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II. Worum geht es beim Politischen Totenkult?

Gedenkanlage Langenlonsheim 1870/1. Weltkrieg/2. Weltkrieg, BJ 1930 [Bild: Marion Nöldeke]

Generell geht es beim Politischen Totenkult um den Ausdruck staatlicher Anteilnahme für die Opfer von Krieg und Gewalt im öffentlichen Raum. Man gedenkt der Gefallenen in Form von Symbolen, Kriegerdenkmälern[Anm. 1], Ehrungen und Gedenktagen, würdigt ihren Einsatz für den Staat und gibt ihrem Sterben einen gesellschaftlich-politischen Sinn.[Anm. 2] Die in Kriegerdenkmälern hinterlegte politische Botschaft kann beispielsweise die „Ehre, für das Vaterland zu sterben“ oder eine „Anklage gegen Krieg und Gewalt“ sein. Gerade die riesigen Opferzahlen im Ersten Weltkrieg erforderten ein besonderes Gedenken seitens des Staates – die Gefallenen waren für die Nation gestorben und häufig nicht mehr auffindbar oder identifizierbar, so dass Gedenkrituale und Kriegerdenkmäler Ersatzort für die Millionenfache Trauer waren.


Gedenkanlage Laubenheim 1870/1. Weltkrieg/2. Weltkrieg[Bild: Marion Nöldeke]

Während private Trauer über einen im Krieg verstorbenen Angehörigen mit Trauer- und Gedenkritualen im persönlichen Nahbereich verarbeitet wird, findet das gesellschaftlich-politische Gedenken an Opfer von Krieg und Gewalt im öffentlichen Raum mit dem Politischen Totenkult seinen Ausdruck.

Dieser Politische Totenkult orientiert sich im Zeitverlauf an den jeweils gängigen politischen Ausrichtungen, wobei seine ursprünglich in z.B. einer Denkmalsymbolik eingeprägte politisch-gesellschaftliche Aussage für die Nachfolgegeneration häufig nur noch schwer oder gar nicht mehr verständlich ist.

Es ist jedoch denkbar, dass eine gewisse „überzeitliche“ Symbolik in der Formensprache des Denkmals noch in Teilen verstanden werden kann, da über die Wirkung der Ästhetik im Denkmal ebenfalls eine Botschaft an die Folgegeneration vermittelt wird.[Anm. 3]

Schwerpunktmäßig werden nachfolgend unterschiedliche zeitgeschichtliche Prägungen von Kriegerdenkmälern aufgezeigt und es wird gefragt: Welche militärische oder politische Prägung haben die Denkmäler in den jeweiligen Epochen? Welche Sinnstiftung gibt der Staat dem Soldatentod? Sind die Denkmäler ein Votum für den Ausdruck nationaler Verbundenheit oder eher ein Gedenk- und Trauerort für massenhafte Kriegsgefallene?


Zur Einordnung der Rolle und der Sinnstiftung durch Kriegerdenkmäler ist es wichtig nachzuvollziehen, wie sich das moderne Gefallenengedenken seit dem frühen 19. Jh. über die beiden Weltkriege hinweg bis heute entwickelt hat. Vor diesem Hintergrund gilt es, zum Deutungsangebot eines Denkmals für die Opfer von Krieg und Gewalt Stellung zu beziehen. Ist es in seiner politischen Funktion – so wie Reinhart Koselleck meint – als „Verkündigung eines Identifikationsangebotes“[Anm. 4] zu sehen? Wirkt ein 100 Jahre altes Kriegerdenkmal auch heute noch nach, und ist somit nach Koselleck eine „Kontinuitätsstiftung, deren Wirkung auf die Nachgeborenen nicht unterschätzt werden kann“?[Anm. 5]

Im Folgenden werden die Entwicklung und die verschiedenen Ausprägungen des Politischen Totenkultes anhand von Blickwinkeln verschiedener Autoren vorgestellt. Das vielschichtige Symbol des „Unbekannten Soldaten“ wird erläutert und auf die Problematik der denkmalgestützten Nachkriegserinnerung nach 1918 und nach 1945 wird eingegangen. Im Fazit wird die Frage nach der Aktualität und heutigen Übersetzbarkeit der Kriegerdenkmäler verknüpft mit Überlegungen zu der unterschiedlichen Betroffenheit der „Stiftergeneration“ und der nachfolgenden „Betrachtergeneration“.


NACHWEISE

Verfasserin Text: Marion Nöldeke

Literatur: siehe Quellen- und Literaturverzeichnis

Erstellt am: 30.09.2020

 

Weitere Publikationen der Autorin zum Thema:

Politischer Totenkult – Erinnerung an Krieg und Gewalt. In: Hohenlimburger Heimatblätter, Heft 11/2021, November 2021, 82. Jahrgang, S. 461-474. ISSN 2698-8402. Sowie: Das Kriegerdenkmal in Hagen-Vorhalle: eine Spurensuche im Stadtarchiv Hagen. In: Hohenlimburger Heimatblätter, Heft 11/2021, November 2021, 82. Jahrgang, S. 475-483. ISSN 2698-8402.

Anmerkungen:

  1. Im Folgenden wird der Begriff „Kriegerdenkmäler“ verwendet und meint sowohl „Kriegsdenkmäler“, als auch „Denkmäler mit Personendarstellungen“. Schätzungen zufolge gibt es in Deutschland mehr als 100.000 Kriegerdenkmäler. Vgl.: Monumente Magazin für Denkmalkultur in Deutschland: "Für die, so im Kampfe blieben", Februar 2015,  https://www.monumente-online.de/de/ausgaben/2015/1/fuer-die-so-im-kampfe-blieben.php#.Xe4Dqpfsa3A (Aufruf 30.06.2020). Zurück
  2. Julien 2014, S. 90. Zurück
  3. Koselleck 1979, S. 275. Zurück
  4. Koselleck 1979, S. 262. Zurück
  5. Koselleck 1979, S. 267. Zurück