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Die Pfalzgrafen bei Rhein

Burg Stahleck

Seit der Zeit der merowingischen Könige war der Pfalzgraf Verwaltungsbeamter in den Königspfalzen. In karolingischer Zeit war er zu ihrem Vorsteher aufgestiegen. Im 9. Jahrhundert amtierten weitere Pfalzgrafen in Lothringen (Niederrhein), in Sachsen, Bayern und Schwaben und Lothringen.

Das Pfalzgrafenamt am Rhein war seit 989 im Besitz der Familie der Ehrenfriede (Ezzonen). Die Familie war in der Eifel und im Gebiet um Bonn, Siegburg und Zülpich begütert und hatte Vogteirechte am Rhein und im Moselland. Nach Ezzos Tod im Jahr 1043 ging die Pfalzgrafschaft an seinen Neffen Heinrich über. Das Hausgut der Ezzonen fiel zum großen Teil an die Kölner Kirche. Im Jahr 1085 wurde Heinrich von Laach zum Pfalzgrafen ernannt. Schließlich hatte zwischen 1099 und 1113 Siegfried von Ballenstedt die Pfalzgrafschaft inne, bevor sie 1113 an Gottfried von Calw, 1140 an Heinrich Jasomirgott und 1142 an Hermann von Stahleck vergeben wurde.

Die Verleihung der Pfalzgrafschaft an Hermann von Stahleck, einen Schwager König Konrads III., bedeutete das Ende des Kölner Fernbesitzes im Raum Bacharach. Im Jahr 1189 musste Erzbischof Philipp von Köln die Vogtei an den Pfalzgrafen übertragen.

Als Kaiser Friedrich I. Barbarossa 1156 seinen Halbbruder Konrad von Staufen zum Pfalzgrafen (1156-1195) machte, überließ er ihm zur besseren Amtsführung das salisch-staufische Gut am Rhein (Donnersberg, Nahegau, an der Haardt und der Bergstraße und im Kraichgau). Hinzu kamen Güter und Rechte, die mit der staufischen Vogtei über die Wormser Kirche und das Kloster Lorsch verbunden waren. Diese Güter bildeten die Keimzelle des späteren pfälzischen Territoriums.

Nach 1156 verlagerte sich in einem allmählichen Prozess der Schwerpunkt der Pfalzgrafschaft von Bacharach nach Heidelberg.

Lehnsbuch des Kurfürsten Friedrich I. (Bild: Uni Greifswald)

Im Jahr 1194 fand auf Burg Stahleck die berühmte Hochzeit zwischen Anna, der Tocher des Pfalzgrafen Konrad,  und Heinrich, dem Sohn Heinrich des Löwen, statt. Diese Verbindung führte dazu, dass 1195 die Pfalzgrafschaft für einige Jahre an die Welfen in Brauschweig fiel. Nach den Kämpfen des Welfen Otto IV. mit dem Staufer Friedrich II. um die Königgskrone, wurde die Pfalzgrafschaft 1214 vom  Staufer an Ludwig I. von Wittelsbach (1214-1228) übertragen. Spätestens jetzt war Heidelberg die Hauptresidenz der Pfalzgrafen bei Rhein. Bacharach blieb wie Neustadt an der Weinstraße und Alzey Nebenresidenz der Pfalzgrafen.

Neben Bacharach bildeten am Mittelrhein Kaub und  Burg Gutenfels (1277/89), der im ersten Viertel des 14. Jahrhunderts erbaute Pfalzgrafenstein, Burg Herzogenstein (Mitte des 14. Jahrhunderts) und die Sauerburg Herrschaftsmittelpunkte der Pfalzgrafen. Von ihnen aus wollte man möglichen Expansionsgelüsten der Grafen von Katzenelnbogen im Norden entgegentreten. Im Süden sollte ein Sperrriegel gegen die Mainzer Kirche errichtet werden, das in Heimbach bzw. auf der anderen Seite des Rheins im Wispertal Stellung bezogen hatte.

Im Hausvertrag von Pavia (1329) hatten die Wittelsbacher ihren Besitz in drei Gebiete geteilt: Rheinpfalz, Oberpfalz und Bayern: Die Kurwürde wurde in der Golden Bulle 1356 der rheinpfälzischen Linie zugesprochen. Die Pfalzgrafen verfügten 1198 bis 1623 und von 1648 bis 1806 über eine Stimme im siebenköpfigen Kollegium der Kurfürsten, das den deutschen König wählte.

Im Laufe der Jahrhundert, vor allem während des 15. Jahrhunderts entstanden zahlreiche Nebenlinien, die Kurpfalz (zwischen Kaub und Heidelberg/Mannheim, die Kurfürstentümer Bayern/Oberpfalz (Eger/Neumarkt/Amberg) und Bayern (Lech/Donau), das Herzogtum Pfalz-Zweibrücken (südlich der Nahe, um Zweibrücken und Rapoltstein), Pfalz-Neuburg (Düsseldorf/Jülich) und Pfalz Sülzbach (bayerische Pfalz).

Im Zuge der Reformationen wandten sich die kurpfälzischen Linien nach und nach dem Protestantismus zu, während die bayerischen Linien am katholischen Glauben festhielten. Als 1685 die katholische Neuburger Linie die Pfalzgrafschaft übernahm, wurde in zahlreichen Orten wieder der Katholizismus eingeführt.

Im pfälzischen Erbfolgekrieg (1688-1697) wurden große Teile der Kurpfalz von französischen Truppen verwüstet. Als die altbayerische Linie der Wittelsbacher im Jahr 1777 ausstarb, trat Kurfürst Karl Theodor aus der Linie Pfalz-Sulzbach die Erbschaft als „Kurfürst von Pfalz-Bayern“ an.

Im Verlauf der französischen Revolutionskriege fiel das gesamte linke Rheinufer zwischen 1794-1815 an Frankreich. Die pfälzischen Territorien wurden mit Rheinhessen im Département Donnersberg (Mont-Tonnere) zusammengefasst und 1802 in den französischen Staatsverband eingegliedert.

Mit dem Reichsdeputationshauptschluss fand 1803 auch die kurpfälzische Herrschaft auf dem rechten Rheinufer ihr Ende, da die Gebiete der Pfalz unter andere Herrschaften, das neue Großherzogtum Baden, Leiningen, Hardenburg, Hessen-Darmstadt und Nassau-Usingen aufgeteilt wurden.

Nach den Befreiungskriegen 1815 kam die ehemaligen linksrheinischen Gebiete der Pfalz an das Königreich Bayern. So blieb es bis zum Jahr 1945. Nach der französischen Besatzungszeit ging das Gebiet im neu gebildeten Bundesland Rheiland-Pfalz auf, das neben der Pfalz noch den früher zum Großherzogtum Hessen gehörigen Teil Rheinhessens und das früher zur preußischen Rheinprovinz gehörige moselfränkische Rheinland umfasst.

Innerhalb des neuen Bundeslandes war die Pfalz zunächst ein eigenständiger Regierungsbezirk, der 1968 mit dem Regierungsbezirk Rheinhessen vereinigt wurde.

Quelle: Euskirchen; Schaab; redakt. Bearb. S.G.