Bibliothek

0.5. Mombach im 19. und 20. Jahrhundert

Mombach blieb von der Anfangsphase der Industrialisierung unberührt. Der Ort zählte im Jahr 1845 1126 Einwohner, von denen zu diesem Zeitpunkt 98 % in der Landwirtschaft arbeiteten. Erst im Laufe der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts entwickelte sich die Gemeinde zu einem wichtigen Industrievorort[Anm. 1].

Ursprünglich war Mombach – wie viele andere Dörfer der Stadt Mainz – ein rein katholisches Bauerndorf. Dies änderte sich, als im Jahr 1845 die Industrialisierung Einzug in den Ort erhielt[Anm. 2]. Anhand der Bevölkerungsentwicklung der Gemeinde lässt sich erklären, dass mit einem starken Anstieg der Bevölkerungsziffer, v. a. des protestantischen Anteils, auch eine Industrieansiedlung verbunden war, da dies auch einen Zuzug neuer Arbeitskräfte bedeutete[Anm. 3]. In Mombach ist dies besonders in den Jahren 1845/60 mit der Gründung und Ausbau der Gastell’schen Waggonfabrik, 1870/75 mit der Gründung der Degussa, Schmahl und anderen Fabriken, 1885/95 mit der Gründung von Industriewerken am Industriehafen und 1905/13 mit der Gründung von Konservenfabriken zu beobachten[Anm. 4].

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts[Anm. 5] verbesserte sich u. a. durch die Errichtung einer Straßenbahnlinie im Jahr 1904 und im darauffolgenden Jahr durch den Anschluss an das Gasnetz, die Anbindung an die Stadt Mainz. Am 1. April 1907 wurde die ehemals großherzoglich-hessische Gemeinde Stadtteil von Mainz[Anm. 6].

Bei den Reichstagswahlen im Jahr 1930 erhielt die SPD den größten Stimmenanteil (ca. 47 %). Die NSDAP kam auf rund 9 %[Anm. 7]. Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten und dem Inkrafttreten des Gesetzes gegen die Neubildung von Parteien vom 14. Juli 1933 wurden in Mombach ebenso wie in ganz Deutschland alle Parteien – außer der NSDAP – verboten[Anm. 8]. Im Zuge des Gleichschaltungsprozesses ordnete der Mainzer Beigeordnete Saurmann am 15. November 1933 die Behörden die örtlichen Vereine an, alle Vorstandsmitglieder sowie die bereits geplanten Veranstaltungen für das Jahr 1934 aufzulisten[Anm. 9].

Angesichts des Truppeneinmarsches deutscher Soldaten 1936 in die entmilitarisierte Zone des linken Rheinufers, benötigte das Militär neues Übungsgelände. Die Regierung erwarb hierfür die Äcker „Im Fahrengrund“ und „Am Wald“. Die Zivilbevölkerung wurde ebenfalls für den Kriegsfall vorbereitet. Luftschutz, Fliegeralarm und Übungen mit der Volksgasmaske VM 37 waren an der Tagesordnung[Anm. 10]. Nach Kriegsausbruch wurden die Pferde der Mombacher Bauern durch das Militär beschlagnahmt. Infolge des Frankreichfeldzuges wurde das 36. Artillerie-Regiment in Mombach stationiert.

Das Wohngebiet Mombachs war während des Krieges weitestgehend von Luftangriffen verschont geblieben. Dies verdankte es dem Umstand, dass das Industriegebiet sich am Rande des Ortes befand und im Fokus alliierter Angriffe stand.

Am 12./13. August 1942 zerstörten Fliegerbomben die örtliche Nikolauskirche. In den Jahren 1944/45 verwüsteten Bombenangriffe die Turnhalle sowie die Gebäude in der Turner- und Hauptstraße. Auch große Teile der Waggonfabrik wurden stark beschädigt.

Der nahegelegene Waldfriedhof diente als Massengrab für die Opfer des Luftangriffes vom 27. Februar 1945. Auf Befehl der Regierung wurden in einer Senke des Friedhofes kurz vor dem Einmarsch alliierter Streitkräfte russische Kriegsgefangene erschossen.

Am 19. März 1945 besetzten amerikanische Soldaten den Ort[Anm. 11].

Anmerkungen:

  1. Schier, Heinz: Mombacher Ortsgeschichte 1641 bis 1896. Mainz 1999, S. 83. Zurück
  2. Lossen-Geißler, Eleonore/Balmer, Karin (Hg.): Mombach. Stadtteil mit Herz. 750 Jahre Mombach. Mombacher Ortsgeschichte 1256–2006. Mainz 2006, S. 22. Zurück
  3. Eine Übersicht über die Entwicklung der Einwohnerzahlen in Mombach findet sich in Ludwig, Günter: Entwicklung und Struktur der Mainzer Vororte Mombach und Weisenau. Ein stadtgeographischer Vergleich. Mainz 1966, S. 108. Zurück
  4. Ebd., S. 122. Zurück
  5. Zu diesem Zeitpunkt befanden sich zahlreiche industrielle Betriebe, wie z.B. die Waggonfabrik der Gebrüder Gastell, die chemische Fabrik, die Maschinenfabrik und Kesselschmiede Johann Schmahl, die Lackfabrik Fuhr und Hess sowie die Konservenfabrik von Walter Nägeli und von B. Ley im Mainzer Vorort. Vgl. Müller, Dieter/Schier, Heinz: Von der Landwirtschaft zum Wohngebiet und Industriestandort. Vor 100 Jahren wurde Mombach eingemeindet. In: MAINZ Vierteljahreshefte 27, H. 2 (2007), S. 62. Zurück
  6. Ludwig, Entwicklung und Struktur der Mainzer Vororte Mombach und Weisenau, S. 52–54. Zurück
  7. Klein, Die Hessen als Reichstagswähler, S. 1178. Zurück
  8. Gesetz gegen die Neubildung von Parteien vom 14. Juli 1933, RGBl. I, S. 479.  Zurück
  9. Vgl. Schreiben vom 15.11.1933 des Beigeordneten Saurmann an die Mainzer Vereine. VOA 1/1635. Das Schreiben der Mombacher Ortsverwaltung vom 20.12.1933 enthält eine Liste der örtlichen Vereine. Vgl. VOA 1/1635. Zurück
  10. Schier, Heinz: Mainz-Mombach. Die Stadtteilseite. Ortsgeschichte. URL: www.mombach.de/Ortsgeschichte.htm (zuletzt aufgerufen am 04.11.2019) Zurück
  11. Schier, Heinz: Mainz-Mombach. Die Stadtteilseite. Ortsgeschichte. URL: www.mombach.de/Ortsgeschichte.htm (zuletzt aufgerufen am 04.11.2019); Schier/Müller, Von der Landwirtschaft zum Wohngebiet und Industriestandort, S. 66. Zurück