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„Die sogenannten hiesigen Kaufleuthe ... sind im grunde nur Krämer“. Mainzer Grosshändler in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts

von Ricarda Matheus

Einführung

Im Jahre 1747 wurde seitens des Mainzer Kurfürsten Johann Friedrich Karl von Ostein eine Trennung der bis dato in der Krämerzunft vereinten Klein- und Detailhändler einerseits und der Großkaufleute und Faktoren andererseits veranlasst. [Anm. 1] Durch die Gründung eines eigenen Handelsstandes wurden die Kaufleute von den zünftigen Kreisen des Mainzer Bürgertums abgegrenzt und mit einer Reihe von wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Privilegien ausgestattet. Vorrangiges Ziel dieser Maßnahme war die Belebung und Förderung des städtischen Groß- und Außenhandels. [Anm. 2]   
     Johann Kaspar Riesbeck urteilte Anfang der 1780er Jahre in folgender Weise über die Mainzer Kaufmannschaft: Die sogenannten hiesigen Kaufleuthe, deren einige ansehnliches Vermögen besitzen, sind im grunde nur Krämer, die größtentheils von der Verzehrung der Stadt und des Landes umher ihre Nahrung ziehn, und nebenher Spediteurs für die Kaufleuthe von Frankfurt und einige andere Städte machen. [Anm. 3] Riesbecks Urteil hatte Folgen. Noch neuere Publikationen berufen sich auf ihn als Kronzeugen, wenn es darum geht, die Rolle des Mainzer Handels im 18. Jahrhundert einzuschätzen. [Anm. 4] Nimmt man Riesbecks Einschätzung für bare Münze, stellt sich die Frage, ob die Pläne des Kurfürsten gescheitert waren? Konnte sich in der kurfürstlichen Residenzstadt tatsächlich kein nennenswerter Großhandel etablieren? Und auf welche Kriterien stützte Riesbeck seine Einschätzung?  
     In einem ersten Teil werden die Ausgangslage des Mainzer Groß- und Außenhandels bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts sowie die Voraussetzungen, die zur Gründung des Mainzer Handelsstandes geführt haben, aufgezeigt. Anschließend wird der Versuch unternommen, Riesbecks Einschätzung von den handelnden Menschen, von den agierenden Kaufleuten her zu überprüfen. Ein prosopographischer Ansatz, wie er dieser Untersuchung zu Grunde liegt, ermöglicht dabei neue Erkenntnisse über die soziale Zusammensetzung des Mainzer Handelsstandes, seine Genese und Größe sowie die Bedeutung des Großhandels für die städtische Wirtschaft. [Anm. 5] In einem dritten Teil soll anhand zweier Beispiele ein Eindruck von Geschäftsfeldern und Handelsbeziehungen Mainzer Großkaufleute vermittelt werden. Ein abschließender Vergleich mit anderen Städten dient der Beurteilung und Einordnung des Mainzer Großhandels der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts.

Aufnahm und Beförderung der Handelschafft in Unserer Churfürstlichen Residentz-Stadt ...“

Dem frühneuzeitlichen Mainzbesucher bot sich am Ufer des Rheins das Bild geschäftigen Treibens. Riesbeck beschrieb den Anblick der Residenz bei seiner Ankunft 1781 mit den Worten: Grade vor den Augen hat man die Stadt Maynz, die sich hier mit einer unbeschreiblichen Majestät darstellt. Die unzähligen Schiffe, welche die Rheden derselben bedeken, spiegeln sich, so wie die vielen und prächtigen Kirchtürme im Kristallwasser des Rheines. [Anm. 6] Schon rund zweihundertfünfzig Jahre zuvor bemerkte Antonio de Beatis: Am Ufer des genannten Flußes […] waren unendlich viele Kähne und Schiffe von solchen Ausmaßen und einer solchen Beschaffenheit, daß sie gewaltige Lasten tragen konnten. [Anm. 7] Und doch verlief die Entwicklung des städtischen Fernhandels bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts nicht so, wie dies auf Grund der Lage am Zusammenfluss der Wasserstraßen Main und Rhein möglich gewesen wäre. Die Gründe hierfür sind vielfältig und vielschichtig. Mainz war eben keine Handelsstadt, sondern primär eine kurfürstliche und geistliche Residenzstadt. Doch ähnlich wie Köln war Mainz wichtiges Umschlagzentrum für die Handelsprodukte, welche die Stadt vom Oberrhein, der Schweiz und dem Elsass einerseits und vom Niederrhein, Holland und Übersee andererseits erreichten. [Anm. 8] Das Stapelrecht, das Mainz bis zum Dreißigjährigen Krieg verteidigen konnte, sicherte zum einen den in der Stadt ansässigen Spediteuren ein gewisses Handelsvolumen, zum anderen dem Kurfürsten durch das Verladen der Güter und die jeweils zu entrichtenden Zoll-, Kran- und Wiegegebühren entsprechende Einnahmen. [Anm. 9] 1651 gelang es, das Stapelrecht zurückzugewinnen. Trotz einiger Lockerungen wurde es bis zum Anfang des 19. Jahrhunderts aufrecht erhalten. [Anm. 10] Eng verbunden damit war die sich im 17. und 18. Jahrhundert abzeichnende Entwicklung, dass der Speditions- und Kommissionshandel gegenüber dem Mainzer Eigenhandel größere Bedeutung gewinnen sollte. Dies wurde durch die wirtschaftliche Vormachtstellung der Messestadt Frankfurt forciert. Die bereits im Spätmittelalter einsetzende Verlagerung der Welthandelsstraßen und der Absatzmärkte nach Osten, die frühe Ausstattung der Reichsstadt Frankfurt mit Handels- und Messeprivilegien und schließlich eine größere konfessionelle Toleranz hatten Frankfurt eine nahezu uneingeschränkte wirtschaftliche Vorrangstellung verschafft und die Stadt zu einem der bedeutendsten europäischen Handels- und Messezentren aufsteigen lassen. [Anm. 11]
Auf Grund der immer wiederkehrenden Belagerungen der Stadt Mainz im 17. Jahrhundert sowie diverser Eroberungen infolge des pfälzischen und spanischen Erbfolgekriegs war der städtische Eigenhandel in Mainz zu Beginn des 18. Jahrhunderts nahezu vollständig zum Erliegen gekommen. [Anm. 12]
     Als Johann Friedrich Karl von Ostein am 22. April 1743 zum Mainzer Kurfürsten gewählt wurde, leitete er mit seiner kurz darauf folgenden Erklärung, das heben zu wollen, eine neue Entwicklung ein. [Anm. 13] Eines der Hauptziele des Kurfürsten im Sinne der merkantilistischen Wirtschaftspolitik war es, den städtischen und staatlichen Außenhandel zu beleben. [Anm. 14] Hochkarätige Berater standen ihm bei der Umsetzung seiner Pläne zur Seite. Die Mainzer Kaufmannschaft sollte vergrößert und es sollten vor allem fremde und erfahrene Großhändler mit weit gespannten Kontakten in die Stadt gezogen werden. Es war kein leichtes Unterfangen, erfolgreiche Kaufleute zum Zuzug nach Mainz zu ermuntern, war doch bekannt, dass Gewerbe und Handel in der Residenz noch sehr zünftig geprägt waren. Dies erklärt wohl, warum der Mainzer Kurfürst beschloss, eine eigene Großhandelskorporation zu gründen. Bei der Umsetzung dieser Idee standen andere Städte Pate: In Zedlers Universallexikon heißt es: Kauffleute werden zwar insgemein diejenigen genennet, die das Recht zu kauffen und zu verkauffen besitzen; doch ... man muss auch ... auf eines jeden Ortes Herkommen und Gewohnheit Achtung geben. Denn in großen und vornehmen Handelsstädten werden die Kramer, Marckt-Höcker und andere geringe Handthierer nicht mit vor Kauffleute gerechnet. [Anm. 15] Dieses Zitat verdeutlicht, an welchem Typus Stadt man sich in Mainz orientierte. Wirtschaftlich erfolgreiche Städte wie Hamburg, Frankfurt, Leipzig oder Köln, in denen die Händler ebenfalls nicht zünftig organisiert waren, dürften eine Vorbildfunktion eingenommen haben. [Anm. 16] Spätestens im Juni 1747 war die Abspaltung der Großhändler von den Krämern beschlossen, durch den kurfürstlichen Erlass vom 22. Dezember 1747 wurde die Gründung des Handelsstandes offiziell bekannt gegeben. [Anm. 17] Vorausgegangen war die Bestellung einer Kommerzienkommission, die als Beamtenkollegium Kontakte zu auswärtigen Händlern herstellen sollte, sowie die Wiederbelebung der Mainzer Messen. [Anm. 18]
     Um erfolgreiche Kaufleute nach Mainz zu locken verfügte der Kurfürst, ... dass dem Handel-Stand der Vorang vor allen übrigen Unseren Burgeren und deren Zünfften gestattet werde. [Anm. 19] Mit der neuen Korporation wurde gewissermaßen eine neue Elite geschaffen, die zwischen Zunftbürgertum einerseits und dem Adel andererseits einzuordnen war. [Anm. 20] Dieser Status spiegelte sich wohl nicht zuletzt auch in dem neuen Namen „Handelsstand“ wider. Die Bestimmung, jedes Handelsstandsmitglied müsse sich in Mainz niederlassen, zielte ebenso wie das Verbot, Filialleiter eines auswärtigen Handelshauses zu sein, [Anm. 21] darauf ab, den Großhandel in vollem Umfang und dauerhaft in Mainz zu etablieren. Der Zugang zum privilegierten Handelsstand sollte zunächst jedem offen stehen. Insbesondere von einer Ausbildung als Kriterium für eine Aufnahme in die Korporation hatte der Kurfürst Abstand genommen, um möglichst viele Kaufleute in die Stadt zu locken. Allerdings entstanden durch diese Regelungen auch Probleme – besonders qualitativer Art –, die schon nach wenigen Jahren zu einer veränderten Aufnahmepraxis führten. Etwa seit der Mitte der 1760er Jahre wurde eine kaufmännische Ausbildung Voraussetzung für die Aufnahme in den Handelsstand. Ein Berater des Kurfürsten, Friedrich Ernst Weiß, hatte schon in einer Denkschrift kurz nach der Gründung des Handelsstandes kritisch angemerkt, dass den Mainzer Kaufleuten die Erfahrungen in ausländischen Kontoren fehle und sie daher keinen Mut zum Direktimport aus fremden Ländern hätten. [Anm. 22] Daher führte man wohl spätestens in den 80er Jahren Handels- bzw. Bildungsreisen, ja gleichsam eine „Wanderschaft für Kaufleute“ als notwendige Voraussetzung für die Aufnahme in den Handelsstand ein. [Anm. 23] Hierdurch wurde eine bemerkenswerte Professionalisierung des Mainzer Groß- und Außenhandels erreicht. Mit einem relativ hohen Inferendum von 5.000 Gulden sollte zum einen ein Grundstock für die Existenzgründung sichergestellt werden. Zum anderen ist hierin eine qualitative Auswahl der Mitglieder zu erkennen. Nur wirklich vermögende und demzufolge als für Stadt und Handelsstand Erfolg versprechende Kaufleute sollten in die Korporation aufgenommen werden. [Anm. 24]

 

Die Zusammensetzung des Handelsstandes

In Mainz lag der Handel freilich nicht nur in den Händen der Großkaufleute. Für eine Untersuchung des Handelsstandes sind aber nur die korporierten Kaufleute von Interesse. Bei einer solchen Zuordnung stellen die uneinheitlichen und in ihren Konnotationen nur teilweise kongruenten Berufsbezeichnungen ein Problem dar. Zweifelsfrei können jene Personen, die in den Quellen "Handelsstandsglieder" oder "Handelsstandsverwandte" genannt werden, zu der neu geschaffenen Korporation gezählt werden. Auch die als "Grossist", "marchand en gros", "Faktor", "Handelsmann" oder "Kaufmann" bezeichneten Händler waren nicht selten korporierte Mitglieder, allerdings sind diese hier nur dann dem Handelsstand zugeordnet worden, wenn weitere Hinweise auf eine Mitgliedschaft vorlagen. In eine "Grauzone" fallen oft die als
Wein-, Tabak-, oder Spezereihändler bezeichneten Kaufleute. Sie haben ebenfalls nur dann Aufnahme in das zu Grunde liegende Verzeichnis gefunden, wenn anhand anderer Belege eine Großhandelstätigkeit nachgewiesen werden konnte. Vor diesem Hintergrund beläuft sich die Zahl der namentlich bisher bekannten Großhändler im kurfürstlichen Mainz im Zeitraum von 1747-1797 auf insgesamt 342. [Anm. 25] Verfolgt man die Entwicklung des Handelsstandes im Untersuchungszeitraum, so lassen sich folgende Mitgliederzahlen ermitteln:

 

Mitglieder des Handelsstandes [Anm. 26]


 

Die Größe des Handelsstandes ist sicherlich nicht das einzige oder gar entscheidende Kriterium für die Bedeutung des Mainzer Großhandels. Dennoch ist die Etablierung des Handelsstandes und das Anwachsen der Mitgliederzahl nach 37 Jahren auf das fast Zweieinhalbfache bemerkenswert. Bildeten die Großkaufleute in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts noch eher die Ausnahme, so kann in der Mitte der 1780er Jahre bereits etwa jeder vierte Handeltreibende in der Stadt dieser Gruppe zugerechnet werden. [Anm. 27] Berücksichtigt man jene etwa 90-100 Großhändler, die im letzten Drittel des 18. Jahrhunderts durchschnittlich im Handelsstand korporiert waren, ferner Beisassen, Hoffaktoren, Krämer und andere Händler, die nicht im Handelsstand erfasst waren, zudem jene in den Kontoren beschäftigten Handelsbediensteten, Buchhalter und Lehrlinge sowie Kran- und Kaufhausknechte, Schiffer und Sackträger, die ihr Auskommen durch die Geschäfte der Kaufleute fanden, wird deutlich, dass sich der Handel in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts zu einem wichtigen Arbeitgeber und maßgeblichen Wirtschaftsfaktor innerhalb der Stadt entwickelt hatte.
     Bisherige Studien haben die Zusammensetzung des Handelsstandes allenfalls in seiner frühen Phase in den Blick genommen. In diesem Kontext wurde hervorgehoben, dass sich der Handelsstand aus „vielen Italienern“ oder „meist Fremden“ zusammensetzte. [Anm. 28] Aufschlussreich ist jedoch vor allem seine Entwicklung in den Jahrzehnten nach seiner Gründung. Verbunden damit stellt sich zudem die Frage, aus welchen beruflich-sozialen, regionalen und konfessionellen Bereichen neue Mitglieder rekrutiert wurden. Untersucht man die Biographien der Kaufleute, so stellt man eine Dominanz der Zugewanderten fest. [Anm. 29] Insgesamt kann von einem Emporkommen neuer Mainzer Familien aus den Kreisen der Krämer in den Handelsstand im Laufe seines Bestehens kaum noch die Rede sein. Die Großhändler legten Wert auf soziale und wirtschaftliche Exklusivität, und zugleich ist die Bevorzugung fremder Kaufleute gegenüber den einheimischen Kleinhändlern nicht zu übersehen. Pointiert kann man für den Zeitraum seit den 1770er Jahren formulieren: Entweder ergänzte sich der Handelsstand durch die Aufnahme von Söhnen der Großhändler [Anm. 30] oder anderer Verwandter aus sich selbst heraus, oder es handelte sich bei den neuen Kaufleuten um Zuwanderer. Durch die Gründung des Handelsstandes bildete sich somit in Mainz in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts ein relativ geschlossenes und sich seiner innerstädtischen Position als wirtschaftliche Elite bewusstes Handelsbürgertum heraus. [Anm. 31]
     Der Strom der Zuwanderung riss während der gesamten zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts nicht ab, die genauen Herkunftsorte der Fremden sind jedoch nur selten überliefert. [Anm. 32] So galt ein Italiener in den Quellen ebenso als Fremder wie ein Händler aus dem nahe gelegenen Hochheim oder Eltville. Die italienischen Einwanderer machten einen Großteil der Zuwanderer unter den fremden Kaufleuten aus und kamen zumeist aus Norditalien, vor allem aus der Region des Comer Sees. [Anm. 33] Darüber hinaus lassen sich zahlreiche Beispiele aus Frankreich, den Niederlanden und dem süddeutschen Raum nachweisen. Sieht man von den zufällig nach Mainz gelangten Kaufleuten einmal ab, so müssen die fremden Händler auf die positiven Bedingungen des Mainzer Großhandels aufmerksam geworden sein, die sie schließlich zu einer Zuwanderung bewegten. Die wieder belebten Mainzer Messen könnten hier als „Informations- und Kommunikationsbörsen“ eine Rolle gespielt haben. Auch geschäftliche und verwandtschaftliche Beziehungen müssten aber bei einer weiterführenden Untersuchung in den Blick genommen werden.
     Das nachweisliche Vermögen der Kaufleute überstieg in den meisten Fällen die geforderten 5.000 Gulden um ein Beträchtliches. Ein Zuzug aus wirtschaftlicher Not heraus ist daher wohl auszuschließen. Anders formuliert: Wäre der Mainzer Großhandel außerhalb der städtischen Mauern negativ eingeschätzt worden, wäre die offenkundig auf fremde Kaufleute bestehende Ausstrahlungskraft der Stadt, die mehrere Jahrzehnte anhielt, nicht zu erklären.
     Die Integration der im Handelsstand korporierten fremden Kaufleute wurde durch die gleichzeitige Aufnahme in die Bürgerschaft ergänzt. [Anm. 34] Forciert wurde der Integrationsprozess durch die Verheiratung mit Mainzer Bürgers- bzw. Kaufmannstöchtern. Zugezogenen Großhändlern fiel es daher relativ leicht, geschäftliche Kontakte zu alteingesessenen Handelsstandsmitgliedern durch verwandtschaftliche Verbindungen zu untermauern. [Anm. 35] Infolge einer gezielten Heiratspolitik der Kaufmannsfamilien untereinander entstanden im Laufe der Zeit regelrechte Verwandtschaftsnetze und Handelsdynastien. Daher muss die von Elisabeth Darapsky formulierte These, der Handel in Mainz habe in den Händen Fremder gelegen, sicherlich relativiert werden. [Anm. 36]
     Betrachtet man die konfessionellen Rahmenbedingungen des Mainzer Handels, so ist eine Messeverordnung aus dem Jahre 1748 von Interesse, in der jedermann erinnert und angewiesen [wird], insonderheit der Religion halber niemanden im mindesten beschwerlich zu seyn. [Anm. 37] Die hier verordnete Toleranz gegenüber Andersgläubigen sollte nicht nur während der Messe gelten, vielmehr sollten protestantische Kaufleute auch dauerhaft nach Mainz gezogen werden. Allerdings konnten sie nicht das volle Bürgerrecht erwerben, sondern verblieben im Status der Tolerierten. Nach Auffassung der damaligen Zeit waren es die Protestanten, die durch ihren neuen Geist den wirtschaftlichen Aufschwung herbeiführen konnten, sie waren es, die die meisten und vortrefflichsten Geschäfte machen konnten. [Anm. 38] Das Florieren des Handels in der Nachbarstadt Frankfurt unterstrich diese Überzeugung. Wie verfuhr man nun bei der Umsetzung dieser Ideen bezüglich der Aufnahme von Protestanten in den Handelsstand.
     François Dreyfus formulierte die – bis heute allgemein akzeptierte – These: „La plus grand part de l'activité économique est entre les mains de protestants“. [Anm. 39] An anderer Stelle heißt es: „On trouve de gros négociants – et avec les calvinistes, les protestants contrôlent l'essentiel du grand commerce de Mayence“. [Anm. 40] Diese Aussage stützt er maßgeblich auf eine Unterschriftenliste, die der Petition zur Errichtung einer protestantischen Gemeinde im Jahre 1786/87 beigelegt wurde. [Anm. 41] Dieser Liste sind Dreyfus zufolge auch die erfolgreichen und angesehenen Mainzer Kaufleute Ackermann, Gretzinger, Weingärtner und Mappes zu den Protestanten zu zählen. Bei diesen ist allerdings die katholische Konfession zweifelsfrei nachweisbar. [Anm. 42] Die hier zu Tage tretende Diskrepanz ist wohl nur durch einen Übersetzungs- oder Interpretationsfehler der Petition zu erklären. Unterzeichnet haben nämlich neben anderen: Friedrich Wolf und Johann Ludwig Dechen auf dem Comptoir der Herrn H. und C. Mappes, P. Jakob Adam Lösler bei Herrn Johann Heinrich Weingärtner, J. G. J. Böhsinger nebst noch fünf auf dem Ackermänn'schen Comptoir und Friedrich Wilhelm Fleischmann, nebst noch zwei auf dem Gretzinger'schen Comptoir. [Anm. 43] Wie auch bei weiteren Bittstellern wurde wohl in der Hoffnung, die eigene Integrität zu unterstreichen, der Beruf oder der Arbeitgeber genannt. Dies bedeutet, dass die hier Unterzeichnenden zwar bei den großen Handelsfirmen beschäftigt waren, Rückschlüsse auf die Konfessionszugehörigkeit der jeweiligen Handelsstandsmitglieder lässt dies aber nicht zu.
     Tatsächlich kann nämlich für den gesamten Untersuchungszeitraum bisher nur ein einziger Protestant im Handelsstand nachgewiesen werden: Der aus Nürnberg stammende Kaufmannssohn Johann Christoph Friedel wurde am 13. Juni 1788 ad instar civis, also als Tolerierter, in Mainz sowie in den Handelsstand aufgenommen. [Anm. 44] Ein Gutachten aus dem Jahre 1794 bestätigt den Ausnahmecharakter dieser Aufnahme. Auf Anfrage der Landesregierung verfasste das Vizedomamt einen Bericht, demzufolge bis jetzt noch nicht das mindeste Beispiel dahier [sei], daß ein protestantischer Religion zugetaner Kaufmann in den hiesigen Handelsstand aufgenommen worden wäre, [...und] daß auch zur Zeit kein Protstant in den hiesigen Handelsstand möge aufgenommen werden. [Anm. 45] War es für Protestanten also nahezu unmöglich, in den Handelsstand aufgenommen zu werden, so bereitete man Konvertiten offenbar keine Probleme. Weder bei Georg Ludwig Kayser noch bei dem aus Lissabon stammenden Jakob Levins finden sich Hinweise auf Proteste des Handelsstandes gegen eine Mitgliedschaft. Auch der getaufte Jude Ägidius Neuhaus wurde 1765 ohne erkennbare Schwierigkeiten in den Handelsstand aufgenommen. Wenngleich der Handelsstand keine Korporation für alle Glaubensrichtungen wurde, standen die katholischen Großhändler der „religiös-ökonomischen Haltung“ [Anm. 46] der Protestanten offenkundig doch recht aufgeschlossen gegenüber, denn insgesamt finden sich in der genannten Petition immerhin die Namen von 14 protestantischen Handlungsbediensteten.
     Insgesamt wird man festhalten können, dass die Mainzer Katholiken im Handelsstand nicht bereit waren, um des wirtschaftlichen Aufschwunges der Stadt oder des Staates willen, sich der vermeintlichen protestantischen Konkurrenz auszusetzen, wenngleich sie es durch Anstellung der Andersgläubigen in ihren Handelshäusern verstanden, jenen „neuen Geist“ und die dadurch erhofften ökonomischen Innovationen für sich selbst und die Stadt zu nutzen. [Anm. 47] Obwohl seitens der Regierung und des Vizedomamtes die Toleranz besonders für eine erzbischöfliche Stadt verhältnismäßig groß war, konnten sich die Protestanten nicht innerhalb der Kaufmannschaft integrieren. [Anm. 48] Bestrebungen des Kurfürsten, von der wirtschaftlichen Prosperität der Andersgläubigen profitieren zu können, müssen demzufolge als misslungen betrachtet werden. Die bisher von Dreyfus vertretene und in der Literatur rezipierte These, die Protestanten hätten am Mainzer Großhandel einen bedeutenden Anteil gehabt, muss mit Blick auf den Handelsstand, dessen Mitglieder die wesentlichen Träger des Groß-, Außen- und Speditionshandels waren, revidiert werden. [Anm. 49]

 

Handelszweige und Geschäftsbeziehungen

Wendet man den Blick auf die allgemeinen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, so wird deutlich, dass die gängigste Unternehmensform der Kaufleute auch im 18. Jahrhundert noch die Familiengesellschaft, das Einzelunternehmen war. [Anm. 50] Darüber hinaus war der Kaufmann und Fernhändler des Ancien Régime in der Regel ein Distriktkaufmann, der sich mit Blick auf seine Bezugsquellen sowie auf sein Absatzgebiet auf bestimmte Regionen konzentrierte. Die Weiterentwicklung zum modernen Branchenkaufmann setzte oft erst in der zweiten Hälfte des 18., zuweilen erst zu Beginn des 19. Jahrhunderts ein. [Anm. 51] So hatten die Mainzer Großhändler in der Mitte des 18. Jahrhunderts auch ein breites Warensortiment auf Vorrat, obwohl sich bereits gewisse Schwerpunkte bei den Handelssektoren herauskristallisierten. Traditionell war der Wein eines der bedeutendsten Handelsgüter in der Stadt. [Anm. 52] Trägern dieses Handelszweiges ist es vermutlich zu verdanken, dass Mainz im 19. Jahrhundert zu einer der größten europäischen Weinniederlagen aufgestiegen ist. [Anm. 53] Daneben spielte der Tabak im Großhandelsgeschäft eine zunehmend wichtige Rolle. Zwar war Tabak ein wichtiges Kolonialprodukt, welches in der Regel über Holland importiert wurde, [Anm. 54] es existierten aber auch bedeutende Anbaugebiete auf dem Kontinent. Der vornehmlich in der Pfalz angebaute Tabak wurde von Kölner Kaufleuten aufgekauft, weiterverarbeitet und gewinnbringend abgesetzt. So wurde der Tabak auf dem Rhein in beide Richtungen zu einem maßgeblichen Handelsgut – allein im Jahre 1789 wurden in Mainz 59.607 Zentner Tabak verzollt. [Anm. 55] Vor diesem Hintergrund boten sich für Mainzer Kaufleute in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts neue Möglichkeiten, sich in diesem Handelssektor zu profilieren. Daneben stellte Holz eines der wichtigsten Handelsprodukte auf dem Rhein dar. Besonders das aus dem Schwarzwald exportierte Holz passierte die Handelsstädte Mainz und Köln auf seinem Weg nach Holland, da für diesen Schwergüterverkehr keine Alternative zum Wasserweg bestand. [Anm. 56] Der Umsatz dieses Rheinhandelssektors soll sich im Jahre 1780 auf 6,5 Millionen Gulden belaufen haben. Die Flößerei bedurfte eines gewaltigen Kapitaleinsatzes, der Wert eines Holländerfloßes konnte bis zu 650.000 Gulden betragen. [Anm. 57] Da der überwiegende Teil des Holzhandels jedoch in den Händen niederländischer Kommissionäre lag, [Anm. 58] die sich in den rheinischen Städten niedergelassen hatten und Deutschland ein unbeschreibliches Geld abzapften, [Anm. 59] konnten sich nur wenige Mainzer Kaufleute in diesem Sektor etablieren. Geht man von der Anzahl der Mainzer Kaufleute aus, die sich im Spezereihandel engagierten, so war dies der größte Handelssektor der Stadt. Dies lag nicht nur in der großen Gewinnspanne, auch die durch Hof und Adel bedingte relativ hohe Anzahl der Abnehmer innerhalb der Stadt sowie die Möglichkeit, im Detail handeln zu dürfen, zogen immer neue Händler nach Mainz. Der Bedarf der Residenz sowie die Konsumgewohnheiten des Hofes und des Adels prägten somit nicht nur die Struktur und die Anzahl der in der Stadt ansässigen Gewerbe, auch die Grossisten hatten ihr Auskommen aufgrund des Prestige- und Modebedürfnisses von Hof und Adel. Durch die gehobenen Ansprüche des Adels und des Bürgertums war der Bedarf an Großhändlern, welche auf diese Produkte spezialisiert waren und über entsprechende Handelsbeziehungen verfügten, enorm gewachsen. Die Handelsgüter wurden meist direkt aus Italien, Frankreich oder Holland bezogen, [Anm. 60] weshalb die meisten Tuch- und Seidenwarenhändler über weitgespannte Geschäftsbeziehungen verfügten.
     Wenngleich der eigenständige Fernhandel der Mainzer Kaufleute in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts zunehmend an Bedeutung gewann, spielte der Speditions- und Kommissionshandel in der Rheinstadt nach wie vor eine maßgebliche Rolle. Dieser war eng mit dem aus den geographischen Gegebenheiten entstandenen Stapelrecht der Stadt verbunden. [Anm. 61] Durch die Belebung des Fernhandels seit der Mitte des Jahrhunderts erfuhr auch das Speditions- und Kommissionsgeschäft einen enormen Aufschwung. Die jährlich etwa 600 bis 700 vom Niederrhein in Mainz landenden Schiffe führten Kaffee, Zucker, Reis, Tabak, Baumwolle und Metalle mit sich, viele dieser Waren wurden weiter nach Süddeutschland oder in die Schweiz verbracht. [Anm. 62] Umgekehrt wurde die Residenz vom Oberrhein mit Kupfer, Getreide, Tabak und Tuch beliefert. Etwa ein Viertel der über den Rhein nach Mainz gelangten Waren wurde von hier durch Mainzer Händler auf dem Landweg weiter vertrieben oder direkt in der Stadt konsumiert, der andere Teil wurde durch die Mainzer Spediteure auf dem Rhein oder Main weiter verfrachtet.
     Im Gegensatz zu den meisten in der Stadt ansässigen zünftigen Handwerkern und Detailhändlern korrespondierten die Großhändler sowie die Hoffaktoren direkt mit auswärtigen Kaufleuten und Fabrikanten und verfügten über einen die städtischen Mauern weit überschreitenden Geschäftskreis. [Anm. 63] Der durch spezifische Bezugs- und Absatzmärkte aufgebaute Handelsradius spiegelt gleichsam den „Horizont“ der Großkaufleute wider. Um hiervon einen Eindruck zu vermitteln, sollen im Folgenden zwei Mainzer Kaufleute vorgestellt werden.

 

Ernst Dumont: Wein- und Tabakhändler

Das Augenmerk richtet sich dabei zunächst auf Ernst Dumont, einen Mainzer Großhändler, von dem durch einen Überlieferungszufall die Generalbilanzen über einen Zeitraum von 22 Jahren erhalten geblieben sind. [Anm. 64] Ernst Hermes Dumont wurde am 29. Februar 1720 in der Nähe von Lüttich geboren. Von der Bedeutung des Handelsgutes Tabak innerhalb der Familie zeugen die drei Tabakfässer im Familienwappen. [Anm. 65] Während sich sein Bruder Heinrich Joseph Dumont als Tabakhändler und -fabrikant in Köln niederließ, zog es Ernst Dumont 1738 oder 1739 nach Mainz. 1741 heiratete er die aus dem Wickerer Bürgertum stammende Elisabeth Sulzer, [Anm. 66] durch die der Kaufmann zu Weinbergbesitz kam. Offenbar konnte er sein Geschäft binnen weniger Jahre in Mainz erfolgreich etablieren, denn im Jahre 1747 zählte Dumont bereits zu den Gründungsmitgliedern des Handelsstandes, von 1754 bis 1765 fungierte er zudem als einer von drei Vorstehern der Großhandelskorporation.
     In den frühen Jahren verfügte Ernst Dumont noch über ein für die damalige Zeit typisch breites und unspezialisiertes Warenangebot. So handelte er außer mit Nägeln und Draht beispielsweise auch mit Tapisserie, Puder, Kaffee, Spiel- und Tarotkarten sowie Hüten. Seit der Mitte der 50er Jahre war der Weinhandel zu einem Handelsschwerpunkt geworden und gehörte Schnupftabak zum wichtigsten Handelsgut. [Anm. 67] Einer der Hauptlieferanten für Tabak war sein Bruder Heinrich Joseph in Köln, der dort neben Brauer und Foveaux zu den größten Schnupftabakfabrikanten der Stadt zählte. [Anm. 68] 
     Wenngleich Dumont 1755 vereinzelte Kontakte nach Königgrätz oder Italien unterhielt, kann er aufs Ganze gesehen zu diesem Zeitpunkt wohl allenfalls als regional operierender Großhändler gelten. Doch seit der Mitte der 1760er Jahre lassen sich Veränderungen in seinem Geschäftsverhalten feststellen. Ernst Dumont reduzierte nicht nur sein Warenangebot nahezu vollkommen auf Wein und Tabak, auch die enge Verbindung zu seinem Bruder scheint sich von diesem Zeitpunkt an gelockert zu haben. Ist bei den Lieferanten eine deutliche Konzentration entlang der Rheinschiene zu konstatieren, so ist andererseits spätestens seit der Mitte der 1760er Jahre eine Ausdehnung des Absatzgebietes auf den gesamten Süden des deutschsprachigen Raumes festzustellen.
     Bereits 1767 finden sich seine Kunden in einem recht dichten Netz zwischen Düsseldorf und Erfurt an der nördlichen Grenze sowie Winterthur und Zürich im Süden. Sein Absatzgebiet wurde in westlicher Richtung quasi durch die Rheinschiene begrenzt, im Osten erstreckten sich die Verbindungen bis nach Dresden und Königgrätz. Zu diesem Zeitpunkt noch von einem regionalen Geschäftshorizont des Mainzer Handelsmannes zu sprechen, würde den hier aufgezeigten Verbindungen zu seinen Geschäftspartnern nicht gerecht.
     Offenbar überstand das Handelshaus Dumont den Siebenjährigen Krieg unbeschadet und konnte während der dokumentierten 22 Jahre seinen Umsatz nahezu kontinuierlich steigern. Von rund 24.000 Rt. im Jahre 1755 wuchs der Warenumsatz bis 1776 auf 84.000 Rt. an. Eine ansehnliche Steigerung seines Gewinns gelang Dumont erst in der Mitte der 1760er Jahre. Lag der jährliche Gewinn zunächst unter 2.000 Rt., so konnte Dumont 1764 erstmals 5.500 Rt., zwei Jahre später bereits 11.550 Rt. nach Abzug aller Ausgaben verbuchen. Bereits 1772 besaß der Kaufmann drei Häuser mit einem geschätzten Gesamtwert von 14.000 Rt., der Wert seiner Weinberge war von 1.800 Rt. 1755 auf 4.740 Rt. im Jahr 1774 gestiegen.
     Dass mit seinem wirtschaftlichen auch ein gesellschaftlicher Aufstieg in Mainz verbunden war, lässt sich an seiner zweiten Ehe ablesen. Nachdem 1764 seine erste Frau verstorben war, heiratete Ernst Dumont 1765 die Schwester des kurmainzischen Geheimrats, Maria Appolonia Reuter. Bereits 1760 war er zudem zum Stadtratsmitglied ernannt worden, bekleidete das Amt des Schatzungseinnehmers und führte im Regierungsauftrag die Aufsicht über die kommunale Feuerwehr, die Chirurgen und die Barbierinnung sowie über die Schifferzünfte zum großen und kleinen Anker. [Anm. 69] Parallel dazu bekleidete Ernst Dumont das Ehrenamt eines Kirchenjuraten in St. Quintin und war in dieser Funktion für die Vermögensverwaltung der Kirche zuständig. [Anm. 70]
Es war ihm innerhalb weniger Jahre gelungen, sich erfolgreich in die Mainzer Bürgerschaft zu integrieren, er hatte sowohl im kommunalen als auch im kirchlichen Bereich wichtige Funktionen eingenommen. Als Ernst Dumont 1781 im Alter von 60 Jahren starb, hinterließ er seiner zweiten Frau nicht nur das Wohnhauß mit samtlichen Tapeten [sowie] die Thecken und Laden,[Anm. 71] sondern vererbte seinen Nachkommen auch einen über die Grenzen der Stadt hinaus bekannten Namen, der eng mit der Geschichte des Handelsstandes verbunden war. Bestattet wurde er in der Familiengruft in der Kirche St. Quintin.[Anm. 72] Mehrere seiner Söhne waren weit bis ins 19. Jahrhundert im Mainzer Engroshandel engagiert, sein Sohn Daniel Dumont trat während der französischen Zeit in Mainz zudem als Gegner der Franzosen in Erscheinung. Sein Enkel Alexis Dumont, langjähriger Bürgermeister der Stadt Mainz, zählt zu den herausragenden Mainzer Persönlichkeiten des 19. Jahrhunderts. [Anm. 73]

 

Mathias Joseph Weingärtner: Spezereihändler und Manufakturunternehmer

Nicht ganz so dicht ist die Überlieferungslage für die Mainzer Handelsfamilie Weingärtner, die über drei Generationen hinweg im Mainzer Handelsstand nachweisbar ist. [Anm. 74] Johann Heinrich Weingärtner, der als Krämer mit zu den Gründungsmitgliedern des Handelsstandes zählte, stand diesem ab 1750 über einen Zeitraum von 29 Jahren vor, was auf sein Ansehen innerhalb des Handelsstandes schließen lässt. Dank seiner weit gespannten Geschäftsbeziehungen konnte sein Sohn Melchior Friedrich seine Lehrzeit in Holland und Frankreich verbringen. Er und sein Bruder, Mathias Joseph, traten in der Folge in Mainz als erfolgreiche Spezereigroßhändler in Erscheinung. Am Beispiel der Familie Weingärtner lassen sich exemplarisch auch die bereits angedeuteten Heiratsverbindungen Mainzer Kaufleute aufzeigen. So war Mathias Joseph Weingärtner mit Maria Anna Ackermann verheiratet, Karl Anton Berna mit Katharina Ackermann und Johann Anton Franz Berna wiederum mit Maria Barbara Weingärtner vermählt. Die Familie Berna stand zudem in engen verwandtschaftlichen Kontakten zu Mitgliedern der Mainzer Kaufmannsfamilien Migniami, Rossi und Tosetti sowie zum Frankfurter Handelsmann Schwendel. [Anm. 75] Die Familie Ackermann unterhielt wiederum familiäre Beziehungen zu den Frankfurter Händlern Lind und Monet, [Anm. 76] und Weingärtners waren mit der Kaufmannsfamilie Jordis in Frankfurt verwandtschaftlich verbunden. Eine derartige Heiratspolitik, die sich innerhalb der Mainzer Kaufmannschaft an zahlreichen Beispielen nachweisen lässt, konnte sowohl Konsequenz bestehender Geschäftskontakte sein als auch der Versuch, lockere Handelsbeziehungen über verwandtschaftliche Verbindungen zu festigen. Die Verknüpfung von Handels- und Verwandtschaftsbeziehungen führte somit zu einer Ausweitung und Vernetzung derselben.
     Im Folgenden geht es in erster Linie um die Tätigkeit von Mathias Joseph Weingärtner, denn mit ihm richtet sich der Blick auf eine im Zusammenhang mit der Untersuchung der Mainzer Großhändler bislang vernachlässigte Form des Unternehmertums: den so genannten Kaufmann-Unternehmer. [Anm. 77] Bei dieser Begriffsverwendung soll jene Typologie zu Grunde gelegt werden, die Rolf Straubel bei seiner Untersuchung der Berliner und Magdeburger Kaufleute entwickelt hat. [Anm. 78] Die Beschaffung von Rohmaterial für die Produktion in einem größeren Umfang einerseits und der anschließende Absatz der Produkte einer Fabrik anderseits, führten zu engen Verbindungen zwischen Großhändlern und Manufakturunternehmern. [Anm. 79] In zahlreichen Städten wurden daher Kaufleute im Laufe des 18. Jahrhunderts sowohl im Bereich des Handels als auch in der Produktion aktiv und betätigten sich selbst als Manufakturunternehmer oder Fabrikanten. [Anm. 80] Geht man von der zeitgenössischen Definition aus, so war im 18. Jahrhundert eine Fabrik oder Manufaktur in engerer Bedeutung, eine jede Werkstätte, wo Waaren von mehreren unzünftigen Arbeitern im Großen verfertigt wurden. [Anm. 81] Dabei lässt sich die Grenze zwischen dem wohlsituierten Handwerker und dem Fabrikanten nicht immer klar erkennen, oft sind die Übergänge fließend. [Anm. 82] Wenn Kaufleute sich hingegen als Manufakturunternehmer etablierten, sind die Grenzen in der Regel besser greifbar. Oft übernahmen sie die kaufmännische Leitung der Manufaktur und organisierten Absatz und Verkauf, überließen aber die technische Führung ihrer Fabriken versierten Fachleuten.
     Was Mainz betrifft, so kam Wilhelm Heinse im Jahr 1780 zu dem Schluss: Fabriken sind hier ganz unbekannt. [Anm. 83] In der Stadt existierten wohl auch tatsächlich kaum größere Manufakturen oder Fabriken. [Anm. 84] Dies hängt nicht zuletzt mit dem nach wie vor großen Einfluss der Zünfte zusammen. Diese wehrten sich vehement gegen die Errichtung von Manufakturen, wenn diese ihr eigenes Gewerbe gefährdeten. [Anm. 85] Fragt man jedoch nach der unternehmerischen Tätigkeit Mainzer Kaufleute, muss man den Blick auch auf das Mainzer Umland bzw. das Kurfürstentum richten. Denn viele Landesfürsten der Zeit versuchten durch gezielte merkantilistische Maßnahmen die gewerblich-wirtschaftliche Produktion des Landes zu heben. Auch im Kurfürstentum Mainz galt das Augenmerk der Kurfürsten der Privilegierung und Errichtung neuer Manufakturen. [Anm. 86] Aber Kurmainz wies keine ausgesprochenen Gewerbelandschaften auf. Somit fehlten für Manufakturgründungen günstige Entwicklungsbedingungen, wie man sie andernorts vorfand. [Anm. 87] Hier richtete man die Bestrebungen darauf, neue und moderne Produkte für den Export herzustellen, um so Profite erwirtschaften zu können. Produziert wurden diese Luxusgüter aber nicht nur für die Ausfuhr außer Landes, sondern auch, um den Ansprüchen und dem Prestigebedürfnis des Hofes gerecht zu werden. So sind es besonders Glashütten, Porzellanfabriken sowie Puder- und Stärkefabriken, die nach bisherigem Erkenntnisstand seitens der Mainzer Territorialherren gegründet oder gefördert wurden. [Anm. 88]

Grundriss der Fabrik. Der Plan wurde 1804 anlässlich von
Verkaufsverhandlungen vom Baumeister Meier gezeichnet.
(Hessisches Hauptstaatsarchiv Wiesbaden Abt. 207, Nr. 617, Bd. 3, Bl. 30)


     Die 1765 unter Kurfürst Emmerich Joseph gegründete Fayence-Manufaktur, die zunächst im Besitz des Mainzer Karthäuser Klosters war, ging nach dessen Auflösung im Jahre 1781 in das Eigentum der Mainzer Universität über. Bereits 1780 hatten die Brüder Mathias Joseph und Melchior Friedrich Weingärtner ihr Interesse an einer Pacht des Unternehmens bekundet. [Anm. 89] Der Vertrag aus dem Jahr 1781 kam allerdings nur mit Mathias Joseph zustande. Weingärtner gelang es offenbar in den folgenden Jahren mit unternehmerischem Geschick, die Fabrik erfolgreich zu leiten und Handelsgüter von solch herausragender Qualität produzieren zu lassen, dass sie nach Auffassung des Hofrats von Kalkhof dem Staate alle jene Vorteile, welche man von einem solchen Etablissement erwarten kann, [Anm. 90] verschafften. Unter Weingärtners Leitung waren in Flörsheim rund 60 Personen beschäftigt. [Anm. 91] Beachtung verdient die Manufaktur aus einem weiteren Grund – das Absatzgebiet des Flörsheimer Steinguts sprengt jenen Exportrahmen, der für Mainzer Großhändler des 18. Jahrhunderts bislang nachgewiesen werden konnte. Sein Absatzgebiet reichte im Süden von der Schweiz und dem Breisgau bis nach Augsburg. Im Norden erstreckt es sich von Mönchengladbach bis nach Elberfeld und im Osten bis nach Nürnberg. Für nicht unbeträchtliche Summen exportierte er seine Fayencen zudem nach Amerika. [Anm. 92] Als im Jahre 1787 in Mainz 15 Kaufleute namentlich angeführt wurden, die dafür gesorgt hatten, dass der hiesigen Handlung im Auslande das gehörige Ansehen und Nachruf [Anm. 93] zukam, war auch der Fabrikant und Großhändler Mathias Joseph Weingärtner unter den Genannten.
     Das Bild des Kaufmanns Weingärtner wird noch facettenreicher, wenn man berücksichtigt, dass er auch in mehreren Bergbauprojekten im Kurfürstentum als Pächter beziehungsweise Aktionär beteiligt war. Nachdem der Handelsmann Bernis aus Frankfurt Versuche, bei Eppenhain nach Mineralien zu schürfen, wegen Unergiebigkeit aufgegeben hatte, beantragte Weingärtner im Jahre 1786 eine Holzzuteilung, da er bei Eppenhain einen Schacht anlegen wollte, und erwarb gegen eine Kaution von 500 Gulden die Schürfrechte, die ihm halbjährlich bis 1792 verlängert wurden. [Anm. 94] Wie erfolgreich dieses Unternehmen war, kann derzeit ebenso wenig beurteilt werden wie seine Versuche, in Königstein und Eppstein im Taunus nach Eisenerz graben zu lassen. Mit den dortigen Schürfrechten war Weingärtner seit dem 10. Juli 1789 belehnt. Bereits sein Vorpächter hatte bekundet, er habe wirkliches Eisen-Erz in der Oberfläche der Erden, und zwar in giebiger Menge entdeckt. [Anm. 95] Als 1785 in Gorxheim bei Weinheim ein Kupferbergwerk wieder eröffnet wurde, beteiligte sich als Gesellschafter bzw. Aktionär neben einer Vielzahl von hochgestellten kurfürstlichen Beamten und dem Kameralisten Professor v. Pfeiffer wiederum Weingärtner sowie weitere dem Mainzer Handelsstand angehörende Kaufleute. [Anm. 96]
     Die skizzierten Beispiele gestatten folgende Schlussfolgerung: Aus der Tatsache, dass innerhalb der Stadt Mainz keine größeren Manufakturen oder Fabriken existierten, kann nicht grundsätzlich der Schluss gezogen werden, dass Mainzer Großhändler sich in diesem Bereich nicht engagierten. Vielmehr verweist die Ansiedlung von Manufakturen im Mainzer Umland sowie die Betätigung in von der Stadt weiter entfernten Regionen des Erzstifts auf eine beachtliche Flexibilität der Kaufleute, die trotz der Tätigkeit in Flörsheim, Königstein oder Emmerichsthal die Unternehmer im Mainzer Handelsstand sowie als Angehörige in der hiesigen Bürgerschaft verblieben. Allerdings versuchten die Kaufleute, ihr finanzielles und geschäftliches Risiko durch Subventionen und steuerliche Begünstigungen in Form von Privilegien und Abgabenbefreiungen einerseits sowie durch die Pacht bereits bestehender, auf staatliche Kosten errichteter Anlagen andererseits relativ gering zu halten. Damit reihen sich die Mainzer Unternehmer in das in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts noch oft übliche Geschäftsverhalten ein. [Anm. 97] Weingärtner steht mithin exemplarisch für einen Großhändlertyp, der sich vor allem aufgrund seiner kaufmännischen Fähigkeiten im Manufakturbereich etablieren konnte. 
     Können die skizzierten Beispiele als repräsentativ für die Mitglieder des Handelsstandes gelten? Sicherlich nicht in dem Sinne, dass sie pars pro toto stehen, dass diese Karrieren für die Gesamtheit der Kaufleute typisch wären. Wohl aber lässt sich feststellen, dass derartige Konstellationen auch in anderen Handelshäusern nachzuweisen sind. [Anm. 98]
Grundsätzlich waren ähnliche Möglichkeiten des wirtschaftlichen Erfolgs wie auch des sozialen Aufstiegs in das Großbürgertum vorhanden und wurden auch realisiert.

 

Der Mainzer Großhandel im Vergleich

     Die Urteile über die Bedeutung des Mainzer Großhandels sowie über den Aktionsradius der Kaufleute fallen in den Quellen des 18. Jahrhunderts sehr unterschiedlich aus. Der einleitend zitierte Aufklärer Riesbeck, der in den Mainzer Kaufleuten lediglich Krämer sah, hatte zuvor schon eine Reihe weiterer Handelsmetropolen wie Frankfurt, Hamburg oder Leipzig aufgesucht. Dies bestimmte vermutlich auch seine Perspektive. Dass sich Handelsvolumen und Handelsgeographie Mainzer Kaufleute nicht mit jenen Frankfurter oder Hamburger Händler des 18. Jahrhunderts messen lassen, liegt auf der Hand. Im Vergleich mit diesen Handels- und Messezentren musste sich der Mainzer Großhandel im Urteil kritischer Zeitgenossen bescheiden ausnehmen. [Anm. 99] Ganz anders stellte sich jedoch die Mainzer Entwicklung für den Würzburger Fürstbischof dar. Der Kurfürst Karl von Mainz hat die daniederliegende Mainzer Niederlage wieder in Flor gebracht. Der Großhandel floriert daselbst, viele Einwohner finden direkten oder indirekten Nutzen dabei und die Rentkammer verdient jährlich 40.000 fl. von der Niederlage. [Anm. 100] Das Beispiel des Mainzer Handelsstandes macht offenbar Schule. Es ist wohl kein Zufall, dass in Würzburg ab 1788 Handelsreisen ins Ausland für die sich niederlassenden Kaufleute verpflichtend wurden, [Anm. 101] im kurmainzischen Aschaffenburg wurde im Jahre 1779 die Trennung von Groß- und Kleinhändlern beantragt [Anm. 102] und in der kurkölnischen Residenz Bonn wollten sich die Kaufleute nach dem Muster der in Mainz, Düsseldorf und Koblenz bestehenden Handelsgesellschaften [Anm. 103] zusammenschließen. Schon diese wenigen Hinweise verdeutlichen, dass sich an der wirtschaftlichen Entwicklung von Mainz in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts und an der Organisation des Mainzer Großhandels andere Städte orientierten und sie als vorbildhaft begriffen, so wie andere erfolgreiche Handelsstädte als leuchtendes Beispiel für die Belebung des Mainzer Großhandels gedient haben dürften.
     Die sogenannten hiesigen Kaufleute, welche zur Bürgerschaft gehören, sind meistens nur Krämer und Kommissionärs für die Kaufleute von Frankfurt, Nürnberg, Augspurg, Strassburg, der Schweiz und anderer Länder. [Anm. 104] Dieses Urteil ist fast wortgleich mit jenem, welches eingangs zitiert wurde. Erneut stammt es aus der Feder Riesbecks. In diesem Fall bezieht sich Riesbecks Formulierung jedoch auf die Kölner Kaufleute. Dass aber der Kölner Großhandel im 18. Jahrhundert eine erhebliche Bedeutung hatte, steht dank eingehender Untersuchungen außer Frage. [Anm. 105] Die Tatsache, dass der Autor die Mainzer und Kölner Kaufleute mit nahezu identischen Formulierungen beschreibt, legt die Vermutung nahe, dass es sich hierbei um einen Topos handelt. Riesbeck umschrieb damit offenkundig die Situation des Handels in jenen Städten, die hinsichtlich der Bedeutung des Engroshandels nicht mit internationalen Handels- und Messezentren zu vergleichen waren. Aus der Perspektive eines Aufklärers wie Riesbeck konnten alte Stadtkommunen wie Mainz und Köln kaum mit einer angemessenen Würdigung rechnen. Nicht zuletzt die Rezeption Riesbecks und ähnlich argumentierender Zeitgenossen haben dazu geführt, dass die Bemühungen des Kurfürsten zur Belebung des Großhandels als wenig erfolgreich angesehen wurden. [Anm. 106] Solcherart toposhaft formulierte Maßstäbe wurden von der historischen Forschung in ihrer Gattungsbedingtheit nicht immer erkannt und haben folglich den Blick für die aufgezeigten Bedingungen und Zusammenhänge verstellt. Insofern ist methodisch ein hier angedeuteter kritischer Umgang mit den von Zeitgenossen angelegten Maßstäben in jedem Einzelfall erforderlich. Die skizzierte Neueinschätzung hat auch Konsequenzen für die Beurteilung späterer Jahrzehnte. [Anm. 107]
Neben den Handelshäusern Weingärtner und Dumont waren auch andere Firmen des 18. Jahrhunderts im 19. Jahrhundert im Engroshandel in Mainz maßgeblich engagiert und erfolgreich. Namen wie Mappes, Lauteren, Kayser oder Werner seien hier nur exemplarisch genannt. Die Entwicklung des Mainzer Handels im 19. Jahrhundert wurde demzufolge nicht erst in französischer oder hessischer Zeit zu Grunde gelegt, viele seiner Wurzeln reichen bis in die kurfürstliche Zeit.

Anmerkungen:

  1. Anmerkung zum Titel: Zitat von JOHANN KASPAR RIESBECK: Briefe eines reisenden Franzosen über Deutschland an seinen Bruder zu Paris, Bd. 2, Zürich 1783, S. 444f. Der Beitrag ist ein Resümee der unveröffentlichten Staatsexamensarbeit: Großhändler in der kurfürstlichen Residenzstadt. Untersuchungen zum Mainzer Handelsstand (1747-1797), Mainz 1999 (Betreuer: Prof. Dr. Walter G. Rödel).
         Anmerkung zum Text: Stadtarchiv Mainz (im Folgenden StAMz) LVO 1747, Dezember 22. Spätestens im Juni 1747 war die Abspaltung der Großhändler von den Krämern beschlossen, durch den kurfürstlichen Erlass vom 22. Dezember 1747 wurde die Trennung von Krämern und Kaufleuten offiziell bekannt. Zurück
  2. Vgl. HERMANN SCHOLL: Kurmainzische Wirtschaftspolitik unter besonderer Berücksichtigung der Handels- und Gewerbepolitik in der kurfürstlichen Residenzstadt Mainz 1648-1802, Frankfurt 1924, S. 61f.; Richard Dertsch: Die Gründung des Mainzer Handelsstandes im 18. Jahrhundert. In: 50 Jahre A. u. E. Fischer, Mainz 1930, S. 24-28, hier S. 25.  Zurück
  3. RIESBECK, Briefe (wie Anm. 1), S. 444f  Zurück
  4. Vgl. PETER ANTON WINKOPP/J.D.A. HÖCK: Magazin für Geschichte, Statistik, Literatur und Topographie der sämtlichen deutschen geistlichen Staaten, Bd. 1, Zürich 1790/1791, S. 11; Karl Schwarz: Der wirtschaftliche Konkurrenzkampf zwischen der Reichsstadt Frankfurt und der kurfürstlichen Stadt Mainz, Frankfurt 1922, S. 51ff., S. 72f.; Walter G. Rödel: Mainz und seine Bevölkerung im 17. und 18. Jahrhundert. Demographische Entwicklung, Lebensverhältnisse und soziale Strukturen in einer geistlichen Residenzstadt (Geschichtliche Landeskunde, 28), Mainz 1985, S. 47.  Zurück
  5. Zum hier gewählten methodischen Ansatz vgl. LAWRENCE STONE: Prosopographie – englische Erfahrungen. In:KONRAD JARAUSCH (Hrsg.): Quantifizierung in der Geschichtswissenschaft. Probleme und Möglichkeiten, Düsseldorf 1976, S. 64-97; FRIEDERIKE HILLBRAND-GRILL: Einführung in die Prosopographie (Biographik). In: Bericht über den 18. österreichischen Historikertag in Linz vom 24. bis 29. September 1990, hrsg. v. Verband Österreichischer Geschichtsvereine (Veröffentlichungen des Verbandes Österreichischer Geschichtsvereine, 27), Wien 1991, S. 313-317, hier S. 313. Eine ähnliche Definition von KNUT SCHULZ, zit. nach ECKHARD HENNING: Sozialgenealogie und Historische Demographie, Prosopographie und Biographienforschung. Zur Diskussion der Begriffe. In: Genealogie. Deutschlands Zeitschrift für Familienkunde 45, 1996, S. 193-202, hier S. 197; MICHAEL HARSCHEIDT: Biographieforschung. Werden und Wandel einer komplexen Methode. In: Historical Social Research 14, 1989, S. 99-142. Eine sehr interessante Untersuchung liegt von ROLF STRAUBEL vor, der – ebenfalls mit einem prosopographischen Ansatz – die Kaufmannschaft in Berlin und Magdeburg untersucht und eine Typologie der Unternehmer entwirft. ROLF STRAUBEL: Kaufleute und Manufakturunternehmer. Eine empirische Untersuchung über die sozialen Träger von Handel und Großgewerbe in den mittleren preußischen Provinzen (1763-1815) (Vierteljahresschrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte, Bh. 122), Stuttgart 1995. Vgl. auch MICHAEL NORTH, Kommunikation, Handel, Geld und Banken in der Frühen Neuzeit (Enzyklopädie deutscher Geschichte, 59), München 2000, S. 77ff.  Zurück
  6. RIESBECK, Briefe (wie Anm. 1), S. 413. Zurück
  7. ANTONIO DE BEATIS: Brief 1517/18. In: Gepriesenes Mainz. Stimmen über Mainz aus alter und neuer Zeit. Ausgewählt von Helmut Presser, Mainz 1962, S. 39.  Zurück
  8. ELISABETH DARAPSKY: Mainz, die kurfürstliche Residenzstadt 1648-1792, Mainz 1995, S. 14f. Für Köln vgl. Dietrich Ebeling: Bürgertum und Pöbel. Wirtschaft und Gesellschaft Kölns im 18. Jahrhundert (Städteforschung, A/26), Köln 1987, S. 61. Zurück
  9. Eine detaillierte Auflistung der Gebühren bei JOSEF CREMER: Die Finanzen der Stadt Mainz im 18. Jahrhundert. Ein Beitrag zur Finanzgeschichte der Stadt Mainz, Gießen 1912, S. 47-49. Zum Mainzer Stapelrecht im 18. Jahrhundert GOTTFRIED ZOEPFL: Fränki-sche Handelspolitik im Zeitalter der Aufklärung (Bayrische Wirtschafts- und Verwaltungsstudien, 3), Erlangen/Leipzig 1894, S. 119f. Zum Mainzer Kran vgl. RICARDA MA-THEUS: Fundament des Mainzer Rheinkrans mit eingemauertem Wappenstein der Stadt Mainz. In: Gutenberg – aventur und kunst. Vom Geheimunternehmen zur ersten Medien-revolution. Katalog zu Ausstellung der Stadt Mainz anlässlich des 600. Geburtstages von Johannes Gutenberg, Mainz 2000, S. 42f.  Zurück
  10. Die Verordnung vom 21. Januar 1651 sicherte der Stadt dieses Recht wieder zu. Ausnahmen wurden zunächst keine gemacht. Vgl. dazu DARAPSKY, Mainz (wie Anm. 8), S. 15.  Zurück
  11. MANFRED STRAUBE: Funktion und Stellung deutscher Messen im Wirtschaftsleben zu Beginn der frühen Neuzeit. Die Beispiele Frankfurt am Main und Leipzig. In: RAINER KOCH (Hrsg.): Brücke zwischen den Völkern – Zur Geschichte der Frankfurter Messe, Bd. I: Frankfurt im Messenetz Europas – Erträge der Forschung, Frankfurt 1991, S. 191-204. STRAUBE, S. 196f., nennt Frankfurt die „Drehscheibe des überregionalen Handels im Rhein-Main-Gebiet mit England, Frankreich, den Niederlanden von und nach Oberdeutschland und nach Nordosten“. Vgl. auch PETER CLAUS HARTMANN: Messefreiheiten, Messeprivilegien, Messerecht und Fremdenrecht in der frühen Neuzeit. In: Brücke zwischen den Völkern, Bd. I (wie Anm. 11), S. 249-261, hier S. 250. Zu den Handelsstraßen vgl. FRANZ LERNER: Frankfurt im Netz der Handelsstraßen. In: RAINER KOCH (Hrsg.): Brücke zwischen den Völkern – Zur Geschichte der Frankfurter Messe, Bd. II: Beiträge zur Geschichte der Frankfurter Messe, Frankfurt 1991, S. 103-107. Zum Frankfurter Handel vgl. auch die sehr umfangreiche Zusammenstellung von ALEXANDER DIETZ: Frankfurter Handelsgeschichte, 4 Bände, Frankfurt a. M. 1910-1925; RALF ROTH: „...der blühende Handel macht uns alle glücklich...“. Frankfurt am Main in der Umbruchzeit 1780-1825. In: LOTHAR GALL (Hrsg.): Vom alten zum neuen Bürgertum. Die mitteleuropäische Stadt im Umbruch 1780-1820 (Historische Zeitschrift N.F., Bh. 14), München 1991, S. 357-408; DERS.: Stadt und Bürgertum in Frankfurt am Main. Ein besonderer Weg von der ständischen zur modernen Bürgergesellschaft 1760-1914 (Stadt und Bürgertum, 7), München 1996. Vgl. zu den Auseinandersetzungen zwischen Mainz und Frankfurt SCHWARZ, Konkurrenzkampf (wie Anm. 4), S. 34ff.  Zurück
  12. Vgl. RÖDEL, Mainz (wie Anm. 5), S. 42ff.; zuletzt HELMUT MATHY: Die Residenz in Barock und Aufklärung (1648-1792). In: FRANZ DUMONT/FERDINAND SCHERF/ FRIEDRICH SCHÜTZ (Hrsg.): Mainz. Die Geschichte der Stadt, Mainz 1998, S. 269-314. Vgl. allgemein FRIEDRICH-WILHLEM HENNING: Handbuch der Wirtschafts- und Sozialgeschichte Deutschlands, Bd. 1: Deutsche Wirtschafts- und Sozialgeschichte im Mittelalter und in der frühen Neuzeit, Paderborn 1991; HERMANN KELLENBENZ: Deutsche Wirtschaftsgeschichte, Bd. 1: Von den Anfängen bis zum Ende des 18. Jahrhunderts, München 1977. Ein sehr guter Forschungsüberblick findet sich bei NORTH, Kommunikation (wie Anm. 5), S. 45ff.  Zurück
  13. Vgl. WALTHER HUBATSCH: Ziele und Maßnahmen landesherrlicher Politik im Absolutismus gegenüber den Städten aus der Sicht des Verwaltungshistorikers. In: VOLKER PRESS (Hrsg.): Städtewesen und Merkantilismus in Mitteleuropa (Städteforschung, A/14), Köln/Wien 1983, S. 30-44; RAINER GÖMMEL: Die Entwicklung der Wirtschaft im Zeitalter des Merkantilismus 1620-1800 (Enzyklopädie deutscher Geschichte, 46), München 1998, S. 44.  Zurück
  14. Auf die damit einher gehenden handels- und zollpolitischen Maßnahmen wie Ausfuhrverbote, Privilegien, Steuern oder Zölle kann an dieser Stelle nicht weiter eingegangen wer-den. Vgl. dazu ausführlich SCHOLL, Wirtschaftspolitik (wie Anm. 2).  Zurück
  15. JOHANN HEINRICH ZEDLER (Hrsg.): Großes vollständiges Universallexikon aller Wissenschaften und Künste […], 63 Bände, Halle/Leipzig 1733-1750, hier Bd. 15, Sp. 260.  Zurück
  16. Vgl. KARIN SCHAMBACH: Städtische Interessenvertretung und staatliche Wirtschaftspolitik. In: LOTHAR GALL (Hrsg.), Stadt und Bürgertum im Übergang von der traditionalen zur modernen Gesellschaft (Stadt und Bürgertum, 4). München 1993, S. 367-389, insbes. S. 372ff. Die Kaufleute in Köln konnten sich die Gaffel frei wählen. Diese waren zwar ähnlich organisiert wie die Zünfte, hatten jedoch auf Grund ihre zunftfremden Mitgliederstruktur vor allem politische Funktionen. Vgl. dazu INGRID NICOLINI: Die politische Führungsschicht in der Stadt Köln gegen Ende der reichsstädtischen Zeit, Köln 1979, S. 104. 1776 wurde in Köln ein Handelskollegium als informelle Interessenvertretung und als private Lese- und Erholungsgesellschaft für die Großhändler gegründet. Vgl. GISELA METTELE, Bürgertum in Köln 1775-1870. Gemeinsinn und freie Association (Stadt und Bürgertum, 10), München 1998, S. 58.  Zurück
  17. StAMz LVO 1747, Dezember 22. Bislang liegt keine umfassende Untersuchung zur Mainzer Wirtschaft in der Frühen Neuzeit, insbesondere zu Mainzer Großhändlern vor. Lediglich einige ältere Studien thematisieren die Großhandelskorporation. Vgl. ZOEPFL, Handelspolitik (wie Anm. 9); DERTSCH, Gründung (wie Anm. 2); PETER GOTTSCHÄMMER: Die Geschichte der Organisation der wirtschaftlichen Interessenvertretungen im Großherzogtum Hessen, Gießen 1912; HANS GOLDSCHMITT: Zentralbehörden und Beamtentum im Kurfürstentum Mainz vom 16. bis zum 18. Jahrhundert (Abhandlungen zur Mittleren und Neueren Geschichte, 7), Berlin/Leipzig 1908; SCHOLL, Wirtschaftspolitik (wie Anm. 2); SCHWARZ, Konkurrenzkampf (wie Anm. 4); FRANCOIS G. DREYFUS: Sociétés et mentalités a Mayence dans la seconde moitié du XVIIIe siècle, Paris 1968; RUDOLF SCHÄFER: Die Förderung von Handel und Wandel in Kurmainz im 18. Jahrhundert, Frankfurt/Mainz 1968; ANNE J. MACLACHLAN: Entrepreneurship in Mainz 1780-1860. The contribution of smaller businessmen to German industrialization, Irvine 1985; DARAPSKY, Mainz (wie Anm. 8).  Zurück
  18. Zu den Mainzer Messen vgl. ALBERT KIRNBERGER: Die Handelsmesse in Mainz in der Zeit der merkantilistischen Wirtschaftspolitik unter der Regierung der drei letzten Kurfürsten von Mainz (1743-1793), Mainz 1951.  Zurück
  19. StAMz LVO 1747, Dezember 22.  Zurück
  20. Zur Problematik und Diskussion um den Elitenbegriff vgl. ANJA VICTORINE HARTMANN: Kontinuitäten oder revolutionärer Bruch? Eliten im Übergang vom Ancien Regime zur Moderne. Eine Standortbestimmung. In: Zeitschrift für Historische Forschung 25, 1998, S. 389-420. In Anlehnung an HARTMANN soll hier eine flexible Definition zu Grunde gelegt werden, die einerseits von der wirtschaftlichen Oberschicht, andererseits von Sozialprestige, aber auch von den im öffentlichen Leben besetzten Positionen ausgeht. Vgl. auch den Sammelband ANJA VICTORINE HARTMANN u.a. (Hrsg.): Eliten um 1800. Erfahrungshorizonte, Verhaltensweisen, Handlungsmöglichkeiten (Veröffentlichungen des Instituts für Europäische Geschichte Mainz, Abt. Universalgeschichte, 183)(Historische Beiträge zur Elitenforschung, 1), Mainz 2000.  Zurück
  21. PETER GOTTSCHÄMMER: Die Geschichte der Organisation der wirtschaftlichen Interessenvertretungen im Großherzogtum Hessen, Gießen 1912, S. 16f.  Zurück
  22. Vgl. dazu das Gutachten von Weiß bei ZOEPFL, Handelspolitik (wie Anm.9), S. 142.  Zurück
  23. WALTHER GROßHAUPT: Kaufleute, Waren, Geldhandel und Nachrichtenübermittlung in der Neuzeit. In: Brücke zwischen den Völkern, Bd. I (wie Anm. 11), S. 219-247, hier S. 228, geht von mindestens zwei Jahren aus, die die Kaufleute im Ausland verbringen mussten. Vgl. zu dieser auch in anderen Städten gängigen Praxis STRAUBEL, Kaufleute (wie Anm. 5), S. 229ff.; NORTH, Kommunikation, (wie Anm. 5), S. 78.  Zurück
  24. Zum Vergleich: Die Metzger erhöhten im Jahre 1786 ihr Inferendum von 1.000 auf 1.500 fl., auch dies geschah aus Gründen der Beschränkung. Vgl. dazu RÖDEL, Mainz (wie Anm. 4), S. 87; STEFAN RHEINGANS, Handel und Handwerk in der geistlichen Residenzstadt Mainz im 18. Jahrhundert. Aspekte sozialer Strukturen und sozialen Verhaltens (in diesem Band). In anderen Städten wie Mannheim, Karlsruhe oder Wetzlar lag das nachzuweisende Vermögen bei der Aufnahme in die Bürgerschaft in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts zwischen 300 und 5.000 fl. Vgl. ROLF ZERBACK: Die wirtschaftliche Position als Konstituierungsfaktor des Bürgertums. In: GALL, Stadt und Bürgertum (wie Anm. 16), S. 203-222, hier S. 205. In Mannheim betrug das nachzuweisende Mindestvermögen für Kaufleute 3.000 fl. Vgl. DIETER HEIN: Umbruch und Aufbruch. Bürgertum in Karlsruhe und Mannheim 1780-1820. In: GALL, neuen Bürgertum (wie Anm. 12), S. 447-516, hier S. 459.  Zurück
  25. Die zeitlichen Grenzen sind durch die Gründung des Handelsstandes einerseits sowie dessen Auflösung während der Französischen Zeit in Mainz andererseits zu sehen. Die im Folgenden genannten Zahlen sind lediglich als Indikatoren zu verstehen, die durch weitere Untersuchungen zu ergänzen bzw. zu korrigieren sind. Größendimensionen dürften indessen durch die hier ermittelten Zahlen angedeutet sein. Als Quellen wurden vornehmlich Bürgerannahmeprotokolle, Kirchenbücher sowie Schatzungsmanuale ausgewertet. Unter der Rubrik Zunftakten existiert im Mainzer Stadtarchiv eine umfangreiche Sammelakte zum Handelsstand. Hierin finden sich die vereinzelten Mitgliederlisten, Teilnehmerlisten der Versammlungen, Schwurformeln des Handelsstandes etc. StAMz Abt. 21/125. Vgl. auch HEINRICH SCHROHE (Hrsg.): Die Mainzer Stadtaufnahmen des 16. bis 18. Jahrhunderts, Bd. 3: Die Mainzer Stadtaufnahmen von 1747 und 1785/6 (Beiträge zur Geschichte der Stadt Mainz, 8), Mainz 1931.  Zurück
  26. Die Liste vom 28. Dezember 1752 nennt zwar nur 52 Mitglieder, doch im August zählte der Handelsstand zwischenzeitlich 56 Großhändler. Vgl. Bayrisches Staatsarchiv Würzburg (im Folgenden BayStAWü) MRA, MzPolAkt 2822, Liste vom 18. Aug. 1752; StAMz Abt. 21/125. Für 1754: BayStAWü MRA, MzPolAkt 2822, Liste vom 22. Juli 1754. Für 1778: StAMz Abt. 21/101. Unter ihnen sind 7 Witwen, die ähnlich wie auch in anderen Zünften die Geschäfte bis zu einer Neuverheiratung oder der Übernahme durch einen Sohn weiterführten. Für 1780: Friedrich Ludwig Dael/Wendelin Weiler: Geschichte des Handels und der Gewerbe der Stadt Mainz von den ältesten bis zu den neuesten Zeiten, Bd. 2, S. 162; StAMz HBA IV J/5. Für 1781: StAMz, Abt. 21/101. Dabei handelt es sich um 83 Mitglieder sowie 13 Witwen. Für 1785: BayStAWü MRA, MzPolAkt 507. Für 1792: Friedrich Lehne: Historisch-Statistisches Jahrbuch des Departements von Donnersberg, Mainz 1801, S. 12. StAMz Abt. 6/369, Abt. 6/367 sowie Schrohe, Stadtaufnahmen (wie Anm. 26), S. 311 nennen für 1796 und 1797 lediglich 91 bzw. 90 Kaufleute des Handelsstandes. Die Schatzungsmanuale scheinen aber nicht vollständig zu sein. So fehlen etwa die als Stadtratsmitglieder fungierenden Händler. Durch die Ergänzung dieser kommen die Zahlen von 101 bzw. 100 Mitgliedern zustande.  Zurück
  27. Aufschlussreich ist die Beschreibung des Mainzer Handels in einem nicht näher zu spezifizierenden Jahr aus der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts, derzufolge der gesamte Handel zu dieser Zeit in den Händen von 36 Spezereihändlern, vierzehn Faktoren und Spediteuren, drei Weingroßhändlern und zwei Ledergroßhändlern gelegen haben soll. Zit. bei ZOEPFL, Handelspolitik (wie Anm. 9), S. 128.  Zurück
  28. Etwa bei SCHOLL, Wirtschaftspolitik (wie Anm. 2), S. 69 oder DARAPSKY, Mainz (wie Anm. 8), S. 202. Zuletzt MATHY, Residenz (wie Anm. 12), S. 299.  Zurück
  29. Diese Aussagen stützen sich auf die Auswertung aller erhobenen Daten der zu Grunde liegenden Datenbank. Auf Einzelnachweise soll an dieser Stelle verzichtet werden. Vgl. für die Residenzstadt Wien INGRID MITTENZWEI: Wiener Großkaufleute und ihr Anteil an der Durchsetzung der „Moderne“ (1763-1815). In: HARTMANN, Eliten um 1800 (wie Anm. 20), S. 157-178, hier S. 158f.  Zurück
  30. JÜRGEN KOCKA: Familie, Unternehmer und Kapitalismus. An Beispielen der frühen, deutschen Industrialisierung. In: HEINZ REIF (Hrsg.): Die Familie in der Geschichte, Göttingen 1982, S. 169: „Dass einer der Söhne, meist der älteste, das Geschäft später übernehmen würde, galt jedenfalls in den Kaufmanns- und Unternehmerfamilien als selbstverständlich.“  Zurück
  31. Zum Begriff Handelsbürgertum vgl. HANNES SIEGRIST: Bürgerliche Berufe. Die Professionen und das Bürgertum. In: DERS. (Hrsg.): Bürgerliche Berufe. Zur Sozialgeschichte der freien und akademischen Berufe im internationalen Vergleich (Kritische Studien zur Geschichtswissenschaft, 80). Göttingen 1988, S. 19f. sowie STRAUBEL: Kaufleute (wie Anm. 5), S. 10f. Vgl. auch WALTER G. RÖDEL: Im Schatten des Hofes – die Bevölkerung der frühneuzeitlichen Residenzstadt. In: KURT ANDERMANN (Hrsg.): Residenzen – Aspekte hauptstädtischer Zentralität von der frühen Neuzeit bis zum Ende der Monarchie (Oberrheinische Studien, 10), Sigmaringen 1992, S. 83-111, hier S. 87f.; NORTH, Kommunikation (wie Anm. 5), S. 72f.; PETER VOSS, Johann Christoph Biederlack (1773-1854). Ein Grevener Kaufhändler im Prozess der Industrialisierung. In: HARTMANN, Eliten um 1800 (wie Anm. 20), S. 35-53, hier S. 35.  Zurück
  32. Hier könnte eine systematische Erfassung der Angaben in den Bürgerannahmeprotokollen, die im Rahmen der zu Grunde liegenden Staatsexamensarbeit aus zeitlichen Gründen nicht geleistet werden konnte, aufschlussreich sein.  Zurück
  33. Vgl. dazu den Beitrag von CHRISTIANE REVES in dieser Bibliothek  Zurück
  34. Zum Begriff Integration vgl. den Definitionsansatz von ECKART OLSHAUSEN: Versuch einer Definition des Begriffs ‘Integration' im Rahmen der Historischen Migrationsforschung. In: MATHIAS BEER u.a. (Hrsg.): Migration und Integration (Stuttgarter Beiträge zur Historischen Migrationsforschung, 3), Stuttgart 1997, S. 27-35.  Zurück
  35. Vgl. NORTH, Kommunikation (wie Anm. 5), S. 73  Zurück
  36. DARAPSKY, Mainz (wie Anm. 8), S. 202f.  Zurück
  37. StAMz LVO 1748, Februar 6, Art. 20.  Zurück
  38. Bericht des Vizedomamts v. 28. Juni 1786, zit. nach HEINRICH SCHROHE, Die Stadt Mainz unter kurfürstlicher Verwaltung 1462-1792 (Beiträge zur Geschichte der Stadt Mainz, 5), Mainz 1920, S. 162.  Zurück
  39. FRANCOIS G. DREYFUS: Les Corporations à Mayence au XVIIIe siécle. In: Actes du Colloque sur l'artisanat (Besancon, 10-12 Juin 1960), Cahiers d'Etudes Comtois, Bd. 3 (Annales Littéraires de l'Université de Besancon, 45), Besancon 1961, S. 153-161, hier S. 159; DERS.: Sociétés (wie Anm. 17), S. 157. DREYFUS tritt allerdings keinen Beweis für seine These an und das an dieser Stelle angeführte Zitat des Ministers O'Kelly, die Protestanten apportent non pas tant une religion nouvelle que des méthodes nouvelles, un esprit nouveau suggeriert, dass sich die Aussage auch auf den Großhandel in Mainz bezieht. M.E. steht es doch zunächst in keinem nachvollziehbaren Zusammenhang zum Mainzer Handelsstand. Bereits SCHOLL, Wirtschaftspolitik (wie Anm. 2), S. 67f., hatte auf das Fehlen von Protestanten im Handelsstand aufmerksam gemacht.  Zurück
  40. DREYFUS, Sociétés (wie Anm. 17), S. 307.  Zurück
  41. DREYFUS, Sociétés (wie Anm. 17), S. 306f. Andere überzeugende Quellen für die Behauptung, in Mainz seien die Protestanten im Großhandel aktiv gewesen, führt er nicht an.  Zurück
  42. Vgl. dazu die Nennungen in den Kirchenbüchern, StAMz. Zahlreiche von ihnen wurden zudem in St. Quintin bestattet.  Zurück
  43. Zit. nach LUDWIG FROHNHÄUSER: Die Geschichte der Evangelischen Gemeinde Mainz im ersten Jahrhundert ihres Bestandes 1802-1903, Mainz 1903, S. 5f.  Zurück
  44. SCHROHE, Verwaltung (wie Anm. 38), S. 163; StAMz Abt. 21/136 und Bürgerannahme-protokoll. Zum Begriff ad instar civis vgl. RÖDEL, Mainz (wie Anm. 4), S. 70.  Zurück
  45. StAMz Abt. 21/125. Friedel war zu diesem Zeitpunkt schon fast in Vergessenheit geraten, nur der Vizedomamtsassessor Klingenbiel notierte unter dem Bericht, daß seines Wissens der Materialist Friedel, welcher ein protestant, im Handelsstand angenommen worden, unter welchen Restrictionen aber, seyn ihm nicht mehr erinnerlich. SCHOLL, Wirtschaftspolitik (wie Anm. 2), S. 68 zitiert zwar den Bericht, verweist allerdings nicht auf die abschließende Notiz und kommt zu dem Schluss, dass keine Protestanten im Handelsstand gewesen seien. Der Protestant Franz Wagner wurde im gleichen Jahr abgewiesen, obwohl er mit einem Mainzer Katholiken gemeinsam ein Handelshaus eröffnen wollte.  Zurück
  46. HANS POHL: Wirtschaftsgeschichte Kölns im 18. und beginnenden 19. Jahrhundert. In: HERMANN KELLENBENZ (Hrsg.): Zweitausend Jahre Kölner Wirtschaft, Bd. 2: Vom 18. Jahrhundert bis zur Gegenwart, Köln 1975, S. 9-162, hier S. 132.  Zurück
  47. Bezüglich dieser „Frontstellung gegen die anderen Konfessionen“ geht das Verhalten der Handelsstandsmitglieder völlig konform mit jener allgemein zu spürenden Intoleranz im Mainz des Ancien Règime. Vgl. RÖDEL, Mainz (wie Anm. 4), S. 338.  Zurück
  48. In einem Gutachten des Handelsstandes hieß es, daß wenn protestantische Kaufleute in den hiesigen Handelsstand aufgenommen würden, als denn sämtliche Handelsstandsglieder verderben würde. StAMz Abt. 21/125.  Zurück
  49. Dazu zählt auch die von DARAPSKY, Mainz (wie Anm. 8), S. 202f. formulierte These, die sich an Dreyfus anlehnt und ihr Kapitel über den Handelsstand abschließt: „Tatsächlich lag die größte Aktivität im Handel bei Italienern und Protestanten, die neue Methoden aus einem neuen Geist heraus entwickelten. Der Großhandel, das Brauereigewerbe, die wichtigsten Modebetriebe waren in den Händen von Fremden, fremd durch ihren Glauben oder ihre Nationalität“. Auch MAX BRAUBACH: Vom Westfälischen Frieden bis zum Wiener Kongreß (1648-1815). In: FRANZ PETRI/GEORG DROEGE (Hrsg.): Rheinische Geschichte, Bd. 2: Neuzeit, Düsseldorf 1976, S. 219-366, hier S. 319, stützt sich auf Dreyfus: „Dem Handel der Stadt Mainz wurden durch die Behauptung des Stapelrechts, die Begründung eines Marktes und die Bildung eines auch für Protestanten und Juden offenen Handelsstandes Entwicklungsmöglichkeiten gegeben“.  Zurück
  50. Vgl. dazu NORTH, Kommunikation (wie Anm. 5), S. 25.  Zurück
  51. DIETRICH EBELING/WOLFGANG MAGER: Einleitung. In: DIESS. (Hrsg.): Protoindustrie in der Region. Europäische Gewerbelandschaften vom 16. bis zum 19. Jahrhundert (Studien zur Regionalgeschichte, 9), Bielefeld 1997, S. 9-55, hier S. 25. Grundlegend ist auch der Aufsatz von WALTHER GROßHAUPT: Kaufleute, Waren, Geldhandel und Nachrichtenübermittlung in der Neuzeit. In: Brücke zwischen den Völkern, Bd. I (wie Anm.11), S. 219-247. Zu den Haupthandelsrichtungen deutscher Städte vgl. KELLENBENZ, Deutsche Wirtschaftsgeschichte, Bd. I (wie Anm. 12), S. 353-361.  Zurück
  52. PETER ANTON WINKOPP/J.D.A. HÖCK: Magazin für Geschichte, Statistik, Literatur und Topographie der sämtlichen deutschen geistlichen Staaten, Bd. 1, Zürich 1790/1791, S. 19 merkt an, dass allein der Ertrag der Weinzölle im Kurfürstentum auf 100.000 Taler geschätzt wurde. Vgl. auch RICARDA UND MICHAEL MATHEUS: „Je älter der Rheinwein wird, je mehr Firne bekömmt er, was dem Kenner am meisten gefällt“. Beobachtungen zum Geschmackswandel in Mittelalter und Neuzeit. In: Mainzer Zeitschrift 96/97, 2000/2001 (Festschrift Friedrich Schütz), S. 73-85.  Zurück
  53. FERDINAND BRAUDEL: Sozialgeschichte des 15.-18. Jahrhunderts, Bd. 2: Der Handel. Deutsch: München 1986, S. 399; PHILIPP ANDREAS NEMNICH: Tagebuch einer der Kultur und Industrie gewidmeten Reise, Bd. 1, Tübingen 1809, S. 170.  Zurück
  54. Vgl. AUGUST BOERNER: Kölner Tabakhandel und Tabakgewerbe 1628-1910 (Veröffentlichungen des Archivs für Rheinisch-Westfälische Wirtschaftsgeschichte, 2), Essen 1912, S. 7.  Zurück
  55. GEORG SCHIRGES: Der Rheinstrom. Ein Beitrag zur Kenntnis der Geschichte, Handelssta-tistik und Gesetzgebung des Rheins nebst der Rheinschiffahrts-Acte vom 31. März 1831, Mainz 1857, S. 13.  Zurück
  56. DIETRICH EBELING: Der Holländerholzhandel in den Rheinlanden. Zu den Handelsbezie-hungen zwischen den Niederlanden und dem westlichen Deutschland im 17. und 18. Jahr-hundert (Vierteljahresschrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte, Bh. 101), Stuttgart 1992, S. 13, S. 26.  Zurück
  57. MICHAEL KOELGES: Handel und Gewerbe in der Frühen Neuzeit. In: Geschichte der Stadt Koblenz, hrsg. v. Energieversorgung Mittelrhein GmbH Koblenz, Bd. 1: Von den Anfängen bis zum Ende der kurfürstlichen Zeit, Koblenz 1992, S. 333-347, hier S. 344.  Zurück
  58. EBELING, Holländerholzhandel (wie Anm. 56), S. 29.  Zurück
  59. RIESBECK, Briefe (wie Anm. 1), S. 28. Für eine Niederlassung in Mainz konnten bislang keine Hinweise gefunden werden. Bezeichnenderweise scheiterte auch die geplante Errichtung einer niederländischen Kolonie in Weisenau. Vgl. dazu HELMUT MATHY: Toleranz im Kur- und Erzstift Mainz. In: ISNARD W. FRANK (Hrsg.): Toleranz am Mittelrhein (Quellen und Abhandlungen zur mittelrheinischen Kirchengeschichte, 50), Mainz 1984, S. 73-77; GÜNTHER CHRIST: Staat und Gesellschaft im Erzstift Mainz im Zeitalter der Aufklärung. In: Archiv für mittelrheinische Kirchengeschichte 41, 1989, S. 203-242, hier S. 232.  Zurück
  60. ZEDLER, Universallexikon (wie Anm. 15), Bd. 37, Sp. 1423. Vgl. auch GUSTAV ADOLF KREUTZER: Immigration fremder Kaufleute nach Würzburg im 18. Jahrhundert, Würzburg 1928, S. 86.  Zurück
  61. KELLENBENZ, Deutsche Wirtschaftsgeschichte, Bd. I (wie Anm. 12), S. 344/345. Für Mainz: ANTON KEIM: Zweitausend Jahre Mainzer Wirtschaftsleben, Mainz 1962, S. 17.  Zurück
  62. MACLACHLAN, Entrepreneurship (wie Anm. 17), S. 63.  Zurück
  63. Zu den Trägern des Handels sowie dem Versuch einer Klassifizierung vgl. NORTH, Kommunikation (wie Anm. 5), S. 26.  Zurück
  64. StAMz Abt. 21/134. Auf diese Quelle stützen sich im Folgenden alle Angaben hinsichtlich der geschäftlichen Entwicklung des Handelshauses Dumont.  Zurück
  65. KARL SCHRÖDER: Die Familie Dumont in Mainz. In: Mitteilungen der hessischen familiengeschichtlichen Vereinigung 1, 1925-28, S. 195-206, hier S. 196. Vgl. die Abbildung bei JOHN SANDERSON DU MONT: du Mont de Soumagne and allied families, Greenfield 1960, S. 136.  Zurück
  66. StAMz, verzettelte Eintragung der Kirchenbücher von St. Quintin. Zu Heinrich Joseph Dumont vgl. AUGUST BOERNER: Kölner Tabakhandel und Tabakgewerbe 1628-1910 (Veröffentlichungen des Archivs für Rheinisch-Westfälische Wirtschaftsgeschichte, 2), Essen 1912.  Zurück
  67. Vgl. auch MATHEUS, Rheinwein (wie Anm. 52).  Zurück
  68. Heinrich Joseph Dumont beschäftigte in seiner Manufaktur 30 Arbeiter und seine jährliche Kapazität belief sich auf 65.000 kg Schnupf- und Kautabak sowie Zigarren. Vgl. dazu POHL, Wirtschaftsgeschichte (wie Anm. 46), S. 55; HERBERT MILZ: Das Kölner Großgewerbe von 1750 bis 1835 (Schriften zur Rheinisch-Westfälischen Wirtschaftsgeschichte, N.F. 7), Köln 1962, S. 50, S. 126.  Zurück
  69. Chur-Mayntzischer Stands- und Staats-Kalender (zwischenzeitlich auch: Stands- und Staatsschematismus, Hof- und Staatskalender) oder vielmehr ausführliches Titul-Buch Sambtlicher des hohen Ertz-Stiffts Geist- und Weltlicher, Civil- und Militar-Angehörigen. Mainz 1747-1797 (ausgewertete Jahrgänge). Zurück
  70. CARL FORSCHNER: Geschichte der Pfarrei und Pfarrkirche Sankt Quintin in Mainz, Mainz 1905, S. 76, S. 121.  Zurück
  71. StAMz Abt. 5/68. Zurück
  72. FORSCHNER, St. Quintin (wie Anm. 70), S. 57.  Zurück
  73. Zur Familie Dumont im 18. und 19. Jahrhundert sowie dem Handelsimperium ist ein umfassender Aufsatz unter wirtschafts- und sozialgeschichtlicher Fragestellung geplant. Hier sollen auch weitere kulturelle und gesellschaftliche Horizonte der Familie Dumont in den Blick genommen werden.  Zurück
  74. Auf Einzelnachweise soll an dieser Stelle verzichtet werden. Diese Befunde ergeben sich aus der Auswertung der zu Grunde liegenden Datenbank. Auf Einzelnachweise soll an dieser Stelle verzichtet werden. Diese Befunde ergeben sich aus der Auswertung der zu Grunde liegenden Datenbank.  Zurück
  75. StAMz Familienblätter Berna. Die genannten Kaufleute wurden als Ehepartner oder Taufpaten der Kinder Bernas angegeben.  Zurück
  76. StAMz Familienblätter Ackermann. Die Kaufleute waren Paten der Ackermännischen Kinder.  Zurück
  77. Zum Begriff Unternehmer siehe DIETRICH GESSNER, Frühindustrielle Unternehmer im Rhein-Main-Raum (1780-1865). Großhandel und Handwerk als Träger der regionalen In-dustrialisierung. In: Scripta Mercaturae 28, 1994, S.121-187, hier S. 122f. Als Manufak-turunternehmer werden hier, in Anlehnung an F. Redlich und J. Kocka, Personen mit we-sentlicher Entscheidungsbefugnis verstanden. Vgl. dazu STRAUBEL, Kaufleute (wie Anm. 5), S. 13 mit Anm. 12. Anders als im 19. Jahrhundert fielen im Ancien Régime die Funk-tionen Unternehmer, Manager und Kapitalgeber noch zusammen. GÖMMEL, Entwicklung (wie Anm. 13), S. 25f. Vgl. auch VOSS, Johann Christoph Biederlack (wie Anm. 31), S. 35ff.  Zurück
  78. STRAUBEL, Kaufleute (wie Anm. 5), S. 232ff.  Zurück
  79. Vgl. DIETRICH GESSNER, Großhandel und Industrialisierung am Mittelrhein und Untermain (1780-1856). In: Scripta Mercaturae 12, 1978, S. 20-48, hier S. 28; NORTH, Kommunikation (wie Anm. 5), S. 77ff.  Zurück
  80. Vgl. auch VOSS, Johann Christoph Biederlack (wie Anm. 31), S. 35ff.  Zurück
  81. JOHANN GEORG KRÜNITZ (Hrsg.): Ökonomisch-technologische Encyclopädie oder allgemeines System der Staat-, Stadt-, Haus- und Landwirtschaft […], Berlin 1786, Bd. 12, S. 3. Zu den verschiedenen Betriebsformen vgl. jüngst DIETRICH EBELING: Zunfthandwerk, Heimarbeit und Manufakturwesen in den Rheinlanden während des 18. Jahrhunderts. In: DERS. (Hrsg.): Aufbruch in eine neue Zeit. Gewerbe, Staat und Unternehmer in den Rheinlanden des 18. Jahrhunderts, Köln 2000, S. 11-32, bes. S. 16ff.  Zurück
  82. Über Manufakturen und Exportgewerbe sind auf regional- und landesgeschichtlicher Ebene eine Reihe von Studien erschienen. KARL HEINRICH KAUFHOLD: Gewerbelandschaften in der frühen Neuzeit (1650-1800). In: HANS POHL (Hrsg.): Gewerbe- und Industrielandschaften vom Spätmittelalter bis ins 20. Jahrhundert, Stuttgart 1986, S. 112-202; DIETRICH EBELING /WOLFGANG MAGER (Hrsg.): Protoindustrie in der Region. Europäische Gewerbelandschaften vom 16. bis zum 19. Jahrhundert. (Studien zur Regionalgeschichte, 9), Bielefeld 1997; EBELING, Zunfthandwerk (wie Anm. 81). Für den zu betrachtenden Untersuchungsraum liegen allerdings nur wenige Arbeiten vor, die zudem Mainz weitgehend außer Acht lassen. So KONRAD FUCHS: Mittelrheinische Unternehmer im 18. Jahrhundert und in der 1. Hälfte des 19. Jahrhunderts. In: Jahrbuch der Vereinigung „Freunde der Universität Mainz“ 20, 1971, S. 1-21; DIETRICH GESSNER: Die Anfänge der Industrialisierung am Mittelrhein und Untermain 1780-1866 (Studien zur Frankfurter Geschichte, 38), Frankfurt 1994; DERS.: Unternehmer (wie Anm. 77). Grundlegend für das 19. Jahrhundert in Mainz ist MACLACHLAN, Entrepreneurship (wie Anm. 17).  Zurück
  83. WILHELM HEINSE: Brief 1780. In: Gepriesenes Mainz (wie Anm. 7), S. 44.  Zurück
  84. Vgl. dazu KIRNBERGER, Handelsmesse (wie Anm. 18), S. 48ff; SCHOLL, Wirtschaftspoli-tik (wie Anm. 2), S. 127f., verweist auch darauf, dass in Mainz auf Grund baulicher Ge-gebenheiten kaum Platz für größere Manufakturen innerhalb der städtischen Mauern vor-handen war.  Zurück
  85. DIETRICH EBELING: Zwischen Handel und Industrie. Köln und die Rheinlande im Zeital-ter der „Modernisierung“ (1700-1820). In: DIETER GEUENICH (Hrsg.): Köln und die Niederrheinlande in ihren historischen Raumbeziehungen (15.-20. Jahrhundert), Mönchengladbach 2000, S. 367-382, hier S. 375f.  Zurück
  86. Besonders Emmerich Joseph von Breidbach-Bürresheim verdient hier Erwähnung. Die verschiedenen Bemühungen seitens der Kurfürsten zur Erhöhung der Eigenproduktion und Errichtung von Manufakturen in Kurmainz sollen hier nicht weiter thematisiert werden. Hierzu liegt die immer noch grundlegende Arbeit von SCHÄFER, Handel (wie Anm. 17) vor. Vgl. auch SCHOLL, Wirtschaftspolitik (wie Anm. 2), S.127f.  Zurück
  87. Der Begriff Gewerbelandschaft wurde im Wesentlichen von K. H. KAUFHOLD geprägt. Im Gegensatz dazu umfassen Gewerberegionen einen größer gesteckten Raum. Vgl. dazu GÖMMEL, Entwicklung (wie Anm. 13), S. 34f. Ein knapper Überblick über die wichtigsten Regionen im Reich mit ihren führenden Gewerben ebd., S. 35ff.  Zurück
  88. Diese Produkte konnten oft von den traditionellen Zünften gar nicht hergestellt werden. Vgl. dazu HANS MAUERSBERG: Wirtschafts- und Sozialgeschichte zentraleuropäischer Städte in neuerer Zeit. Dargestellt an Beispielen von Basel, Frankfurt, Hamburg, Hanno-ver und München, Göttingen 1960, S. 342.  Zurück
  89. KARL SCHAFFT: Flörsheimer Fayencen. Neubearbeitung auf der Grundlage der unveröffentlichten Dissertation von Lothar de Haye, Darmstadt 1977, S. 21.  Zurück
  90. Zit. nach SCHAFFT, Fayencen (wie Anm. 89), S. 23.  Zurück
  91. In einem Gutachten des Hofrats von Kalkhof aus dem Jahre 1785 heißt es: Dabei ist es bekannt, dass der jetzige Beständer diese Fabrik in ein ganz ungemeine Aufnahme gebracht hat, er verfertigt die schönsten und besten Waren, verschickt solche in auswärtige Staaten, nährt eine Menge Unterthanen als tägliche Arbeiter ... Zit. nach Schafft, Fayencen (wie Anm. 89), S. 33. Zur Beschäftigtenzahl vgl. auch SCHAFFT, Fayencen (wie Anm. 96), S. 23, S. 33.  Zurück
  92. Vgl. SCHAFFT, Fayencen (wie Anm. 89), S. 35. Hessisches Staatsarchiv Darmstadt Abt. E 6A konv. 14 fasc. 4.  Zurück
  93. BayStAWü MRA, MzPolAkt 1450.  Zurück
  94. SCHÄFER, Handel (wie Anm. 17), S. 20, spricht zwar nur von einem Handelsmann Weingärtner, ohne dessen Vornamen zu benennen, doch scheint die Tatsache, dass Mathias Joseph Weingärtner 1792 starb, zu erklären, warum es nach 1792 zu keiner weiteren Verlängerung der Schürfrechte kam.  Zurück
  95. Zit. nach SCHÄFER, Handel (wie Anm. 17), S. 21 mit Anm. 129.  Zurück
  96. SCHÄFER, Handel (wie Anm. 17), S. 27. Dieser Befund müsste mit Blick auf die Bürgertumsforschung noch eingehender thematisiert werden.  Zurück
  97. GEORG SCHMIDT: Frühkapitalismus und Zunftwesen. Monopolbestrebungen und Selbstverwaltung in der frühneuzeitlichen Wirtschaft. In: BERNHARD KIRCHGÄSSNER (Hrsg.): Stadt und wirtschaftliche Selbstverwaltung, Sigmaringen 1987, S. 77-114, hier S. 113f.: „Noch strebten alle Wirtschaftsobjekte nach Monopolen, Exklusivverträgen und gebundenen, d.h. möglichst konkurrenzfreien Wirtschaftsgebieten. Allein die Privilegien und Garantien der Obrigkeit ermöglichten den wirtschaftlich tätigen Korporationen oder Individuen die Bildung bzw. die Behauptung von mehr oder weniger stark ausgeprägten Monopolpositionen“. Auch in Mainz wurde seitens des Kurfürsten nicht selten ein „privilegium exclusivum“ erteilt. Schmidt relativiert somit die Behauptung von Hans MAUERSBERG, dass der „große Handel von jeher für das ‚liberum commercium‘“ gewesen sei und kann überzeugend darlegen, dass in der frühen Neuzeit auch die so genannten offenen und liberaleren Wirtschaftsformen, wie man sie besonders bei den Manufakturunternehmungen finden kann, immer noch gebundenen Wirtschaftstypen angehörten. MAUERSBERG, Wirtschafts- und Sozialgeschichte (wie Anm. 88), S. 249.  Zurück
  98. Hierzu sei auf die zu Grunde liegende Staatsexamensarbeit sowie die geplante Dissertation verwiesen.  Zurück
  99. Sicherlich war es ein Ziel des Mainzer Kurfürsten, wieder in Konkurrenz zu Frankfurt zu treten. Dieses Vorhaben ist allerdings insgesamt gescheitert, war aber wohl schon in der Zielsetzung sehr unrealistisch. DREYFUS, Sociétés (wie Anm. 17), S. 191 spricht davon, dass Mainz unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten kaum weniger Bedeutung als Frankfurt und Köln gehabt habe. MACLACHLAN, Entrepreneurship (wie Anm. 17), S. 41 schließt sich diesem Urteil an. Diese Einschätzung muss allerdings entschieden zurückgewiesen werden.  Zurück
  100. Zit. nach KIRNBERGER, Handelsmesse (wie Anm. 18), S. 58. Vgl. ZOEPFL, Handelspolitik (wie Anm. 9), S. 118. Es handelt sich hierbei um eine Äußerung des Fürstbischofs gegenüber seiner eigenen Kommerzienkommission.  Zurück
  101. ZOEPFL, Handelspolitik (wie Anm. 9), S. 117ff.; KREUTZER, Immigration (wie Anm. 60), S. 48.  Zurück
  102. Inventar des Aktenarchivs der Erzbischöfe und Kurfürsten von Mainz aufgrund der Verzeichnisse in den heutigen Eigentümer-Archiven. Zusammengestellt von RUDOLF SCHATZ und ALOYS SCHWERSMANN, 5 Bände (Veröffentlichungen der Landesarchivverwaltung Rheinland-Pfalz, 54-56, 59, 60), Koblenz 1990-1993, hier Bd. 4, S. 299.  Zurück
  103. Zit. nach EDITH ENNEN: Geschichte der Stadt Bonn, II. Teil, Bonn 1962. Neubearbeitung in: DIETRICH HÖROLDT (Hrsg.): Bonn als kurkölnische Haupt- und Residenzstadt (Geschichte der Stadt Bonn, 3), Bonn 1989, S. 11-349, hier S. 314.  Zurück
  104. RIESBECK, Briefe (wie Anm. 1), Bd. 2, S. 529.  Zurück
  105. Vgl. dazu POHL, Wirtschaftsgeschichte (wie Anm. 46), S. 72ff.; EBELING, Bürgertum (wie Anm. 8), S. 61ff.; KLARA VON EYLL: Kölns Wirtschaftsbürgertum im 19. Jahrhundert (bis 1914). In: K. MÖCKL (Hrsg.): Wirtschaftsbürgertum in den deutschen Staaten im 19. und beginnenden 20. Jahrhundert (Deutsche Führungsschichten in der Neuzeit, 21), München 1996, S. 251-280. Vgl. EBELING, Köln und die Niederrheinlande (wie Anm. 85), S. 379ff. Zwar gelang es Köln nicht, sich in gleichem Maße wie die bedeutenden Gewerberegionen in der gewerblichen Wirtschaft zu behaupten, der Großhandel aber blieb Kölns wichtigster Wirtschaftszweig. METTELE, Bürgertum (wie Anm. 16), S. 23ff.  Zurück
  106. So war PHILIPP WILHEM GERCKEN: Reisen durch Schwaben, Baiern, angränzende Schweiz, Franken und die Rheinischen Provinzen […] in den Jahren 1779-1782, Stendal 1783, Bd. 3, S. 71 der Auffassung, dass der Speditionshandel den Eigenhandel in Mainz verhindere. Sartori sah im Domkapitel die Ursache des verhinderten Handels. Vgl. dazu ZOEPFL, Handelspolitik (wie Anm. 9), S. 115. Ähnlich wie Riesbeck war wohl auch er ein „temperamentvoller Aufklärungsschriftsteller“.  Zurück
  107. Zur Frage der Kontinuität in der Sattelzeit vgl. HARTMANN, Kontinuitäten (wie Anm. 20). Zur Bedeutung der Kaufleute und Unternehmer als Funktionselite der so genannten Sattelzeit vgl. VOSS, Johann Christoph Biederlack (wie Anm. 31), S. 35ff.  Zurück