architekturstil der Viktorianischen Zeit des 19. Jahrhunderts, der zwischen 1850 und 1880 in den USA häufig gewählt wurde und gerade in Wilmington sehr beliebt war.

Das „Abram David Building“ existiert noch heute und ist wegen seines besonderen architektonischen Stils auf der Liste der Wilmingtoner denkmalgeschützten Gebäude zu finden. Es wurde 1960 renoviert, wobei die historischen Fassaden mit moderner Verkleidung überbaut wurden. Auf Initiative der Denkmalschutzgesellschaft „Historic Wilmington Foundation“ wurde diese Überbauung 1982 wieder entfernt und die Fassaden in ihren ursprünglichen Zustand zurückversetzt. Heute befindet sich in dem Gebäude das Künstlercafé „Phoenix“.Das Geschäfte von Abraham David florierten in den 1870er und 1880er Jahren, so dass er 1887 mit der Anschaffung von 250 Nähmaschinen die Schneidereiabteilung aufstocken und renommierte Schnittmacher wie John Hosdowich aus New York beschäftigen konnte. Bekannt war sein Ladengeschäft vor allem wegen der breiten Produktpalette, angefangen von der einfachsten Arbeitskleidung bis hin zu Stoffen und Kleidung der besten Qualität und Verarbeitung. Erwerben konnte man bei ihm sowohl die damals erst aufgekommenen Jeans als auch die feinsten Ausstattungsgegenstände wie Hüte, Kragen, Krawatten und Herrenschmuck. Des Weiteren fertigte er Polizei- und Schuluniformen an.

Die Stoffe für die Jeans kamen aus der Fabrik „White Oak Mills“ in Greensboro, North Carolina. Hier hatten die Gebrüder Moses und Ceasar Cone, deren Eltern - mit deutschem Namen Kahn – ebenfalls Auswanderer waren, 1895 eine Fabrik zur Produktion von Baumwollstoffen gegründet. 1907 erwarb Abraham ein weiteres Gebäude an der North Front Street. Er ließ es abreißen und errichtete auf dem Grundstück ein modernes und zweckmäßiges Geschäftshaus, das als „A. David Building“ ebenfalls unter Denkmalschutz steht. Beliefert wurde Abraham David von namhaften Herrenbekleidungsherstellern wie z.B. dem Haus Hart Schaffner & Marx. Mit den Begründern dieser Firma, Max und Harry Hart, war Abraham David nicht nur aus wirtschaftlichen Interessen, sondern auch über seine rheinhessische Heimat verbunden; - denn die Gebrüder Hart stammten aus Eppelsheim, einem nur gut 20 km von Gimbsheim entfernt liegenden Ort im Kreis Alzey-Worms. Sie waren 1858 ausgewandert und hatten 1872 in Chicago ein kleines Einzelhandelsgeschäft für Herrenbekleidung gegründet, das 1887, nun in Partnerschaft mit dem Cousin Joseph Schaffner, zu dem noch heute bestehenden Bekleidungsunternehmen Hart Schaffner & Marx [Anm. 2] expandierte. Abraham David heiratete 1868 Rebecca Rothschild (* 1849) aus New Haven, Connecticut und hatte mit ihr drei Töchter und einen Sohn. Die Familie David war intensiv in das gesellschaftliche, kulturelle und religiöse Leben Wilmingtons eingebunden und bekleidete verschiedene ehrenamtliche Positionen in einer Vielzahl von wohltätigen Vereinen und Organisationen der Stadt. So war Abraham David z.B. Mitglied der freiwilligen Feuerwehr Wilmingtons, der „Hook and Ladder Company“ und 1883 wurde er von der Bezirksverwaltung des New Hanover County für die Stadt Wilmington zum Friedensrichter ernannt. Er war außerdem Mitglied mehrerer Freimaurerlogen, u.a. der „Concord Chapter # 1 Royal Arch Masons“[Anm. 3] und der „St. John´s Masonic Lodge No.1“ [Anm. 4]. Ebenso war er Mitglied in der jüdischen Vereinigung „B'nai B'rith“ [Anm. 5] sowie der „True Brothers“ [Anm. 6] und der Synagogengemeinde „Temple of Israel“. Rebecca und die Töchter, insbesondere Blanche David Jacobi, waren aktive Mitglieder der jüdischen Frauenvereinigung „Ladies´ Concordia Society“.

Im Juli 1899 begründete Abraham David eine eingetragene Gesellschaft unter dem Namen „A. David Company“. Ihr gehörten neben Abraham David auch sein Sohn Edward E. David und der Schwiegersohn Lewis Stein an, wobei Abraham David selbst Präsident dieser Gesellschaft war, sein Sohn Edward als Vizepräsident fungierte und L. Stein den Posten des Finanzsekretärs innehatte. Abraham David verstarb am 11. Juli 1914, kurz nach seinem 70. Geburtstag in seinem in Wrightsville Beach nahe bei Wilmington direkt am Meer gelegenen Ferienhaus.

Nach seinem Tod übernahmen sein Sohn Edward Emil und sein Schwiegersohn Lewis Stein das Geschäft. Hinzu trat als dritter Mitgesellschafter der A. David Company nun der Enkel Lewis Stein, Jr. Nach dem Weggang Edward E. Davids im Mai 1926 nach Atlanta verkauften die drei Partner das Geschäftsinventar und das Sortiment an die Belk-Williams Company[Anm. 7], ein seit 1915 in Wilmington ansässiges Kaufhausunternehmen.

Am 11. Oktober 1933 wurde die Firma David´s Inc. offiziell aufgelöst; die fast 70-jährige Geschichte des deutsch-amerikanischen Bekleidungsunternehmens in Wilmington, North Carolina, eines „pioneer retail clothing concern of Wilmington“ [Anm. 8] - eines „Pionierunternehmens im Bekleidungseinzelhandel Wilmingtons“ -, die über weite Strecken eine äußerst erfolgreiche war, ging damit zu Ende.

 

Verfasserin: Martina Graf, Seeheim-Jugenheim

Redanktionelle Bearbeitung: Evelyn Heid und Christoph Schmieder

Anmerkungen:

  1. Vgl. StadtAWo Bestand 230, Nr. 539 Zurück
  2. Vgl. http://www.hartschaffnermarx.com/; http://en.wikipedia.org/wiki/Hartmarx Zurück
  3. Vgl. http://www.yorkrite.org/nc/wilmington/.http://digital.lib.ecu.edu/historyfiction/viewer.aspx?id=brh&p=6 Zurück
  4. Vgl. http://www.stjohns1nc.org/; http://www.stjohns1.org/portal/lodge_history Zurück
  5. B'nai Bin ist eine jüdische Organisation, gegr. 1843 in New York von deutschen jüdischen Einwanderern. Sie ist kein Freimaurerorden, versteht sich aber dennoch als geheime Loge und ist ähnlich wie Freimaurerlogen in einem System aus Großlogen, Hauptlogen und Verwaltungsbezirken organisiert. Zu ihren Zielen gehört die Förderung von Toleranz, Humanität und Wohlfahrt; vgl. http://de.wikipedia.org Zurück
  6. Die „True Brothers“ waren eine Wohlfahrtsvereinigung zur Gründung eines jüdischen Friedhofs in Wilmington; Abraham David war zeitweise deren Präsident. Zurück
  7. Ein noch heute mit 306 Filialen in 19 Bundesstaaten der USA, vor allem im Süden bestehendes Bekleidungsunternehmen; vgl. http://www.belk.com/ Zurück
  8. A. David Company purchased this morning by the Belk-Williams Company, in: Wilmington News dispatch vom 10.5. 1926, abrufbar unter: http://docsouth.unc.edu/gtts/content/1627 Zurück