Historische Gesellschaft Bingen

DAS BINGER TECHNIKUM 1928 - 1939

DAS BINGER TECHNIKUM 1928 - 1939
Buchvorstellung der Historikerin Hilke Wiegers

Ein Stück Wurzel der Fachhochschule Bingen wurde wissenschaftlich-literarisch freigelegt. Das Buch der Historikerin Hilke Wiegers zur Geschichte von 1928 bis 1939 wurde am 10. Dezember öffentlich vorgestellt. Aufregende Jahre zwischen wirtschaftlichem Existenzkampf und politischer Vereinnahmung durch die Nationalsozialisten prägten das Rheinische Technikum in Bingen 1928 bis 1939. Auch diese Zeit gehört zu den langen Wurzeln der heutigen Fachhochschule Bingen mit fast 120-jähriger Geschichte. Eine Binger Koproduktion der besonderen Art liegt jetzt zwischen zwei Buchdeckeln vor: Im Auftrag des Präsidenten der FH Bingen hat die Historikerin Hilke Wiegers die Geschichte des Binger Technikums dieser Zeitspanne erforscht – und die Historische Gesellschaft hat für die Veröffentlichung der zahlreichen Ergebnisse in ihrer Reihe der „Binger Geschichtsblätter“ gesorgt. „Entstanden ist eine hochinteressante und gut lesbare Dokumentation dramatischer Jahre in der langen Geschichte der 1897 gegründeten Lehranstalt, aus der später die Binger FH hervorging“, sagt der Vorsitzende der Gesellschaft, Dr. Matthias Schmandt. Die FH Bingen ist eine der ältesten technischen Hochschulen in Deutschland, die in dem Buch ihre Nazivergangenheit aufarbeitet.

Der Tod des Gründers Hermann Hoepke im Jahr 1928 bedeutete für das Rheinische Technikum Bingen den Beginn einer schweren Zeit. Weltwirtschaftskrise, der die öffentlichen Bildungsanstalten bevorzugende Staat, Studentenstreiks und machthungrige Direktoren bedrohten die Existenz des privaten Bildungsunternehmens. Als die Nationalsozialisten an die Macht kommen, spitzt sich die kritische Lage des Technikums zu. „Als außerordentlichen Glücksfall“ benennt FH-Präsident Prof. Klaus Becker die Autorin Hilke Wiegers, die mit viel Herzblut und unermüdlicher Neugier Verfügbares gesichtet und verloren Geglaubtes zusammengetragen habe.

Im Festvortrag erläuterte
Prof. Dr. Christof Dipper (Geschichtswissenschaftler an der Technischen Universität Darmstadt)

Die Wissenschaftsgeschichte des Nationalsozialismus und die Rolle von Technik- und Naturwissenschaften im Dritten Reich.

In den letzten zehn bis fünfzehn Jahren hat die Wissenschaftsgeschichte bemerkenswert neue Einsichten über die Rolle von Technik- und Naturwissenschaften im „Dritten Reich“ zutage gefördert: sie waren konstitutiver Bestandteil des NS-Regimes, seine Wissenschaftsfeindlichkeit daher eine Legende und die heute geläufige Unterscheidung zwischen Grundlagen- und angewandter Forschung eine ab 1944 ins Spiel gebrachte Rechtfertigungsformel. Im Blick auf die beiden Wendepunkte 1933 und 1945 kommt man um die Feststellung nicht herum, dass Opportunismus ein wesentliches Merkmal der Lebensläufe all jener ist, die das ‚Zeitalter der Extreme‘ als Erwachsene erlebten. Dabei werden auch die Ergebnisse des Buches von Hilke Wiegers über das Binger Technikum von 1928-1939 in einen größeren Rahmen eingeordnet.

Bild: Historische Gesellschaft Bingen e.V.