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III. Die Entwicklung des Politischen Totenkultes

„Unseren Helden“ – Gedenkanlage in Langenlonsheim BJ um 1930[Bild: Marion Nöldeke]

Manfred Hettling und Jörg Echternkamp unterscheiden bei der Entwicklung des modernen Politischen Totenkultes drei große Phasen, in denen sich das Gedenken an die Opfer von Krieg und Gewalt entwickelt.

Von 1813 – ab den napoleonischen Befreiungskriegen – bis zum Ersten Weltkrieg ist das Gefallenengedenken in der ersten Phase heroisierend männlich und stellt das Opfer des einzelnen Soldaten für[Anm. 1] die Nation in den Mittelpunkt. Ein großer Teil der Bevölkerung steht im 19. Jh. hinter dieser Sinngebung des „Todes für das Vaterland“ und die Kriegssiege von 1815 und 1871 rechtfertigen sowohl die Kriegsentscheidung, als auch den Gefallenentod.[Anm. 2] Die nach 1871 und seit den 1890-er Jahren errichteten Kriegerdenkmäler spiegeln dies in ihrer Siegessymbolik wider.[Anm. 3]

Mit dem Ersten Weltkrieg wird in der zweiten Phase des Opfergedenkens ein vom Sieg entkoppelter Gefallenenkult mit der Betonung auf ein nationales Kriegserlebnis aufgerufen. Gefallenendenkmäler entwickeln sich zu rituellen und politisch aufgeladenen Orten für Gedenkfeiern.

Die Verehrung der Kriegshelden in Uniform wird zum Ort des „Opfers an sich“, da es an politischer Sinnstiftung des Kriegstodes oder eines Bezugs zu einer neuen politischen Ordnung mangelt. Erinnert wird an das Opfer der gefallenen Soldaten und die „im Leid geeinte Schicksalsgemeinschaft“.[Anm. 4]

Nach 1945 gibt es in der dritten Phase keine Helden oder Verehrung von Opfern mehr – Millionen Tote und die Schwere der begangenen Verbrechen lassen nur noch ein generelles Gedenken an Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft[Anm. 5] zu. Ein explizites Gefallenengedenken ist durch die Verstrickung in die Verbrechen des NS-Regimes nicht möglich, so dass als Ersatzhandlung häufig einfach nur Zusatztafeln an den Denkmälern des Ersten Weltkrieges angebracht werden und unpolitische oder christliche Symbolik damit verbunden wird.[Anm. 6]

NACHWEISE

Verfasserin Text: Marion Nöldeke

Literatur: siehe Quellen- und Literaturverzeichnis

Erstellt am: 30.09.2020

 

Weitere Publikationen der Autorin zum Thema:

Politischer Totenkult – Erinnerung an Krieg und Gewalt. In: Hohenlimburger Heimatblätter, Heft 11/2021, November 2021, 82. Jahrgang, S. 461-474. ISSN 2698-8402. Sowie: Das Kriegerdenkmal in Hagen-Vorhalle: eine Spurensuche im Stadtarchiv Hagen. In: Hohenlimburger Heimatblätter, Heft 11/2021, November 2021, 82. Jahrgang, S. 475-483. ISSN 2698-8402.

Anmerkungen:

  1. Hettling/Echternkamp 2013, S. 134, [ohne Hervorhebung im Original]. Zurück
  2. Hettling/Echternkamp 2013, S. 134. Zurück
  3. Hettling/Echternkamp 2013, S. 135. Zurück
  4. Hettling/Echternkamp 2013, S. 136-138, [ohne Hervorhebung im Original]. Zurück
  5. Hettling/Echternkamp 2013, S. 140, [ohne Hervorhebung im Original]. Zurück
  6. Hettling/Echternkamp 2013, S. 140. Zurück