Planig im Naheland

Römische Siedlung

In dem heute zu Bad Kreuznach gehörenden Ort Planig deuten verschiedene Funde aus der römischen Zeit auf eine Siedlung aus eben jener Epoche hin. Die frührömischen und einheimisch geprägten Grabfunde auf dem Gebiet des Ortes und auch des Nachbarortes Bosenheim, deuten auf eine einheimisch-römische Mischbevölkerung hin. Diese lebte bereits seit dem Beginn der römischen Herrschaft über Rheinhessen in einer Siedlung an diesem Ort.[Anm. 1] Die gefundenen Gebäudereste deuten auf eine kontinuierliche Besiedlung vom 1. bis ins 4. Jahrhundert hin.[Anm. 2] Die Siedlung befand sich wahrscheinlich in einem Gebiet am Appelbach, nordwestlich des Ortskerns.[Anm. 3] Die Straße „Römerdorf“ – in der ehemaligen Gewann „Wahrlosgewann“ – erinnert an die Existenz und an die mögliche Lage der römischen Siedlung.[Anm. 4]

Grabfunde

Im Laufe der zweiten Hälfte des 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurden in Planig immer wieder römische Grabfunde entdeckt. Da die Funde zum größten Teil durch Privatleute entdeckt und nur selten wissenschaftlich bearbeitet wurden, fehlen viele Fundkontexte zu den Objekten. Trotzdem sind zwei Fundkonzentrationen festzustellen, die auf zwei Gräberfelder schließen lassen. Das eine Gräberfeld befand sich eventuell im ehemaligen „Wahrlosgewann“ in Richtung Bingen und das zweite im Gewann „Dem Seeb“ in Richtung Bad Kreuznach und Bosenheim.[Anm. 5] Die Grabinventare waren vorwiegend frührömisch und einheimisch geprägt. Einige Gräber wurden aufgrund ihrer Beigaben auch in das 3. und 4. Jahrhundert datiert. Das Fehlen von Gräbern aus dem 2. Jahrhundert lässt anhand der Grabfunde folgende Schlussfolgerung zu: Die römische Siedlung in Planig hatte in der Frühzeit der römischen Besiedlung Rheinhessens, also im 1. Jahrhundert eine Blütezeit, erlebte dann im 2. Jahrhundert einen Rückgang und kam im 3. und 4. Jahrhundert zu einer erneuten Blütezeit. Aufgrund der vergleichsweise reichen Grabfunde (z.B. Bronzefigürchen, Goldschmuck, Terrakotten) handelte es sich eventuell um eine größere Siedlung mit zumindest einigen wohlhabenden Bewohnern.[Anm. 6]

Siedlungsfunde

Auf eine Siedlung in Planig deuten neben den Funden von Gebäuderesten auch Steindenkmäler hin. Gefunden wurde unter anderem ein heute leider verschollenes Sandsteinrelief mit der Darstellung eines stehenden, nackten Mannes, der eine Keule in der rechten Hand hält. Aufgrund dieses Attributes wird der Mann als Hercules gedeutet. Entdeckt wurde das Relief in der heutigen Straße „Römerdorf“, wo es in einer Hauswand verbaut war. Da weder eine Abbildung, noch Materialangaben oder Maße überliefert sind, ist eine Datierung des Stückes nicht möglich.[Anm. 7] In der Gewann „Im Weiher“, westlich der Straße nach Bingen, wurde darüber hinaus das Fragment eines Gigantenreiters entdeckt, welches sich heute im Museum in Alzey befindet. Unter einem Gigantenreiter versteht man die Darstellung des Gottes Jupiter, der auf einem Pferd einen Giganten niederreitet. Bei der in Planig gefundenen Gruppe scheint es sich aufgrund seiner groben Form um ein noch unfertiges Stück zu handeln, dass vom Steinmetz verworfen wurde. Erhalten sind lediglich Ober- und Unterschenkel des Jupiters, der Vorderkörper des Pferdes ohne Kopf und der Ansatz des unter dem Pferd kauernden Giganten mit Kopf. Da dieses Motiv häufig bei Jupitergigantensäulen – wie beispielsweise in Mainz – verwendet wurde, ist eine geplante Verwendung dieses Gigantenreiters für eine solche Säule in Planig durchaus möglich. Das Hercules-Relief könnte ebenfalls zu einer solchen Säule gehört haben. Der Gigantenreiter wird in die erste Hälfte des 3. Jahrhunderts datiert.[Anm. 8]

Gefunden wurde außerdem noch eine reliefierte Sandsteinplatte, die in einem Haus in der Pelzgasse 19 verbaut war. Das Relief zeigt zwei um einen Kantharos (eine Art Kelch) angeordnete Löwengreifen, die beide mit einer Tatze den Gefäßgriff berühren. Das Motiv von Fabeltieren, welche um ein Gefäß angeordnet wurden, taucht in der römischen Sepulkralkunst (Begräbniskunst) häufig auf. Da einmal mehr der Fundkontext zu diesem Stück fehlt ist eine Datierung schwierig. Anhand von Vergleichen in der Ausführung stammt das Stück jedoch vermutlich ebenfalls aus dem 3. Jahrhundert.[Anm. 9]

Wie bereits weiter oben im Text angemerkt, wurden auch Gebäudereste und Reste einer Straße aus der römischen Zeit in Planig gefunden. Die Gebäudereste wurden in der Gewann „Im Weiher“ gefunden und ließen ein rechteckiges Gebäude erkennen, das etwa 52 Meter lang und 15 Meter breit war. In unmittelbarer Nähe wurde außerdem eine 4,20 bis 4,30 Meter breite Straße entdeckt, die aufgrund ihrer Lage wahrscheinlich von Bad Kreuznach nach Bingen führte.[Anm. 10] Die antike Straße befand sich zum Zeitpunkt ihrer Entdeckung teilweise lediglich 20 cm unter der Oberfläche. Es handelte sich auf den ersten Blick um eine konvex aufgeschüttete Masse an Feldsteinen, ein Querschnitt ließ allerdings den Aufbau einer römischen Straße gut erkennen. Auf festen Lehmboden wurden zunächst teilweise über 20 cm dicke, rohe Feldsteine geschüttet. Die Lücken wurden durch kleine Steine ausgefüllt. Auf der Oberfläche lagen rote Sandsteinbrocken als Belag. Die Straße war in der Mitte erhöht (wahrscheinlich, damit sich das Wasser nicht darauf sammelte) und besaß zu Beginn auf beiden Seiten einen ca. einen Meter breiten und ca. 34 cm tiefen Straßengraben, der aber zugeschüttet wurde – möglicherweise um einer Bebauung in unmittelbarer Angrenzung an die Straße zu weichen. Darauf lässt ein gefundenes Mauerfundament schließen, welches unmittelbar an die Straße anschloss.[Anm. 11]

Weitere Mauerreste wurden in der Belzgasse gefunden und lassen schlussfolgern, dass sich die Siedlung nicht nur in den Gewannen „Im Weiher“ und „Wahrlosgewann“ erstreckte, sondern sich auch weiter südlich, im heutigen Ortsgebiet, erstreckte.[Anm. 12]

Mögliche Funktion der Ansiedlung

In Planig wurden außerdem viele Münzfunde gemacht, die vom 1. bis ins 4. Jahrhundert, also über den gesamten Zeitraum römischer Herrschaft in Rheinhessen, datiert werden.[Anm. 13] Da in dem Dorf relativ viele Münzen gefunden wurden, ist ein Handelsstützpunkt als Siedlungsform durchaus denkbar.[Anm. 14] 

Andere Funde lassen auch die Vermutung des Vorhandenseins eines Militärpostens in Planig zu. Einmal mehr in der Gewann „Im Weiher“ wurden acht Bruchstücke von Ziegelstempeln gefunden, von denen sich sieben Stempel als Stempel der 22. Legion identifizieren lassen. Datiert werden diese Ziegel nach 260.[Anm. 15] Planig, als ein Militärposten zur Sicherung der rechten Naheuferseite, ist in jener Zeit also durchaus denkbar.[Anm. 16] Aufgrund der Datierung ist es allerdings ebenfalls möglich, den Militärposten als Vorgängerbau des Kastells Bad Kreuznach zu interpretieren.[Anm. 17]

Nachweise

Verfasser: Lutz Luckhaupt

Verwendete Literatur:

  • Behrens, Gustav: Römische Inschriften aus Rheinhessen. MZ 27 (1932), S. 29-32.
  • Boppert, Walburg: Römische Steindenkmäler aus dem Landkreis Bad Kreuznach (= CSIR Deutschland, Bd. II, 9 Germania superior). Mainz 2001.
  • Kost, Werner: Die Kost aus Planig in Rheinhessen mit der Ahnenliste des Verfassers Werner Kost sowie topographisch-kartographischen und landeskundlichen Angaben über Planig und 8 Anlagen. In: Deutsches Familienarchiv, Bd. 59 (1973), S. 145-166.
  • Rupprecht, Gerd: Bad Kreuznach-Planig. Siedlung und Militärposten. In: Heinz Cüppers (Hrsg.): Die Römer in Rheinland-Pfalz. Stuttgart 1990, S. 323-324.
  • Schnellenkamp, W.: Vor- und frühgeschichtliche Funde aus der Gemarkung Planig (Rheinh.). MZ 28 (1933), S. 69-82.
  • Weidemann, K.: Planig. In: Führer zu vor- und frühgeschichtlichen Denkmälern. Band 12 Nördliches Rheinhessen. Mainz 1969, S. 139-142.

Erstellt am: 25.04.2017

Anmerkungen:

  1. Rupprecht, Gerd: Bad Kreuznach-Planig. Siedlung und Militärposten. In: Heinz Cüppers (Hrsg.): Die Römer in Rheinland-Pfalz. Stuttgart 1990, S. 323-324. Zurück
  2. Kost, Werner: Die Kost aus Planig in Rheinhessen mit der Ahnenliste des Verfassers Werner Kost sowie topographisch-kartographischen und landeskundlichen Angaben über Planig und 8 Anlagen. In: Deutsches Familienarchiv, Bd. 59 (1973), S. 145-166, hier S. 154. Zurück
  3. Rupprecht, S. 323-324. Zurück
  4. Kost, S. 154. Zurück
  5. Schnellenkamp, W.: Vor- und frühgeschichtliche Funde aus der Gemarkung Planig (Rheinh.). MZ 28 (1933), S. 69-82, hier S. 77. Zurück
  6. Ebenda, S. 78. Zurück
  7. Boppert, Walburg: Römische Steindenkmäler aus dem Landkreis Bad Kreuznach (= CSIR Deutschland, Bd. II, 9 Germania superior). Mainz 2001, S. 60. Zurück
  8. Ebenda, S. 72. Zurück
  9. Ebenda, S. 115. Zurück
  10. Schnellenkamp, S. 79. Zurück
  11. Ebenda, S. 80. Zurück
  12. Ebenda. Zurück
  13. Weidemann, K.: Planig. In: Führer zu vor- und frühgeschichtlichen Denkmälern. Band 12 Nördliches Rheinhessen. Mainz 1969, S. 139-142., hier S. 139. Zurück
  14. Schnellenkamp, S. 81. Zurück
  15. Behrens, Gustav: Römische Inschriften aus Rheinhessen. MZ 27 (1932), S. 29-32, hier S. 32. Zurück
  16. Rupprecht, S. 323-324. Zurück
  17. Behrens, S. 32. Zurück