Bad Kreuznach im Naheland

Die Alte Nahebrücke von Bad Kreuznach

Bilderstrecke zur Alten Nahebrücke[Bild: Library of Congress Prints and Photographs Division, Washington.]

Die Alte Nahebrücke gilt mit ihren Brückenhäusern als eines der Wahrzeichen von Bad Kreuznach. Sie zählt neben der Drususbrücke in Bingen, der Balduinbrücke in Koblenz und der Trierer Römerbrücke zu den ältesten Brücken in Rheinland-Pfalz. [Anm. 1] Zudem gehört sie zusammen mit der Krämerbrücke in Erfurt und der Inneren Brücke in Esslingen am Neckar zu den wenigen Brückenbauwerken nördlich der Alpen, deren mittelalterliche bzw. frühneuzeitliche Wohnbebauung bis heute erhalten geblieben ist. [Anm. 2] Bis zur Errichtung der Wilhelmsbrücke im Jahr 1906 war die Alte Nahebrücke der einzige direkte Verbindungsweg zwischen der Kreuznacher Altstadt und der Neustadt. [Anm. 3] 

Bereits in römischer Zeit führte in der Nähe der damaligen Siedlung zwischenzeitlich ein erster hölzerner Steg über die Nahe. [Anm. 4] Spätestens Ende des 12. Jahrhunderts ließen die Grafen von Sponheim eine neue Holzbrücke errichten, welche die nördlich und südlich der Nahe gelegenen Siedlungsteile der neu entstandenen Ortschaft „Kreuznach“ miteinander verband. [Anm. 5] Diese wurde zu Beginn des 14. Jahrhunderts abgerissen und durch die heutige, etwas weiter westlich gelegene, Steinbrücke ersetzt. [Anm. 6]

Stich der Alten Nahebrücke von C. Gapp, Kreuznach, 1850.[Bild: StAKH 4.51.455]

Die aus Porphyr und Sandstein erbaute Nahebrücke bestand ursprünglich aus acht Bögen auf neun Pfeilern, die den Hauptarm der Nahe, den Mühlenteich und die dazwischen gelegene Naheinsel überspannten. Die heutigen, auf den Pfeilern im Mühlenteich und auf der Naheinsel errichteten Brückenhäuser entstanden zwischen 1595 und 1612; ihre Vorgängerbauten wurden bereits 1495 erstmals schriftlich erwähnt. [Anm. 7] Von den heute insgesamt fünf Brückenhäusern sind noch die beiden Wohngebäude Mannheimer Straße Nr. 94 und 96 weitgehend original erhalten. [Anm. 8] Die beiden verputzten Fachwerkhäuser sitzen vollständig auf jeweils einem Pfeiler und werden von mehreren hölzernen Strebebalken nach unten hin abgestützt. Die in den beiden Brückenpfeilern eingerichteten Schießkammern mit Schießscharten zeugen davon, dass die Nahebrücke ursprünglich Teil der um Alt- und Neustadt gezogenen Wehranlage war. [Anm. 9] In die Fassade des Hauses Nr. 94 ist eine Kanonenkugel eingelassen, die von der Beschießung der nahegelegenen Kauzenburg durch die Schweden im Dreißigjährigen Krieg stammen soll. [Anm. 10] Bei den Häusern Mannheimer Straße Nr. 88, 90 und 92 handelt es sich um Neu- und Umbauten des 19. und frühen 20. Jahrhunderts. Die beiden ursprünglich auf dem ersten Pfeiler an der Neustadt-Seite sowie auf der südlichen Uferbefestigung gelegenen Brückentürme wurden nach Einschätzung von Carl Velten 1689 während des Pfälzischen Erbfolgekriegs zerstört und danach nicht wieder aufgebaut. [Anm. 11]

Der nördliche Teil der Alten Nahebrücke, Zeichnung von Ernst Hartwig, 1917.[Bild: StAKH NL Dr. Hans Koernicke]

In der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts wurden auf den beiden nördlichen Brückenpfeilern über dem Hauptarm der Nahe ein Brückenkreuz sowie eine Nepomuk-Statue errichtet. Beide Standbilder werden dem Mainzer Bildhauer Burkard Zamels (1690-1757) zugeschrieben. [Anm. 12] Die Nepomuk-Statue musste aufgrund ihres schlechten Erhaltungszustands 1909 durch eine Kopie von Arthur Zimmermann ersetzt werden. [Anm. 13] Das Barockkreuz aus rotem Sandstein wurde 1931 mutwillig zerstört; an seiner Stelle wurde drei Jahre später ein neues Kreuz des Bad Kreuznacher Bildhauers Ludwig Cauer eingeweiht. [Anm. 14]

Die Fotografie zeigt das nördliche Ende der Alten Nahebrücke nach der Sprengung von 1945. [Bild: Karin Kehm]

Am 16. März 1945 sprengten deutsche Soldaten den zweiten und dritten Bogen der mittelalterlichen Nahebrücke über den Hauptarm des Flusses, um den herannahenden amerikanischen Truppen den Übergang über die Nahe zu erschweren. [Anm. 15] Hierbei wurden auch das Brückenkreuz sowie die Statue des Heiligen Nepomuk zerstört. Der nördliche Teil der Nahebrücke wurde zwischen 1954 und 1956 durch eine große, stichbogige Spannbetonkonstruktion ersetzt, wohingegen der erhalten gebliebene südliche Abschnitt verbreitert und nach Osten hin mit Sandsteinen verblendet wurde. [Anm. 16] Seit 1958 befindet sich am Ufer der Neustadt-Seite ein Brückenkreuz des österreichischen Malers und Bildhauers Karl Steiner (1902-1981). [Anm. 17]

Verfasser: Max Hartmann

 

Verwendete Literatur:

  • Boppert, Walburg: Römische Steindenkmäler aus dem Landkreis Bad Kreuznach. Corpus signorum imperii romani. Corpus der Skulpturen der römischen Welt, Mainz 2001 (Germania Superior. Deutschland, Bd. II, 9).
  • Custodis, Paul-Georg: Von der Autobahnbrücke bis zur Alten Ziegelei. Zeugnisse aus Technik und Wirtschaft in Rheinland-Pfalz, Regensburg 2014.
  • Dotzauer, Winfried: Geschichte des Nahe-Hunsrück-Raumes von den Anfängen bis zur Französischen Revolution, Stuttgart 2001.
  • Landesamt für Denkmalpflege (Hrsg.): Kulturdenkmäler für Rheinland-Pfalz. Band 5.1: Kreis Bad Kreuznach. Stadt Bad Kreuznach, bearb. v. Edith Ruser und Herbert Dellwing. Düsseldorf 1987.
  • Schaller, Rolf: Brücken & Briggelcher. Kreuznacher Brückengeschichte(n), Bad Kreuznach 2018 (Heimatkundliche Schriftenreihe des Landkreises Bad Kreuznach, Bd. 40).
  • Schaller, Rolf: Vom Cauer-Kreuz auf der Alten Nahebrücke (2008). In: www.regionalgeschichte.net, URN: urn:nbn:de:0291-rzd-010794-20202312-0.
  • Schaller, Rolf: Hundert Jahre Wilhelmsbrücke. Ein Beitrag zur Verkehrs- und Baugeschichte der Stadt Bad Kreuznach (22.06.2010). In: www.regionalgeschichte.net, URN: urn:nbn:de:0291-rzd-010794-20202312-0.
  • Schaller, Rolf: Der heilige Nepomuk auf der Alten Nahebrücke. Vom Schicksal der beiden Nepomuk-Standbilder. In: Bad Kreuznacher Heimatblätter 1 (2017), S. 1-4.
  • Velten, Carl: Die Alte Nahebrücke in Kreuznach, Bad Kreuznach 1965.
  • Vogt, Werner: Die Stadt Kreuznach im 14. und 15. Jahrhundert. In: Bad Kreuznach. Von der Stadterhebung bis zur Gegenwart, hg. v. der Stadtverwaltung Bad Kreuznach, Bad Kreuznach 1990 (Beiträge zur Geschichte der Stadt Bad Kreuznach, Bd. 1), S. 27-52.
  • Zimmermann, Walter: Die Kunstdenkmäler des Kreises Kreuznach, Düsseldorf 1935 (die Kunstdenkmäler der Rheinprovinz) [Unveränderter Nachdruck Berlin/München 1972].

Veröffentlicht am: 06.08.2021

Anmerkungen:

  1. Siehe auch Schaller 2018, S. 149.  Zurück
  2. Siehe auch Custodis 2014, S. 201.  Zurück
  3. Schaller 2010.  Zurück
  4. Boppert 2001, S. 15.  Zurück
  5. Dotzauer 2001, S. 214; Landesamt 1987, S. 13.  Zurück
  6. Die steinerne Nahebrücke wurde erstmals in einer Urkunde des Jahres 1311 erwähnt: „Ferner Stiften wir (Graf Johann von Sponheim, Anm. d. Verf.) 20 Mark Kölner Währung für die Erbauung einer neuen Kapelle in der Neuen Stadt auf dem Platz bei der großen Brücke […].“, zitiert nach Velten 1965, S. 7.  Zurück
  7. Zimmermann 1935, S. 93. – In der von dem pfälzischen Kurfürsten Philipp, genannt der Aufrichtige (1448-1508), und dem Simmerner Pfalzgrafen Johann (1459-1509) ausgestellten Urkunde von 1495 heißt es: „Die zwei Häuser, so auf der Brücke ohne unser Wissen gebaut worden sind, wollen wir jetztmals stehen lassen, doch bis auf unseren oder unserer Erben Wiederrufen.“, zitiert nach Velten 1965, S. 26.  Zurück
  8. Landesamt 1987, S. 13; Velten 1965, S. 44, 47.  Zurück
  9. Siehe hierzu Velten 1965, S. 13.  Zurück
  10. Velten 1965, S. 44.  Zurück
  11. Siehe hierzu Velten 1965, S. 17-21.  Zurück
  12. Schaller 2008; Schaller 2017, S. 2.  Zurück
  13. Schaller 2017, S. 2 f.  Zurück
  14. Schaller 2008.  Zurück
  15. Schaller 2018, S. 151-155.  Zurück
  16. Siehe hierzu ausführlich Schaller 2018, S. 160-180.  Zurück
  17. Schaller 2017, S. 4.  Zurück