Drais in Rheinhessen

Die Bevölkerungsgeschichte der Pfarrei Drais

Die Kirchenbucheintragungen in Drais beginnen schon 1613 mit den Taufen und Begräbnissen. Am Anfang weisen sie die üblichen Lücken auf. Auch wenn wie im Falle Budenheim auf Grund der geringen Größe der Pfarrei schwer abzuschätzen ist, ab wann die Register vollständig überliefert sind, dürfte dies ab etwa Ende der fünfziger Jahre der Fall sein. Drais ist etwas abseits am Rande des Weges nach Finthen gelegen, was den Ort jedoch nicht vor den Auswirkungen der Kriegsereignisse bewahrte. Anfang der dreißiger Jahre des 17. Jahrhunderts flohen die Einwohner des Ortes vor den Schweden. Der Pfarrer notierte 1635 die auswärts Verstorbenen im Kirchen-buch:
„In dem Schwedischen Kriegs Elendt undt außfliehen von Haus, hoff, güttern eca. auß Hungersnoth undt anderer Vielfältigen Tyrannischen plagen eca. seindt ge-storben dieße Nachfolgenden.“ [Anm. 1] 
Insgesamt starben 22 Daiser außerhalb, davon fünf in Mainz. Die meisten in Orten auf der anderen Rheinseite. [Anm. 2] Zufluchtsorte waren neben Mainz die Gemeinden Eltville, Schwalbach, Oberneisen und Hahn. Insgesamt waren die Bevölkerungsverluste zwischen etwa 1630 und 1668 nicht so groß wie in anderen Gemeinden; denn trotz Dreißigjährigem Krieg und Pest 1666 hatte die Zahl der Haushaltungen in dieser Zeit lediglich von 21 auf 17 abgenommen. [Anm. 3]

Mortalitätskrisen sind Anfang der achtziger und neunziger Jahre auszumachen. Im gesamten 18. Jahrhundert bewegen sich die vitalstatistischen Kurven, die kaum einmal die Grenze von zehn Ereignissen übersteigen, auf niedrigem Niveau. Am signifikantesten ist noch die Mortalitätsspitze 1740, als die Pocken im Raum Mainz grassierten. Zehn der damals in Drais verstorbenen 13 Personen waren Kinder. Auch die neunziger Jahre treten kaum als Krisenjahre in den Vordergrund, was nicht heißt, dass die Draiser durch die Ereignisse nicht in Mitleidenschaft gezogen worden wären.

Die wirtschaftliche Not infolge der Kriegslieferungen wird 1795 deutlich. Die Situation der Draiser Bauern war so desolat, dass 25 Draiser Familien vom Vogteiamt Olm mit Gerste und Hafer versorgt werden mussten, um die Sommersaat anfangen bzw. fortsetzen zu können. [Anm. 4] Anstatt eines Verzeichnisses der Ernteerträge und Vorräte hieß es 1795, dass in der Gemarkung nichts mehr vorhanden sei, „sondern gänzlich fouragirt worden, ein solches wird anstatt der Verzeichnis attestirt.“ [Anm. 5] Offensichtlich wurde seitens der Verwaltung den Berichten der Gemeinden über Vorräte nicht immer Glauben geschenkt. Zu Drais hieß es jedoch: „Ist diesem Bericht... Glauben beyzumessen, und wegen der Nähe bey Mainz von den Francken sehr hart mitgenommen worden.“ [Anm. 6]

Nachweise

Verfasser: Elmar Rettinger

Verwendete Literatur:

  • Rettinger, Elmar: Die Umgebung der Stadt Mainz und ihre Bevölkerung vom 17. bis 19. Jahrhundert. Ein historisch-demographischer Beitrag zur Sozialgeschichte ländlicher Regionen. Stuttgart 2002 (Geschichtliche Landeskunde 53).
  • Rettinger, Elmar: Vom Leben, Lieben und Sterben unserer Vorfahren. In: Walter G. Rödel (Hrsg.): Vor den Toren der großen Stadt. 850 Jahre Drais. Mainz 1998.
  • Rödel, Walter G.: Mainz und seine Bevölkerung im 17. und 18. Jahrhundert. Demographische Entwicklung, Lebensverhältnisse und soziale Strukturen in einer geistlichen Residenzstadt. Stuttgart 1985 (Geschichtliche Landeskunde 28).

Aktialisiert am: 19.10.2014

Anmerkungen:

  1. KB Drais, Begräbnisregister 1635. Zurück
  2. Die Stadtaufnahme von 1644 nennt lediglich zwei Familien, die in dieser Zeit Schutz in der Festung suchten; Rödel, Mainz, S.39. Zurück
  3. SADa, Mainzer Jurisdiktionalbuch, C 2, R 36, Bl. 11`-12.  Zurück
  4. LASp, ehem. VGANO II, C 1.  Zurück
  5. StAMz 28/1. Zurück
  6. StAMz 28/1. Zurück