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Unglück, Not und Verbrechen - Aus Berichten des Kreuznacher Landratsamtes 1843-48; 1861-67

ausgewählt von Julius Reisek

In den Berichten des Kreuznacher Landratsamtes an die Koblenzer Bezirksregierung finden sich zahlreiche Meldungen über Vorfälle, die für viel Gesprächstoff in der Öffentlichkeit sorgten. Da kaum Tageszeitungen der betreffenden Zeit zur Verfügung stehen, soll hiermit an Vergessenes erinnert werden:

Ich habe den Selbstmord, des ledigen, Carl Schmitt aus Traisen, 40 Jahre alt, zu berichten. Er wurde am 27. März (1843) im Saliner Walde hier erhängt gefunden, nach dem anliegenden Berichte des Oberbürgermeisters. Ein noch schrecklicher Fall ereignete sich in der Nacht vom 22. – 23. (März 1843) an der Binger Brücke wo sich das Dienstmädgen Louise Schirmer von Kirn durch Vitriol Öhl vergiftete. Das Nähere auch über die Ursache gibt der beifolgende Bericht des Bürgermeisters an.

Nichts besonderes zu erinnern. Der Fremden Verkehr war unbedeutend, die wandernden Handwerksburschen wurden unter Aufsicht gehalten, und eben so die aus Straf Anstalten entlassenen Personen (März 1843).

In der Nacht vom 9. – 10. Mai (1843) ist der Barbier Phil. Simon 41 Jahre alt, welcher durch Branntweintrinken sein Vermögen und sein Familienleben zerrüttet hatte, in einem Kalkofen [des Friedrich Schneegans außerhalb der Stadt] verbrannt, wie der Oberbürgermeister in der Anlage berichtet. Die unverehelichte C. M. Emmerich von Monzingen hat sich gemüthskrank am 26. d. M. auf dem Speicher ihres Bruders erhängt, nach dem anliegenden Berichte des Bürgermeisters. In der Nacht auf den 1. Mai fand ein Diebstahl mit Einbruch in Warmsroth statt, und am 26. Mai eine schwere Misshandlung in Wallhausen, worüber der Bürgermeister in der Anlage Anzeige macht. In Weiler b. M. werden seit kurzem Drohbriefe gegen den Ackerer H. P. Heddesheimer gelegt. Der Fall ist bereits Gegenstand gerichtlicher Untersuchung. Dem Ehrenschützen Hauch zu Weitersborn wurde der Roggen auf zwei Feldern zerstört, von einem Mann gegen den er als Frevler protocollirt hatte, der aber glücklicherweise entdeckt ist. Bei Weinsheim fand eine Schlägerei statt zwischen den jungen Leuten, die von der Aushebung zurückehrten. Meistens etwas angetrunken sind solche Fälle unter jungen Leuten schwer zu verhüten. Hier wird strenge Ordnung unter ihnen gehalten und nun schlagen sie sich unterwegs.

In die Kirche zu Schöneberg hat am 27. (August 1843) der Blitz eingeschlagen ohne zu zünden, und zwar während des Gottesdienstes. Außer einigen leichten Quetschungen ist Niemand schwer verwundet oder getötet worden. Der anliegende Bericht des Bürgermeisters gibt die näheren Umstände an.

In der Nacht auf den 16. July (1843) ist in Weiler ein Kind ausgesetzt worden, wie der Bürgermeister in der Anlage näher berichtet. Die Mutter ... ist ermittelt, und das Kind bereits wieder abgeholt. Der Wilhelm Reichard zu Weiler ist in Untersuchung wegen Misshandlung seiner Großmutter und seines Vaters, und die entlassenen Diebe Humrich und Fuchs wieder auf dem Wege zu dem ihnen lieb gewordenen Gefängnisse.
Am 22. August ist die 2 ½ jährige Tochter des Müllers Ackva in Kirn in dem Mühlendeiche ertrunken.

(Sept. / Okt. 1843) In Sobernheim zeigten sich hier und da die Menschenblattern meist an Personen über 30 Jahre und in Spabrücken die Ruhr an welcher [von] 30 Kranken 15 starben. In Weinheim fanden sich an mehreren Kühen die Pocken, was aber zu spät zur Anzeige kam, um Vortheil daraus zu ziehen.
(Oktober 1843) Wohlstand im Allgemeinen: Wenn auch angenommen werden darf, daß in den wohlhabenden Klassen der Wohlstand im Zunehmen ist, so kann doch auch nicht verkannt werden, daß die Lage der minder wohlhabenden sich immer schlechter gestaltet, was in den steigenden Lebensbedürfnissen bey der im hohen Grade wachsenden Bevölkerung und industriellen Concurrenz zugeschrieben werden muß. Viele Familien die jetzt noch bey groser Kinderzahl gut bestehen, sehen vor Augen, daß alle ihre Kinder Taglöhner, und bei den mindesten Unfällen Bettler werden müssen. Ein schwunghafter Fabrikbetrieb, der einem Theile der Einwohner Brod gäbe, ist nicht vorhanden. Die armen Leute laufen nach Belgien, Paris, Rastatt, Ulm und selbst Ingolstadt um Arbeit zu suchen. Was stehet im Wege Auswanderungen in Massen an die untere Donau oder nach Griechenland zu vereinbaren? Der einzelne kommt da um, aber Tausende werden Achtung und Brod finden.

(Oktober 1843) Es ist nicht zu läugnen, daß die Schelme und Diebe mit fast leidenschaftlichen Eyfer gehegt und von jeder Unbilde geschützt werden und daß die Gemeinden noch dazu sie und ihre Weiber und Kinder füttern müssen. Und dieses alles sollen wir als unser Vorrecht unser Glück anerkennen und vertheidigen.
Um die redlichen Leute kümmert sich kein Mensch. Die Gemeinde Bretzenheim hat jüngst die Kinder eines diebischen Eltern Paares 2 Monate mit samt einer Kuh füttern müssen als Prämie für jahrelange Diebereyen. Dem Schöffen von Langenlonsheim sind jüngst 7 prächtige alte tragbare Obstbäume geschält und damit getödet worden. An ihn darf die Gemeinde keinen Pfennig Ersatze verwenden wohl aber an die Familie der oder des Thäters, wenn er unglücklicherweise für die Gemeinde entdeckt würde, glücklicherweise aber für ihn, denn dann würde er sehr gut und ohne seine Mühe verpflegt, und gewärmt und der rauen Herbstwitterung entzogen, und er erzählte dann die schönsten Geschichten von seinem herrlichen Leben, brächte wohl auch Geld mit als Unterverdient was er natürlich versäuft.

Ich habe leider drei Unglücksfälle zu melden. Der eine betrifft den Hausknecht Daniel Lies von hier welcher am 12. May (1844) des Morgens in dem Teiche, als er, obwohl gewarnt, an einer verbotenen Stelle die Pferde zur Schwemme ritt, ertrank.
Der andere den Feldschützen Philipp Rheinstädtler hier welcher am 19. dieses Monats gegen 5 Uhr, auf der Rheinhessischen Gränze bei Planig, in der Ausübung seines Dienstes durch einen Jagdfrevler erschossen worden ist. Die Untersuchung darüber wird von den beiderseitigen Behörden mit Thätigkeit geführt.
Der letzte betrifft den Metzger Heinrich Julius Feld, welcher sich am 22. May des Mittags nach dem Essen in dem Taubenschlage seines Hauses erhängt hat. Die angewendeten Lebens Versuche blieben ohne Erfolg. Zerrüttung in den oekonomischen Verhältnissen übermäßiges Trinken und Lebens Ueberdruß waren die Beweggründe dieser unglücklichen Handlung.

Am 1. April (1846) fiel ein mit dem Ausbau eines Hauses auf dem Badewörth beschäftigter Tischler rückwärts durch die Treppen-Oeffnung aus dem 3. Stockwerke herunter; bei nicht unerheblicher Beschädigung ist es doch gelungen, denselben soweit herzustellen, daß er wieder auf die Arbeit gehen kann.
Am 8. Mai hat der Postillon der Meisenheimer Post einen Mann aus Hüffelsheim am Rüdesheimer Thore überfahren. – Derselbe wird noch im hiesigen Hospitale verpflegt.

Am 11. April sind die Scheune und Stallungen des Philipp Krämer und Andreas Klein zu Pfeffermühle bei Spabrücken abgebrannt. Die Ursache des Brandes ist nicht zu ermitteln und es hat sich seither nichts Näheres darüber herausgestellt.

Am 21. Juni (1846) Abends halb zehn Uhr wurde in der Richtung von Süden nach Norden ein feuriges Meteor in der Größe einer 50 pfündigen Mörserkugel am heitern Himmel gesehen, welches einige Secunden lang einen hellen Lichtstrahl verbreitete und sodann gleich einer Rakete mit Geräusch sich zertheilte und verschwand.
Am 29. Abends ein Viertel nach 9 Uhr wurde ein ziemlich starkes Erdbeben wahrgenommen. Dasselbe stellte sich in drei Erscheinungen dar: Lichtschein, Erderschütterung und Getöse. Der Lichtschein zeigte sich in nordwestlicher Richtung, gleich dem Widerscheine einer sehr entfernten Feuersbrunst. Dieser Schein ist mehrere Minuten lang und zwar schon vor der Erschütterung und zum Theil auch noch nach derselben wahrgenommen worden. Die Erderschütterung ist am Bemerkbarsten hervorgetreten. Sie war wellenförmig. Ueber die Richtung sind die Beobachtungen verschieden. Die Erschütterung war so stark, da z. B. eine Person, welche angelehnt an einen Treppenpfosten stand, die Treppe hinunterfiel; daß Gemälde an den Wänden hin und her schwankten; Schränke von der Wand gestoßen, Möbel verrückt wurden pp. ...Es dauerte nur etwa zwey Secunden. Das Getöse kam dem Rauschen von trockenen Blättern gleich.

Am 13. Februar (1847) Abends bei Einbruch der Nacht fanden die aus den Waldungen bei Seesbach zurückkehrenden Holzhauer den Tagelöhner Johann Gehl von da, nahe dem Dorfe, erschöpft und außer Stande sich aufzurichten im Schnee liegend. Er wurde zwar sofort in seine Wohnung gebracht und ärztliche Hilfe besorgt, starb indessen noch am selben Abend im 56. Jahre seines Lebensalters. Nach der Aeußerung des Arztes, war Entkräftung, durch Mangel an den nöthigen Lebensbedürfnissen herbei geführt, die Ursache des Todes dieses sonst robusten Mannes.

Am 17. (Februar 1847) brach in den Stadtwalde von Sobernheim, District „Kahlenberg“, einem sehr schönen, zweijährigen Schlage, Feuer aus, welches sich zwar durch das dürre, mehrere Fuß hoch stehende Gras sehr rasch weiter verbreitete, jedoch durch die auf Veranlassung der in der Nähe mit Heiderupfen beschäftigten Einwohner herbeigeeilte Hülfe zum Glücke noch gedämpft wurde, bevor dasselbe den angrenzenden Eichenschäl Wald ergriff.
Ein ähnlicher Brand hat am 24. in dem Stadtwalde von Kirn und in einem fiskalischen, zur Oberförsterei Neupfalz gehörigen Walddistricte stattgefunden, der angerichtete Schaden ist indessen nicht beträchtlich gewesen.

(31. März 1847) Unter der arbeitenden Bevölkerung auf dem Lande zeigt sich eine große Muthlosigkeit. Man wagt kaum an das Wiederkehren einer bessern Zeit zu glauben und viele entschließen sich daher zur Auswanderung nach Amerika, wenn gleich sie auch von dieser kein großes Glück erwarten. Zu einer Uebersiedlung auf die zu dismembrirenden Domainen im Großherzogtum Posen haben sich außerordentlich Viele gemeldet und es wäre zu wünschen, daß der Ausführung des Projectes näher getreten würde, damit viele, rüstige Kräfte dem Vaterland erhalten werden könnten.

Am 8. April (1847) wurde die Leiche eines Menschen, halb zu Kohle verbrannt, auf dem Wege nach Hüffelsheim gelegenen Kalkofen des Wilhelm Schneegans hierselbst aufgefunden. Wie sich später entdeckt hat, war dies ein Handwerksbursche, Namens Johann Batsch, Drahtarbeiter, aus Obermohr im Königreiche Bayern.

Am 2. (April 1847) Nachmittags 1 Uhr brach in dem Stadtwalde von Kirn Feuer aus, welches sich über eine Fläche von 30 bis 35 Morgen verbreitete und theilweise den Unterwuchs des Hochbestandes, so wie die im vorigen Jahre gepflanzte Eichel-Cultur beschädigte. Die Entstehung des Feuers ist einer Unvorsichtigkeit zuzuschreiben, welche Gegenstand eines gerichtlichen Verfahrens werden wird. Der Schaden ist nicht bedeutend.
Am 9. gegen 4 Uhr Nachmittags brach in dem Wohngebäude des verstorbenen Jacob Schlarb zu Nussbaum Feuer aus, welches ungeachtet des herrschenden Ostwindes, durch die schnell herbeigeeilte Hülfe sehr rasch gedämpft wurde, daß das Gebäude, welches übrigens nicht versichert ist, keinen erheblichen Schaden gelitten hat. Man vermuthet, daß das Feuer absichtlich angelegt worden sei, über den Urheber hat sich indessen der gehegte Verdacht nicht begründet.

Am 11. April (1847) Nachmittags 4 Uhr wurde der Schneider Johann Schoeffling von Sobernheim in seiner Wohnung erhängt gefunden. Die angestellten Ermittlungen ergaben, daß der Unglückliche, welcher seit fünf Jahren ohne Aussicht auf Wiedergenesung an einer schweren Krankheit litt, aus Ueberdruß sich selbst das Leben nahm.

Am 19. April (1847) kam ein Mann aus dem Oldenburgischen Gebiete mit einem Wagen voll Kartoffeln in Kirn an, und stellte denselben auf dem Wochenmarkte zum Verkaufe aus. Er forderte anfangs pro Centner 1 rl. 25 Sgr. Setzte den Preis später aber succesive auf einen Thaler zehn Silbergroschen herab. Als derselbe sah, daß seine Waare schnellen Abgang fand, stieg er plötzlich wieder auf 1 rl. 20 Sgr., was die Kauflustigen zur Forderung veranlasste, den einmal gestellten Preis beizubehalten. Um Excessen zu vermeiden, wies der Bürgermeister den Mann an, der Forderung nachzugeben. Hiermit nicht zufrieden, strömte der Haufe nach dem Markte, und riß willkührlich die Säcke vom Wagen; der größte Theil der Leute, worunter mehrere ganz arme, bezahlte den Preis von 1 rl. 10 Sgr. unter Rückgabe der Säcke an Einwohner von Kirn während die Uebrigen von der Willkührlichkeit Nutzen zu ziehen suchten, dadurch daß sie sich ungekannt mit ihrer Beute davon machten. Mit diesem Zwangsverfahren war die Sache abgemacht und keine Störung der Ruhe eingetreten. Die Untersuchung der Sache ist veranlasst.

(September 1847) Es wird eine Rekordernte an Äpfeln eingebracht, die Bäume halten z. T. die Last nicht aus und brechen...

Am 23. Oktober 1847 verstarb in Münchwald die zwölfjährige Gertrude Kessel an den folgen der am Tage zuvor erlittenen schweren Verbrennungen. Das Mädchen sollte auf Geheiß der Eltern Etwas ... kochen; bei dem Abheben des Topfes, was das Kind nur dadurch bewirken konnte, daß es sich auf den Heerdstein stellte, fing sein Kleid unten am Ende Feuer, welches so rasch um sich griff, daß es durch das Kind allein nicht gestört werden konnte, und viele Wunden verursachte, woran es denn Tags nachher unter großen Leiden starb.

(November 1847) In den Ortschaften des Nahetals kompensiert die Bevölkerung die schlechte Kartoffelernte [Kartoffelfäule] durch getrocknetes Obst. In den ärmeren Gebirgsgegenden ist dies aber nicht möglich. Deshalb verspricht der Winter „für die ärmere Klasse“ „drückend und trostlos“ zu werden.

(Januar 1848) In Kirn sind die Pocken ausgebrochen; einige Blatternfälle kamen vor im Hospital von Kreuznach, in Sobernheim und in Langenlonsheim. Die Weinlese (1847) war eine der trübseligsten. Das Product ist so schlecht, daß es kaum als Handelsgut betrachtet werden kann.

(Januar 1861) In Feld und Wald findet man Wild und Vögel todt umherliegend, obgleich man vielfach bemüht gewesen ist, durch Ausstreuen von Futter möglicht zu helfen. Die Jagden sind dadurch auf eine geraume Zeit ruinirt.

Am 11. (Juni 1862) schlug der Blitz in den Thurm der Klosterkirche zu Sponheim und zerstörte, ohne zu zünden, einen Theil der Bedachung.

Am 3. September (1862) Abends 10 Uhr brach in der jüdischen Synagoge zu Schweppenhausen Feuer aus, in Folge dessen das ganze bei der Provinzial-Feuer-Societät versicherte Gebäude abbrannte und die angrenzenden Gebäude etwas beschädigt wurden. Die von der Versicherungs Gesellschaft geleistete Entschädigungs Summe beträgt 640 rl. Die Ursache der Entstehung des Brandes ist bis jetzt nicht ermittelt.

Am 14. (Februar 1863) gerieth ein Arbeiter in der Graeff´schen Tabaksfabrik hierselbst in das Dampfmaschinenwerk, wodurch eine starke Verletzung des einen Armes erfolgte, so daß dessen Amputation stattfinden musste.

Am 16. (November 1863) wurde der Maurerpolier Friedrich Kneib aus Creuznach, bei einem Hausbau beschäftigt, durch das Herabfallen eines Gesimsesteins auf seinen Kopf in der Weise verletzt, daß er auf der Stelle todt blieb. Zwei Tage später stürzte der Tischlermeister Philipp Deung von hier bei Fertigung des Dachgesimses an dem Neubau eines Hauses hierselbst in Folge des Durchbrechens des Gerüstes herab und wurde dadurch lebensgefährlich beschädigt.

Am 6. (Januar 1864) verlor der 27 Jahr alte Dionys Maus aus Thalboeckelheim sein Leben in Folge übermäßigen Branntweingenusses im Stalle des Schenkwirths Lauff zu Weinsheim. Am 18. d. Mts. wurde der Schuster Peter Braun aus Gutenberg, 60 Jahre alt, auf dem Wege zwischen Mandel und Sponheim erfroren aufgefunden. Die angestellten Rettungs-Versuche waren ohne Erfolg.

(1. Febraur 1864) VII. Oeffentliche Stimmung: Dieselbe hat sich seit Erstattung meines letzten Zeitungsberichts nicht günstiger gestaltet. (Landrat Agricola)

Am 20. (April 1864) zündelten einige, in der Erziehung verwahrloste Knaben aus Winzenheim in einem, den Hüttenbesitzern, Gebrüder Puricelli zugehörigen, im Banne der benachbarten Gemeinde Winzenheim belegten Walde einiges, an der Erde liegendes, dürres Laub an, in Folge dessen alles dieses Laub, sowie theilweise jenes Holze auf einer Fläche von ungefähr 40 Morgen verbrannte, so daß der Bestand abgetrieben werden muß. Die gerichtliche Untersuchung gegen die Thäter ist eingeleitet.

Am 13. (Mai 1864) stürzte der 36 Jahre alte Tagelöhner Johann Frey dahier beim Reinigen einer Abtrittsgrube in dieselbe und fand darin seinen Tod. Die angestellten Wiederbelebungs-Versuche waren ohne Erfolg. Am 30. ds. Mts wurde am Fuß des Rheingrafenstein resp. der Gans die Leiche des am Abende des vorigen Tages im angetrunkenen Zustande von Münster a/St. weggegangenen Taglöhners Philipp Weidt II aus Hackenheim vorgefunden. Die aerztliche Untersuchung hat ergeben, daß der Tod in Folge des Herabstürzens vom Felsen eingetreten ist.

Vor etwa 10 Tagen (Mitte Mai 1864) wurde in der Nahe am Ufer unterhalb Bretzenheim die in Leinwand gehüllte Leiche eines neugeborenen Kindes aufgefunden. Ein Näheres hierüber ist bis jetzt nicht bekannt geworden.

Am 15. (Oktober 1864) wurde die 15 Jahre alte Johanna Vogel aus Dickenschied auf der Chaussee in der Nähe der Stadt Kirn von einem beladenen Wagen überfahren, in Folge dessen dieselbe gleich darauf verschied. Dieselbe trieb sich vagabundirend umher und wollte mit ihrem Korbe den Wagen besteigen, glitt aber aus und gerieth auf diese Weise unter ein Wagenrad. Am 23. fiel der 15 Jahre alte Tüncher-Lehrling Peter Graeff hierselbst beim Arbeiten am Kurhause vom Gerüste und starb zehn Tage nachher an den Folgen der erhaltenen Verletzung.

Am 31. August (1865), sodann am 9. und 21. (September) fanden hierselbst Feuersbrünste statt, wodurch vier Häuser und zwei Scheunen, letztere mit ihrem Inhalte einen Gesamtschaden im Taxwerthe von 3734 rl. erlitten haben.

In der Nacht vom 14. auf den 15. (April 1866) wurde auf den Geleisen der Rheinischen Eisenbahn unterhalb des Bahnhofes quer über den Schienen liegend, die in der Mitte durchgeschnittene, schrecklich verstümmelte Leiche des einberufenen Reservisten August Lange aus Beelitz im Kreise Pyritz aufgefunden. Am 19. April ertrank ein zwei Jahre alter Sohn des Maurers Peter Blatz zu Münster a/St. in dem Canal der Saline Theodorshalle. Die angewandten Wiederbelebungs-Versuche waren ohne Erfolg. Am 28. (Mai) wurde der in einem angetrunkenen Zustande sich befindende Müllerbursche Johann Jung von Bretzenheim beim Uebergange über den Eisenbahndamm daselbst von dem ankommenden Zuge überfahren und getödtet.

In der Nacht vom 3. auf den 4. (Mai 1866) brannte das vor der Stadt gelegene Oekonomie-Gebäude des Kutschers Jakob Golling theilweise ab, wodurch an dem Gebäude ein Schaden von etwa 150 Thlr. angerichtet wurde. Nur die Mobilien waren versichert.

(April/Mai 1866) Wohlstand im Allgemeinen: Derselbe ist seit der eingetretenen Mobilmachung der Armeen und der dadurch herbeigeführten Stockung aller Geschäfte stark im Abnehmen. Gewerbebetrieb: Derselbe liegt in Folge der drohenden Kriegsgefahr mehr oder weniger darnieder. Der Weinhandel stockt ganz. Oeffentliche Stimmung: Dieselbe ist eine sehr gedrückte. Die bevorstehenden Wahlen für das Haus der Abgeordneten werden voraussichtlich für das Gouvernement wiederum schlecht ausfallen.

In der Nacht vom 23. auf den 24. (September 1866) gebar die unverehelichte ... aus Heddesheim, Dienstmagd ... zu Roxheim, und vergrub das Kind in einer benachbarten Steingrube, Die Obduktion der Leiche ergab, daß das Kind durch Eindrücken des Schädels ermordet worden war.

Am 25. (Januar 1867) wurde der in der hiesigen Hohlglasfabrik des Wilhelm Hermann beschäftigte Taglöhner Mathias Bogner, 27 Jahre alt, von einer Maschine ergriffen und ihm der Kopf zerschmettert, in Folge dessen er auf der Stelle endete. Unvorsichtigkeit wurde als Ursache des Unglücksfalles constatirt.

Am 26. Febraur (1867) brach in der Bierbrauerei des Valentin Schaefer hier Feuer aus, welches das Gebäude und dessen Inhalt zum größten Theile zerstörte. Der angerichtete Schaden, den die Gothaer Feuerversicherungs-Gesellschaft zu entrichten hat, wird bei dem Gebäude etwa 1000 rtl. und bei den Mobilien etwa 1600 rtl. betragen.

(Oktober 1867) Die Cholera, welche zu Anfang September in Weinsheim und demnächst auch in Kreuznach aufgetreten ist, und am erstern Orte 5, am letztern dagegen nur 1 Opfer gefordert hat, scheint wieder verschwunden zu sein; denn in den letzten 14 Tagen sind keine Krankheitsfälle der Art vorgekommen.

Nachweise

Ausgewählt von: Jörg Julius Reisek

Redaktionelle Bearbeitung: Dominik Kasper

Quellen:

  • LhaKo. Best. 441, div. Nr. (nach Transkriptionen von Helmut Schwindt)

Erstellt: 14.04.10