Heßloch in Rheinhessen

Zur Geschichte von Heßloch

Madonna mit Kind in der Gaustraße 28.[Bild: Harald Strube]

Auf eine römische Besiedlung der Gemarkung weist ein Steinsarkophag hin, in dem 1934 - zusammen mit dem Skelett einer sehr jungen Frau - mehrere Überreste von Musikinstrumenten gefunden wurden. Es handelt sich um ein Schellenklanginstrument aus Holz- und Buntmetallteilen, das in seinem Aussehen vielleicht einem Sistrum (Rahmenrassel) ähnelt. Weitere Beigaben datieren die Bestattung in das 3. und 4. Jahrhundert n. Chr. Die Funde werden heute im Nibelungenmuseum Worms aufbewahrt.

Heßloch wird 768 erstmals im Lorscher Codex erwähnt ("in Hesinloch"). Der Ortsnamenforscher Kaufmann[Anm. 1] deutet den Ortsnamen mit "Siedlung am Loh des Haso". Möglich ist aber auch eine Verbindung mit einem Tiernamen.

Das Gericht im Ort war im 13. Jahrhundert im Besitz der Herren von Bolanden. Der Ort selbst gelangte früh in den Besitz der Grafen von Leiningen, die ihn dann an die Herren von Hirschhorn zu Lehen gaben. Im 15. Jahrhundert kam er an die Kämmerer von Worms, genannt von Dalberg. Die Gemeinde blieb bis zum Ende des 18. Jahrhunderts im Besitz dieser Familie.

Im Jahr 1572 wurde durch Kurfürst Friedrich II. die Reformation eingeführt, obwohl Heßloch im Besitz der katholischen Dalberger war. 1577 endete der Widerstand der Dalberger vor dem Reichskammergericht gegen die Einführung der Reformation in Heßloch, da Wolf von Dalberg 1576 starb und sein Nachfolger und Erbe Philipp von Dalberg als einziges Familienmitglied die lutherische Konfession annahm. Die Bevölkerung hatte kein Mitbestimmungsrecht. Die konfessionelle Zugehörigkeit änderte sich mehrfach, bis Heßloch 1686 wieder katholisch wurde.[Anm. 2]

In der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts erlitt Heßloch mehrere Unglücke. 1666 wurde der Ort von der Pest heimgesucht, 1684 kam es zwischen Katholiken und Lutherischen zu Streitereien, 1690 wurde Heßloch von französischen Reitern geplündert und 1691 von einem Erdbeben erschüttert. 1692 lebten daher nur noch vier Familien im Ort. [Anm. 3] 

1816 übernahm infolge des Wiener Kongresses der Großherzog von Hessen-Darmstadt die Herrschaft über die neu geschaffene Provinz Rheinhessen, zu der auch Heßloch gehörte. Ab 1835 gehörte die Ortschaft zum Landkreis Worms. Zu dieser Zeit verbesserte man die Anbindung des Orts an die Region: Von 1826 bis 1829 errichtete man die Gaustraße Westhofen-Heßloch und im Jahr 1838 begann man mit dem Bau der Provinzialstraße Gau-Odernheim/Heßloch. [Anm. 4]

Im Jahr 1775 wurde die alte Pfarrkirche wegen Einsturzgefahr geschlossen. Erst 1808 wurde der Grundstein für die heutige katholische Pfarrkirche gelegt; die in der Zwischenzeit von der Gemeinde genutzte Hospitalkapelle wurde 1717 niedergelegt.[Anm. 5] Noch einmal dreißig Jahre später, also 1836, wurde eine Synagoge eingeweiht (die jüdische Gemeinde zählte damals 58 Personen). Im Jahr 1874 teilte sich die katholische Gemeinde - 20 Familien schlossen sich den sogenannten Altkatholiken an, welche 1890 die Christuskirche errichteten. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wanderten darüber hinaus zahlreiche Heßlocher nach Amerika aus.

Im 20. Jahrhundert wurde die Infrastruktur und Versorgung in Heßloch ausgebaut. 1906 nahm der Ort die lokale Trinkwasserversorgung in Betrieb. 1907 wurde eine Schwesternstation "der Göttlichen Vorsehung" gegründet, welche bis 1960 bestand hatte.[Anm. 6] 1912 hielt elektrisches Licht seinen Einzug in Heßloch. 1963 bis 1965 wurden Ortskanalisation und Kläranlage angelegt. 

Die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts, in welche die beiden Weltkriege fallen, ist in der Forschung des Ortes Heßloch bislang kaum untersucht worden. Bekannt ist lediglich, dass nach dem Ersten Weltkrieg in Dittelsheim und in Heßloch insgesamt 500 bis 600 französische Soldaten einquartiert wurden. [Anm. 7] Nach dem Zweiten Weltkrieg unterstand der Ort vom Juli 1945 bis zum August 1948 der französischen Militärverwaltung. 1946 wurde er Teil des neuen Landes Rheinland-Pfalz. 

Die Eigenständigkeit der Gemeinde Heßloch endete im Jahr 1969, als sie zusammen mit Dittelsheim zur neuen Ortschaft Dittelsheim-Heßloch zusammengeschlossen wurde. 1972 kam Dittelsheim-Heßloch zur Verbandsgemeinde Westhofen.

Exkurs: Heßlocher Vereinswesen

Im 19. und 20. Jahrhundert wurden in Heßloch zahlreiche Vereine und Organisationen gegründet: 1869 die Feuerwehr, 1876 ein Männergesangverein der Altkatholiken, 1881 der Männergesangverein Eintracht 1881, 1888 ein landwirtschaftliche Konsumverein, 1912 ein Turnverein[Anm. 8], 1926 ein Orchesterverein und 1926 der Männergesangverein Sängerbund 1926. Im Zuge der Gleichschaltung wurden die drei Heßlocher Gesangvereine im Jahr 1933 zusammengeschlossen. 1965 wurden ein katholischer Kirchenchor und 1967 ein Verschönerungsverein gegründet. Letzterer Gewann beim Landeswettbewerb "Unser Dorf soll schöner werden".[Anm. 9]

Nachweise

Redaktionelle Bearbeitung: Stefan Grathoff, Sarah Traub, Simeon Thomas Pfeiffer

Verwendete Literatur:

  • Brilmayer, Karl Johann: Rheinhessen in Vergangenheit und Gegenwart. Geschichte der bestehenden und ausgegangenen Städte, Flecken, Dörfer, Weiler und Höfe, Klöster und Burgen der Provinz Rheinhessen nebst einer Einleitung. Neudruck. Würzburg 1985.
  • Cüppers, Heinz (Hrsg.): Die Römer in Rheinland-Pfalz. Stuttgart 1990.
  • Günther, Richard (Bearb.): Von der Vergangenheit zur Gegenwart. In: 1200 Jahre Dittelsheim-Heßloch. 774/776 – 1974. Festschrift. Hg. Von der Gemeinde Dittelsheim-Heßloch. Obertshausen (1974). S. 8-46.

Aktualisiert am: 01.06.2017

Anmerkungen:

  1. Kaufmann, H.: Rheinhessische Ortsnamen. München 1976. Zurück
  2. Günther, S. 27. Zurück
  3. Günther, S. 26-28. Zurück
  4. Günther, S. 31. Zurück
  5. Die Steine der Hospitalkapelle wurden verkauft und zur Restaurierung von Pfarrhaus und Pfarrhof verwendet; vgl. Günther, S. 30. Zurück
  6. Günther, S. 28-36 Zurück
  7. Günther, S. 38-39. Zurück
  8. Im Jahr 1926 findet sich im Protokollbuch dieses Turnvereins folgender Eintrag: "Betreff Fußball führte der Präsident aus, daß schon einige Male beobachtet worden ist, daß während der Turnstunde dieser Sport gepflegt wurde und die Versammlung war damit einverstanden, daß wer durch den Fußballsport 3 mal von der Turnstunde fernbleibt ausgestoßen werden soll"; vgl. Günther, S. 38. Zurück
  9. Günther, S. 33-43. Zurück