Weinähr im Rhein-Lahn-Kreis

Zur Geschichte von Weinähr

Weinähr wurde 1267 erstmals erwähnt. Anselm von Witzelbach vermachte dem Kloster Arnstein einen Weinberg zu „Anre“. Die frühe Bezeichnung Weinährs als „Anre“ ist wohl auf den Gelbach zurückzuführen. Dessen lateinischer Name „Anara“ ist im Laufe der Zeit auf „Ahr“ bzw. „Ähr“ verkürzt worden. Die Bezeichnung Weinährs als „Anre“, alternativ als „sygelanre“, „Siegelähr“, taucht bis ins 15. Jahrhundert auf.[Anm. 1]

Weinähr gehörte zum Herrschaftsgebiet der reichsunmittelbaren Abtei Arnstein. Ein Schultheiß verwaltete Weinähr und das nahe Winden gemeinsam, wobei jeder Ort noch einen Bürgermeister hatte, der dem Schultheißen untergeordnet war. 1428 wurde im Ort eine Kapelle gebaut.[Anm. 2]

1504 und 1520 verwüsteten größere Brände den Ort, wobei 1520 auch die Kapelle niederbrannte. Sie wurde im Folgejahr wiederaufgebaut. Von der Reformation war Weinähr nicht direkt betroffen. Unter seinem geistlichen Herrn blieb der Ort katholisch. Ab 1635 war das Arnsteiner Gebiet jedoch stark vom Dreißigjährigen Krieg betroffen. Das Kloster wurde mehrfach geplündert, und in den Arnsteiner Besitzungen sei nach einer zeitgenössischen Quelle kaum jede fünfte EinwohnerIn geblieben. Möglicherweise brannte der Ort im Krieg auch teilweise nieder.[Anm. 3] Ab etwa 1700 wurde in Weinähr Schulunterricht erteilt.[Anm. 4]

Der Weinbau in Weinähr ist schon in der urkundlichen Ersterwähnung genannt. Die Abtei Arnstein besaß im Ort zudem auch ein Kelterhaus. Der Weinbau ging vor allem im 18. Jahrhundert stark zurück. Statt Weinstöcken wurden zunehmend Zwetschgenbäume gepflanzt. In Weinähr gibt es heute nur noch eine Weinlage.[Anm. 5]

Spätestens am Ende des 16. Jahrhunderts wurde der Bergbau in Weinähr begonnen. Das Vorkommen enthielt neben Eisen und Kupfer auch Blei sowie Silberadern. 1660 schloss der in Lüttich geborene Jean Marioth einen Vertrag mit der Abtei, um in Weinähr ein Hüttenwerk zu errichten. Der Betrieb Marioth prosperierte. Sein Unternehmen betrieb Bergwerke an 17 Standorten, neun davon im heutigen Rhein-Lahn-Kreis. Fachleute wurden gebraucht. So kam es zur Zuwanderung von wallonischen Familien. Die höchste Fördermenge wurde wohl Anfang des 18. Jahrhunderts erreicht. 1761 wurden die Bergwerke und Hütten verkauft. 1785 nahm die Abtei selbst die Gruben in Verwaltung.[Anm. 6]

Die Arnsteinische Herrschaft endete 1803 mit dem Reichsdeputationshauptschluss. Das Gebiet wurde säkularisiert und ging an das Haus Nassau-Weilburg. 1806 wurde das Herzogtum Nassau gegründet, dem Weinähr dann bis zu dessen Annexion durch Preußen 1866 angehörte. Das Schulwesen wurde in Nassauischer Zeit umgestellt. Es musste eine Schulchronik geführt werden, die heute als wichtige Quelle für die Ortsgeschichte der nassauischen Orte dienen kann. Schon ab 1863 wurde ein Schulneubau ins Auge gefasst. Dieser konnte aber erst 1885 realisiert werden. Knapp hundert Jahre später – 1984 – wurde die Schule geschlossen.[Anm. 7]

Der Weinährer Bergbau verfiel weitgehend, einige Bergleute blieben dennoch in der lokalen Grube angestellt. Die Berufsstatistik der Jahre 1811 und 1835 bildet den Niedergang ab. Die Zahl der Bergleute sank von 40 auf 21, während zugleich die Zahl der Landwirte von 27 auf 47 anstieg.[Anm. 8]

1848 erfasste die Revolutionsstimmung auch Weinähr. Der Schultheiß, der Gemeinderechner und der Förster wurden ihres Amts enthoben. Zudem zogen die EinwohnerInnen zum sogenannten Sannersberg. Dort hatte das Herzogtum gegen den Willen der EinwohnerInnen, die den Berg als Weidegrund genutzt hatten, Fichten gepflanzt. Diese wurden nun gefällt.[Anm. 9]

Streit gab es auch Anfang des 20. Jahrhunderts – diesmal aber mit der Kirche. Die EinwohnerInnen hatten im 19. Jahrhundert einige Zeit Sonntagsgottesdienste in der Kapelle erhalten. Nun waren sie aber erneut aufs entfernte Winden, ihre Pfarrkirche, verwiesen worden. 1908 versuchte ein Großteil der Bevölkerung, erneut Sonntagsgottesdienste in der Weinährer Kapelle durchzusetzen. An mehreren Sonntagen verweigerten sie den Gottesdienst. Stattdessen läuteten die Kapellenglocken und riefen zu einer Versammlung. Die Maßnahmen zeitigten Erfolg. Am Ende erhielt Arnstein einen neuen Kaplan, der zugleich auch die Seelsorge in Weinähr übernahm.[Anm. 10]

Über die Geschichte Weinährs im 20. Jahrhundert ist wenig veröffentlicht. Im Ersten Weltkrieg fielen 14 Weinährer. Im Zweiten Weltkrieg starben 23. Der Krieg endete für Weinähr am 27. März 1945.[Anm. 11]

Weinähr ist schon vergleichsweise früh eine Pendlergemeinde geworden. Im Ort selbst gab es, abgesehen von einer Sprengstofffabrik, die bis in die 1930er Jahre betrieben wurde, keine größeren nichtlandwirtschaftlichen Arbeitsstätten. Dennoch waren etwa 1939 62 Prozent der Berufstätigen im produzierenden Gewerbe tätig – wahrscheinlich im Bergbau in umliegenden Gemeinden sowie in den eisenverarbeitenden Industriebetrieben in Nassau. In den Jahren nach dem zweiten Weltkrieg wurden die landwirtschaftlichen Betriebe, die fast ausschließlich im Nebenerwerb betrieben wurden, aufgegeben. Zum 31. Dezember 2020 hatte Weinähr 466 EinwohnerInnen.[Anm. 12]

Verfasser: Christoph Schmieder

Verwendete Quellen und Literatur:

  • Krings, Bruno: Das Prämonstratenserstift Arnstein a.d. Lahn im Mittelalter 1139 – 1527. Wiesbaden 1990.
  • Thieme, G.: Jüngere Strukturwandlungen im unteren Lahntal unter besonderer Berücksichtigung der Gemeinde Weinähr. In: Kuls, Wolfgang (Hrsg.): Untersuchungen zur Struktur und Entwicklung rheinischer Gemeinden. Bonn 1971, S. 71-89.
  • Werner, Paskal: Weinähr im Gelbachtal: eine kurze Ortsgeschichte. Weinähr 1977.
  • Ortsgemeinde Weinähr (Hrsg.): Weinähr. Notizen zur Ortsgeschichte. Weinähr 2002.

 

Zuletzt geändert: 9. Juli 2021

Anmerkungen:

  1. Notizen, S. 8f. Zurück
  2. Krings, S. 383. Zurück
  3. Notizen, S. 20f., S. 23f.; Krings, S. 383. Zurück
  4. Werner, S. 53; Notizen, S. 33. Zurück
  5. https://www.weinbau-an-der-lahn.de/weinaehr/ (29. Juni 2021). Zurück
  6. Notizen, S. 26–29; Scheid, 200 Jahre Erzbergbau, S. 12; Kläser, S. 61–63; Werner, S. 38f. Zurück
  7. Notizen, S. 33–36. Zurück
  8. Werner, S. 43. Zurück
  9. Werner, S. 25. Zurück
  10. Werner, S. 52. Zurück
  11. Werner, S. 26. Zurück
  12. Thieme, S. 72f., S. 86f. Zurück