Bibliothek

Louis Theodor Kleinmann

(* 21. Juli 1907 in Brumath/Elsass, + 14. Juli1979 in Straßburg)
Colonel Kleinmann war 1945-46 französischer Stadtkommandant von Mainz. Er war in dieser Funktion maßgeblich am Wiederaufbau der Universität beteiligt. Für seine Bemühungen wurde er zum Ehrenbürger der Universität ernannt.

Die französische Militärverwaltung hatte nach Kriegsende Colonel Louis-Théodore Kleinmann zum Stadtkommandanten in Mainz berufen. Bei einer Dienstbesprechung in Baden-Baden, wo die französische Militärverwaltung unter General Koenig residierte, erfuhr Kleinmann im Sommer 1945 dass die Franzosen zusätzlich zu den Universitäten Tübingen und Freiburg im Breisgau eine weitere Universität im bevölkerungsreicheren Norden ihrer Zone planten. Im Gespräch waren Speyer, Trier und Mainz.

Wieder zurück in Mainz suchte er sofort das Gespräch mit Oberbürgermeister Emil Kraus und dem Kulturdezernenten Oppenheim. Er erbat eine ausführliche Stellungnahme, aus der hervorgehen sollte, warum gerade Mainz für die geplante Universität in Frage kam.
Der von Oppenheim berufene Ausschuss hatte zügig auf über 40 Seiten detailliert dargelegt, welche Gründe für Mainz als Universitätsstandort sprachen.
Kleinmann fuhr mit diesem Memorandum umgehend zur Militärregierung in Baden-Baden. Die Chancen standen nicht gut. Auch die Städte Speyer und Trier hatten ebenso detaillierte Ausarbeitungen vorgelegt, um zu erreichen, dass die geplante Universität in ihrer Stadt errichtet wird.

Colonel Kleinmann war in dieser Angelegenheit mehrfach in Baden-Baden, um für Mainz zu werben. Von dem Leiter der Personalabteilung der Militärverwaltung in Baden-Baden, mit dem Kleinmann befreundet war, erfuhr er, dass die Auswertung der Memoranden wohl längere Zeit in Anspruch nehmen würde. Dieser gab ihm den entscheidenden Hinweis: Die Mainzer sollten einen zweiseitigen Kurzbericht nachreichen. Da bereits im Mai 1946 die ersten Vorlesungen stattfinden sollten, gab der von Mainz vorgelegte Kurzbericht im Oktober 1945 den Ausschlag.
Als Standort für die Mainzer Universität hat Kleinmann die ehemalige Flak-Kaserne an der Ausfallstraße nach Ingelheim ins Gespräch gebracht. Die Gebäude wiesen zwar nur leichte Kriegsschäden auf, aber nach der Ausplünderung durch die Bevölkerung bot sich ein Bild totaler Verwüstung.
Die Arbeiten in der Flak-Kaserne wurden unverzüglich aufgenommen. Kleinmann sorgte dafür, dass Material und Handwerkszeug bereitgestellt wurden. Die Arbeiten gingen jedoch nur lustlos voran, was z. T. auch an der Unterernährung der Arbeiter lag. Die anhaltenden Requirierungen in der Stadt verstärkten sicher noch den Unmut an diesem von der französischen Militärverwaltung favorisierten Vorhaben.
Kleinmann erreichte, dass zusätzlich ca. 800 deutsche Kriegsgefangene, die über eine handwerkliche Ausbildung verfügten, bereitgestellt wurden. Diese haben in der Hoffnung auf eine frühere Freilassung im Schichtbetrieb rund um die Uhr gearbeitet.
Trotz vieler Schwierigkeiten gelang es Kleinmann, für eine ausreichende Verpflegung der insgesamt etwa 1500 zivilen Arbeiter und Kriegsgefangenen zu sorgen. Im zerstörten Mainz war es äußerst schwierig, die notwendigen Baumaterialien zu besorgen. Wenn es diese nur in der britischen oder amerikanischen Zone gab, bot der französische Stadtkommandant – am Rande der Legalität – im Tausch auch mal rheinhessischen Wein an.

Bis zur Eröffnung der Universität musste Kleinmann immer wieder an den Oberkommandierenden, General Pierre Koenig, denken, der ihn an ein französisches Sprichwort erinnerte: „Du hast die Ziege angenommen, jetzt hüte Du sie auch.“ Mit anderen Worten: Die Verantwortung für den festgelegten Start der Universität Mainz im Sommersemester 1946 lag bei dem französischen Stadtkommandanten.
Nach zähen Verhandlungen mit der Militärverwaltung erreichte Kleinmann schließlich auch, dass die Kriegsgefangenen, ohne die der Ausbau der Universität nicht rechtzeitig fertig geworden wäre, umgehend entlassen wurden.
Kleinmann ist es maßgeblich zu danken, dass Mainz nach ca. 150 Jahren wieder eine Universität hatte. Daneben setzte er sich immer wieder für die Interessen der Stadt Mainz ein. So scheute er beispielsweise den Konflikt mit dem französischen Stadtplaner Marcel Lods nicht. Er ließ die zum Abriss vorgesehenen Türme der Stephanskirche und der Christuskirche sichern, sowie den Osteimer Hof und andere Gebäude am Schillerplatz wieder aufbauen.

Er begründete das Mainzer Weinfest und forderte die Fastnachtsvereine auf, wieder das beliebte Fest in der fünften Jahreszeit zu feiern.
Als Kleinmann eines Tages den Befehl bekam, die im Proviantamt lagernden 900 Doppelzentner Hafer zu beschlagnahmen, wurde festgestellt, dass dort die zehnfache Menge Hafer eingelagert war. Daraufhin hat er Oberbürgermeister Kraus augenzwinkernd angewiesen, die verlangten 900 Doppelzentner abzuliefern. Der ansehnliche ‘Rest‘ – also gut 8.000 Doppelzentner Hafer – wurde in Sonderrationen an die Hunger leidende Bevölkerung verteilt.

Später wurde Louis-Théodore Kleinmann zum Ehrenbürger der Johannes Gutenberg-Universität Mainz ernannt und auf dem Universitätsgelände trägt eine Straße seinen Namen.

 

 

Nachweise

Verfasser: Wolfgang Stumme

Verwendete Literatur:

    • Schütz, Friedrich: Louis Théodore Kleinmann (1907–1979). Französischer Stadtkommandant von Mainz 1945/46: der „Vater der Stadt“. In: Kißener, Michael, Mathy, Helmut (Hg): Ut omnes unum sint (Teil 2). Gründungspersönlichkeiten der Johannes Gutenberg-Universität. Stuttgart 2006, S. 9-11.

Aktualisiert am: 04.08.2016