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Kathinka Zitz-Halein (1801-1877)

Kathinka Pauline Modesta Halein wurde am 4. November 1801 in Mainz im Haus Kirschgarten 21 als Tochter des Kaufmanns Anton Viktor Halein und dessen Frau Anna geboren. Sie erhielt eine gute Ausbildung in der Mädchenschule der Englischen Fräulein und in einem Internat in Straßburg, wo sie die französische Sprache gründlich erlernte und auch schon ihr Talent zum Schreiben entdeckte. Bald folgten erste Veröffentlichungen. 1825 starb ihre Mutter; der Vater, ein zunehmend gewalttätiger Alkoholiker, trieb das Familienunternehmen in den Bankrott. Kathinka verließ das Elternhaus und musste ihren Lebensunterhalt verdienen. Nachdem sie einige Zeit als Gouvernante in Darmstadt gearbeitet und dann eine Mädchenschule in Kaiserslautern geleitet hatte, kehrte sie nach Mainz zurück, um sich nach dem Tod des Vaters um die kranke jüngere Schwester zu kümmern. Beide lebten von den Einnahmen aus Kathinkas Schriftstellerei. Ihre jahrelange Verlobung mit dem Offizier Carl Wild wurde schließlich gelöst, da weder er noch seine Braut die nötigen finanziellen Mittel besaßen, die ein preußischer Militärangehöriger für eine Heirat nachweisen musste. Im Jahr 1837 ging Kathinka die Ehe mit dem Mainzer Rechtsanwalt Dr. Franz Zitz, einem entfernten Verwandten, ein. Das Paar lebte allerdings schon nach kurzer Zeit getrennt. 

In ihren politischen Überzeugungen waren sich beide jedoch einig. In der Revolution von 1848 stand Franz Zitz an der Spitze der demokratischen Bewegung seiner Vaterstadt. Er initiierte Anfang März die Formulierung der „Mainzer Forderungen“ an den hessischen Landtag, wurde zum Kommandanten der Bürgerwehr ernannt und als Abgeordneter des Wahlkreises Mainz in die Frankfurter Nationalversammlung gewählt, die am 18. Mai 1848 erstmals feierlich zusammentrat. 

Kathinka Zitz-Halein engagierte sich zunächst literarisch für die Revolution. Sie verfasste, z.T. anonym, Artikel und Gedichte über die revolutionären Ereignisse im In- und Ausland für Zeitungen wie „Der Demokrat“, das Organ des Mainzer Demokratischen Vereins und des Arbeitervereins, ebenso für die „Mainzer Zeitung“, das Mainzer Tagblatt und weitere Blätter, u.a. die Mannheimer Zeitung. Brieflich tauschte sie sich regelmäßig mit den bedeutendsten Frauen der demokratischen Bewegung aus. Im Mai 1849, als der Kampf um die Verfassung zu scheitern drohte und das preußische Militär gegen die Freiheitskämpfer vorrückte, rief Kathinka zur Gründung eines Frauenvereins auf – Vorbild waren zwei Mannheimer Frauenvereine. Nach dem Zusammenschluss mit einer zeitgleich von Amalia Bamberger in Mainz ins Leben gerufenen Organisation am 17. Mai 1849 wählte man den Namen „Humania – Mainzer Frauenverein für vaterländische Interessen“. Mit 1.600 Mitgliedern war er wohl der größte deutsche Frauenverein jener Zeit. Sein Zweck bestand in der Unterstützung von gefangenen oder im Exil lebenden Revolutionären und deren in Not geratenen Familien sowie in der Versorgung von Verwundeten. In den darauffolgenden Monaten besuchte Kathinka Zitz-Halein viele Häftlinge und reiste bis in die Schweiz, um politischen Flüchtlingen zu helfen. 

Nach der Niederschlagung des Badisch-Pfälzischen Aufstands wurde sie, ebenso wie viele andere Beteiligte, wegen Hoch- und Landesverrats angeklagt, jedoch aus Mangel an Beweisen freigesprochen. Franz Zitz, einer der Anführer der rheinhessischen Freischärler, konnte ins Ausland fliehen und wurde in Abwesenheit zum Tode verurteilt.

Kathinka widmete ihr weiteres Leben der Schriftstellerei. In dem Novellenzyklus „Rheinsandkörner“ verarbeitete sie die Zeit der 1848er Revolution literarisch. Daneben verfasste sie, oft unter Pseudonymen, zahlreiche Trivialromane, um ihren Lebensunterhalt zu bestreiten, sowie Lebensbilder, u.a. zu Rahel Varnhagen, Johann Wolfgang von Goethe, Heinrich Heine und Lord Byron, und übersetzte Werke aus dem Französischen. 1870/71 pflegte sie während des Deutsch-Französischen Krieges Verwundete in Mainzer Lazaretten und wurde dafür mit einem Orden ausgezeichnet. Da sich ihr Gesundheitszustand zunehmend verschlechterte, begab sie sich 1873 in die Obhut der „Barmherzigen Schwestern des Hl. Vincenz von Paul“ im St. Vinzenzstift auf dem Kästrich. Dort starb sie, fast erblindet, am 8. März 1877 und wurde auf dem Mainzer Hauptfriedhof bestattet. 

Nachweise

Verfasserin: Hedwig Brüchert

Veröffentlichung: 26.01.2021

Literatur:

  • Oliver Bock; Kathinka Zitz-Halein, Leben und Werk. Hamburg 2010.
  • Marlene Hübel: Mein Schreibetisch. Schriftstellerinnen aus drei Jahrhunderten. Spurensuche in Mainz. Mainz 1994.
  • Micaela Meccoci: Kathinka-Zitz-Halein. Ein politisches und literarisches Frauenschicksal in Mainz zur Zeit der 1848er Revolution. In: Mainz und Rheinhessen in der Revolution von 1848/49. Mainzer Geschichtsblätter 11 (1999), S. 85-108. 
  • Micaela Meccoci: Kathinka Zitz (1801-1877). Erinnerungen aus dem Leben der Mainzer Schriftstellerin und Patriotin. Mainz 1998.
  • Dietmar Noering (Hg.): Kathinka Zitz-Tina Halein – Wahre Freiheit. Gedichte und Prosa. Frankfurt am Main 1987.
  • Stanley Zucker: Kathinka Zitz-Halein and Female Civic Activism in Mid-Ninetheenth-Century Germany. Carbondale 1991.
  • www.fembio.org/biographie.php/frau/biographie/kathinka-zitz-halein/