Nieder-Ingelheim in Rheinhessen

Mittelalterliche Ortsbefestigung von Nieder-Ingelheim

Heidesheimer Tor mit Wehrmauer. Das linke der beiden sichtbaren Häuser dient u.a. als Standesamt, das rechte als Präsentationshaus für die verschiedenen Epochen der Nutzung der Pfalz. Beide Häuser benutzen Teile der alten karolingischen Wehrmauer als ihre Außenmauer. [Bild: Hartmut Geissler]

Nördlich der alten Fernstraße Mainz-Bingen liegt der "Saal", die ehemalige "Königspfalz" auch "Kaiserpfalz" genannt, in deren Nordhälfte die karolingische Pfalz und die ottonische Pfalzkirche errichtet wurde.

Zumindest ab dem späten 10. Jahrhundert dürfte die "Pfalz" direkt mit einem Wallgraben und einem undurchdringlichen Gebück umwehrt gewesen sein.
Um 1160 erfolgte die Erweiterung nach Süden und man befestigte das Bauwerk zusätzlich mit einer Ringmauer, in der sich vermutlich drei Hauptpforten darunter auch das "Heidesheimer Tor" befand.

Die aula regia, in der Karl der Große Gericht hielt und Gäste empfing, heute.[Bild: Horst Goebel]

Die burgartige Wehranlage des "Saals", von dem heute bedeutende Reste vorhanden sind, geht auf das 14. bzw. 15. Jahrhundert zurück.
Diverse Wehrtürme sind noch erhalten, darunter der "Bolländer" auf der Südwest-, der "Pulverturm" auf der Nordostecke sowie der "Backhausturm".

Der Hauptzugang zur staufischen Anlage erfolgte nur von Südwesten aus über eine den Graben querende Brücke durch das bereits erwähnte Heidesheimer Tor.
Die übrigen Eingänge wie die Rheinpforte (1440) auch "rinpforte" genannt, und das "Zuckerbergtor", ein kleiner Einlass in der Wehrmauer an der Südseite der Kaiserpfalz, waren allerdings im 16./17. Jahrhundert bereits  geschlossen. 

Nieder-Ingelheim bestand nicht nur aus dem "Saal", sondern entwickelte sich im Laufe der Jahrhunderte zu einem Dorf mit so gängigen Straßenbezeichnungen wie Obergass und Untergass.

Auf einem Ortsplan um das Jahr 1840 ist nicht zu erkennen, ob es dort noch eine den Ort umfassende mittelalterliche Wallgraben-Umwehrung gab.
Bekannt ist aber, dass die Dorfausgänge von Nieder-Ingelheim durch sich selbst schließende Tore, den sog. "Faltern", gesichert waren. Eines davon war wohl das "Unterthor" in der Binger Straße, weitere sind allerdings nicht bekannt.

Auf diese spezielle Art der Ortsbefestigung deutet im Ortsplan der Flurname "Auf dem Falter" hin:
"Falter" wurden nicht nur in Nieder-Ingelheim ab dem Mittelalter gebaut, um zu verhindern, dass sich das Vieh durch das Tor unbemerkt aus dem Dorf entfernen konnte.

Überhaupt hat Nieder-Ingelheim einige Flurnamen vorzuweisen, die ganz klar auf eine mittelalterliche Ortsbefestigung hindeuten:

  • "Am Munzengraben"
  • "Am Unterthor am Todtenweg"
  • "Auf dem Graben"
  • "Hauptgraben"
  • "Landgrabengewann"

Wobei bei den Flurnamen die Gräben wegen der räumlichen Nähe Nieder-Ingelheims zum Rhein hin auch zur Entwässerung des Geländes gedient haben könnten.

Nachweise

Verfasser: Wolfgang Höpp

Verwendete Literatur:

  • Landesamt Denkmalpflege (Hrsg.): Kulturdenkmäler in Rheinland-Pfalz. Band 18.1: Kreis Mainz-Bingen. Bearb. v. Dieter Krienke. Worms 2007.
  • www.ingelheimer-geschichte.de

Erstellt am: 04.08.2022