Schönborn im Rhein-Lahn-Kreis

Überfall auf Schönborn 1796

Auszug aus einer Chronik des Schultheißen Johann Wilhelm Kramb

Verzeichniß was die Französische Truppen den 12ten Septemb. 1796 alhier geplündert haben an Meubl.

als
1. mir dem Schultheiß vor 23 fl 53 x
2. Herr Pfarrer Bach vor 50 48
3. dessen großen Knecht 8 18
4. dessen große Magd 10 46
5. dessen kleine Magd 5 25
6. Johann Fried. Kramb 7 10
7. Philipp Stotz 7 10
8. Phl. Hen. Stubenrauch 3 20
9. G. H. Neuzling 34 10
10. Peter Fischer 59 12
11. Anton Schmidts Wit. 14 15
12. Philipp Scherer 5 30
13. Jacob Lehna 9 30
14. Jacob Scherer 6 42
15. Ernst Schmidt 6 30
16. Ludwig Schmidt 11 15
17. Ferdinand Eberhard 2 15
Summa 266 fl

Anmerckung

Der seit Menschen Gedencken dem hiesigen Ort der erschrecklichste Unglücks Tage war, aber Gott seye gedanckt, alles bevorgestandene Unglück so gnädiglich ab gewendet zu haben.

Dieses war der 12te Tag Septemb. 1796, wo vorgedachte Plünderung geschehen ist. Wo verschiedene Tage zuvor die Franzosen wieder biß Diez und Limburg rueterueret [retiriret] und ein Lager im Feld obig Holzheim gemacht hatten, wo zuvor alles Vieh von der Aar, wie auch vieles jenseit der Lahn, in die Fuchsenhohle geflüchtet worden; um nun Heerte Vieh daraus an die Armee zu langen, waren bei 600 Mann theils Chasseurs et Dragoners auch theils Fuß Volck, mit Waffen und Dombours [Tambours] beordert, sich in die Fuchsenhöhle zu verfügen, auf zu suchen und zu langen.

Als nun dieselbe verschiedene Heerde Schaafe, auch Rindvieh erwischt, hatten sie sich auch ersonnen, etwas in ihre Säcke zu erbeuten, und waren theils zur Verwahrung des Viehs bei solchem im Wald verblieben, andern theils den Schluß und Anstalt gemacht, Berbach und Schönborn aus zu plündern. Hatten auch ihre Anstalt so eingerichtet, daß ihnen solches nicht fehlen konnte, und uns kein Mensch hätte zu Hilfe kommen

können, wenn einige derselben nicht gar zu hitzig auf solchen Raub gewesen wären.

Es hatte just wegen Befürchtung solches Vorfallens der Fürstl. Herr Beamte Hensing mit den Orts Vorstände aus gemacht, daß aus jedem Ort beständig Leute auswärts auf Posten gestellt werden sollten, und sobald sich etwas äußerte, Nachricht in alle Orte kommen und alles mögliche geholfen werden sollte.

Die Franzosen waren in Begriff, von obig Berbach her durch den Wald herum uns zu umgreißen und wäre solches vollzogen gewesen, so konnte niemand mehr aus dem Orth, also auch keine Hilfe von andern Amts Ortschaften erhalten.

Allein der Angriff etlicher Franzosen war zu eilend, und solche fielen aldorten in Berbach ein, ehe die andern durch den Wald um unser Feld herum gekommen waren, wo ich alhier so bald den Einfall in Berbach gewahr wurde und auf unserm Feld, in der Straß vor den Erbern Stücker, allen Lärmen hörte, wo ich nach dem Orth lief und im Lauf des Johann Georg Martins Jüngling Andreas nach Ebertshausen und Catzenelnbogen jagte, welcher eines Laufens dahin gelaufen, und ich die hier versamlete Junge Mannschaft nacher Berbach laufen ließ, den Berbachern zur Hilfe zu eilen, wo man noch hier an keine Gefahr dachte. Als die Hiesige nun nach Berbach geeilet, ich aber den Lärmen derer Berbacher und unaufhörliches Geschrei hörte, nach eilte, eines Laufens, und mehrere mir als noch nach gelaufen.

Als ich nun hinter den Birckenpüsch gekommen und die Hiesige nächst der Berbach sahe, so so balden umringeld waren von Chasseur und Fuß Völcker, welche dieselben auch umringeld mit in Berbach geführet. Die Mehrheit derselben aber auf die andern gefeuert und an allen Orten aus dem Buchen Wald heraus gekommen und auf uns gefeuert, so daß viele die Kugeln vor den Köpfen her und langs dieselbe geflogen sind, und schon bis an den Lohrmer Weg den Wald herum waren, also in einer halben Vierthel Stund unser Ort umringelt hatten. Allein zum Glück war der Jüngling schon weit fort nach Catzb. [Katzenelnbogen] und der Lärmen im Amt gemacht. Als nun alle Kugeln glücklich langs die Unterthanen weg geflogen, als eine so dem Georg Friedrich Martin vorn am Arme zwischen Montur und Haut hinein, am Ehlenbogen, aber durch die Montur heraus geflogen, glücklich ohne verwundet, so dann dem Philipp Daniel Schiebell eine durch die Hosen auch glücklich und ohne verwund, Andreas Schnatz, Karl Thorn, Jacob Scherer etwiche Verwundungen und Plessuren von Säbel erhalten. Wo dann die Franzosen mit den Pferdten durchs und um das Ort gejagt, alle Weibs Leute und Kinder so in der Flucht waren wieder hinein gesprenget, gefressen, gesoffen und die Plünderung so pag. 97 verzeichnet verübet hatten, hingegen weit mehrers erlanget hätten.

Als solche aber in betref der Plünderung gewesen, sind die Unterthanen aus dem Amt, von Ebertshausen, Klingelbach, Catzb., Allendorf pp angekommen, auch als noch die Fischbacher, theils mit Schieß, theils anderen Waffen, welche durch das Feuern solche sobald aus dem Orth gejagt und auf dem Feld diese auf jene und jene auf diese gefeuert haben, wo wohl jene, aber kein einziger Unterthan getroffen worden. Wer solchen Mousquaeten Knall gehöret, konnte nicht anders dencken, daß nicht nur eine Menge Unterthanen getroffen, sondern auch sonsten Feuer hätte entstehen müßen. Hier mußte jeder erkennen, die Höchste Vorsehung Gottes war zugegen und wande das erschreckliche Gewitter so gnädig vorüber.

Als nun Abend und das Gewitter vorbei geschienen, so kame das Geschrey der Berbacher Weibs Leute, daß die Franzosen ihre Mannschaft mit der hiesigen als meinen Sohn, Johann Henrich Kramb, Ernst Jacob Schmidt, Christ. Martin, Johs. Hund pp mit nach der Armee genommen, welche aldorten ermordet werden sollten. Dieses verursacht uns wieder Schrecken, Mütter und Weiber Geschrey. Als ich nun dem Herrn Beamte solche Anzeige gethan und in Begriff war, nach dem General zu gehen in der Nacht, doch meiner Frau und Kinder, welche zu Ebertshausen waren, wo ich langs mußte, doch solches sagen wollen und solche zu trösten suchte, daß ich nach dem General zu gehen beflißen, auch keine Mißhandlung glaubte. Solche aber den Trost bezweifelten wegen der erhaltenen Nachricht der Spisserter Bauern; ich aber ihnen erklärte,

daß dieses gar nicht gegen jenes zu vergleichen seye. Diese hätten ihr Eigenthum rechtl. zu schützen gesucht ohne Waffen, jene hätten aber die Waffen ergriffen und übell verfahren. So bald ich nun von solchen weg und mich auf den Weg verfügte, jene retten zu suchen, so begegneten mir schon mein Sohn und Christ. Martin, um mich zu suchen, weilen sich solche mein Vorhaben schon vorgestellt hatten, brachten mir die erfreuende Nachricht, daß sie zu Holzheim durch Accord um fünf Carolin [1 Carolin = 11 Gulden] los gekommen, welche Ludwig Schmidt bei einem guten Freund in Holzheim geliehen und aufgenommen und an die Franzosen bezahlt hatte. Konnte also mein Lauf nach dem General unterlassen bleiben, wo ich doch auf der Stelle mit denselben retour machte, wieder zurück nach Ebertshausen, damit meine Frau und Kinder in ihrer Getröstung gesichert wurden. O welcher erschröcklicher Tag. Möchte doch dieser, zur Ehre Gottes, nach erlangtem Frieden zu Feyern gestiftet werden. So lange aber der Krieg dauert, darf keine Sprache davon gemacht werden, indeme man ohnehin erfahren, daß in Catzenelnbogen gelegene Chasseurs dem Ort gedrohet und vorgeben, alda blesirt worden zu sein, um solches in kein gemein Erinnerung zu bringen, ob zwar kein unrichtiger Gedancke bei uns war, hingegen aber übel verdrehet werden kann pp.

NACHWEISE

Transkription: Dieter Maxeiner

Redaktionelle Bearbeitung: Marion Nöldeke

Quelle:

  • aus der Chronik des Schultheißen Joh. Wilhelm Kramb
  • Archiv der Verbandsgemeinde Aar-Einrich, Katzenelnbogen
  • Bestand 2. Ortsgemeinden, 21 Schönborn 1

Erstellt am: 12.03.3021