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Carl Johann Brilmayer

Carl Johann Brilmayer[Bild: ]
Das Schild des Hl. Nikolaus aus Familienbesitz.[Bild: Brahm Eilermann]

Priester, Pädagoge und Historiker, geb. 1843, gest. 1905.

Carl Johann Brilmayer ist am 29. März 1843 als Sohn des Verwalters Peter Jakob Brilmayer und der Maria Magdalena geb. Vieth in Bingen geboren. Die Vorfahren väterlicherseits waren Schiffer in Bingen. Das Namensschild des Hauptschiffes der wohlhabenden Familie mit einer Abbildung des hl. Nikolaus ist noch in Familienbesitz, Carl Johann trat nach seiner Maturitätsprüfung am Gymnasium Mainz in das Mainzer Priesterseminar ein, wo er von 1864 bis 1868 Philosophie und Theologie studierte. Sein letztes Semester verbrachte er in Würzburg und am 6. Februar 1869 empfing er die Priesterweihe.
Seine erste Stelle fand Carl Johann Brilmayer bei Dekan Anton Eder in Sauer-Schwabenheim, wo er vor allem die Filialen Großwinternheim, Elsheim mit Stadecken, Bubenheim und Engelstadt zu versehen hatte. In der Filiale Jugenheim wohnte nur eine einzige katholische Familie. Wie schwierig die Seelsorge zur damaligen Zeit war, davon gibt ein Bericht des "Rheinischen Volksboten" vom 21. Juli 1871 Zeugnis: "Am letzten Sonntag Nachmittag hatte Herr Kaplan Brilmayer von Sauer-Schwabenheim in Jugenheim eine Taufe vorzunehmen. Bei dieser Gelegenheit wurde derselbe nebst dem ihn begleitenden Lehrer von der Straßenjugend in einer Weise beleidigt, welche eine öffentlich Rüge verdient. Über den Hergang wird uns Folgendes mitgetheilt. Ungefähr bis 10 Minuten vor dem Ort kamen den beiden Genannten ungefähr 12 Schulbuben entgegen und blieben immer in einer Entfernung von 100 Schritt voraus, indem sie zuweilen sangen, zuweilen nicht gerade anständige Bemerkungen machten. Am Ort selbst stellten sie sich rechts und links auf zu einer großen Zahl anderer, worunter auch mehrere, die bereits aus der Schule entlassen schienen. Kaum war der erwähnte Geistliche und der Lehrer vorbei, so stürzte ihnen der ganze Schwarm unter wildem Toben und Schreien nach. Während dieser Scene öffneten sich natürlich alle Fenster und füllten sich mit Neugierigen, aber Niemand, selbst die 6 auf der Straße stehenden Männer hatten kein Wort des Tadels für die hoffnungsvolle Jugend. Da sich keine Polizei blicken ließ, so drehte Herr Kaplan Brilmayer um und er suchte selbst Hilfe; für den Augenblick gelang es ihm. (...) Das ist eine Probe der vielgerühmten rheinhessischen Bildung, Aufklärung und Toleranz."

Am 5. Oktober 1871 kam Kaplan Brilmayer als Lehrer an das Bischöfliche Progymnasium in Dieburg. Die Schule zählte 110 Knaben, als sie in der Karwoche 1876 auf der Höhe des Kulturkampfes vom hessischen Staat aufgehoben wurde. Die Behörden in Darmstadt stimmten jedoch schließlich einer Versetzung Brilmayers, am 30. November 1876, an das von Pfarrer Peter Koser gegründete Institut in Gau-Algesheim zu. Bei den durchschnittlich 60 Buben, die sich auf die höheren Klassen des Gymnasiums vorbereiteten, war Brilmayer Klassenführer der Ersten Klasse und gab insgesamt 24 Stunden Latein, Deutsch, Mathematik und Naturkunde wöchentlich. Außer ihm waren noch die Kapläne Dr. Probst und Roßkopf am Institut tätig, während für die Pfarrseelsorge Kaplan Ackermann eingesetzt war. Carl Johann Brilmayer, der auch die Verwaltungsgeschäfte des Instituts oder der "Aljesemer Hochschul" wie es im Volksmund hieß, zu führen hatte, wohnte mit Dr. Probst, dem Leiter der Schule, im Institut, dem späteren Haus Kronenberger. Da infolge des Kulturkampfes etliche Pfarrstellen und Filialen nicht mit Pfarrern besetzt werden konnten, halfen die Gau-Algesheimer Kapläne regelmäßig in Frei-Weinheim und zeitweilig in Büdesheim, Appenheim und Ober-Hilbersheim aus. Wer in erster Linie Lehrer des Instituts war, erhielt für seine Tätigkeit freie Kost und Wohnung und 200 Gulden jährlich. Für die Besorgung der Filiale Frei-Weinheim wurden 400 Gulden jährlich gezahlt. In Gau-Algesheim selbst war Brilmayer nebenher im Beichtstuhl und bei der Predigt tätig.
Erheblich erweitert wurde Brilmayers Aufgabenbereich, als Pfarrer Bernhard Theodor Rochus von Ober-Hilbersheim bei der Leichenpredigt für den Pfarrer von Gabsheim am 23. März 1880 auf der dortigen Kanzel starb. Brilmayer übernahm den Gottesdienst in Ober- und Nieder-Hilbersheim und in Appenheim, weil diese Pfarrei wegen des Kulturkampfes nicht besetzt werden konnte.
Während seiner Tätigkeit in Ober-Hilbersheim hatte Brilmayer die schwierige Aufgabe der Lösung des Simultanverhältnisses zu bewältigen. Die gemeinschaftliche Kirche zu Ober-Hilbersheim war baufällig geworden und nun wollten die Katholiken ein eigenes Gotteshaus am Ortsrand erbauen. Die Protestanten erhielten die alte Kirche, die sie ebenfalls in den wesentlichen Teilen erneuerten. Sie zahlten den Katholiken 15.000 Mark heraus.

Wormser Dom

Noch vor Vollendung des Kirchbaus in Ober-Hilbersheim wurde Brilmayer am 1. Januar 1883 nach Worms berufen. Seine Schrift "Geschichte der Stadt Gau-Algesheim" widmete er in freundlicher Erinnerung den Bewohnern Gau-Algesheims. In Worms folgte Brilmayer dem Pfarrer von St. Martin, Johann Baptist Reuß, der auch als Religionslehrer am Gymnasium tätig war, auf dieser Schulstelle. Gleichzeitig hatte er in der Seelsorge in St. Martin zu helfen und an jedem 1. und 3. Sonntag im Monat und an bestimmten Feiertagen das Hochamt mit Predigt und die Nachmittagsandacht zu halten. Mit ihm war noch Kaplan Wilhelm Engelhardt für die Stelle am Gymnasium in Worms vorgeschlagen worden. Das Ordinariat bemerkt zu beiden: "Sie sind Männer von ruhigem, verträglichem Charakter, die schon in ihren bisherigen Berufskreisen gegebenen Verhältnissen Rechnung zu tragen wussten. Zugleich besitzen sie gediegene Kenntnisse und das notwendige Lehrgeschick." Von Brilmayer wird noch ausdrücklich bemerkt, dass er "sich die Hochachtung, das Vertrauen und die Liebe seiner Schüler in hohem Grade verdiente und stets in bestem Einvernehmen mit seinen Vorgesetzten und Mitlehrern stand. Auch ist er körperlich stark und gesund." In Worms hatte Brilmayer freie Wohnung im Pfarrhaus St. Martin und 100 Mark Gehalt im Monat.
Doch Brilmayer sollte nicht lange in Worms bleiben. In Mainz war der Schulrat Christian Metzger in den Ruhestand versetzt worden. Am 4. Oktober 1883 wurde Carl Johann Brilmayer daher zum Kreisschulinspektor ernannt. Es war dies eine Entscheidung, die zur damaligen Zeit Aufsehen erregte. Brilmayer war der einzige katholische Priester, der in dieser noch vom Kulturkampf geprägten Zeit eine derartige Staatsstellung in Hessen bekleidete.
In seinen Haushalt nach Mainz, wohin er jetzt übersiedelte, holte sich Brilmayer eine Dame aus Gau-Algesheim, die ihm den Haushalt führte. Es war dies Marie Dengler (1863-1919) aus dem Anwesen Ecke Langgasse-Weingasse. Diese "Treueste der Treuen", wie sie in einer späteren Widmung genannt wird, diente noch lange im Hause Eilermann in Wiesbaden. Frau Eilermann war die einzige Tochter eines Bruders Brilmayers. Dieser Bruder Julius hatte das Dalheimer Kloster bei Zahlbach gekauft und auch dort gewohnt. Zwei wertvolle Figuren aus dem Dalheimer Kloster im Hause Eilermann zeugen noch von dieser Beziehung. Vor ihrem Tod 1982 hat die 95jährige Frau Eilermann wertvolle Andenken an Carl Johann Brilmayer Wilhelm Mayer, einem Verwandten von Marie Dengler vermacht und sie damit auch der "Carl-Brilmayer-Gesellschaft" zugänglich gemacht.
Carl Johann Brilmayer setzte auch in Mainz seine historischen Studien fort. Er schrieb zahlreiche Abhandlungen, Orts- und Pfarrgeschichten, die anonym im "Mainzer Journal" erschienen. Von größerem Umfang war hierbei das Büchlein "Beiträge zur Geschichte der katholischen Pfarrei Bretzenheim" mit einer Widmung an Dr. Peter Bruder, wodurch die Verfasserschaft Brilmayers bezeugt wird. Alle diese Aufsätze waren Vorarbeiten zum Hauptwerk "Rheinhessen" das Brilmayer plante. Nebenher gab er auch ein Liederbuch heraus, eine Sammlung von Liedern für die katholischen Vereine.
Im Jahre 1891 gründete Brilmayer den Verein 'Kinderfreunde' (zur Unterstützung armer Kinder in den Landgemeinden des Landkreises Mainz). In einem Rechenschaftsbericht aus dem Jahre 1896 heißt es, dass "im letzten Jahre 521 Kinder unterstützt wurden und dass hierfür 1080 Mark aufgewendet wurden; außerdem wurden 260 Mark für die Übernahme von Pfleglingen bezahlt."

Darmstädter Schloss

Sein 25jähriges Priesterjubiläum feierte Kreisschulinspektor Brilmayer am 6. Februar 1894. Der Rheinische Volksbote schrieb dazu am 8. Februar 1894 unter anderem: "Unter den hohen Gratulanten, welche den Herrn Kreisschulinspektor persönlich mit ihrem Besuche beehrten, befanden sich auch der Hochwürdigste Herr Bischof Paulus Leopold, Herr Provinzialdirektor Geheim-Rath Rothe, Herr Reg.-Rath Dr. Wolf und viele Geistliche, Die Lehrer des Kreises waren fast vollzählig erschienen; aus der Stadt Mainz gratulirten sämmtliche Lehrerinnen und viele Lehrer. Eine große Zahl früherer Schüler des Jubilars, die jetzt als Geistliche, Ärzte, Rechtsanwälte, Lehrer usw. wirken, benutzten den Ehrentag ihres ehemaligen Lehrers gleichfalls zu Kundgebungen ihrer fortdauernden Liebe und Hochschätzung." Im November 1899 wurde Carl Johann Brilmayer aus Anlass des Geburtstages Seiner Königlichen Hoheit des Großherzogs in Darmstadt zum Regierungsschulrath ernannt.
Im April 1903 bat Brilmayer aus gesundheitlichen Gründen um seine Versetzung in den Ruhestand. Dieser wurde ihm zum 1. Mai 1903 genehmigt und ihm in Anerkennung seiner Verdienste das Ritterkreuz des Philippsordens 1. Klasse verliehen. Das Bischöfliche Ordinariat schrieb ihm am 1. Mai 1903: "Mit Bedauern haben wir davon Kenntnis genommen, dass sie infolge geschwächter Gesundheit die Entlassung aus ihrer bisherigen Stellung nachgesucht und erhalten haben. Bei diesem Anlass verfehlen wir nicht, Ihnen unsere volle Anerkennung für den Eifer und die Pflichttreue auszusprechen, womit Sie seit 20 Jahren in überaus schwieriger Stellung für die Sache der christlichen Erziehung und des katholischen Religionsunterrichts tätig gewesen sind. Wir sprechen Ihnen diese Anerkennung um so lieber aus, als Sie bedauerlicherweise von gegnerischer Seite in Ihrer Eigenschaft als Priester gehässigen Angriffen ausgesetzt gewesen sind, Wir hegen den Wunsch, dass sich Ihre Gesundheit wiederum kräftigen und es Ihnen vergönnt sein möge, auch fernerhin den kirchlichen Interessen in Fragen der Schule und Erziehung durch Ihren bewährten fachmännischen Rat dienen zu können.
Sein bedeutendstes Werk "Rheinhessen in Vergangenheit und Gegenwart" konnte Brilmayer noch vollenden. Am 26. Oktober 1905 erschien im Rheinischen Volksboten ein Artikel, in dem es heißt: "Herr Schulrat Brilmayer hat bekanntlich ein hochinteressantes Werk Rheinhessen herausgegeben, das wir allen unseren Lesern zur Anschaffung empfehlen. Unserem Städtchen Gau-Algesheim widmet der Verfasser, welcher einige Jahre als Kaplan hier wirkte, sieben Seiten. Außer zwei Wappen wird uns noch ein Plan Gau-Algesheims aus dem Jahre 1575 gezeigt..." Dieses Werk, von dem Prof. Dr. Dr. Anton Philipp Brück in seinem Aufsatz "Karl Johann Brilmayer (1843-1905) der Pädagoge und Heimatforscher" (Heimatjahrbuch Landkreis Mainz-Bingen, 1981, Seite 147-149) sagt: "Jeder Heimatforscher braucht heute noch zur ersten Orientierung über die Geschichte der Orte in unserem Gebiet das umfangreiche Buch von Karl Johann Brilmayer "Rheinhessen in Vergangenheit und Gegenwart, Geschichte der bestehenden und untergegangenen Städte, Flecken, Dörfer, Weiler und Höfe, Klöster und Burgen der Provinz Rheinhessen nebst Einleitung" (Gießen 1905, 513 Seiten) mit vielen Abbildungen und einer guten Karte, ist heute nur noch selten und zu horrendem Preis antiquarisch zu erstehen. Sowohl die Katholische Öffentliche Bücherei Gau-Algesheim als auch das dortige Pfarrarchiv besitzen je ein Exemplar. Das Werk kostete bei seinem Erscheinen broschiert 8 Mark und in Leinenband 10 Mark. Es konnte auch in acht Heften zu je 1 Mark bezogen werden.

Am 16. November 1905 starb Schulrat Carl Johann Brilmayer in Mainz an den Folgen eines Schlaganfalls. In Gau-Algesheim ehrte ein Kreis an der Erforschung der Geschichte und der Wahrung des kulturellen Erbes interessierter Bürger den verdienten und vielseitigen Priester, 1981 durch die Gründung der "Carl-Brilmayer-Gesellschaft".

Nachweise

Verfasser: Ludwig Hellriegel

Erstveröffentlichung: Ergänzung des Reprints: Brilmayer, Karl Johann, Geschichte der Stadt Gau-Algesheim Aus gedruckten und ungedruckten Quellen, Verlag Karl Reidel, Gau-Algesheim/J.G. Faber'sche Buchhandlung, Mainz, 1883, Beiträge zur Geschichte des Gau-Algesheimer Raumes, Heft 6/1983, Carl-Brilmayer-Gesellschaft Gau-Algesheim, S. I-VI; auch: Gau-Algesheim. Historisches Lesebuch, 1999, S. 174-178.

Redaktionelle Bearbeitung: Stefan Grathoff