Budenheim in Rheinhessen

Die Bevölkerungsgeschichte der Pfarrei Budenheim

von Elmar Rettinger

In der Pfarrei Budenheim setzen die Taufregister schon 1622 ein. Die Angaben sind für das 17. Jahrhundert allerdings insgesamt sehr lückenhaft. Angesichts der geringen Zahl der Bevölkerung ist schwer zu entscheiden, ab wann die Register vollständig sind. Bei Taufen dürfte dies spätestens ab 1665, bei Heiraten ab 1661 und bei Begräbnissen ab 1679 der Fall sein (Graphik).
In der Stadtaufnahme von 1644 ist lediglich ein Budenheimer erwähnt, der wäh-rend der Kriegsereignisse Schutz in der Festung Mainz gesucht hat. [Anm. 1]  Da Budenheim am Rhein gelegen war und intensive Kontakte zum Rheingau hatte – der Amtsort Eltville lag auf dem gegenüberliegenden Ufer –, werden die Einwohner in Kriegszeiten vor allem auf die andere Rheinseite geflohen sein.
Auffallend sind die vielen Heiraten 1663, mit denen ein Ansteigen der Geburten 1665 korrespondiert. Dies deutet auf eine Mortalitätskrise Anfang der sechziger Jahre hin, wie sie im Zusammenhang mit Bretzenheim schon angedeutet worden ist. Wie stark der Ort durch die Pest 1666 in Mitleidenschaft gezogen wurde, zeigt ein kurzer Eintrag des Pfarrers im Begräbnisregister: „Peste correpti obierunt 75“. [Anm. 2]  75 Verstorbene bedeuteten, wenn man von einer Bevölkerungszahl von etwa 175 Personen in dieser Zeit ausgeht[Anm. 3], über 40 Prozent der Einwohner. Die Zahl der Geburten, die nach 1666 deutlich ansteigende Tendenz hat, dokumentiert den sofort einsetzenden Regenerationsprozess. Erhöhte Mortalität findet sich im weiteren Verlauf Anfang der achtziger und neunziger Jahre, besonders 1689 im Jahr der Eroberung von Mainz durch die Franzosen im Pfälzischen Erbfolgekrieg und schließlich noch 1694/95. Dass im Ort das Geschehen um die Festung Mainz mit Sorge beobachtet wurde, zeigen die Einträge im Kirchenregister 1688/89: „Hoc mense nempe 8. Octobris obtinuit gallus Moguntinam.“ und „Hoc anno in Septembri... ceperunt Caesareani Moguntinam.“ [Anm. 4] 1694 war ein Teil der Budenheimer vor den Franzosen geflohen, „propter Gallos... e-xules“, wie es im Kirchenbuch heißt. [Anm. 5] Für die Krise der neunziger Jahre sind wieder die Ereignisse um die Festung Mainz verantwortlich zu machen. Die Belastungen der Gemeinde in den neunziger Jahren waren vielfältig. [Anm. 6] Der Ausbau der Befestigungsanlagen von Kastel unter den Franzosen war fast ausschließlich das Werk der Landgemeinden und besonders der Einwohner von Budenheim. Von den Preußen wurden sie dann wieder zur Schleifung der Anlagen herangezogen. 1793 lagen sächsische Truppen in Budenheim und pfalz-bayerische auf einer Anhöhe hinter dem Ort. [Anm. 7] Von Kampfhandlungen in der unmittelbaren Umgebung der Gemeinde zeugt das Begräbnisregister. 1793 wurde ein sächsischer, evangelischer Soldat, der in einem Scharmützel bei Mombach von einer Kugel getötet worden war, beigesetzt. [Anm. 8] 1793 stieg die Sterblichkeit bei einer Mortalitätsrate von 100,0 allgemein stark an und 1794 zog die zweite Belagerung der Stadt den Ort erneut in Mitleidenschaft. [Anm. 9] Insgesamt hebt sich die Sterblichkeitskurve in den neunziger Jahren kaum von den sonstigen Zeiten erhöhter Mortalität ab. Offensichtlich hat dies vor allem in der geringen Größe der Pfarrei seinen Grund, da bei kleinen Populationen epidemische Krankheiten weniger „Nahrung“ fanden. Ein ähnliches Bild findet sich in der Pfarrei Drais.

Nachweise

Verfasser: Elmar Rettinger

Verwendete Literatur:

  • Laub, Joachim: Historisches Heimatbuch Budenheim. Mainz 1977.
  • Rettinger, Elmar: Die Umgebung der Stadt Mainz und ihre Bevölkerung vom 17. bis 19. Jahrhundert. Ein historisch-demographischer Beitrag zur Sozialgeschichte ländlicher Regionen. Stuttgart 2002 (Geschichtliche Landeskunde 53).
  • Rödel, Walter G.: Mainz und seine Bevölkerung im 17. und 18. Jahrhundert. Demographische Entwicklung, Lebensverhältnisse und soziale Strukturen in einer geistlichen Residenzstadt. Stuttgart 1985 (Geschichtliche Landeskunde 28).
  • Schaab, Karl Anton: Die Geschichte der Bundes-Festung Mainz, historisch und militärisch nach den Quellen bearbeitet. Mainz 1835.

Aktualisiert am: 19.10.2014

Anmerkungen:

  1. Rödel, Mainz, S.39. Zurück
  2. KB Budenheim, Begräbnisregister 1666. Zurück
  3. 1688 lebten etwa 150 Personen im Ort, 1697 waren es 172 Mainzer Untertanen. Zurück
  4. KB Budenheim, Begräbnisregister 1666. Zurück
  5. KB Budenheim, Taufregister 1694. Zurück
  6. Vgl. die Gemeindekriegsrechnungen 1793-1815 im LASp, ehem. GABu, Abt. VIII u. IX. Zurück
  7. Schaab, Bundesfestung, S. 344f.  Zurück
  8. KB Budenheim, Begräbnisregister 1793. Zurück
  9. Zur Belastung der Gemeinde Budenheim durch die Forderungen des Militärs auf der Basis der Gemeinderechnungen von Budenheim in dieser Zeit Laub, Budenheim, S. 148f.  Zurück