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Georg Forster

Lacksiegel Georg Forsters

 

Georg Forster (1754 – 1794) war Ethnologe, Naturforscher, Reiseschriftsteller, Journalist, Essayist, Universitätsbibliothekar und Revolutionär in der Zeit der Aufklärung

Georg Forster wurde 1754 in Nassenhuben, einem kleinen Dorf bei Danzig, als Sohn eines protestantischen Geistlichen geboren. Mit elf Jahren nahm ihn sein Vater mit auf eine Inspektionsreise zur deutschen Siedlung an der Wolga, die dieser im Auftrag der russischen Regierung unternahm. 1766 reiste er mit seinem Vater nach England. 1767 publizierte er sein erstes Buch, eine Übersetzung eines russischen Geschichtsbuches ins Englische. Bei der Weltumsegelung James Cooks übernahm Forster Vater den Posten des Naturforschers und brachte seinen Sohn als Gehilfen mit an Bord. Die Reise um die Welt dauerte drei Jahre (1772-1775). Während dieser Zeit hatte Georg Gelegenheit, seine Kenntnisse in Botanik, Physik, Geographie, Ethnologie und Meteorologie zu vervollkommnen: Er zeichnete exotische Pflanzen und Tiere, erlebte fremde Völker und Landschaften. Sein schriftlichen Aufzeichnungen darüber "A voyage round the world" macht Georg Forster zum Begründer des wissenschaftlich fundierten Reiseberichts.
Forster, der Natur- und Völkerkundler, wird 1778 Professor in Kassel, später in Wilna. Seine Begeisterung für fremde Länder teilt in den Folgejahren Alexander von Humboldt, mit dem er die Niederlande, Großbritannien und Frankreich bereist. Er wird 1788 Bibliothekar an der Universität zu Mainz und wohnt in einem der Professorenhäuser in der Neuen Universitätsstraße, das heute noch steht. 1786 promovierte er über essbare Südseepflanzen.1788 trat Forster in Mainz das Amt eines Universitätsbibliothekars an. Man wundert sich aus unserer heutigen Sicht, warum ein so bekannter Gelehrter das Amt eines Bibliothekars vertritt. Aber damals war es - angesichts der Bedeutung von Büchern - durchaus üblich, ein solches Amt an einen Gelehrten zu vergeben.
Damals umfasste die Unibibliothek ca. 50.000 Bände, die in der Burse Ecke Neubrunnenplatz/Große Bleiche untergebracht war. Mit Frau Therese zog er in eines der Professorenhäuser ein (nicht die Nummer 7; denn dort wohnte schon Soemmerring). Forster hatte zeitlebens ein gespanntes Verhältnis zum Geld. Er war ein Büchernarr: Nach eigenen Aussagen betrugen seine Ausgaben für Bücher 1786/87 100 Dukaten, d.h. ca. 1/6 seiner damaligen Einkünfte. Sein Amt war sehr gut dotiert: Forster erhielt 1.800 Gulden. Im Vergleich dazu kam der berühmte Anatom Soemmerring "nur" auf 1.600 Gulden; ein einfacher Handwerker verdiente lediglich 200 bis 300 Gulden jährlich.

Forster profitierte von der Erneuerung der Universität und dem Wunsch des Kurfürsten, auch protestantische Gelehrte in die Stadt zu holen. An der Universität lehrten zu dieser Zeit Männer wie Dorsch, Hofmann, Metternich und Wedekind, die aufklärerische Ideen verbreiteten und später als Jakobiner in der Mainzer Republik eine Rolle spielten. Nach dem Einmarsch der Franzosen in Mainz am 21. Oktober 1792 übernahm er im Jakobinerklub eine führende Rolle - nicht zuletzt, um seine philosophischen Erkenntnisse in die revolutionäre Tat umzusetzen. Er wurde zum Vorkämpfer für eine republikanische Verfassung. Forsters Haus wurde zum Treffpunkt von Bauern, Bürgern und Beamten. In dieser Zeit schrieb er an Soemmering:
"Ich habe mich für eine Sache entschieden, der ich meine Privatruhe, meine Studien, mein häusliches Glück, vielleicht meine Gesundheit, mein ganzes Vermögen, vielleicht mein Leben aufopfern muß. Ich lasse aber ruhig über mich ergehen, was kommt, weil es als Folge einmal angenommener und noch bewährt gefundener Grundsätze unvermeidlich ist."
Nach dem Einmarsch der französischen Truppen im Oktober 1792 wird die Mainzer Republik ausgerufen; im Januar 1793 wird Forster Präsident des Jakobinerklubs und Herausgeber der Neuen Mainzer Zeitung; nach den Wahlen zum Rheinisch-Deutschen Nationalkonvent wird er Abgeordneter und Vizepräsident des Nationalkonvents. Seine Rede als Vizepräsident überzeugte die Abgeordneten, das von den Franzosen eroberte Land für unabhängig zu erklären und für den Anschluss an die Republik Frankreich zu stimmen:
"Ihr habt die ganze Tyrannei im rheinisch-deutschen Volke mit einem mächtigen Schlag zu Boden gestreckt und die Fahne der Volkssouveränität an dem befreiten Rheinufer aufgepflanzt. Männer, der erste Schritt ist getan; aber der zweite muß folgen [...], sprechet das große entscheidende Wort: Die freien Deutschen und die freien Franken sind hinfüro ein unzertrennlich Volk!"

Wenige Tage später, am 25. März 1793, reiste Forster nach Frankreich, um den Beschluss der Pariser Regierung zu überbringen - mit leichtem Gepäck und ohne Mantel, denn er erwartete, nach drei Wochen wieder zu Hause zu sein. Während er seine Rede vor dem französischen Nationalkonvent hielt, gaben die Franzosen in Mainz den Widerstand gegen die deutschen Belagerer auf - die Mainzer Republik war am Ende. Forster führte von da an das schwierige Leben eines Emigranten und stellte sich in den Dienst der französischen Regierung. Er erkrankt an der "skorbutischen Gicht", die ihn seit seiner Weltreise von Zeit zu Zeit befällt. Am 10. Januar 1794 im Alter von nur 39 Jahren starb er in einem Revolutionsquartier in Paris.

 

Forsters Ruf als einer der ersten und bedeutendsten deutschen Ethnologen ist heute unbestritten. Sein Werk hat wesentlich dazu beigetragen, die Ethnologie als eigenständigen Wissenschaftszweig in Deutschland zu etablieren.

Nach Forsters Tod im revolutionären Paris geriet sein Werk außerhalb der Fachwelt fast vollständig in Vergessenheit. Grund dafür dürfte sein Engagement im Zusammenhang mit der Mainzer Republik und der französischen Revolution gewesen sein.

Während des Deutschen Kaiserreiches und zur Zeit des Nationalsozialismus wurde Forster geächtet. Je nach politischer Zeitströmung wurde Forster daher bis heute sehr unterschiedlich beurteilt.

Die Erinnerung an den Forscher und Revolutionär Georg Forster ist in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg in der Deutschen Demokratischen Republik immer lebendig gewesen und wurde in die eigene Traditionsbildung einbezogen. Georg Forster war u. a. Namensgeber der ersten deutschen Forschungsstation in der Antarktis, die 1976 von der DDR gegründet wurde.

Auf der Suche nach demokratischen Traditionen in der deutschen Geschichte setzte seit den 1970er Jahren in der Bundesrepublik Deutschland eine differenzierte Auseinandersetzung mit Forster und der Mainzer Republik ein.

Bei der Eröffnung des Rastatter Freiheitsmuseums 1974 hatte Bundespräsident Gustav Heinemann dem damaligen Mainzer Kulturdezernenten Anton Maria Keim empfohlen, die ‚Mainzer Republik‘ in Kooperation mit dem Bundesarchiv mit einer Ausstellung und einem wissenschaftlichen Katalog zu würdigen. [Anm. 1] Friedrich Schütz hatte für den dreibändigen Katalog der 1981 im Rathaus eröffneten Ausstellung 29 Historiker aus verschiedensten Ländern um Beiträge gebeten. Die Ausstellung wurde ebenfalls in Paris und in zehn französischen Universitätsstädten gezeigt.

Fünf Jahre zuvor hatte der Fachbereich Geschichte der Johannes Gutenberg-Universität aus diesem Thema noch eine bundesweit belachte Posse gemacht. [Anm. 2] In jüngster Zeit wird seine Person immer stärker gewürdigt, 1994 fand in der Universität eine Ausstellung zum 200. Todestag Forsters statt. Inzwischen trägt der 2013 eröffnete Neubau für die Sozialwissenschaften im Campus der Johannes Gutenberg-Universität Mainz den Namen Georg Forsters.

Nachweise

Verfasser: Elmar Rettinger und Wolfgang Stumme

Quellen:

  • 2000 Jahre Mainz - Geschichte der Stadt digital
  • Keim, Anton Maria: Stadt-Archiv-Geschichte(n). In: Mainzer Zeitschrift, Jg. 96/97, Mainz 2001/2002, S. 23 – 26.

Aktualisiert am: 04.08.2016

Anmerkungen:

  1. Keim, Anton Maria: Stadt-Archiv-Geschichte(n). In: Mainzer Zeitschrift, Jg. 96/97, Mainz 2001/2002, S. 23 – 26, hier: S. 25. Zurück
  2. Keim, Anton Maria, ebd.  Zurück