Kamp-Bornhofen am Mittelrhein

Einmarsch der Amerikaner in Kamp–Bornhofen

Der damals 12jährige Franz-Josef Meurer aus Kamp-Bornhofen liefert eine Bericht über den Einmarsch der Amerikaner in seiner Heimtgemeinde.

Das Jahr 1945 brachte das Ende des 2. Weltkrieges.

Anlass genug, sich dieser Zeit vor mehr als 60 Jahren zu erinnern.

Für unsere Heimat, auch für Kamp – Bornhofen brachte das Kriegsende manche dramatische Entwicklung mit sich. Nach dem Scheitern der Ardennen Offensive im Januar dieses Jahres war der deutsche Widerstand endgültig gebrochen. Mit großer Geschwindigkeit raste die Kriegswalze durch Eifel und Hunsrück auf unsere Heimat zu. Letztes Bollwerk vor der Eroberung des ganzen Reiches, sollte nach dem Willen der deutschen Generalität der Rhein sein.

Bereits am 15. März hatte die 90. US. Infanterie Division die Dörfer Pfaffenheck und Udenhausen erreicht. (Udenhausen ist heute Stadtteil von Boppard) Ihnen gegenüber stand die 6. Gebirgsdivision „Nord“, eine Einheit der Waffen SS, die kurz zuvor aus Norwegen abgezogen worden – und deren Kampfkraft noch ungebrochen war. In seinem Buch „Krieg in der Heimat“ berichtet der Autor Willi Wagner (Simmern 1995) über die von den Amerikanern „Battle of Pfaffenheck“ genannten Kampfhandlungen , in deren Folge viele Deutsche und Amerikaner ihr Leben lassen mussten, darunter auch viele Zivilpersonen. Heute noch kündet der Soldatenfriedhof Pfaffenheck von den vielen Opfern.

Nachdem die Amerikaner die an der Hunsrückhöhenstraße gelegenen Dörfer erobert hatten, war der Weg zum Rhein, der Weg nach Boppard frei. Nach einem schrecklichen Artillerie – Bombardement rückten die Amerikaner am 17. März in Boppard ein. Die Tage zuvor hatten die deutschen Truppen genutzt um sich über die Bopparder Autofähre auf die rechte Rheinseite abzusetzen. Allerdings hatte die 6. Gebirgsdivision einen großen Teil ihrer Ausrüstung verloren. Da diese Einheit sich zum größten Teil ins Taunus Hinterland absetzte, standen auf der Kamper Seite keine starken deutschen Truppen mehr. Die für den Bodenkampf ungeeigneten Batterien der deutschen Vierlings Flak stellten für die Amerikaner , nicht zuletzt auch wegen der Feuerkraft ihrer auf der linken Rheinseite stationierten Artillerie keine große Gefahr dar. Auch der eilig aufgestellte „Volkssturm“, schlecht ausgerüstet, hatte gegen die heran nahende Streitmacht keine Chance.

In den Nachmittagsstunden des 24. März wurde die Kamper Bevölkerung per Lautsprecher von der anderen Rheinseite aufgefordert als Zeichen ihrer friedlichen Gesinnung die weißen Fahnen zu hissen. Außerdem möge der Bürgermeister mit einigen Männern mit einem Boot über den Rhein kommen, andernfalls das Dorf durch die amerikanische Artillerie zerstört würde. Die weißen Fahnen wurden gehisst, so unter Anderem auch an der Kirche wo sich zwischen Bürgern und SS Leuten, die damit drohten die Kirche zu sprengen, ein Streit entspann. Die Fahne wurde gehisst und wieder abgenommen, für die betroffenen Bürger eine gefährliche Angelegenheit. Dem Ansinnen der Amerikaner, dass der Bürgermeister über den Rhein kommen sollte, konnte dieser, angesichts der Bedrohung durch die SS nicht nachkommen.

Kurzer Hand erklärte sich der örtliche Pfarrer Josef Knoth bereit, zusammen mit dem holländischen Schiffer Heinz Beckmann, mit dem Schwerkriegsgeschädigten Peter Jost und dem Kamper Jugendlichen Paul Busch die Überfahrt zu wagen. Nach einem Zitat von Josef Pering, der diese Geschichte ausgiebig schildert, sprachen beherzte Männer auf die befehlenden Feldwebel der deutschen Maschinengewehrnester ein, nicht auf die Übersetzenden zu schießen. „ Wie eine Mauer" standen sie vor den Tod bringenden Waffen und erreichten, dass nicht geschossen wurde“. Sehr aufschlussreiche Aufzeichnungen sind auch in der Chronik der Dernbacher Schwestern, deren Kloster St. Josefshaus als Hilfslazarett diente, enthalten. Der Verein für Heimatgeschichte verfügt über dieses und andere schriftliche Dokumente von Augenzeugen. Unterdessen bauten die Amerikaner unter dem Schutz von künstlichem Nebel vom Bopparder Gymnasium aus eine Schlauchbootbrücke herüber zum Kamper „Giess“

In den frühen Morgenstunden des 25. März marschierten die Amerikaner in Kamp – Bornhofen ein. Es entwickelte sich ein Häuserkampf der auf beiden Seiten nochmals ihre Opfer forderte. Dennoch, dank der mutigen Tat von Pfarrer Knoth und seinen Begleitern wurde das Dorf vor größerem Schaden bewahrt. Allerdings fiel dem Beschuss auch noch eine Achtzehnjährige zum Opfer die schwer verwundet einen Tag später verstarb. An den darauf folgenden Tagen rollte die geballte Streitmacht der Amerikaner mit ihren „Sherman“ Panzern , Jeeps und LKWs über die Brücke, fanden ihren Weg durch die enge damalige Hermann Göring ,- jetzt Kreuzstraße , über den „Zeiler Übergang“ hinauf ins Taunus – Hinterland .

Kamp – Bornhofen war befreit .Nach anfänglichen restriktiven Maßnahmen wie „Ausgehverboten“ und Verhaftungen der örtlichen Parteifunktionäre zog langsam wieder Normalität in die Gemeinde ein, wenn man davon absieht, dass es zunächst noch keinen elektrischen Strom gab und dass die Versorgungslage der besiegten Deutschen noch schlechter wurde als in den Kriegstagen. Natürlich war die Trauer in den Familien über Gefallene und Vermisste noch sehr groß und die Hoffnung, dass bald auch die Kriegsgefangenen heimkehren würden, schier unermesslich.

Als größte Befreiung empfand die Bevölkerung allerdings die Tatsache dass keine Luftangriffe mehr zu befürchten waren, wenn auch die Überflüge der Sieger ins restliche Reichsgebiet immer noch für Gänsehaut sorgten.

Auf beiden Seiten des Rheins lagen versenkte Schiffe, alle Landebrücken waren zerstört. In Bornhofen lag ein mit Gerste beladenes Schiff dicht am Rheinufer. Das gequollene Getreide wurde mit „Puddelschäppern“ von der Bevölkerung geborgen und diente in der Hauptsache als Hühnerfutter, wurde allerdings auch noch zum Rösten von „ Muckefuck“ genutzt. Ein anderes Schiff, mit Holz beladen, wurde geplündert, das als Baumaterial für dringend benötigte Reparaturen gebraucht wurde. Unterhalb von Bad Salzig also Kamp direkt gegenüber lag ein mit Zucker beladenes Schiff, das allerdings für die Kamper Bevölkerung schwer erreichbar war. Am 26. März bahnte sich eine müde Truppe von „Volkssturm – Leuten“ und wenigen „Landsern“, eskortiert von einigen Amerikanern den Fußpfad in Kamp „Förchtje“ genannt, hinab ins Dorf.

Die Kriegswalze rollte weiter in Richtung Osten.

Nachweise

Verfasser: Franz-Josef Meurer

Redaktionelle Bearbeitung: Dominik Kasper