Ebersheim in Rheinhessen

Die Bevölkerungsgeschichte der Pfarrei Ebersheim

von Elmar Rettinger

Zur Pfarrei Ebersheim gehörte auch der Ort Gau-Bischofsheim. Die Kirchenbuchaufzeichnungen in der Pfarrei beginnen 1663, weisen allerdings zunächst noch deutliche Lücken auf. Insbesondere die Begräbnisse dürften erst ab 1688 vollständig sein, sind dann in den neunziger Jahren des 17. Jahrhunderts wieder lückenhaft und fehlen 1741 bis 1755, 1758 bis 1765 und 1770 bis 1774 völlig. Ebersheim liegt verkehrsmäßig etwas abseits auf der Hochfläche östlich des Amtsortes Nieder-Olm. Die Ereignisse des Dreißigjährigen Krieges führten ebenso wie in den anderen Pfarreien zu einer Fluchtbewegung in die Festung Mainz. In der Stadtaufnahme von 1644 sind 15 Familien aus Ebersheim und vier aus dem abgelegeneren Gau-Bischofsheim erwähnt, die noch gegen Kriegsende Schutz in Mainz gesucht hatten. [Anm. 1] Die Bemerkung des Pfarrers von 1673 weist auf die Verluste aller Dokumente in den dreißiger Jahren hin. Er notierte im Kirchenbuch, dass er über keine Informationen zu den Kirchengütern verfüge, „weilen in den schwedischen Kriegsleufften alle brieflichen documenta bei der Kirche abhanden gekommen...“. [Anm. 2] Für das Pestjahr 1666 liegen keine Kirchenbucheintragungen vor. Man hat sicherlich mit einer hohen Sterblichkeitsrate zu rechnen, da die Zahl der Haushaltungen aus der Zeit vor dem Dreißigjährigen Krieg bis 1668 in Ebersheim von 80 auf 51 und in Gau-Bischofsheim von 44 auf 32 gesunken war. [Anm. 3]

Seit den siebziger Jahren des 17. Jahrhunderts bis Anfang des 18. Jahrhunderts flohen Ebersheimer wiederholt aus ihrem Heimatort. In den siebziger Jahren sind auf Grund der militärischen Bedrohung mehrfach Kinder „in exilio bellico“ getauft worden. [Anm. 4] 1689 suchten die Einwohner vor den Franzosen in anderen Gemeinden Schutz, allerdings diesmal neben Mainz vor allem im Rheingau, wo man sich offensichtlich sicherer fühlte. [Anm. 5] Der Pfarrer trug jeweils die in dieser Zeit auswärts geborenen und verstorbenen Personen im Kirchenbuch nach.

 Im Pfälzischen Erbfolgekrieg wurde die Pfarrei in besonderem Maße betroffen. Die Zahl der Verstorbenen 1689 ist im Vergleich zu anderen Pfarreien erheblich größer. Im Juni und Juli 1691 gab es erneut eine Fluchtbewegung nach Mainz, als die Franzosen nach ihrer Vertreibung aus der Stadt zurückkehrten. Mensibus Junio et Julio fuimus patria a Gallis expulsi et Moguntiae exules[Anm. 6], vermerkte der Pfarrer. 1701 hatte er erneut Taufen im Kirchenbuch nachzutragen, „weilen in den Vorigen Kriegszeiten etliche Kinder in Mayntz getaufftet undt in daß buch nicht einverleibet...“ [Anm. 7]. Für die Mortalitätsspitzen 1757 und 1767 waren die Pocken verantwortlich, auch wenn sie in den Registern nicht ausdrücklich erwähnt wurden. Der hohe Kinderanteil an der Mortalität legt dies nahe. 1757 starben 20 Kinder und 16 Erwachsene, 1767 waren es 32 Kinder und nur acht Erwachsene (bei drei Personen war das Alter nicht verzeichnet).

Die Auswirkungen der zweiten Belagerung der Stadt machten sich in Ebersheim in besonderem Maße bemerkbar. Von Dezember 1793 bis Februar 1794 war der Ort wegen der Belagerung der Stadt weitgehend geräumt. [Anm. 8] Eintragungen der Taufen französischer Kinder sowie der Heiraten und Begräbnisse französischer Soldaten ab Dezember 1794 deuten darauf hin, dass im Ort Militär mit dem dazugehörenden Tross stationiert war.

Insgesamt verzeichnen die Register in dieser Zeit fünf Taufen von französischen Kindern, zwei Heiraten und fünf Begräbnisse, wobei es sich bei letztgenannten lediglich um die „defuncti, quorum nomina indicata sunt“ handelte. [Anm. 9] 1794 stieg die Sterblichkeit infolge der zweiten Belagerung der Stadt durch die Franzosen auf einen Spitzenwert von 68 Personen an. Die Pfarrei weist 1794 nach Mombach mit 90,0 die zweithöchste Mortalitätsziffer auf. [Anm. 10] Der Eintrag des Schultheißen in die Bestandslisten von 1795 verdeutlicht die Not der Ebersheimer Bevölkerung:

In hiesiger Gemarkung ist kein Haaber= Erbsen= Linsen= Kartoffeln= Wein= Heu= ohmet eingethan worden, weillen alles durch die Franken vorzeitig entwendet worden ist." [Anm. 11]

Nachweise

Verfasser: Elmar Rettinger

Verwendete Literatur:

  • Rettinger, Elmar: Die Umgebung der Stadt Mainz und ihre Bevölkerung vom 17. bis 19. Jahrhundert. Ein historisch-demographischer Beitrag zur Sozialgeschichte ländlicher Regionen. Stuttgart 2002 (Geschichtliche Landeskunde 53).
  • Rödel, Walter G.: Mainz und seine Bevölkerung im 17. und 18. Jahrhundert. Demographische Entwicklung, Lebensverhältnisse und soziale Strukturen in einer geistlichen Residenzstadt. Stuttgart 1985 (Geschichtliche Landeskunde 28).

Aktialisiert am: 19.10.2014

Anmerkungen:

  1. Rödel, Mainz, S.39. Zurück
  2. KB Ebersheim Bd. 1.  Zurück
  3. SADa, Mainzer Jurisdiktionalbuch, C 2. R 36, Bl. 11'-12.  Zurück
  4. KB Ebersheim, Taufregister 1672, 1674, 1678. Zurück
  5. KB Ebersheim, Begräbnisregister 1689. Zurück
  6. KB Ebersheim, Taufregister 1691. Zurück
  7. Die Einträge beginnen mit dem Jahr 1693 (Taufe in St. Emmeran); KB Ebersheim, Taufregister 1701. Zurück
  8. KB Ebersheim, Begräbnisregister 1793.  Zurück
  9. KB Ebersheim Bd. 1. Zurück
  10. Bezogen auf die Einwohnerzahl von 1798. Zurück
  11. StAMz 28/1. Zurück