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Funktions- und Strukturwandel spätmittelalterlicher Hospitäler im europäischen Vergleich

von Michael Matheus

Seit dem 8. Alzeyer Kolloquium im Jahre 1999 hat das Interesse an der Geschichte mittelalterlicher und frühneuzeitlicher Hospitäler sowie sozialer Fürsorgeeinrichtungen im weiteren Sinne nicht nachgelassen. Schon die Serie zwischenzeitlich stattgefundener Tagungen kann dafür als Indikator dienen, wobei die folgende Aufzählung nicht den Anspruch auf Vollständigkeit erhebt: Reichenau (2002), Siegen (2002), Amiens (2002), S. Miniato (2003), DHI Paris (2003), Luxemburg (2004), DHI Rom (2005).

Die Beschäftigung mit mittelalterlicher Hospitalsgeschichte steht vermutlich - bewusst oder unbewusst – im Kontext der Diskussionen um die gegenwärtigen sozialen Sicherungssysteme und den damit einhergehenden tief greifenden Veränderungen und Verunsicherungen. Auch das im vorliegenden Band formulierte Interesse für Aspekte von Kontinuität und strukturellem Wandel ist von zeitgebundenen Impulsen und Perspektiven kaum frei. Es erscheint banal, ist aber dennoch immer wieder in Erinnerung zu rufen, dass Fragestellungen historischer Wissenschaft zeitgebunden sind und dies stets der Reflexion bedarf. Nicht zum ersten Mal hat Hospitalsgeschichte im Übrigen, angeregt von Bedürfnissen der Gegenwart, Konjunktur. Der katholische Historiker Franz J. Mone, einer der ersten, der sich mit der mittelalterlichen Armen- und Krankenpflege im deutschsprachigen Raum intensiv wissenschaftlich beschäftigte, konstatierte im Jahre 1861: "Die Literatur über Armen- und Krankenpflege vermehrt sich in neuester Zeit ansehnlich, was von der zunehmenden Nothwenigkeit derselben herrührt." (Zeitschrift für die Geschichte des Oberrheins 12, 1861, S. 5.)

Die Beiträge des vorliegenden Bandes fußen auf Forschungstraditionen, die sich insbesondere seit der Mitte des 19. Jahrhunderts entwickelten. Seitdem entstanden in verschiedenen historischen Teildisziplinen Arbeiten, die sich von unterschiedlichen Blickwinkeln her mit den mittelalterlichen Hospitälern bzw. allgemeiner mit den Leistungen christlicher Caritas auseinandersetzten. Im deutschsprachigen Raum waren kirchengeschichtliche Arbeiten dabei nicht selten von konfessionellen Paradigmen geprägt. In romanischen Ländern wie Italien, Frankreich und Spanien war und ist die Beschäftigung mit der Hospitalsgeschichte stärker in Fragestellungen der allgemeinen Ordens- und Kirchengeschichte integriert. Zu einem wichtigen eigenständigen Forschungszweig entwickelten sich Studien im Bereich der Medizingeschichte, die vor allem an den Vorformen moderner Krankenhäuser, aber auch an der Hospitalsarchitektur interessiert waren. In Frankreich, Italien sowie besonders in Deutschland wurden Hospitäler zudem aus rechts- und verfassungsgeschichtlicher Perspektive untersucht. Seit den sechziger und siebziger Jahren wuchs das Interesse an sozial- und wirtschaftsgeschichtlichen Fragestellungen, welche – zunächst in Frankreich – eng verknüpft waren mit Forschungsunternehmungen, die sich mit dem Begriff und dem Phänomen der Armut in der mittelalterlichen Gesellschaft auseinandersetzten. Etliche neuere Arbeiten betonen den Stiftungscharakter von Hospitälern und analysieren die dort betriebene Stiftermemoria. Freilich sind sowohl Studien zu einzelnen Hospitälern als auch die wenigen bisher vorliegenden Überblicksdarstellungen, von wenigen neueren Untersuchungen abgesehen, immer noch den Perspektiven einzelner Teildisziplinen verhaftet. Eine Verknüpfung etwa von sozial- und medizingeschichtlichen Fragestellungen ist bisher selten systematisch versucht worden.

Was den Begriff des Hospitals bzw. des Spitals betrifft, so wurde während der Alzeyer Tagung immer wieder deutlich, wie wenig er geeignet ist, die Vielfalt dessen abzudecken, was im Mittelalter dem Bereich sozialer Fürsorge zuzurechnen ist. Schon in den Quellen begegnet eine enorme Vielzahl von Termini, mit denen entsprechende Einrichtungen bezeichnet werden. Deren Spektrum vermag der Begriff aber auch dann nur unzureichend zu beschreiben, wenn unter Hospital nicht nur wie in der Moderne Einrichtungen verstanden werden, die ausschließlich oder doch vornehmlich der Versorgung von Kranken dienen. Dies hängt auch damit zusammen, dass der Terminus Hospital eng verknüpft ist mit einer räumlich-baulichen Verortung sozialer Fürsorge. Wird aber nicht nur das temporäre Verweilen von Bedürftigen innerhalb eines Gebäudes allein berücksichtigt, geraten Spielarten institutionalisierter sozialer Fürsorge in den Blick, die im vorliegenden Band nur am Rande eine Rolle spielen. Zu diesen seit dem 13. Jahrhundert zunächst vor allem in städtischem Umfeld, dann aber auch auf dem Land entstehenden und sich europaweit verbreiteten Einrichtungen zählen beispielsweise frühe Formen von "Essen auf Rädern", wie sie im Rahmen von Armenbrettern und Armentafeln praktiziert wurden.

Zu bedenken ist ferner, dass in vormodernen Gesellschaften Bedürftige nur teilweise mit der mehr oder weniger effizienten Unterstützung von Institutionen rechnen konnten. Über deren Angebote hinaus wird man jene nicht außer Acht lassen dürfen, die für viele Menschen von existenzieller Bedeutung waren: Formen der Fürsorge innerhalb von verwandtschaftlichen Kreisen, solche, die auf den sozialen Netzwerken von Nachbarschaft und Kirchspiel basierten, und schließlich Hilfeleistungen innerhalb von Gemeinschaften wie von Zünften und Bruderschaften. Während Institutionen Quellen produzieren, die im günstigen Fall der historischen Analyse zur Verfügung stehen, können nicht institutionalisierte Formen sozialer Fürsorge und deren Leistungen schon quellenbedingt sehr selten angemessen gewürdigt werden. Hospitalsgeschichte ist folglich überwiegend eine Geschichte aus institutionellem Blickwinkel, weniger eine aus der Perspektive der vielen Bedürftigen. Aber auch mit Blick auf Spitäler ist die Proportionalität der Überlieferung sehr disparat. Zu Fragen der Normierung und Verfassung mittelalterlicher Hospitäler etwa fließen Quellen weitaus üppiger als zu den krankenpflegerisch-medizinischen Leistungen.

Will man trotz dieser angedeuteten Probleme das breite Spektrum institutionalisierter mittelalterlicher Fürsorge erschließen (im Rahmen eines Tagungsbandes notwendigerweise selektiv), so erscheinen aus mehreren Gründen Fragen nach den Funktionen von Einrichtungen sowie nach deren strukturellem Wandel besonders fruchtbar. Nicht "das Hospital" steht dabei im Mittelpunkt des Blickfeldes, sondern seine vielfältigen Relationen und Verflechtungen. Diese leitenden Aspekte werden in allen Beiträgen dieses Bandes aufgegriffen, wobei die Fragen nach Funktionen und deren Wandel jene nach Kontinuitäten impliziert. Die gewählte Perspektive kann grundsätzlich Aspekte aller an der Hospitalsgeschichte interessierten Disziplinen berücksichtigen und ferner die aus rechts- und verfassungsgeschichtlicher Sicht bisweilen suggerierte Statik von Hospitalsstiftungen hinterfragen.

Die Konzentration auf das 13. bis 16. Jahrhundert lässt erwarten, dass im Zusammenhang mit vielfältigen Wandlungsprozessen und mit Blick auf eine vergleichsweise günstige Quellenüberlieferung stärker als in den Jahrhunderten zuvor Funktionswandel fassbar wird. Freilich werden sowohl ältere Entwicklungen als auch Tendenzen über das als Epochengrenze in diesem Zusammenhang nicht taugliche Jahr 1500 hinaus berücksichtigt, zumal nur so Spezifika des sogenannten späten Mittelalters deutlich werden.

Über die Leitfragen nach Funktionen und Funktionswandel hinaus wurden den Verfassern der Beiträge, gestandene Hospitalsforscher einerseits, Nachwuchswissenschaftler andererseits, unterschiedliche Vorgehensweisen und Fragestellungen konzediert. Einzelne Hospitäler geraten ebenso in den Blick wie bestimmte Hospitalstypen bzw. Träger von Hospitälern, das Ensemble von Spitälern einer Stadt ebenso wie das einer Region, und ferner bestimmte Aspekte, deren Diskussion in vergleichender Perspektive besonders viel versprechend erscheint.

So werden mit dem Armenhaus am Beispiel Englands die Genese eines neuen Hospitaltyps und mit ihm einhergehende Wandlungen, nicht zuletzt sich verändernde Armutsperzeptionen untersucht (Frank Rexroth). Bisher vorwiegend der Reformationszeit zugeschriebene Neuansätze der Armenfürsorge sind folglich schon im Mittelalter festzustellen und damit konfessionell geprägte Paradigmen der Forschung zu überprüfen und zu revidieren. Die Geschichte von Hospitälern in den großen urbanen Zentren Italiens schärft den Blick für Entwicklungen, die auf der Halbinsel und im Mittelmeerraum offenkundig früher auszumachen sind als im nordalpinen Reichsgebiet (Anna Esposito, John Henderson). Anhand dreier sehr unterschiedlich strukturierter Landschaften (der Maas-Mosel-Raum, "Zentralfrankreich" sowie "Alt-Tirol") werden die Auswirkungen der Situierung von Hospitälern im Raum auf deren verschiedene Funktionen diskutiert (Walter Schneider, Michel Pauly, Jean-Luc Fray). Solche raumbezogenen Analysen machen auf spezielle Weise deutlich, wie sehr die Geschichte des einzelnen Hospitals der Berücksichtigung von Kontexten bedarf. Mit den Antonitern und den Ritterorden werden Träger von Hospitälern über längere Zeiträume hinweg und dabei insbesondere die Leistungsfähigkeit ihrer Hospitäler untersucht. (Elisabeth Clementz, Klaus Militzer). Einem ausgesprochenen Forschungsdesiderat widmet sich ein Beitrag, der in vergleichender Perspektive wirtschafts- und finanzgeschichtliche Aspekte der Hospitäler im Reichsgebiet behandelt, und damit Überlegungen zu Möglichkeiten der Typologisierung verknüpft (Holger R. Stunz). Am Beispiel des St.-Nikolaus-Hospitals zu Kues, zu dessen Geschichte im kommenden Jahr eine Monographie vorgelegt wird, wird deutlich, in welcher Weise die Gründung des Kardinals Nikolaus von Kues nach seinem Tode zum Objekt und Instrument erzbischöflicher Territorialpolitk wurde und wie schwierig es war, der Stifterintention gerecht zu werden (Meike Hensel-Grobe). Medizin-, sowie bau- und kunstgeschichtliche Fragestellungen werden vor allem am Beispiel großer städtischer Hospitäler in Italien und im nordalpinen Reichsgebiet angesprochen, und damit auch über längere Zeiträume hinweg Möglichkeiten des Vergleichs eröffnet (John Henderson, Ulrich Knefelkamp, Klaus Militzer).

Die Beiträge gestatten eine Reihe von vergleichenden Beobachtungen, benennen wiederholt aber auch noch offene Fragen. Aufs Ganze gesehen wird deutlich, dass nach der Jahrtausendwende in nahezu allen europäischen Landschaften ein enormer Zuwachs an sozialen Fürsorgeeinrichtungen im Zusammenhang mit demographischem Wachstum, Landesausbau und Urbanisierung zu konstatieren ist. Über frühmittelalterliche Ansätze hinaus wuchs einerseits die Zahl spezialisierter Einrichtungen (zur Behandlung ansteckender Krankheiten etwa, aber auch zur Aufnahme von Findel- und Waisenkindern). Wichtiger noch als diese kleineren Institute wurden aber vielerorts multifunktionale Hospitäler, die insbesondere in den Städten zu beachtlicher Größe wachsen konnten. Seit dem 13. Jahrhundert lässt sich aufs Ganze gesehen und vor allem in den Städten ein Trend von der Multifunktionalität hin zu spezialisierteren Angeboten sozialer Fürsorge konstatieren, wenngleich multifunktionale Hospitäler weiterhin verbreitet und von großer Bedeutung waren. Dieser Trend zur Differenzierung und Spezialisierung scheint über das 15. und 16. Jahrhundert hinaus angehalten zu haben. Entsprechende Prozesse lassen sich auch innerhalb bestehender Einrichtungen beobachten. Darüber hinaus gingen Hospitäler, die ihre ursprünglichen Aufgaben nicht mehr erfüllen konnten, unter, andere wurden durch Neugründungen ersetzt, insbesondere durch solche, die neuen Bedürfnissen Rechnung tragen konnten. Die Fähigkeit zum strukturellen Wandel scheint geradezu konstitutiv zu sein für den dauerhaften Bestand von Hospitälern und damit auch für deren Geschichte.

Was den Trend zur Spezialisierung betrifft, so sei mit Blick auf die Beiträge des Bandes der Bereich der Krankenpflege knapp angesprochen. Kleinere zum Teil alte spezialisierte Einrichtungen der Krankenpflege wie Leprosorien, Pest- und Blatternhäuser werden nur am Rande behandelt. Immerhin verweist das Beispiel der Antoniterpräzeptorei in Isenheim einerseits auf eine durch Kontinuität geprägte beachtliche medizinische Leistungsfähigkeit, andererseits sind mit Klerikalisierung und Verpfründung selbst hier Prozesse strukturellen Wandels zu konstatieren. Nachdem die als Antoniusfeuer bezeichneten Krankheitsformen verschwunden oder doch selten geworden waren, verloren diese Einrichtungen ihre Daseinsberechtigung und gingen schließlich unter (Elisabeth Clementz).

Was die Entwicklung von multifunktionellen Fürsorgeeinrichtungen zu Vorformen moderner Krankenhäuser betrifft, so setzt auch dieser bisher erst ansatzweise im europäischen Vergleich untersuchte Prozess strukturelle Wandlungen geradezu voraus. Dabei war nie zweifelhaft, dass in zahlreichen mittelalterlichen Hospitälern Kranke behandelt wurden, wohl aber ist die Frage bisher nicht hinreichend beantwortet, ob und in welcher Weise mittelalterliche Hospitäler als Krankenhäuser gelten können. Wiederholt wurde die Meinung vertreten, das Krankenhaus im modernen Sinne sei erst im 19. Jahrhundert entstanden. Wie wenig mit gradlinigen Entwicklungen gerechnet werden kann, zeigt die Geschichte jener großen Einrichtungen, die sich ganz, oder doch zu erheblichen Teilen, der Krankenpflege verschrieben. Die von Reisenden aus dem lateinischen Westen bestaunten Hauptspitäler der Johanniter in Jerusalem und Akkon (über die wir vergleichsweise besser informiert sind als über entsprechende Einrichtungen anderer Ritterorden) blieben lange Zeit Ausnahmen. Von ihrer Größe und von ihrer Infrastruktur her orientierten sie sich vermutlich an byzantinischen, mehr aber wohl noch an muslimischen Einrichtungen. Ihr Charakter war freilich zugleich immer auch der eines „Gotteshauses“, und insofern blieben sie Traditionen des lateinischen Westens eng verbunden (Klaus Militzer). Auch die im 15. Jahrhundert in Ober- und Mittelitalien entstehenden "Großhospitäler", die dezidiert der Krankenpflege dienten, erweisen sich mit Blick auf die Bauformen, die künstlerische Ausgestaltung und das Betreuungsprogramm als Einrichtungen, in denen Seelsorge eher wichtiger war als die Sorge um den Körper. Immerhin ist der Grad an medizinischer Professionalisierung solcher Einrichtungen wie in Florenz, Mailand, Rom und andernorts (Anna Esposito, John Henderson) beachtlich. Vergleichbares gilt über Italien hinaus für weitere Hospitäler, so etwa für das 1401 gegründete Hospital General in Barcelona XE "Barcelona (Stadt in Katalonien, Hospitäler in -)" , das Hôtel-Dieu in Paris XE "Paris (Hauptstadt Frankreichs)"  sowie für das allerdings vergleichsweise kleinere Hôtel-Dieu in Beaune XE "Beaune (Stadt in Burgund)" . Mit solchen Dimensionen medizinischer Professionalisierung können sich die großen städtischen Hospitäler im nordalpinen Reichsgebiet, kann sich selbst das Heilig- Geist-Spital in Nürnberg XE "Nürnberg (Stadt, Hospitäler in -)"  nicht messen, wenngleich auch hier seit dem 15. Jahrhundert Verbesserungen der medizinischen Infrastruktur festzustellen sind (Ulrich Knefelkamp). In europäischer Perspektive jedenfalls sind Einrichtungen, die ganz oder doch überwiegend der Pflege auch heilbarer Kranker dienten, nicht erst seit dem 18. Jahrhundert entstanden.

Auf ein weiteres in verschiedenen Beiträgen behandeltes Thema wurde schon in der älteren rechts- und verfassungsgeschichtlich geprägten Forschung wiederholt hingewiesen. Angesichts der zunehmenden Bedeutung von Laien als Stifter und Träger von Hospitälern wurde von einer teilweise schon im 12. und 13. Jahrhundert einsetzenden "Verbürgerlichung" bzw. "Kommunalisierung" der Hospitäler gesprochen. Offenkundig in diesem Zusammenhang entwickelten sich nicht wenige Spitäler zu Pfründneranstalten, zu Vorformen moderner Seniorenheime. Wie wenig freilich auch hier mit gradlinigen Entwicklungen gerechnet werden kann, wird in etlichen Beiträgen deutlich. Prozesse der Verpfründung etwa lassen sich bereits im frühen Mittelalter nachweisen (Michel Pauly). In der Folge sind unterschiedliche Hospitalstypen von diesem Phänomen betroffen. Immer wieder sind aber auch Reaktionen gegen solche Entwicklungen zu verzeichnen, weil doch bewusst blieb, dass dies den Anliegen der Stifter nicht entsprach. So kam es wiederholt zu Korrekturen innerhalb bestehender Einrichtungen, aber auch zu Neugründungen.

Wenngleich im Zusammenhang mit Begriffen wie Kommunalisierung, Verpfründung etc. in den Beiträgen gelegentlich von Laisierung und Säkularisierung die Rede ist, so lassen ihre Verfasser doch keinen Zweifel daran, dass über alle Wandlungen hinweg Hospitäler auf der Grundlage biblisch fundierter Caritas grundsätzlich immer dem Gedenken, dem Seelenheil der Stifter dienende Orte der Memoria sowie Stätten der Seelsorge waren und blieben. Nicht zuletzt die Berücksichtigung der Bau- und Architekturgeschichte sowie der künstlerischen Ausstattung von Hospitälern schärft den Blick für die Bedeutung der Seelsorge und allgemeiner formuliert für die sakral-religiösen Dimensionen von Lebensvollzügen in Hospitälern des Mittelalters und der Renaissance. Auch hier ist freilich vor statischen Vorstellungen zu warnen. Gerade die vielfältigen Möglichkeiten der Funktionalisierung von Hospitälern konnten den Vollzug einer Stiftermemoria und insbesondere deren Dauer bedrohen. So war der Versuch des Trierer Erzbischofs, auf das St.-Nikolaus-Hospital zu Kues Einfluss zu gewinnen, für die Memoria des Cusanus und seiner Familie nicht gerade förderlich (Meike Hensel-Grobe). Im Falle komplexer Wirtschaftsunternehmen wie dem Wiener Bürgerhospital nahm eine auf Erträge bedachte Wirtschaftsführung bisweilen wenig Rücksicht auf das, was Stifter einmal intendiert hatten. (Der entsprechende Beitrag konnte leider nicht abgedruckt werden, vgl. aber Holger R. Stunz).

Vielen ist dafür zu danken, dass die Tagung und der vorliegende Band realisiert werden konnten. Auch dieses achte Alzeyer Kolloquium profitierte von der engen Zusammenarbeit zwischen dem Institut für Geschichtliche Landeskunde an der Universität Mainz, dem Alzeyer Altertumsverein, der Stadt Alzey und ihrem Museum. Zu danken haben die Tagungsteilnehmer, die aus Deutschland, England, Frankreich, Italien, Luxemburg und Österreich nach Alzey kamen, nicht zuletzt dem großzügigen Sponsor, der Alzeyer Volksbank, die auch die Drucklegung des Bandes unterstützte. Bewohner von Stadt und Region fühlten sich als Teilnehmer der Veranstaltung wohl auch deshalb unmittelbar angesprochen, weil das Thema auch lokale Bezüge vermittelte. So brachte Susanne Schlösser den Tagungsteilnehmern die Geschichte der beiden im Mittelalter entstandenen Alzeyer Hospitäler näher, über die Quellen freilich erst in der frühen Neuzeit reicher fließen. Alle Teilnehmer der Tagung erinnern sich gerne der Unterstützung durch Eva-Heller Karneth und Rainer Karneth, die Schätze des historischen Museums der Stadt Alzey präsentierten, das in einem ehemaligen Spitalsgebäude untergebracht ist.

Erfreulicherweise können die Tagungsakten des 8. Alzeyer Kolloquiums trotz aller Widrigkeiten – wenngleich verspätet – vorgelegt werden. Dies ist auch der geduldigen redaktionellen Arbeit von Hilmar Tilgner zu verdanken, zudem der Unterstützung von Elmar Rettinger sowie der Bereitschaft von Franz Felten, den Band in die Reihe Geschichtliche Landeskunde aufzunehmen.