Hohen-Sülzen in Rheinhessen

Die römischen Gläser aus Hohen-Sülzen

Rekonstruktion des Diatretglases. Das Original ging nach dem 2. Weltkrieg verloren.[Bild: L. Wamser - Ch. Flügel - B. Ziegaus, Die Röme]
Die Dionysos-Flasche ist mit einer figürlichen Szenerie verziert. In aufwändigem Schliffdekor wurden der Weingott Dionysos sowie Satyrn, Mänaden und weitere Figuren in die Oberfläche des Glases eingeschnitten. Der Dekor wurde in der sog. Lynkeus-Werkstatt, vermutlich in Köln, angebracht.[Bild: Landesmuseum Mainz, [CC BY-NC-SA 4.0]]

Im Gewann „Nachtweide“ wurden 1869 zwei Steinsärge aus römischer Zeit gefunden.[Anm. 1] Bedeutend an diesem Fund waren die insgesamt 6 Gläser, welche in den Särgen lagen.[Anm. 2] Im ersten Sarg befand sich zum einen auf der Brust des Leichnams eine Phiole, in der noch Restflüssigkeit nachgewiesen werden konnte. Die Öffnung der Phiole war in die Richtung des Mundes des Verstorbenen gerichtet. Zum anderen wurden zwischen den Füßen des Leichnams ein Diatretglas und neben jedem Arm eine doppelhenklige Flasche gefunden. Eine dieser Flaschen war mit einem Schliffmuster verziert, die andere mit figürlichen Darstellungen.[Anm. 3] Im zweiten Sarg wurden ebenfalls zwei doppelhenklige Flaschen gefunden. Beide waren mit Schliffmustern verziert, die sich allerdings von dem  Schliffmuster auf der Flasche in Grab 1 unterschieden.[Anm. 4]

Die beiden herausragenden Funde dieser 2 Gräber waren das Diatretglas und die doppelhenklige Flasche mit der figürlichen Verzierung.

Jene doppelhenklige Flasche ist heute auch das einzige Glas aus diesem Fund, welches noch vorhanden ist. Es befindet sich heute im Landesmuseum Mainz. Die Funde waren nach ihrer Bergung in zwei verschiedene Museen, nämlich nach Mainz und nach Bonn, gebracht worden. Um beiden Museen die Ausstellung des Diatretglases zu ermöglichen wurde dieses sogar in 2 Teile zerlegt.[Anm. 5] 1936 wurde das Fundensemble schließlich im Museum in Mainz zusammengeführt. 1939 wurden die Gläser dann aus Gründen des Schutzes vor Kriegsbeschädigungen nach Erbach im Odenwald ausgelagert. Nach dem Kriegsende wurden die ausgelagerten Bestände des Mainzer Museums zurückgeführt, aber die Gläser aus Hohen-Sülzen waren größtenteils verschollen und sind dies noch bis heute. Lediglich die doppelhenklige Flasche mit der figürlichen Verzierung ist in stark beschädigtem Zustand wieder nach Mainz gekommen.[Anm. 6] Von dem Diatretglas gibt es lediglich eine ergänzende Zeichnung nach dem halben Glas aus dem Museum in Mainz.[Anm. 7]

Die doppelhenklige Flasche hat eine Höhe von 42 cm, einen Durchmesser von 11 cm und ist grünlich-weiß.[Anm. 8] Sie ist mit bacchischen Szenen in Hohlschliff und Strichgravierung verziert worden.[Anm. 9]

Das seit dem 2. Weltkrieg verschollene Diatretglas war mit einem Durchmesser von etwa 21 cm und einer Höhe von etwa 15 cm eines der größten bisher bekannten Diatretgläser überhaupt.[Anm. 10] Ursprünglich war das Diatretglas wohl durchsichtig und einfarbig. Erst durch den Vorgang der Erisierung bei der Verwitterung erhielt es seine Farbigkeit.[Anm. 11] An den Ecken des Zierrats waren noch Schliffspuren zu erkennen, weswegen man davon ausgehen kann, dass die typische Netzverzierung des Diatretglases aus dem massiven Glas herausgeschnitten wurde. Durch Überlieferungen von antiken Autoren wissen wir, dass solche Diatretgläser sehr wertvoll und darum auch selten waren.[Anm. 12]

Aufgrund der Herstellungstechnik der Gläser, der Art der Särge und der Sitte die Särge mit Kalk auszugießen werden die Funde von Hohen-Sülzen ins 4. Jahrhundert n. Chr. datiert.[Anm. 13] Das Ensemble dieses Fundes gilt als einer der bedeutendsten Funde römischer Gläser in Deutschland.

Nachweise

Verfasser: Lutz Luckhaupt

Verwendete Literatur:

  • Behrens, G.: Römische Gläser aus Rheinhessen. Mainzer Zeitschrift 20/21 (1925/26), S. 62-77.
  • Cüppers, Heinz (Hrsg.): Die Römer in Rheinland-Pfalz. Stuttgart 1990.
  • Görisch, Kurt: Der römische Glasfund von Hohen-Sülzen. Kostbare Gefäße in Schlifftechnik. Heimatjahrbuch Landkreis Alzey-Worms 42 (2007), S. 143-144.
  • Wieseler, Friedrich: Römische Gläser gefunden in Hohen-Sülzen. Bonner Jahrbücher 59 (1876), S. 64-87.

Erstellt: 19.02.2015

Anmerkungen:

  1. Cüppers, Heinz (Hrsg.): Die Römer in Rheinland-Pfalz. Stuttgart 1990, S. 391. Zurück
  2. Wieseler, Friedrich: Römische Gläser gefunden in Hohen-Sülzen. Bonner Jahrbücher 59 (1876), S. 64. Zurück
  3. Ebenda, S. 65. Zurück
  4. Behrens, G.: Römische Gläser aus Rheinhessen. Mainzer Zeitschrift 20/21 (1925/26), S. 75. Zurück
  5. Ebenda, S. 75. Zurück
  6. Görisch, Kurt: Der römische Gläserfund von Hohen-Sülzen. Kostbare Gefäße in Schlifftechnik. Heimatjahrbuch Landkreis Alzey-Worms 42 (2007), S. 144. Zurück
  7. Behrens, S. 77. Zurück
  8. Wieseler, S. 73. Zurück
  9. Behrens, S. 75. Zurück
  10. Wieseler, S. 69. Zurück
  11. Ebenda, S. 70. Zurück
  12. Ebenda, S. 71. Zurück
  13. Ebenda, S. 65-66. Zurück