Flacht im Rhein-Lahn-Kreis

Jüdische Geschichte in Flacht

Gedenkstein auf dem jüdischen Friedhof Flacht[Bild: Wikipedia-Nutzer Karsten11, CC0 1.0 Universell [CC0 1.0]]
Gedenkstein auf dem christlichen Friedhof Flacht[Bild: Wikipedia-Nutzer Karsten11, CC0 1.0 Universell [CC0 1.0]]

Um das Jahr 1767 wurde in Flacht Varnum Abraham geboren. Seine Geburt ist der älteste Nachweis jüdischer Einwohner in der Ortschaft. Man kann also davon ausgehen, dass etwa seit der Mitte des 18 Jahrhunderts jüdische Familien in Flacht wohnten. Für das Jahr 1821 können vier Familien in Flacht selbst nachgewiesen werden.[Anm. 1] Zwischen 1843 und 1925 schwankte die Anzahl der jüdischen Einwohner Flachts zwischen 29 und 35. Die Zahl der jüdischen Einwohner Nieder- und Oberneisens war geringer. Lediglich ein bis zwei Familien lebten in den Ortschaften.

Zu Beginn des 19. Jahrhunderts bildeten die Flachter Jüdinnen und Juden zunächst eine eigene Gemeinde. Ungefähr ab 1843 zählten die Flachter Juden jedoch zur Diezer jüdischen Gemeinde, Nieder- und Oberneisen waren hingegen der Gemeinde in Hahnstätten angeschlossen. Im Jahr 1848 wollten die jüdischen Bewohner von Flacht und Niederneisen die Trennung von der Diezer bzw. Hahnstättener Kultusgemeinde erzwingen und beantragten den Bau einer eigenen Synagoge. Mit 40 Seelen, so die Argumentation, sei eine ausreichende Anzahl für eine eigene Gemeinde vorhanden. Dieser Antrag wurde, so wie mindestens drei erneute Anträge, die in den Jahren 1862 und 1914 eigereicht wurden, abgelehnt.[Anm. 2] Nach und nach traten viele Jüdinnen und Juden aus Flacht aus der jüdischen Kultusgemeinde Diez aus[Anm. 3], offiziell erlangten sie jedoch erst im Jahr 1928 die Selbstständigkeit als eine gemeinsame unabhängige Gemeinde.[Anm. 4] Die neue, aus Flachter, Nieder- und Oberneiser Jüdinnen und Juden bestehende Gemeinde, zählte etwa 35 Mitglieder.[Anm. 5] Die Mitgliederzahl sank auf 29 Im Jahr 1933.

Die Störung einer jüdischen Beerdigung durch mehrere Mitglieder der NSDAP im Jahr 1935, gilt als der erste belegte antisemitische Übergriff in Flacht.[Anm. 6] Dieser folgte die Schändung der Synagoge während der Reichspogromnacht im Jahr 1939.[Anm. 7]

Angesicht der bedrohlichen Lage verließen viele aus Flacht, Nieder- und Oberneisen stammende jüdische Familien die Ortschaft in den 1930er Jahren. Viele von ihnen zogen in die vermeintlich sichere Anonymität der Großstädte und wurden später von dort deportiert. Einigen, wie beispielsweise auch dem 1924 in Flacht geborenen Abraham Frank, gelang die Emigration ins Ausland. Frank erreicht 1936 Israel und engagierte sich nach Ende des zweiten Weltkriegs für die Aufarbeitung der jüdischen Geschichte.[Anm. 8]

Ein Gedenksteine auf dem Friedhof in Flacht erinnert an 21 „in den Konzentrationslagern umgekommene[…] jüdische[…] Mitbürger[…] aus Flacht und Niederneisen“.[Anm. 9] Gleicht man die Name der auf dem Gendenkstein vermerkten Menschen, mit den Listen des "Gedenkbuches - Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945" ab, erhöht sich die Zahl der Opfer: 20 ehemalige Flachter, drei Neiderneisener und eine Bewohnerin Oberneisens wurden ermordet.[Anm. 10]

Nachweise

Autorin: Lisa Groh-Trautmann

red. Bearb. Konstantin Arnold

Verwendete Literatur:

Arnsberg, Paul: Die jüdischen Gemeinden in Hessen. Anfang - Untergang - Neubeginn. Darmstadt 1971. Bd. I.

Bundesarchiv (Hg.): Gedenkbuch – Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland 1933 – 1945. Koblenz 2006. Online verfügbar unter: www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/intro.html.de. [Aufgerufen am: 19.07.19].

Flacht (VG Hahnstätten, Rhein-Lahn-Kreis) Jüdischer Friedhof. In: Alemannia Judaica - Arbeitsgemeinschaft zur Erforschung der jüdischen Geschichte im süddeutschen und angrenzenden Raum. Plochingen 2001 – 2107. Online verfügbar unter: http://www.alemannia-judaica.de/flacht_friedhof.htm. [Aufgerufen am: 19.07.19].

Flacht mit Niederneisen und Oberneisen (VG Hahnstätten, Rhein-Lahn-Kreis) Jüdische Geschichte / Synagoge. In: Alemannia Judaica - Arbeitsgemeinschaft zur Erforschung der jüdischen Geschichte im süddeutschen und angrenzenden Raum. Plochingen 2001 – 2007. Online verfügbar unter: http://www.alemannia-judaica.de/flacht_synagoge.htm. [Aufgerufen am: 19.07.19].

Landesamt für Denkmalpflege Rheinland-Pfalz/ Staatliches Konservatoramt des Saarlandes/ Synagogue Memorial Jerusalem (Hg.): "...und dies ist die Pforte des Himmels". Synagogen in Rheinland-Pfalz und dem Saarland. Mainz 2005.

Lebensbeschreibung von Abraham Frank. Online verfügbar unter: http://irgun-jeckes.org/frank-abraham/. [Aufgerufen am: 19.07.19].

 

Erstellt am 31.10.2019

Anmerkungen:

  1. Paul Arnsberg: Die jüdischen Gemeinden in Hessen. Anfang - Untergang - Neubeginn. Darmstadt 1971. Bd. I S. 177. Zurück
  2. Eben da S. 177-178. Zurück
  3. Landesamt für Denkmalpflege Rheinland-Pfalz/ Staatliches Konservatoramt des Saarlandes/ Synagogue Memorial Jerusalem (Hg.): "...und dies ist die Pforte des Himmels". Synagogen in Rheinland-Pfalz und dem Saarland. Mainz 2005. S. 150. Zurück
  4. Jüdische Geschichte / Synagoge. In: Alemannia Judaica - Arbeitsgemeinschaft zur Erforschung der jüdischen Geschichte im süddeutschen und angrenzenden Raum. Plochingen 2001 – 2107. Online verfügbar unter: http://www.alemannia-judaica.de/flacht_synagoge.htm. [Aufgerufen am: 19.07.19]. Zurück
  5. Landesamt für Denkmalpflege Rheinland-Pfalz/ Staatliches Konservatoramt des Saarlandes/ Synagogue Memorial Jerusalem (Hg.): "...und dies ist die Pforte des Himmels". Synagogen in Rheinland-Pfalz und dem Saarland. Mainz 2005. S. 150. Zurück
  6. Paul Arnsberg: Die jüdischen Gemeinden in Hessen. Anfang - Untergang - Neubeginn. Darmstadt 1971. Bd. I S. 178. Zurück
  7. Landesamt für Denkmalpflege Rheinland-Pfalz/Staatliches Konservatoramt des Saarlandes/ Synagogue Memorial Jerusalem (Hg.): "...und dies ist die Pforte des Himmels". Synagogen in Rheinland-Pfalz und dem Saarland. Mainz 2005. S. 150. Zurück
  8. Eine Lebensbeschreibung von Abraham Frank ist online verfügbar unter: http://irgun-jeckes.org/frank-abraham/. [Aufgerufen am: 19.07.19]. Zurück
  9. Jüdischer Friedhof. In: Alemannia Judaica - Arbeitsgemeinschaft zur Erforschung der jüdischen Geschichte im süddeutschen und angrenzenden Raum. Plochingen 2001 – 2107. Online verfügbar unter: http://www.alemannia-judaica.de/flacht_friedhof.htm. [Aufgerufen am: 19.07.19]. Zurück
  10. Bundesarchiv (Hg.): Gedenkbuch – Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland 1933 – 1945. Koblenz 2006. Online verfügbar unter: https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/intro.html.de. [Aufgerufen am: 19.07.19] und Jüdische Geschichte / Synagoge. In: Alemannia Judaica - Arbeitsgemeinschaft zur Erforschung der jüdischen Geschichte im süddeutschen und angrenzenden Raum. Plochingen 2001 – 2107. Online verfügbar unter: http://www.alemannia-judaica.de/flacht_synagoge.htm. [Aufgerufen am: 19.07.19]. Zurück